Kultur

30 Jahre Backstreet Boys

Die Musikszene der 1990er wurde fast über Nacht von fünf jungen US-Boys erschüttert. Sie eroberten Charts und Mädchenherzen. Auch heute touren die Backstreet Boys erfolgreich – und nehmen ihre Fans von früher dabei mit.

Dieser Song fehlt auf kaum einer Party – egal ob in den 1990ern oder heute: “Everybody (Backstreet’s Back)” gehört zu den Klassikern der jüngeren Popmusikgeschichte – und alle zwischen 20 und 60 können ihn mitsingen. Erschienen im Juni 1997, erreichte der Song damals in zahlreichen Ländern mehrfach Platin-Status und wurde über 3,6 Millionen-mal verkauft. Er zählt zu den erfolgreichsten Titeln der Backstreet Boys – und war dennoch nie ein Nummer-Eins-Hit.

Das Konzept der Boyband, zusammengestellt aus gut aussehenden jungen Männern, ist nicht neu. Schon in den 1960er-Jahren wurden die Monkees für eine Fernsehshow zusammengecastet; gesucht wurden “vier verrückte Jungs zwischen 17 und 21 Jahren”. In den 1970ern brach die Boyband Bay City Rollers die Mädchenherzen weltweit, in den 1980ern waren es die New Kids On The Block.

Dieser Song fehlt auf kaum einer Party – egal ob in den 1990ern oder heute: “Everybody (Backstreet’s Back)” gehört zu den Klassikern der jüngeren Popmusikgeschichte – und alle zwischen 20 und 60 können ihn mitsingen. Erschienen im Juni 1997, erreichte der Song damals in zahlreichen Ländern mehrfach Platin-Status und wurde über 3,6 Millionen-mal verkauft. Er zählt zu den erfolgreichsten Titeln der Backstreet Boys – und war dennoch nie ein Nummer-Eins-Hit.

Das goldene Jahrzehnt der Boygroups aber sind die 1990er. Neben der schnellen und teils harten Technomusik dieser Jahre und dem dramatischen Grungerock mit seiner Endzeitstimmung brauchten vor allem die weiblichen Musikfans auch etwas fürs Herz. Und dafür sorgte vor allem Take That, die britische Band um Robbie Williams. Die Boyband räumte alles an Preisen ab, was abzuräumen war. Diese fünf konnten mehrstimmig singen und synchron dazu tanzen, verkauften Platten wie Sand am Meer und hatten eine riesengroße Fangemeinde hinter sich, zumeist weibliche Teenager. Der Markt für diese Acts war riesig, und so schossen sie alle aus dem Boden: East 17, Caught In The Act, *NSYNC und eben die Backstreet Boys, deren Gründungstag auf den 20. April 1993 datiert wird.

Was fürs Herz

Rückblick: Der Musikmanager Lou Pearlman ruft in Orlando, Florida, zum großen Boyband-Casting auf – 500 Jungs singen vor – und schließlich bleiben Nick Carter, AJ McLean, Brian Littrell, Howie Dorough und Kevin Richardson übrig. Die Zusammenstellung bietet für jeden Mädchengeschmack etwas: den netten Jungen von nebenan, den Rebellen, den Verträumten, den etwas Reiferen und das Nesthäkchen.

Nun geht es erstmal ins Bootcamp. Zwei Jahre lang trainierten die Jungs hart: Gesangsunterricht, Chorgesang, Tanzen, Choreografie. Die Bandphilosophie: Weiße Middleclass-Boys singen schwarze Musik wie Soul, R’n’B und Hip Hop – zugeschnitten auf den US-amerikanischen Markt. Als sie “perfekt” sind, lässt Pearlman die Jungs von der Kette. Im Oktober 1995 kommt die erste Single “We’ve Got It Going On”. In der Heimat bleibt der Erfolg aus – dafür schlagen die Backstreet Boys in Europa voll ein.

Ausgerechnet in Deutschland werden sie mit der ersten Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. Danach ist nichts mehr wie vorher. Die Backstreet Boys werden über Nacht zu Superstars. Wo sie auftauchen, kreischen sich Teenies in die Ohnmacht. Bei den Konzerten übertönt das Geschrei die Musik. Für die Beatles war dies 30 Jahre zuvor ein Grund, nicht mehr öffentlich aufzutreten. Für die Backstreet Boys ist es Ansporn.

Es gibt nur eine Richtung: nach vorne. Das Debütalbum knackt mehrfach Platin, ausverkaufte Konzerte folgen. Auch das zweite Album hat astronomische Verkaufszahlen, es hagelt Musikpreise, und wieder gehen die Jungs auf ausverkaufte Tourneen durch Europa. Schließlich sind sie auch in den USA angekommen und belegen hohe Chartspositionen.

Der Erfolg geht nicht spurlos an den jungen Musikern vorbei. Die andauernde Verfügbarkeit für Fans und Presse, der Druck, immer die ihnen zugedachten Rollen zu spielen und als brave weiße heterosexuelle Wesen die Herzen weiblicher Teenager zu brechen – das geht nicht lange gut. Immer öfter bricht irgendeiner aus. Nick Carter und AJ McLean fallen durch Alkohol- und Drogen-Exzesse auf. “Es hätte in einer Tragödie enden können. Zu den schlimmsten Zeiten nahm ich Ecstasy, Kokain und trank dazu jeden Abend eine Flasche Wodka”, schreibt Carter in seiner Biografie “Facing the Music and Living to Talk About It”.

Nick Carters toxische Beziehung zum damaligen It-Girl Paris Hilton wird minutiös in den Boulevardmedien verfolgt und wirft ebenfalls kein gutes Licht auf den Sänger. Doch die Fans verzeihen offenbar alles. Auch als sich Brian Littrell Jahre später als glühender Trump-Fan und -Unterstützer outet, wenden sie sich nicht ab.

Trennungsgerüchte, Auszeiten und Comebacks haben dem dauerhaften Erfolg der Backstreet Boys nichts anhaben können. Als Kevin Richardson 2006 für sechs Jahre aussteigt, macht die Band zu viert weiter.

Manager Lou Pearlman, der neben dieser Band noch weitere wie *NSYNC aus dem Boden gestampft hat, landet 2008 wegen Betrugs und Geldwäsche im Gefängnis, wo er 2016 an einem Herzinfarkt stirbt.

Doch egal, was passiert: Jede neue Platte der Backstreet Boys verkauft sich gut bis hervorragend. Bis heute. 

Die Vorwürfe gegen Nick Carter wegen sexuellen Missbrauchs Anfang der 2000er sind zwar schwerwiegend. Doch der inzwischen verheiratete Familienvater streitet alles ab.

Auch die große Mehrheit der Fans glaubt an die Unschuld ihres Teenie-Idols – und so spielen die Backstreet Boys weiter vor einem kreischenden Publikum, das ihnen seit den 90ern treu geblieben ist.

Die DNA-World Tour läuft und führt die Boys bald ins isländische Reykjavik, dann in die arabischen Länder, den Nahen Osten, Indien und nach Südafrika. Auf der Setliste stehen neben den Songs ihres jüngsten Albums DNA (2019) ein Querschnitt aus 30 Jahren Bandgeschichte und natürlich die Megahits der Band wie “Quit Playin’ Games”, “I Want It That Way” und “Everybody”.

Ihre Fans sind mit ihnen älter geworden – auch mit 40 können Frauen noch kreischen – wenn auch nicht mehr ganz so schrill – sowie Unterwäsche und Teddybären werfen. Doch Nick Carter, inzwischen 43, Kevin Richardson (53) und die anderen Boys schlagen mittlerweile zurück: Sie rennen hinter die Bühne, bewaffnen sich mit handsignierten Unterhosen und bewerfen ihr Publikum damit.

Lou Pearlman sitzt vor einem Plakat der Backstreet Boys.
Fünf junge Männer halten Bilderrahmen mit Platin-CDs in die Kamera.

Dieser Song fehlt auf kaum einer Party – egal ob in den 1990ern oder heute: “Everybody (Backstreet’s Back)” gehört zu den Klassikern der jüngeren Popmusikgeschichte – und alle zwischen 20 und 60 können ihn mitsingen. Erschienen im Juni 1997, erreichte der Song damals in zahlreichen Ländern mehrfach Platin-Status und wurde über 3,6 Millionen-mal verkauft. Er zählt zu den erfolgreichsten Titeln der Backstreet Boys – und war dennoch nie ein Nummer-Eins-Hit.

Das Konzept der Boyband, zusammengestellt aus gut aussehenden jungen Männern, ist nicht neu. Schon in den 1960er-Jahren wurden die Monkees für eine Fernsehshow zusammengecastet; gesucht wurden “vier verrückte Jungs zwischen 17 und 21 Jahren”. In den 1970ern brach die Boyband Bay City Rollers die Mädchenherzen weltweit, in den 1980ern waren es die New Kids On The Block.

Was fürs Herz

Das goldene Jahrzehnt der Boygroups aber sind die 1990er. Neben der schnellen und teils harten Technomusik dieser Jahre und dem dramatischen Grungerock mit seiner Endzeitstimmung brauchten vor allem die weiblichen Musikfans auch etwas fürs Herz. Und dafür sorgte vor allem Take That, die britische Band um Robbie Williams. Die Boyband räumte alles an Preisen ab, was abzuräumen war. Diese fünf konnten mehrstimmig singen und synchron dazu tanzen, verkauften Platten wie Sand am Meer und hatten eine riesengroße Fangemeinde hinter sich, zumeist weibliche Teenager. Der Markt für diese Acts war riesig, und so schossen sie alle aus dem Boden: East 17, Caught In The Act, *NSYNC und eben die Backstreet Boys, deren Gründungstag auf den 20. April 1993 datiert wird.

Rückblick: Der Musikmanager Lou Pearlman ruft in Orlando, Florida, zum großen Boyband-Casting auf – 500 Jungs singen vor – und schließlich bleiben Nick Carter, AJ McLean, Brian Littrell, Howie Dorough und Kevin Richardson übrig. Die Zusammenstellung bietet für jeden Mädchengeschmack etwas: den netten Jungen von nebenan, den Rebellen, den Verträumten, den etwas Reiferen und das Nesthäkchen.

Nun geht es erstmal ins Bootcamp. Zwei Jahre lang trainierten die Jungs hart: Gesangsunterricht, Chorgesang, Tanzen, Choreografie. Die Bandphilosophie: Weiße Middleclass-Boys singen schwarze Musik wie Soul, R’n’B und Hip Hop – zugeschnitten auf den US-amerikanischen Markt. Als sie “perfekt” sind, lässt Pearlman die Jungs von der Kette. Im Oktober 1995 kommt die erste Single “We’ve Got It Going On”. In der Heimat bleibt der Erfolg aus – dafür schlagen die Backstreet Boys in Europa voll ein.

Ausgerechnet in Deutschland werden sie mit der ersten Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. Danach ist nichts mehr wie vorher. Die Backstreet Boys werden über Nacht zu Superstars. Wo sie auftauchen, kreischen sich Teenies in die Ohnmacht. Bei den Konzerten übertönt das Geschrei die Musik. Für die Beatles war dies 30 Jahre zuvor ein Grund, nicht mehr öffentlich aufzutreten. Für die Backstreet Boys ist es Ansporn.

Zwei Jahre Bootcamp

Es gibt nur eine Richtung: nach vorne. Das Debütalbum knackt mehrfach Platin, ausverkaufte Konzerte folgen. Auch das zweite Album hat astronomische Verkaufszahlen, es hagelt Musikpreise, und wieder gehen die Jungs auf ausverkaufte Tourneen durch Europa. Schließlich sind sie auch in den USA angekommen und belegen hohe Chartspositionen.

Zerstörerischer Erfolg

Der Erfolg geht nicht spurlos an den jungen Musikern vorbei. Die andauernde Verfügbarkeit für Fans und Presse, der Druck, immer die ihnen zugedachten Rollen zu spielen und als brave weiße heterosexuelle Wesen die Herzen weiblicher Teenager zu brechen – das geht nicht lange gut. Immer öfter bricht irgendeiner aus. Nick Carter und AJ McLean fallen durch Alkohol- und Drogen-Exzesse auf. “Es hätte in einer Tragödie enden können. Zu den schlimmsten Zeiten nahm ich Ecstasy, Kokain und trank dazu jeden Abend eine Flasche Wodka”, schreibt Carter in seiner Biografie “Facing the Music and Living to Talk About It”.

Nick Carters toxische Beziehung zum damaligen It-Girl Paris Hilton wird minutiös in den Boulevardmedien verfolgt und wirft ebenfalls kein gutes Licht auf den Sänger. Doch die Fans verzeihen offenbar alles. Auch als sich Brian Littrell Jahre später als glühender Trump-Fan und -Unterstützer outet, wenden sie sich nicht ab.

Trennungsgerüchte, Auszeiten und Comebacks haben dem dauerhaften Erfolg der Backstreet Boys nichts anhaben können. Als Kevin Richardson 2006 für sechs Jahre aussteigt, macht die Band zu viert weiter.

Fans verzeihen viel…

Manager Lou Pearlman, der neben dieser Band noch weitere wie *NSYNC aus dem Boden gestampft hat, landet 2008 wegen Betrugs und Geldwäsche im Gefängnis, wo er 2016 an einem Herzinfarkt stirbt.

Doch egal, was passiert: Jede neue Platte der Backstreet Boys verkauft sich gut bis hervorragend. Bis heute. 

…und die Unterhosen fliegen weiter

Die Vorwürfe gegen Nick Carter wegen sexuellen Missbrauchs Anfang der 2000er sind zwar schwerwiegend. Doch der inzwischen verheiratete Familienvater streitet alles ab.

Auch die große Mehrheit der Fans glaubt an die Unschuld ihres Teenie-Idols – und so spielen die Backstreet Boys weiter vor einem kreischenden Publikum, das ihnen seit den 90ern treu geblieben ist.

Jubelnde weibliche jugendliche Fans mit Plakaten und Plüschtieren stehen dichtgedrängt an einer Absperrung.

Die DNA-World Tour läuft und führt die Boys bald ins isländische Reykjavik, dann in die arabischen Länder, den Nahen Osten, Indien und nach Südafrika. Auf der Setliste stehen neben den Songs ihres jüngsten Albums DNA (2019) ein Querschnitt aus 30 Jahren Bandgeschichte und natürlich die Megahits der Band wie “Quit Playin’ Games”, “I Want It That Way” und “Everybody”.

Ihre Fans sind mit ihnen älter geworden – auch mit 40 können Frauen noch kreischen – wenn auch nicht mehr ganz so schrill – sowie Unterwäsche und Teddybären werfen. Doch Nick Carter, inzwischen 43, Kevin Richardson (53) und die anderen Boys schlagen mittlerweile zurück: Sie rennen hinter die Bühne, bewaffnen sich mit handsignierten Unterhosen und bewerfen ihr Publikum damit.

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