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Sudans Nachbarn in großer Sorge

Die neuen Kämpfe im Sudan belasten auch dessen Nachbarn schwer. Ob wirtschaftlich, humanitär oder sicherheitspolitisch: Der Südsudan, der Tschad und Ägypten sind besonders auf eine Verbesserung der Lage angewiesen.

“Der Sudan bildet das Zentrum langanhaltender Dauerkrisen, er ist von häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt”, sagt Marina Peter, Gründerin des Sudan und Südsudan Forums im DW-Interview. “Wenn in einem dieser Länder, sei es Ägypten, Libyen, Tschad, die zentralafrikanische Republik, der Südsudan, Äthiopien, Eritrea oder – mit Blick über das Rote Meer – Saudi-Arabien ein Konflikt ausbricht, ist immer auch das Nachbarland betroffen.”

In dem seit Jahren politisch instabilen Sudan kämpfen nun seit Samstag die zwei mächtigsten Generäle und ihre Einheiten um die Vorherrschaft: Die militärischen Streitkräfte von General Abdel Fattah al-Burhan gegen die mächtige RSF-Miliz, geführt von Mohammed Hamdan Daglo. Durch den Gewaltausbruch steige in Sudan die Gefahr einer Destabilisierung der Region, betont Peter.

“Der Sudan bildet das Zentrum langanhaltender Dauerkrisen, er ist von häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt”, sagt Marina Peter, Gründerin des Sudan und Südsudan Forums im DW-Interview. “Wenn in einem dieser Länder, sei es Ägypten, Libyen, Tschad, die zentralafrikanische Republik, der Südsudan, Äthiopien, Eritrea oder – mit Blick über das Rote Meer – Saudi-Arabien ein Konflikt ausbricht, ist immer auch das Nachbarland betroffen.”

Alle Länder seien auf gute Beziehungen mit dem Sudan angewiesen, sagt Marina Peter. Besonders aber der Südsudan, der sich 2011 unabhängig vom Norden erklärte. Doch von Anfang an rangen verschiedene Volksgruppen um die Macht. Ende 2013 brach im jungen Staat ein Bürgerkrieg aus, der Hunderttausende Todesopfer forderte. 

Südsudan: Öl als Einnahmequelle

Von den rund elf Millionen Südsudanesen sind mehrere Millionen in Nachbarländer oder in andere Landesteile des Südsudans geflüchtet. Seit 2020 gilt der Krieg formal als beendet, doch der Frieden ist brüchig: “Bis heute gibt es noch Kämpfe zwischen Rebellen an verschiedenen Orten im Südsudan”, sagt Peter. 

Die gemeinsame Geschichte verbindet die Menschen in beiden Ländern stark, sagt auch Gerrit Kurtz, Experte in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. “Viele Menschen aus beiden Ländern wohnen oder halten sich in den jeweils anderen Ländern auf, auch Geflüchtete, und natürlich bestehen auch politisch und wirtschaftlich enge Verbindungen”, sagte Kurtz im DW-Interview.

Der Südsudan ist laut Kurtz auf Devisen durch Rohöl-Verkäufe angewiesen. Rund 95 Prozent der öffentlichen Einnahmen gehen darauf zurück. Für den Export ist der Sudan entscheidend: Die Pipeline zieht sich durch den Sudan ans Rote Meer. Die Regierung Südsudans sei deshalb extrem daran interessiert, dass diese Verbindung bestehen bleibe, sagt Kurtz.

Die Regierung ist jedoch selbst zerstritten – hier sei RSF-Anführer Daglo bislang als Vermittler aufgetreten. “Und da das jetzt wegfällt, und sich irgendwie auch die südsudanesischen Parteien versuchen zu positionieren, was den Konflikt im Norden betrifft, könnte das jetzt halt auch zu Gewaltexplosionen in Südsudan führen,” sagt Kurtz. 

Tschads Militär gab an, 320 paramilitärische Kämpfer aus dem Sudan entwaffnet zu haben, die am Montag die Grenze passiert hätten. 

Vor allem aber kommen Zivilisten: Im Tschad sind bereits Geflüchtete aus den im Westen Sudans umkämpften Gebieten angekommen, bestätigte Kommunikationsminister Aziz Mahamat Saleh im DW-Interview. Und das, obwohl die gut 1500 Kilometer lange Grenze zum Sudan geschlossen ist. 

Der Tschad, ein Land der Gastfreundschaft, könne seine Grenze nicht hermetisch abriegeln, sagt Saleh. “Wir appellieren an die Unterstützung der internationalen Partner, uns in dieser humanitären Krise, die sich am Horizont abzeichnet, zu unterstützen.”

Es sei zu bedenken, dass der Tschad bereits mehr als 500.000 Flüchtlinge betreut, sagte der tschadische Minister. Saleh befürchtet, ein andauernder Krieg könnte die gesamte Sahelzone nachhaltig beeinträchtigen, auch mit Blick auf den Handel zwischen den Ländern.

Zwischen den beiden Nachbarn Tschad und Sudan gab es traditionell viel Grenzverkehr; auch von Hirten, die ihre Herden beidseits der Grenze weiden ließen. Im Darfur-Konflikt verschlechterte sich das Verhältnis, erholte sich aber inzwischen wieder.

Auch Ägypten blickt auf eine langjährige gemeinsame Geschichte mit dem Sudan zurück, nicht nur als Handelspartner. So zählte der Sudan zur Pharaonenzeit zu Ägypten und nannte sich Nubien. Kurzzeitig herrschten allerdings auch die Nubier über Ägypten, später standen beide Länder unter britischer Kolonialherrschaft. 

Beide Länder haben ähnliche Kulturen, das Verhältnis einiger Eliten in Sudan mit Ägypten sei eng, so Kurtz: “Viele haben in Ägypten studiert und Streitkräfte wurden dort ausgebildet oder haben regelmäßig Training in Ägypten absolviert”, sagt Kurtz. Bei Ausbruch des jüngsten Konflikts waren auch Mitglieder der ägyptischen Luftwaffe zum Training im Sudan. Nach sudanesischen Angaben wurden 177 Personen nach Ägypten ausgeflogen.

Das Militärregime in Ägypten sehe in der Militärregierung Sudans also eher einen Verbündeten: “Die Beziehungen sind eng, vor allem auf Seiten der Streitkräfte und des Militärs”, sagt Kurtz.

Ein weiterer Aspekt ist der Streit um das Nilwasser, der sich ganz aktuell stellt, seitdem das flussaufwärts gelegene Äthiopien den Strom für sein riesiges Wasserkraftwerk “GERD” aufstaut. Ägypten wolle “den Sudan in das eigene Lager holen in dem Konflikt”, sagt Kurtz. Seit Jahren gibt es hier immer wieder Verhandlungen, einen fertigen Vertrag der drei Länder gibt es jedoch nicht.

Ägypten hatte sich gemeinsam mit dem Südsudan schon früh als Vermittler im Konflikt zwischen Militär und RSF angeboten. Ein stabiler Sudan – dieses Interesse haben seine Nachbarn gemeinsam.

UN-Friedenstruppen im Südsudan
Südsudan Juba | Sudan und Rebellengruppe unterzeichnen Abkommen zur Trennung von Religion und Staat

“Der Sudan bildet das Zentrum langanhaltender Dauerkrisen, er ist von häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt”, sagt Marina Peter, Gründerin des Sudan und Südsudan Forums im DW-Interview. “Wenn in einem dieser Länder, sei es Ägypten, Libyen, Tschad, die zentralafrikanische Republik, der Südsudan, Äthiopien, Eritrea oder – mit Blick über das Rote Meer – Saudi-Arabien ein Konflikt ausbricht, ist immer auch das Nachbarland betroffen.”

In dem seit Jahren politisch instabilen Sudan kämpfen nun seit Samstag die zwei mächtigsten Generäle und ihre Einheiten um die Vorherrschaft: Die militärischen Streitkräfte von General Abdel Fattah al-Burhan gegen die mächtige RSF-Miliz, geführt von Mohammed Hamdan Daglo. Durch den Gewaltausbruch steige in Sudan die Gefahr einer Destabilisierung der Region, betont Peter.

Südsudan: Öl als Einnahmequelle

Alle Länder seien auf gute Beziehungen mit dem Sudan angewiesen, sagt Marina Peter. Besonders aber der Südsudan, der sich 2011 unabhängig vom Norden erklärte. Doch von Anfang an rangen verschiedene Volksgruppen um die Macht. Ende 2013 brach im jungen Staat ein Bürgerkrieg aus, der Hunderttausende Todesopfer forderte. 

Von den rund elf Millionen Südsudanesen sind mehrere Millionen in Nachbarländer oder in andere Landesteile des Südsudans geflüchtet. Seit 2020 gilt der Krieg formal als beendet, doch der Frieden ist brüchig: “Bis heute gibt es noch Kämpfe zwischen Rebellen an verschiedenen Orten im Südsudan”, sagt Peter. 

Die gemeinsame Geschichte verbindet die Menschen in beiden Ländern stark, sagt auch Gerrit Kurtz, Experte in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. “Viele Menschen aus beiden Ländern wohnen oder halten sich in den jeweils anderen Ländern auf, auch Geflüchtete, und natürlich bestehen auch politisch und wirtschaftlich enge Verbindungen”, sagte Kurtz im DW-Interview.

Der Südsudan ist laut Kurtz auf Devisen durch Rohöl-Verkäufe angewiesen. Rund 95 Prozent der öffentlichen Einnahmen gehen darauf zurück. Für den Export ist der Sudan entscheidend: Die Pipeline zieht sich durch den Sudan ans Rote Meer. Die Regierung Südsudans sei deshalb extrem daran interessiert, dass diese Verbindung bestehen bleibe, sagt Kurtz.

Humanitäre Krise in Tschad

Die Regierung ist jedoch selbst zerstritten – hier sei RSF-Anführer Daglo bislang als Vermittler aufgetreten. “Und da das jetzt wegfällt, und sich irgendwie auch die südsudanesischen Parteien versuchen zu positionieren, was den Konflikt im Norden betrifft, könnte das jetzt halt auch zu Gewaltexplosionen in Südsudan führen,” sagt Kurtz. 

Ägypten – ein Verbündeter

Tschads Militär gab an, 320 paramilitärische Kämpfer aus dem Sudan entwaffnet zu haben, die am Montag die Grenze passiert hätten. 

Vor allem aber kommen Zivilisten: Im Tschad sind bereits Geflüchtete aus den im Westen Sudans umkämpften Gebieten angekommen, bestätigte Kommunikationsminister Aziz Mahamat Saleh im DW-Interview. Und das, obwohl die gut 1500 Kilometer lange Grenze zum Sudan geschlossen ist. 

Der Tschad, ein Land der Gastfreundschaft, könne seine Grenze nicht hermetisch abriegeln, sagt Saleh. “Wir appellieren an die Unterstützung der internationalen Partner, uns in dieser humanitären Krise, die sich am Horizont abzeichnet, zu unterstützen.”

Es sei zu bedenken, dass der Tschad bereits mehr als 500.000 Flüchtlinge betreut, sagte der tschadische Minister. Saleh befürchtet, ein andauernder Krieg könnte die gesamte Sahelzone nachhaltig beeinträchtigen, auch mit Blick auf den Handel zwischen den Ländern.

Zwischen den beiden Nachbarn Tschad und Sudan gab es traditionell viel Grenzverkehr; auch von Hirten, die ihre Herden beidseits der Grenze weiden ließen. Im Darfur-Konflikt verschlechterte sich das Verhältnis, erholte sich aber inzwischen wieder.

Auch Ägypten blickt auf eine langjährige gemeinsame Geschichte mit dem Sudan zurück, nicht nur als Handelspartner. So zählte der Sudan zur Pharaonenzeit zu Ägypten und nannte sich Nubien. Kurzzeitig herrschten allerdings auch die Nubier über Ägypten, später standen beide Länder unter britischer Kolonialherrschaft. 

Tschad Straßenszene in N'Djamena

Beide Länder haben ähnliche Kulturen, das Verhältnis einiger Eliten in Sudan mit Ägypten sei eng, so Kurtz: “Viele haben in Ägypten studiert und Streitkräfte wurden dort ausgebildet oder haben regelmäßig Training in Ägypten absolviert”, sagt Kurtz. Bei Ausbruch des jüngsten Konflikts waren auch Mitglieder der ägyptischen Luftwaffe zum Training im Sudan. Nach sudanesischen Angaben wurden 177 Personen nach Ägypten ausgeflogen.

Das Militärregime in Ägypten sehe in der Militärregierung Sudans also eher einen Verbündeten: “Die Beziehungen sind eng, vor allem auf Seiten der Streitkräfte und des Militärs”, sagt Kurtz.

Ein weiterer Aspekt ist der Streit um das Nilwasser, der sich ganz aktuell stellt, seitdem das flussaufwärts gelegene Äthiopien den Strom für sein riesiges Wasserkraftwerk “GERD” aufstaut. Ägypten wolle “den Sudan in das eigene Lager holen in dem Konflikt”, sagt Kurtz. Seit Jahren gibt es hier immer wieder Verhandlungen, einen fertigen Vertrag der drei Länder gibt es jedoch nicht.

Ägypten hatte sich gemeinsam mit dem Südsudan schon früh als Vermittler im Konflikt zwischen Militär und RSF angeboten. Ein stabiler Sudan – dieses Interesse haben seine Nachbarn gemeinsam.

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