Nach dem Atomausstieg: Was passiert mit dem Atommüll?
Deutschland ist aus der Kernenergie ausgestiegen. Aber das Thema Atom bleibt dem Land erhalten. Noch viele Jahre. Rückbau und Entsorgung sind nun die heißen Themen.
Seit Mitte April ist die Kernenergie in Deutschland Geschichte. Zwischenzeitig bis zu 20 Atomkraftwerke speisten Strom in das deutsche Netz ein, seit Anfang der 1960er-Jahre. Doch damit ist jetzt Schluss. Die letzten drei Atomkraftwerke beendeten ihren Betrieb am 15. April 2023.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagt dazu in einem Radiointerview: “Ich bin der Meinung, wir sollten unsere gesamte Energie jetzt darauf setzen, Photovoltaik, Windkraftspeicher, Energiesparen und Energieeffizienz nach vorne zu treiben und mit diesen rückwärtsgewandten Debatten aufhören.” Wegen der durch den Ukraine-Krieg angespannten Lage auf dem Energiemarkt gibt es zwar immer wieder Stimmen, die eine Verlängerung der Kernkraft fordern. Diese Stimmen haben die Abschaltung allerdings nicht verhindert.
Seit Mitte April ist die Kernenergie in Deutschland Geschichte. Zwischenzeitig bis zu 20 Atomkraftwerke speisten Strom in das deutsche Netz ein, seit Anfang der 1960er-Jahre. Doch damit ist jetzt Schluss. Die letzten drei Atomkraftwerke beendeten ihren Betrieb am 15. April 2023.
Aber trotz der Endes: Das Thema Kernenergie bleibt dem Land erhalten. Lange noch. Denn die Reaktoren müssen zurückgebaut werden, und das heißeste Thema ist die Endlagerung der strahlenden Atomabfälle.
Zwei Aufgaben: Rückbau und Endlagerung
Wie fast alle anderen Länder, die Atomkraftwerke betrieben haben oder weiter betreiben, hat auch Deutschland noch keinen Ort gefunden, an dem die Abfälle, vor allem die abgebrannten Brennelemente, sicher gelagert werden können. Zurzeit liegt der Atommüll in Zwischenlagern an den Standorten der aufgegebenen Kraftwerke, aber das Gesetz schreibt vor, dass der strahlende Müll für viele Jahrtausende sicher in unterirdischen Lagern verwahrt sein muss.
Wolfram König ist Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und sagt dazu der DW: “Die Zwischenlager sind für eine gewisse Zeit ausgelegt. Die sollen die Zeit überbrücken, bis ein Endlager zur Verfügung steht. Beton, Stacheldraht, Wachmannschaften, Stahl: Die können keine robuste geologische Struktur ersetzen. Gesucht wird eine geologische Tiefe, eine geeignete Schicht in Salz, in Granit oder in Tongestein, die eben über eine unendlich lange Zeit sicherstellt, dass keine radioaktiven Stoffe wieder an die Oberfläche gelangen.”
Da ist sich Deutschland mit allen rund 30 Staaten, die Atomkraftwerke betreiben oder betrieben haben, einig. Unterirdisch soll der strahlende Müll entsorgt werden. Aber wo genau? Lange Zeit war Gorleben im östlichen Niedersachsen der von der Politik favorisierte Ort für ein mögliches unterirdisches Lager für den Atommüll.
Aber Gorleben war immer auch der Ort heftiger Proteste gegen die Kernenergie, so dass die Politik vor einigen Jahren beschloss, auf Gorleben als Standort zu verzichten. Jetzt wird im ganzen Bundesgebiet gesucht, an über 90 möglichen Standorten. Wolfram König: “Wir können und müssen davon ausgehen, dass der Suchprozess in Deutschland mit der Errichtung eines Endlagers noch circa genauso lange dauert, wie wir die Atomenergie genutzt haben, nämlich 60 Jahre.”
Und auch der Rückbau der zeitweise rund 20 Atomkraftwerke wird Zeit kosten. “Der Rückbau der stillgelegten Kraftwerke obliegt den Betreibern. Sie haben den Rückbau zu organisieren”, sagt Wolfram König. “Die rechnen derzeit mit zehn bis 15 Jahren nach der Erteilung der Genehmigung, bis die Entlassung aus der Atomaufsicht erreicht sein kann.”
Derzeit werden in 30 Staaten Atomkraftwerke betrieben. In Italien, Kasachstan und Litauen wurden die Reaktoren abgeschaltet. Die Vereinigten Arabische Emirate und Belarus errichten im Moment Atomkraftwerke und würden damit neu in die Atomenergienutzung einsteigen.
Die dauerhafte und sichere Lagerung des radioaktiven Abfalls ist weltweit eine ungelöste Aufgabe. Am weitesten in der Planung ist Finnland. Vesa Lakaniemi, der Verwaltungschef der Gemeinde Eurajoki in Südfinnland, sagt der ARD zur Errichtung des Endlagers für Atommüll in seinem Ort: “Wer von der Elektrizität profitiert, muss auch die Verantwortung für den Müll übernehmen. Und so ist es in Finnland. Wer Atomstrom nutzt, muss mit einem Aufschlag auch die Endlagerung mit bezahlen.” Geschätzte Baukosten für das Endlager: 3,5 Milliarden Euro.
Nach Angaben der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA ) sind derzeit 422 Atomreaktoren weltweit in Betrieb, mit einem Durchschnittsalter von rund 31 Jahren. Im aktuellen World Nuclear Industry Status Report heißt es, von einer Renaissance der Atomenergie könne nicht die Rede sein.
Über die Stromerzeugung weltweit durch Atomkraftwerke heißt es weiter: “1996 erreichte sie mit 17,5 Prozent den Höchststand, 2021 ist dieser Wert erstmals seit vier Jahrzehnten wieder unter zehn Prozent gefallen.” In Europa wollen 13 von 27 Staaten den Atomstrom weiter nutzen, teilweise sogar stärker als bisher. Auch China, Russland und Indien planen mehrere neue Kraftwerke. Aber wie auch immer: Die strahlende Hinterlassenschaft wird Deutschland trotz des Ausstiegs noch lange Jahre beschäftigen.
Seit Mitte April ist die Kernenergie in Deutschland Geschichte. Zwischenzeitig bis zu 20 Atomkraftwerke speisten Strom in das deutsche Netz ein, seit Anfang der 1960er-Jahre. Doch damit ist jetzt Schluss. Die letzten drei Atomkraftwerke beendeten ihren Betrieb am 15. April 2023.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagt dazu in einem Radiointerview: “Ich bin der Meinung, wir sollten unsere gesamte Energie jetzt darauf setzen, Photovoltaik, Windkraftspeicher, Energiesparen und Energieeffizienz nach vorne zu treiben und mit diesen rückwärtsgewandten Debatten aufhören.” Wegen der durch den Ukraine-Krieg angespannten Lage auf dem Energiemarkt gibt es zwar immer wieder Stimmen, die eine Verlängerung der Kernkraft fordern. Diese Stimmen haben die Abschaltung allerdings nicht verhindert.
Zwei Aufgaben: Rückbau und Endlagerung
Aber trotz der Endes: Das Thema Kernenergie bleibt dem Land erhalten. Lange noch. Denn die Reaktoren müssen zurückgebaut werden, und das heißeste Thema ist die Endlagerung der strahlenden Atomabfälle.
Wie fast alle anderen Länder, die Atomkraftwerke betrieben haben oder weiter betreiben, hat auch Deutschland noch keinen Ort gefunden, an dem die Abfälle, vor allem die abgebrannten Brennelemente, sicher gelagert werden können. Zurzeit liegt der Atommüll in Zwischenlagern an den Standorten der aufgegebenen Kraftwerke, aber das Gesetz schreibt vor, dass der strahlende Müll für viele Jahrtausende sicher in unterirdischen Lagern verwahrt sein muss.
Wolfram König ist Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und sagt dazu der DW: “Die Zwischenlager sind für eine gewisse Zeit ausgelegt. Die sollen die Zeit überbrücken, bis ein Endlager zur Verfügung steht. Beton, Stacheldraht, Wachmannschaften, Stahl: Die können keine robuste geologische Struktur ersetzen. Gesucht wird eine geologische Tiefe, eine geeignete Schicht in Salz, in Granit oder in Tongestein, die eben über eine unendlich lange Zeit sicherstellt, dass keine radioaktiven Stoffe wieder an die Oberfläche gelangen.”
Da ist sich Deutschland mit allen rund 30 Staaten, die Atomkraftwerke betreiben oder betrieben haben, einig. Unterirdisch soll der strahlende Müll entsorgt werden. Aber wo genau? Lange Zeit war Gorleben im östlichen Niedersachsen der von der Politik favorisierte Ort für ein mögliches unterirdisches Lager für den Atommüll.
Zur Zeit: Zwischenlager an den Atomstandorten
Aber Gorleben war immer auch der Ort heftiger Proteste gegen die Kernenergie, so dass die Politik vor einigen Jahren beschloss, auf Gorleben als Standort zu verzichten. Jetzt wird im ganzen Bundesgebiet gesucht, an über 90 möglichen Standorten. Wolfram König: “Wir können und müssen davon ausgehen, dass der Suchprozess in Deutschland mit der Errichtung eines Endlagers noch circa genauso lange dauert, wie wir die Atomenergie genutzt haben, nämlich 60 Jahre.”
Suchprozess dauert wohl noch Jahrzehnte
Und auch der Rückbau der zeitweise rund 20 Atomkraftwerke wird Zeit kosten. “Der Rückbau der stillgelegten Kraftwerke obliegt den Betreibern. Sie haben den Rückbau zu organisieren”, sagt Wolfram König. “Die rechnen derzeit mit zehn bis 15 Jahren nach der Erteilung der Genehmigung, bis die Entlassung aus der Atomaufsicht erreicht sein kann.”
Derzeit werden in 30 Staaten Atomkraftwerke betrieben. In Italien, Kasachstan und Litauen wurden die Reaktoren abgeschaltet. Die Vereinigten Arabische Emirate und Belarus errichten im Moment Atomkraftwerke und würden damit neu in die Atomenergienutzung einsteigen.
Die dauerhafte und sichere Lagerung des radioaktiven Abfalls ist weltweit eine ungelöste Aufgabe. Am weitesten in der Planung ist Finnland. Vesa Lakaniemi, der Verwaltungschef der Gemeinde Eurajoki in Südfinnland, sagt der ARD zur Errichtung des Endlagers für Atommüll in seinem Ort: “Wer von der Elektrizität profitiert, muss auch die Verantwortung für den Müll übernehmen. Und so ist es in Finnland. Wer Atomstrom nutzt, muss mit einem Aufschlag auch die Endlagerung mit bezahlen.” Geschätzte Baukosten für das Endlager: 3,5 Milliarden Euro.
Für den Rückbau zuständig: die Betreiber
Nach Angaben der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA ) sind derzeit 422 Atomreaktoren weltweit in Betrieb, mit einem Durchschnittsalter von rund 31 Jahren. Im aktuellen World Nuclear Industry Status Report heißt es, von einer Renaissance der Atomenergie könne nicht die Rede sein.
Über die Stromerzeugung weltweit durch Atomkraftwerke heißt es weiter: “1996 erreichte sie mit 17,5 Prozent den Höchststand, 2021 ist dieser Wert erstmals seit vier Jahrzehnten wieder unter zehn Prozent gefallen.” In Europa wollen 13 von 27 Staaten den Atomstrom weiter nutzen, teilweise sogar stärker als bisher. Auch China, Russland und Indien planen mehrere neue Kraftwerke. Aber wie auch immer: Die strahlende Hinterlassenschaft wird Deutschland trotz des Ausstiegs noch lange Jahre beschäftigen.
Rund 420 Atomkraftwerke weiterhin in Betrieb