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Wie die Sudan-Krise die Sicherheit im Sahel gefährdet

Die anhaltenden Kämpfe im Sudan treiben Tausende in die Flucht. Die humanitäre Notlage weitet sich aus. Durch die Instabilität erhöht sich die Gefahr für die Sicherheitslage im Sahel, warnen Experten.

Es sieht nicht gut aus für den Frieden im Sudan: Trotz Gesprächen zwischen den Kriegsparteien, die am Samstag in der saudischen Stadt Dschidda begonnen haben, halten die schweren Kämpfe in dem Land zwischen Sahel und Rotem Meer an, Zehntausende sind auf der Flucht. Die Vereinten Nationen warnen vor einer katastrophalen humanitären Krise, die sich auf weitere Länder ausweiten könnte.

Die extreme Lage werde erschwert durch ein fehlendes gemeinsames Konzept zur Bewältigung gewaltsamer Auseinandersetzungen, sagt Henrik Maihack, Leiter der Afrika-Abteilung bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. “Das Problem dieser Region am Horn von Afrika ist oftmals, dass es kein System von kollektiver, also gemeinsamer Sicherheit gibt, sondern Sicherheit in den einzelnen Ländern, die immer auch gegeneinander organisiert wird.”

Es sieht nicht gut aus für den Frieden im Sudan: Trotz Gesprächen zwischen den Kriegsparteien, die am Samstag in der saudischen Stadt Dschidda begonnen haben, halten die schweren Kämpfe in dem Land zwischen Sahel und Rotem Meer an, Zehntausende sind auf der Flucht. Die Vereinten Nationen warnen vor einer katastrophalen humanitären Krise, die sich auf weitere Länder ausweiten könnte.

Die Erfahrung habe gezeigt: Nachbarstaaten oder bewaffnete Gruppen jenseits der Grenzen würden sich jeweils in die schwelenden Konflikte einmischen. “Das macht eine Regulierung oder ein Ende des momentanen Konflikts viel schwerer”, sagt Maihack im DW-Interview. Tatsächlich locke der Konflikt “nicht wenige Glückssucher und Söldner” ins Land mit dem Ziel, sich zu bereichern, sagte UN-Vermittler Volker Perthes vergangene Woche im DW-Interview.

Mehr Waffen im Umlauf

Andererseits bestehe die Gefahr, dass Kleinwaffen, die in der Krise im Sudan zum Einsatz kämen, verstärkt über die äußerst porösen Grenzen in andere Länder gelangten – und schließlich auch die Sahel-Länder Mali, Niger und Burkina Faso erreichten, befürchtet Afrika-Experte Maihack.

Dort gebe es schon jetzt viele bewaffnete Gruppen – und neue Waffen würden eine Verschärfung der Sicherheitslage bedeuten, so Maihack. Er warnt, dass die Krise im Sudan so “möglicherweise gleich zwei Krisenregionen” befeuern könnte: die Sahel-Region, aber auch das Horn von Afrika.

Die humanitäre Notlage in Somalia, im Sudan und auch im Südsudan beschreibt Maihack schon vor dem Ausbruch der erneuten Kämpfe als dramatisch und nicht ausreichend finanziert.

In dem seit Jahren politisch instabilen Sudan kämpfen seit dem 15. April die zwei mächtigsten Generäle und ihre Einheiten um die Vorherrschaft: die militärischen Streitkräfte von General Abdel Fattah al-Burhan gegen Mohammed Hamdan Daglos mächtige RSF-Miliz.

Durch den Gewaltausbruch geraten die Nachbarländer in Bedrängnis: Darunter sind Staaten, die selbst äußert fragil sind, wirtschaftlich desolat, teils ebenfalls unter militärischer Herrschaft stehen. Jetzt strömen zusätzlich noch Flüchtlinge aus dem Sudan über ihre Grenzen in Richtung Südsudan, Tschad oder der Zentralafrikanischen Republik, wer es schafft, auch in weiter entfernte Nachbarländer.

Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) bereitet sich auf die Unterstützung von 800.000 Flüchtlingen in der Region vor, sollte die Gewalt nicht enden. Aber für viele Länder stellten die ankommenden Flüchtlinge eine Herausforderung dar, denn ihre Versorgung übersteige die finanziellen Möglichkeiten der Regierungen, sagt UNHCR-Sprecherin Eujin Byun.

Äthiopien, Südsudan, Tschad, Ägypten, das sind laut Byun Länder, die bereits viele sudanesische Flüchtlinge aufnehmen. “Mehr als siebzig Prozent der Flüchtlinge, die derzeit die Grenze überqueren, sind Frauen und Kinder”, sagt sie im DW-Interview. “Sie sind 24 Stunden zu Fuß unterwegs, haben kaum etwas bei sich und kommen an der Grenze an, ohne Unterkunft, ohne Kleidung, ohne Nahrung und ohne Wasser.”

Der Tschad zum Beispiel habe bereits 600.000 Flüchtlinge aufgenommen, darunter allein 400.000 sudanesische Flüchtlinge vor dieser Krise. “Wir haben also eine Struktur und ein System vor Ort. Aber es war bereits überlastet”, sagt Byun und appelliert an die internationale Gemeinschaft, mehr Hilfe zu leisten.

Auch von den betroffenen Ländern wünscht sie sich ein stärkeres Engagement. Die wiederum bitten dabei um internationale Unterstützung. So die Zentralafrikanische Republik: Tausende Menschen sind aus dem Sudan in die abgelegene Grenzregion Hamdafok gelangt. Ihre Anwesenheit zwinge die Regierung, in Absprache mit den für die Flüchtlinge zuständigen Organisationen Vorkehrungen für eine bessere Versorgung zu treffen, sagt Hervé Ndoba, zentralafrikanischer Finanz- und Haushaltsminister, in Bangui.

“Wir haben gerade erst die Genehmigung für das Programm mit dem Internationalen Währungsfonds erhalten”, so Ndoba im DW-Interview. Ende April hatte der IWF dem Land eine Option für weitere Kredite eingeräumt. Die Regierung wolle nun prüfen, wie viel Geld aus dem Staatshaushalt für Hilfsmaßnahmen entnommen werden könne.

Insgesamt grenzt der Sudan an sieben Nachbarländer. Ahmed Soliman, Ostafrika-Experte bei der Londoner Denkfabrik Chatham House, prognostiziert, dass sich der Konflikt allein deshalb noch viel stärker regionalisieren könnte: “Alle diese Nachbarländer werden versuchen, den Ausgang des Konflikts zu beeinflussen, und haben ein Interesse daran, wer den Sudan in Zukunft führen wird”, sagt Soliman im DW-Interview.

Der Sudan sei auch so etwas wie die Grenze zwischen verschiedenen Regionen: Hier treffen Nordafrika, die Sahelzone, Ostafrika, das Horn von Afrika und der Arabische Golf aufeinander. “Es ergibt sich also ein sehr kompliziertes Bild regionaler Interessen und Einflüsse, wie wir es gerade bei den Verhandlungen sehen, mit denen versucht werden soll, die Feindseligkeiten zu beenden”, sagt Soliman.

Ein Beispiel: Der westliche Nachbar Tschad sei bereits politisch sehr instabil. Er habe seinen eigenen Bürgerkrieg und Aufstände erlebt. Auch der Exodus aus der Region West-Darfur in Sudan folge einem Muster zyklischer Vertreibungen seit über 20 Jahren – seit der Konflikt in Darfur begonnen habe.

Nicht nur liege in Darfur das Kernland der internationalen Eingreiftruppen im Sudan: Auch habe RSF-Führer Hemeti Wurzeln im Tschad, sogar Familienmitglieder im tschadischen Militärischen Übergangsrat, betont Soliman. Und er sei bestrebt, seine Machtbasis nicht nur im Sudan zu stärken, sondern auch eine breitere Einflusssphäre in der Sahelzone aufzubauen.

Der junge tschadische Führer Mahamat Idriss Déby habe wiederum versucht, ein Gleichgewicht zwischen den Beziehungen zu den sudanesischen Streitkräften und den RSF herzustellen. Solch komplexe Beziehungen zwischen den Ländern sorgen laut Soliman seit vielen Jahren für politische Unruhen und Turbulenzen in dieser Region und verschärfen das Potenzial für einen Konflikt im Sudan.

Auch in Libyen, wo in vergangenen Jahren viele sudanesische Söldner im Einsatz waren, könne ein andauernder sudanesischer Konflikt für Unruhe sorgen. Zudem beeinflussen Söldner der russischen Wagner-Gruppe die Machtdynamiken in Ländern wie Mali und Sudan, sagt Soliman. Der deutsche Afrika-Experte Maihack fordert daher mehr internationales Engagement am Horn von Afrika für zivile Konfliktlösungen, das würde sich für Europa, auch Deutschland lohnen und sei auch der Wunsch der meisten Menschen am Horn von Afrika, die seit Jahren für mehr Demokratie auf den Straßen im Sudan protestierten.

Mitarbeit: George Okachi, Jean-Fernand Koena

Schwarzer Qualm über der Stadtsilhouette
mehrere Menschen sitzen auf dem Boden neben Pappkartons und sortieren Güter

Es sieht nicht gut aus für den Frieden im Sudan: Trotz Gesprächen zwischen den Kriegsparteien, die am Samstag in der saudischen Stadt Dschidda begonnen haben, halten die schweren Kämpfe in dem Land zwischen Sahel und Rotem Meer an, Zehntausende sind auf der Flucht. Die Vereinten Nationen warnen vor einer katastrophalen humanitären Krise, die sich auf weitere Länder ausweiten könnte.

Die extreme Lage werde erschwert durch ein fehlendes gemeinsames Konzept zur Bewältigung gewaltsamer Auseinandersetzungen, sagt Henrik Maihack, Leiter der Afrika-Abteilung bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. “Das Problem dieser Region am Horn von Afrika ist oftmals, dass es kein System von kollektiver, also gemeinsamer Sicherheit gibt, sondern Sicherheit in den einzelnen Ländern, die immer auch gegeneinander organisiert wird.”

Mehr Waffen im Umlauf

Die Erfahrung habe gezeigt: Nachbarstaaten oder bewaffnete Gruppen jenseits der Grenzen würden sich jeweils in die schwelenden Konflikte einmischen. “Das macht eine Regulierung oder ein Ende des momentanen Konflikts viel schwerer”, sagt Maihack im DW-Interview. Tatsächlich locke der Konflikt “nicht wenige Glückssucher und Söldner” ins Land mit dem Ziel, sich zu bereichern, sagte UN-Vermittler Volker Perthes vergangene Woche im DW-Interview.

Andererseits bestehe die Gefahr, dass Kleinwaffen, die in der Krise im Sudan zum Einsatz kämen, verstärkt über die äußerst porösen Grenzen in andere Länder gelangten – und schließlich auch die Sahel-Länder Mali, Niger und Burkina Faso erreichten, befürchtet Afrika-Experte Maihack.

Dort gebe es schon jetzt viele bewaffnete Gruppen – und neue Waffen würden eine Verschärfung der Sicherheitslage bedeuten, so Maihack. Er warnt, dass die Krise im Sudan so “möglicherweise gleich zwei Krisenregionen” befeuern könnte: die Sahel-Region, aber auch das Horn von Afrika.

Die humanitäre Notlage in Somalia, im Sudan und auch im Südsudan beschreibt Maihack schon vor dem Ausbruch der erneuten Kämpfe als dramatisch und nicht ausreichend finanziert.

Humanitäre Notlage spitzt sich zu

In dem seit Jahren politisch instabilen Sudan kämpfen seit dem 15. April die zwei mächtigsten Generäle und ihre Einheiten um die Vorherrschaft: die militärischen Streitkräfte von General Abdel Fattah al-Burhan gegen Mohammed Hamdan Daglos mächtige RSF-Miliz.

Mehr Unterstützung notwendig

Durch den Gewaltausbruch geraten die Nachbarländer in Bedrängnis: Darunter sind Staaten, die selbst äußert fragil sind, wirtschaftlich desolat, teils ebenfalls unter militärischer Herrschaft stehen. Jetzt strömen zusätzlich noch Flüchtlinge aus dem Sudan über ihre Grenzen in Richtung Südsudan, Tschad oder der Zentralafrikanischen Republik, wer es schafft, auch in weiter entfernte Nachbarländer.

Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) bereitet sich auf die Unterstützung von 800.000 Flüchtlingen in der Region vor, sollte die Gewalt nicht enden. Aber für viele Länder stellten die ankommenden Flüchtlinge eine Herausforderung dar, denn ihre Versorgung übersteige die finanziellen Möglichkeiten der Regierungen, sagt UNHCR-Sprecherin Eujin Byun.

Äthiopien, Südsudan, Tschad, Ägypten, das sind laut Byun Länder, die bereits viele sudanesische Flüchtlinge aufnehmen. “Mehr als siebzig Prozent der Flüchtlinge, die derzeit die Grenze überqueren, sind Frauen und Kinder”, sagt sie im DW-Interview. “Sie sind 24 Stunden zu Fuß unterwegs, haben kaum etwas bei sich und kommen an der Grenze an, ohne Unterkunft, ohne Kleidung, ohne Nahrung und ohne Wasser.”

Sudans Führung und die Interessen der Nachbarn

Der Tschad zum Beispiel habe bereits 600.000 Flüchtlinge aufgenommen, darunter allein 400.000 sudanesische Flüchtlinge vor dieser Krise. “Wir haben also eine Struktur und ein System vor Ort. Aber es war bereits überlastet”, sagt Byun und appelliert an die internationale Gemeinschaft, mehr Hilfe zu leisten.

Auch von den betroffenen Ländern wünscht sie sich ein stärkeres Engagement. Die wiederum bitten dabei um internationale Unterstützung. So die Zentralafrikanische Republik: Tausende Menschen sind aus dem Sudan in die abgelegene Grenzregion Hamdafok gelangt. Ihre Anwesenheit zwinge die Regierung, in Absprache mit den für die Flüchtlinge zuständigen Organisationen Vorkehrungen für eine bessere Versorgung zu treffen, sagt Hervé Ndoba, zentralafrikanischer Finanz- und Haushaltsminister, in Bangui.

Enge Verflechtungen mit dem Tschad

“Wir haben gerade erst die Genehmigung für das Programm mit dem Internationalen Währungsfonds erhalten”, so Ndoba im DW-Interview. Ende April hatte der IWF dem Land eine Option für weitere Kredite eingeräumt. Die Regierung wolle nun prüfen, wie viel Geld aus dem Staatshaushalt für Hilfsmaßnahmen entnommen werden könne.

Insgesamt grenzt der Sudan an sieben Nachbarländer. Ahmed Soliman, Ostafrika-Experte bei der Londoner Denkfabrik Chatham House, prognostiziert, dass sich der Konflikt allein deshalb noch viel stärker regionalisieren könnte: “Alle diese Nachbarländer werden versuchen, den Ausgang des Konflikts zu beeinflussen, und haben ein Interesse daran, wer den Sudan in Zukunft führen wird”, sagt Soliman im DW-Interview.

Der Sudan sei auch so etwas wie die Grenze zwischen verschiedenen Regionen: Hier treffen Nordafrika, die Sahelzone, Ostafrika, das Horn von Afrika und der Arabische Golf aufeinander. “Es ergibt sich also ein sehr kompliziertes Bild regionaler Interessen und Einflüsse, wie wir es gerade bei den Verhandlungen sehen, mit denen versucht werden soll, die Feindseligkeiten zu beenden”, sagt Soliman.

Ein Beispiel: Der westliche Nachbar Tschad sei bereits politisch sehr instabil. Er habe seinen eigenen Bürgerkrieg und Aufstände erlebt. Auch der Exodus aus der Region West-Darfur in Sudan folge einem Muster zyklischer Vertreibungen seit über 20 Jahren – seit der Konflikt in Darfur begonnen habe.

Nicht nur liege in Darfur das Kernland der internationalen Eingreiftruppen im Sudan: Auch habe RSF-Führer Hemeti Wurzeln im Tschad, sogar Familienmitglieder im tschadischen Militärischen Übergangsrat, betont Soliman. Und er sei bestrebt, seine Machtbasis nicht nur im Sudan zu stärken, sondern auch eine breitere Einflusssphäre in der Sahelzone aufzubauen.

Der junge tschadische Führer Mahamat Idriss Déby habe wiederum versucht, ein Gleichgewicht zwischen den Beziehungen zu den sudanesischen Streitkräften und den RSF herzustellen. Solch komplexe Beziehungen zwischen den Ländern sorgen laut Soliman seit vielen Jahren für politische Unruhen und Turbulenzen in dieser Region und verschärfen das Potenzial für einen Konflikt im Sudan.

Auch in Libyen, wo in vergangenen Jahren viele sudanesische Söldner im Einsatz waren, könne ein andauernder sudanesischer Konflikt für Unruhe sorgen. Zudem beeinflussen Söldner der russischen Wagner-Gruppe die Machtdynamiken in Ländern wie Mali und Sudan, sagt Soliman. Der deutsche Afrika-Experte Maihack fordert daher mehr internationales Engagement am Horn von Afrika für zivile Konfliktlösungen, das würde sich für Europa, auch Deutschland lohnen und sei auch der Wunsch der meisten Menschen am Horn von Afrika, die seit Jahren für mehr Demokratie auf den Straßen im Sudan protestierten.

Mitarbeit: George Okachi, Jean-Fernand Koena

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