Ukraine Aktuell: Raketenangriffe auf Kiew und Odessa
Russland hat wieder ukrainische Städte beschossen. Die 46 Staaten des Europarates haben zwei Tage lang über Hilfen für die Ukraine beraten. Die Ukraine sieht sich dadurch gestärkt. Ein Nachrichtenüberblick.
Das Wichtigste in Kürze:
Das Wichtigste in Kürze:
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Entscheidung des Europarats zur breiten Unterstützung der Ukraine ausdrücklich begrüßt. “Der Europarat hat eine wichtige Entscheidung getroffen: Die endgültige Entschließung des Gipfels in Island unterstützt die ukrainische Friedensformel. Es ist wichtig, dass Europa im Interesse eines ehrlichen Friedensplans so geeint ist”, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Er danke allen Staats- und Regierungschefs Europas und allen Mitgliedstaaten des Europarats für ihre Haltung. In der isländischen Hauptstadt Reykjavik hatten die 46 Staaten des Europarates zwei Tage lang über Hilfen für die Ukraine beraten.
Register soll Zerstörungen dokumentieren
Selenskyjs Friedensformel beinhaltet unter anderem die Forderung nach einem vollständigen Abzug aller russischen Truppen aus den besetzten Gebieten der Ukraine, darunter auch der Halbinsel Krim. Daneben sieht die Friedensformel auch Reparationsforderungen an Russland sowie Pläne für ein internationales Tribunal für die für den Krieg verantwortlichen Politiker und Militärs in Moskau vor.
Zum Abschluss ihres Gipfeltreffens in Reykjavik hatten sich die 46 Staaten des Europarats klar an die Seite der Ukraine im Kampf gegen Russland gestellt. Sie verabschiedeten nach zweitägigen Beratungen ein Register für Kriegsschäden in der Ukraine, forderten die Rückkehr aller nach Russland deportierten Kinder und machten sich für ein Sondertribunal stark. Mit dem Schadensregister sollen die Zerstörungen in dem von Russland angegriffenen Land dokumentiert werden, um Russland dafür zur Rechenschaft ziehen zu können.
Das Register gilt als erster Schritt auf dem Weg zu möglichen Entschädigungszahlungen an die Ukraine. Es war erst das vierte Gipfeltreffen der Staatengruppe in ihrer mehr als 70-jährigen Geschichte. Mehr als 30 Staats- und Regierungschefs nahmen teil.
Die Bevölkerung wurde aufgerufen, in den Schutzräumen zu bleiben. In Kiew und anderen Regionen des Landes hat es am Donnerstagmorgen nach Angaben der Militärverwaltung mehrere Explosionen gegeben. Herabfallende Trümmerteile gebe es im Kiewer Bezirk Darnyzkyj, Angaben über Opfer und Schäden würden überprüft, erklärte Serhij Popko, Chef der Zivil- und Militärverwaltung von Kiew, im Onlinedienst Telegram. Es handele sich um den “neunten Luftangriff in Folge auf die Hauptstadt seit Anfang Mai”.
Das Militär warnt vor möglichen russischen Raketenangriffen in der Zentralukraine. Warnungen gibt es für die Regionen Winnyzja, Kirowohradska, Tscherkassy und Dnipro. In der südukrainischen Stadt Odessa ist nach Angaben der Militärverwaltung ein Mensch bei einem russischen Raketenangriff getötet worden. Zudem habe es zwei Verletzte bei dem Angriff auf eine Industrieanlage gegeben.
Auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim ist ein Güterzug entgleist. Die Bahnlinie wurde unterbrochen. Die Bahngesellschaft spricht von einem “Eingriff Außenstehender”. Der von Russland in der Region eingesetzte oberste Verwaltungsbeamte Sergej Axjonow teilte auf Telegram mit, bei dem entgleisten Zug handele es sich um einen mit Getreide beladenen Güterzug. Niemand sei verletzt worden.
Bei einem russischen Angriff auf die Region Cherson im Süden der Ukraine sind am Mittwoch mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern sei ein fünfjähriger Junge, berichteten ukrainische Medien unter Berufung auf örtliche Behörden. Zwei Menschen wurden bei dem Feuerüberfall auf das Dorf Seleniwka schwer verletzt. Die Menschen seien auf dem Weg zu einem Geschäft gewesen, als das Dorf unter Beschuss geriet. Aus den Berichten ging nicht hervor, aus welchen Waffen das Dorf beschossen wurde.
Im Osten der Ukraine starben fünf Menschen im russisch kontrollierten Donbass durch Beschuss durch ukrainische Streitkräfte. Bei den Angriffen in der Region Donezk seien weitere 23 Menschen verletzt worden, berichtete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf örtliche Behörden.
Das US-Verteidigungsministerium hat Schäden an einem an die Ukraine gelieferten Flugabwehrsystem vom Typ Patriot nach russischem Beschuss eingeräumt. Das hochmoderne Flugabwehrsystem bleibe jedoch “einsatzbereit”, erklärte ein Pentagon-Vertreter gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Der durch ein nicht näher benanntes Geschoss verursachte Schaden werde derzeit untersucht.
Zuvor hatte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ignat, gesagt, alles sei “in Ordnung” und das Patriot-System in Betrieb – ohne jedoch Angaben zu möglichen Schäden zu machen. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, seine Streitkräfte hätten das Flugabwehrsystem mit einer Hyperschallrakete vom Typ Kinschal getroffen.
Kiew gab an, die ukrainische Luftabwehr habe sechs russische Hyperschallraketen abgefangen, dies wurde von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu dementiert. Kiew zufolge war es der ukrainischen Luftabwehr bereits Anfang Mai erstmals gelungen, eine Kinschal-Rakete mit einem Patriot-System abzufangen. Die ukrainische Regierung hatte dies als “historisch” bezeichnet. Im April hatte die Ukraine von ihren westlichen Verbündeten die erste Lieferung der in den USA produzierten Patriot-Systeme erhalten.
Das bodengestützte Luftabwehrsystem ist mobil, die Abschussrampen können auf Lastwagen montiert werden. Das Waffensystem dient der Bekämpfung von größeren Zielen in der Luft wie Flugzeugen, Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern. Die ukrainische Luftabwehr spielt eine Schlüsselrolle bei der Verteidigung gegen russische Luftangriffe. Zu Beginn der großangelegten Invasion des Landes hatte Kiew hauptsächlich über Kampfjets und SAM-Luftabwehrsysteme aus sowjetischer Zeit verfügt. In den vergangenen Monaten erhielt das ukrainische Militär aber von seinen westlichen Verbündeten neben den Patriots auch hochmoderne Abwehrsysteme vom Typ Nasams von den USA und Iris-T von Deutschland.
Tschechien hat seit Jahrzehnten bestehende Abkommen mit Russland aufgekündigt, die Moskau bisher die kostenlose Nutzung dutzender Grundstücke und Immobilien ermöglicht hatte. Prag habe die “Abkommen aus der Zeit des Kommunismus” gekündigt, erklärte Außenminister Jan Lipavsky im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die kostenlose Nutzung solle durch Mietverträge ersetzt werden, um eine “ungerechtfertigte Bereicherung zu verhindern”.
Tschechien gehört zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg. Prag hat Kiew militärische und finanzielle Hilfe zukommen lassen und fast 500.000 ukrainische Flüchtlinge im Land aufgenommen. se/dja
haz/bru/qu/pg (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das Wichtigste in Kürze:
Register soll Zerstörungen dokumentieren
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Entscheidung des Europarats zur breiten Unterstützung der Ukraine ausdrücklich begrüßt. “Der Europarat hat eine wichtige Entscheidung getroffen: Die endgültige Entschließung des Gipfels in Island unterstützt die ukrainische Friedensformel. Es ist wichtig, dass Europa im Interesse eines ehrlichen Friedensplans so geeint ist”, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Er danke allen Staats- und Regierungschefs Europas und allen Mitgliedstaaten des Europarats für ihre Haltung. In der isländischen Hauptstadt Reykjavik hatten die 46 Staaten des Europarates zwei Tage lang über Hilfen für die Ukraine beraten.
Selenskyjs Friedensformel beinhaltet unter anderem die Forderung nach einem vollständigen Abzug aller russischen Truppen aus den besetzten Gebieten der Ukraine, darunter auch der Halbinsel Krim. Daneben sieht die Friedensformel auch Reparationsforderungen an Russland sowie Pläne für ein internationales Tribunal für die für den Krieg verantwortlichen Politiker und Militärs in Moskau vor.
Zum Abschluss ihres Gipfeltreffens in Reykjavik hatten sich die 46 Staaten des Europarats klar an die Seite der Ukraine im Kampf gegen Russland gestellt. Sie verabschiedeten nach zweitägigen Beratungen ein Register für Kriegsschäden in der Ukraine, forderten die Rückkehr aller nach Russland deportierten Kinder und machten sich für ein Sondertribunal stark. Mit dem Schadensregister sollen die Zerstörungen in dem von Russland angegriffenen Land dokumentiert werden, um Russland dafür zur Rechenschaft ziehen zu können.
Das Register gilt als erster Schritt auf dem Weg zu möglichen Entschädigungszahlungen an die Ukraine. Es war erst das vierte Gipfeltreffen der Staatengruppe in ihrer mehr als 70-jährigen Geschichte. Mehr als 30 Staats- und Regierungschefs nahmen teil.
Landesweit Luftalarm in der Ukraine
Die Bevölkerung wurde aufgerufen, in den Schutzräumen zu bleiben. In Kiew und anderen Regionen des Landes hat es am Donnerstagmorgen nach Angaben der Militärverwaltung mehrere Explosionen gegeben. Herabfallende Trümmerteile gebe es im Kiewer Bezirk Darnyzkyj, Angaben über Opfer und Schäden würden überprüft, erklärte Serhij Popko, Chef der Zivil- und Militärverwaltung von Kiew, im Onlinedienst Telegram. Es handele sich um den “neunten Luftangriff in Folge auf die Hauptstadt seit Anfang Mai”.
Mit Getreide beladener Güterzug auf der Krim entgleist
Das Militär warnt vor möglichen russischen Raketenangriffen in der Zentralukraine. Warnungen gibt es für die Regionen Winnyzja, Kirowohradska, Tscherkassy und Dnipro. In der südukrainischen Stadt Odessa ist nach Angaben der Militärverwaltung ein Mensch bei einem russischen Raketenangriff getötet worden. Zudem habe es zwei Verletzte bei dem Angriff auf eine Industrieanlage gegeben.
Auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim ist ein Güterzug entgleist. Die Bahnlinie wurde unterbrochen. Die Bahngesellschaft spricht von einem “Eingriff Außenstehender”. Der von Russland in der Region eingesetzte oberste Verwaltungsbeamte Sergej Axjonow teilte auf Telegram mit, bei dem entgleisten Zug handele es sich um einen mit Getreide beladenen Güterzug. Niemand sei verletzt worden.
Bei einem russischen Angriff auf die Region Cherson im Süden der Ukraine sind am Mittwoch mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern sei ein fünfjähriger Junge, berichteten ukrainische Medien unter Berufung auf örtliche Behörden. Zwei Menschen wurden bei dem Feuerüberfall auf das Dorf Seleniwka schwer verletzt. Die Menschen seien auf dem Weg zu einem Geschäft gewesen, als das Dorf unter Beschuss geriet. Aus den Berichten ging nicht hervor, aus welchen Waffen das Dorf beschossen wurde.
Berichte über Opfer in den Regionen Cherson und Donezk
Im Osten der Ukraine starben fünf Menschen im russisch kontrollierten Donbass durch Beschuss durch ukrainische Streitkräfte. Bei den Angriffen in der Region Donezk seien weitere 23 Menschen verletzt worden, berichtete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf örtliche Behörden.
Das US-Verteidigungsministerium hat Schäden an einem an die Ukraine gelieferten Flugabwehrsystem vom Typ Patriot nach russischem Beschuss eingeräumt. Das hochmoderne Flugabwehrsystem bleibe jedoch “einsatzbereit”, erklärte ein Pentagon-Vertreter gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Der durch ein nicht näher benanntes Geschoss verursachte Schaden werde derzeit untersucht.
Beschädigt, aber einsatzbereit
Zuvor hatte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ignat, gesagt, alles sei “in Ordnung” und das Patriot-System in Betrieb – ohne jedoch Angaben zu möglichen Schäden zu machen. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, seine Streitkräfte hätten das Flugabwehrsystem mit einer Hyperschallrakete vom Typ Kinschal getroffen.
Prag kündigt Abkommen mit Moskau
Kiew gab an, die ukrainische Luftabwehr habe sechs russische Hyperschallraketen abgefangen, dies wurde von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu dementiert. Kiew zufolge war es der ukrainischen Luftabwehr bereits Anfang Mai erstmals gelungen, eine Kinschal-Rakete mit einem Patriot-System abzufangen. Die ukrainische Regierung hatte dies als “historisch” bezeichnet. Im April hatte die Ukraine von ihren westlichen Verbündeten die erste Lieferung der in den USA produzierten Patriot-Systeme erhalten.
Das bodengestützte Luftabwehrsystem ist mobil, die Abschussrampen können auf Lastwagen montiert werden. Das Waffensystem dient der Bekämpfung von größeren Zielen in der Luft wie Flugzeugen, Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern. Die ukrainische Luftabwehr spielt eine Schlüsselrolle bei der Verteidigung gegen russische Luftangriffe. Zu Beginn der großangelegten Invasion des Landes hatte Kiew hauptsächlich über Kampfjets und SAM-Luftabwehrsysteme aus sowjetischer Zeit verfügt. In den vergangenen Monaten erhielt das ukrainische Militär aber von seinen westlichen Verbündeten neben den Patriots auch hochmoderne Abwehrsysteme vom Typ Nasams von den USA und Iris-T von Deutschland.
Tschechien hat seit Jahrzehnten bestehende Abkommen mit Russland aufgekündigt, die Moskau bisher die kostenlose Nutzung dutzender Grundstücke und Immobilien ermöglicht hatte. Prag habe die “Abkommen aus der Zeit des Kommunismus” gekündigt, erklärte Außenminister Jan Lipavsky im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die kostenlose Nutzung solle durch Mietverträge ersetzt werden, um eine “ungerechtfertigte Bereicherung zu verhindern”.
Tschechien gehört zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg. Prag hat Kiew militärische und finanzielle Hilfe zukommen lassen und fast 500.000 ukrainische Flüchtlinge im Land aufgenommen. se/dja
haz/bru/qu/pg (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.