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Stichwahl in der Türkei: Erdogan gegen Kilicdaroglu

Endspurt in der Türkei: Am Sonntag tritt der amtierende Präsident Erdogan im zweiten Wahlgang gegen seinen Herausforderer Kilicdaroglu an. Bis zur letzten Minute kämpfen beide um jede Stimme. Ein Doppelporträt.

Wer wird am Sonntag gewinnen – der langjährige Herrscher Recep Tayyip Erdogan oder sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu? Beim ersten Wahlgang hat keiner der beiden Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht.

Wenige Tage vor der Stichwahl um das Präsidentenamt befinden sich beide Politiker im Endspurt. Sie wechseln ihre Strategien, holen neue Unterstützer ins Boot und zeigen Zuversicht. .

Wer wird am Sonntag gewinnen – der langjährige Herrscher Recep Tayyip Erdogan oder sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu? Beim ersten Wahlgang hat keiner der beiden Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht.

Vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 14. Mai sagten die meisten Umfragen den Sieg der Opposition voraus. Bekanntlich kam es anders. Der langjährige Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan hat 49,5 Prozent der Stimmen erhalten. Seine Volksallianz hat ihre Mehrheit im Parlament erfolgreich verteidigt.

Karriere in Istanbul

Nun geht der 69-Jährige mit starkem Rückenwind in die Stichwahl. Erdogan zeigt sich zuversichtlich, betont seine bisherigen Erfolge und setzt beim Wahlkampf auf Kontinuität und Stabilität.

Seit 20 Jahren regiert Erdogan das Land, zuerst 2003 als Ministerpräsident, seit 2014 als Staatspräsident. Kein Politiker zuvor hat die Türkei so stark geprägt wie er. 

Die Karriere des strenggläubigen Präsidenten reicht bis in die 70er Jahre zurück. Er war Mitglied bei der Jugendorganisation der damaligen Partei von Necmettin Erbakan, dem Gründervater der islamistisch geprägten Milli Görüs-Bewegung.   

Von 1994 bis 1998 war Erdogan Oberbürgermeister der Millionenmetropole Istanbul. Im Jahr 1999 trat er eine viermonatige Haftstrafe an, zu der er wegen Volksverhetzung verurteilt worden war.

2001 herrschte in der Türkei eine große wirtschaftliche und politische Krise. Erdogan gründete seine islamisch-konservative AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung).

Nur ein Jahr später erzielte sie aus dem Stand die absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen. Sie gewann 363 von 550 Sitzen. Seitdem hat Erdogan keine Wahl verloren. Mit jedem Sieg hat er seine Macht verfestigt. 

Nach einer Verfassungsänderung wurde im April 2017 in der Türkei das Präsidialsystem eingeführt. Das Amt des Ministerpräsidenten wurde abgeschafft, so wie das Neutralitätsprinzip. Seitdem ist der AKP-Vorsitzende Erdogan auch der Präsident, der der Regierung vorsteht.

Um seine Macht zu festigen, schmiedete Erdogan vor den letzten Wahlen 2018 ein Bündnis. Diesem gehören neben der islamisch-konservativen AKP auch die ultranationalistischen MHP und BBP an. Beide entstammen der Ideologie der rechtsnationalistischen Grauen Wölfe.

Ende März hat Erdogan auch noch die “Neue Wohlfahrtspartei” ins Boot geholt, die aus der Milli Görüs-Tradition stammt.

Unterstützt wird Erdogan außerdem von der prokurdisch-islamistischen Partei HÜDA PAR, die laut Landesamt für Verfassungsschutz NRW der Türkischen Hizbullah (TH) nahesteht. Die TH hat in den 1990er Jahren in Anatolien mehrere Menschenrechtsaktivisten, Geschäftsleute und Politiker ermordet. Bei der Parlamentswahl hat HÜDA PAR nun dank Erdogans Allianz drei Sitze erhalten.

Im aktuellen Wahlkampf setzte Erdogan auf religiöse Themen. Auch Gewalt gegen Frauen und die LGBTI+ Community standen im Vordergrund, denn Erdogans Verbündete fordern die Abschaffung der Gesetze, die diese Gruppen schützen. 

Außerdem rückte Erdogan nahezu die gesamte Opposition immer wieder in die Nähe von Terrorgruppen. Mit Fakenews und manipulierten Videos griff er seinen Herausforderer Kilicdaroglu an und behauptete, dieser sei ein Sicherheitsrisiko.

Kilicdaroglu dagegen führte bis vor wenigen Tagen einen eher gemäßigten Wahlkampf. Er zeigte sich als Versöhner, der die tief gespaltene türkische Gesellschaft einen wolle. Als Symbol nutzte er das Herzzeichen. Sein Slogan lautete: “Ich verspreche, ich bringe euch den Frühling wieder”.

Doch nach dem enttäuschenden ersten Wahlausgang entschloss sich die Opposition zu einem radikalen Kurswechsel. Kilicdaroglu tritt nun laut und aggressiv auf, schlägt schärfere Töne an, und wettert gegen die Flüchtlinge.

Wenige Tage vor der Stichwahl ging er auch noch eine Kooperation mit der rechtspopulistischen Antiflüchtlingspartei, “Partei des Sieges” ein, die bei der Parlamentswahl 2,2 Prozent der Stimmen erhalten hatte.

Das Bündnis für Arbeit und Freiheit, dessen treibende Kraft die prokurdische HDP ist, kritisierte diese Kooperation. Dennoch unterstützt sie sie zähneknirschend Kilicdaroglu. Am Donnerstag verkündete die Partei, sie würden zur Urne gehen und “diesem Ein-Mann-Regime ein Ende setzen”. Bereits beim ersten Wahlgang stimmte ihre Wählerschaft mehrheitlich für Kilicdaroglu.

Kilicdaroglus Allianz gehören sechs unterschiedliche Parteien an. Neben seiner national-laizistischen CHP ist die “Gute Partei” (IYI Parti) dabei, die ursprünglich der Ideologie der Grauen Wölfe entstammt, sich aber eher mitte-rechts zu positionieren versucht. Die anderen kleineren Splitterparteien stammen eher aus dem islamisch-konservativen Spektrum.

Türkei | Rede von Recep Tayyip Erdoğan auf TRT
In der südostanatolischen Stadt Urfa hängen zwei große Plakate; Das linke zeigt den amtierenden türkischen Präsidenten. Auf dem rechten ist der Kandidat der Opposition Kilicdaroglu zu sehen.
Türkei | Rede von Kemal Kılıçdaroğlu auf TRT

Wer wird am Sonntag gewinnen – der langjährige Herrscher Recep Tayyip Erdogan oder sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu? Beim ersten Wahlgang hat keiner der beiden Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht.

Wenige Tage vor der Stichwahl um das Präsidentenamt befinden sich beide Politiker im Endspurt. Sie wechseln ihre Strategien, holen neue Unterstützer ins Boot und zeigen Zuversicht. .

Karriere in Istanbul

Vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 14. Mai sagten die meisten Umfragen den Sieg der Opposition voraus. Bekanntlich kam es anders. Der langjährige Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan hat 49,5 Prozent der Stimmen erhalten. Seine Volksallianz hat ihre Mehrheit im Parlament erfolgreich verteidigt.

Nun geht der 69-Jährige mit starkem Rückenwind in die Stichwahl. Erdogan zeigt sich zuversichtlich, betont seine bisherigen Erfolge und setzt beim Wahlkampf auf Kontinuität und Stabilität.

Seit 20 Jahren regiert Erdogan das Land, zuerst 2003 als Ministerpräsident, seit 2014 als Staatspräsident. Kein Politiker zuvor hat die Türkei so stark geprägt wie er. 

Die Karriere des strenggläubigen Präsidenten reicht bis in die 70er Jahre zurück. Er war Mitglied bei der Jugendorganisation der damaligen Partei von Necmettin Erbakan, dem Gründervater der islamistisch geprägten Milli Görüs-Bewegung.   

Der Premier geht, der Präsident bleibt

Von 1994 bis 1998 war Erdogan Oberbürgermeister der Millionenmetropole Istanbul. Im Jahr 1999 trat er eine viermonatige Haftstrafe an, zu der er wegen Volksverhetzung verurteilt worden war.

Wer sind Kilicdaroglus Verbündete?

2001 herrschte in der Türkei eine große wirtschaftliche und politische Krise. Erdogan gründete seine islamisch-konservative AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung).

Nur ein Jahr später erzielte sie aus dem Stand die absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen. Sie gewann 363 von 550 Sitzen. Seitdem hat Erdogan keine Wahl verloren. Mit jedem Sieg hat er seine Macht verfestigt. 

Nach einer Verfassungsänderung wurde im April 2017 in der Türkei das Präsidialsystem eingeführt. Das Amt des Ministerpräsidenten wurde abgeschafft, so wie das Neutralitätsprinzip. Seitdem ist der AKP-Vorsitzende Erdogan auch der Präsident, der der Regierung vorsteht.

Alevitische Herkunft

Um seine Macht zu festigen, schmiedete Erdogan vor den letzten Wahlen 2018 ein Bündnis. Diesem gehören neben der islamisch-konservativen AKP auch die ultranationalistischen MHP und BBP an. Beide entstammen der Ideologie der rechtsnationalistischen Grauen Wölfe.

Ende März hat Erdogan auch noch die “Neue Wohlfahrtspartei” ins Boot geholt, die aus der Milli Görüs-Tradition stammt.

Unterstützt wird Erdogan außerdem von der prokurdisch-islamistischen Partei HÜDA PAR, die laut Landesamt für Verfassungsschutz NRW der Türkischen Hizbullah (TH) nahesteht. Die TH hat in den 1990er Jahren in Anatolien mehrere Menschenrechtsaktivisten, Geschäftsleute und Politiker ermordet. Bei der Parlamentswahl hat HÜDA PAR nun dank Erdogans Allianz drei Sitze erhalten.

Im aktuellen Wahlkampf setzte Erdogan auf religiöse Themen. Auch Gewalt gegen Frauen und die LGBTI+ Community standen im Vordergrund, denn Erdogans Verbündete fordern die Abschaffung der Gesetze, die diese Gruppen schützen. 

Von links ist die dritte Person der Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei des Sieges Ümit Özdag, neben ihm steht der Oppositionskandidat Kemal Kilicdaroglu, beide sind umgeben von Menschen.

Außerdem rückte Erdogan nahezu die gesamte Opposition immer wieder in die Nähe von Terrorgruppen. Mit Fakenews und manipulierten Videos griff er seinen Herausforderer Kilicdaroglu an und behauptete, dieser sei ein Sicherheitsrisiko.

Kilicdaroglu dagegen führte bis vor wenigen Tagen einen eher gemäßigten Wahlkampf. Er zeigte sich als Versöhner, der die tief gespaltene türkische Gesellschaft einen wolle. Als Symbol nutzte er das Herzzeichen. Sein Slogan lautete: “Ich verspreche, ich bringe euch den Frühling wieder”.

Doch nach dem enttäuschenden ersten Wahlausgang entschloss sich die Opposition zu einem radikalen Kurswechsel. Kilicdaroglu tritt nun laut und aggressiv auf, schlägt schärfere Töne an, und wettert gegen die Flüchtlinge.

Wenige Tage vor der Stichwahl ging er auch noch eine Kooperation mit der rechtspopulistischen Antiflüchtlingspartei, “Partei des Sieges” ein, die bei der Parlamentswahl 2,2 Prozent der Stimmen erhalten hatte.

Das Bündnis für Arbeit und Freiheit, dessen treibende Kraft die prokurdische HDP ist, kritisierte diese Kooperation. Dennoch unterstützt sie sie zähneknirschend Kilicdaroglu. Am Donnerstag verkündete die Partei, sie würden zur Urne gehen und “diesem Ein-Mann-Regime ein Ende setzen”. Bereits beim ersten Wahlgang stimmte ihre Wählerschaft mehrheitlich für Kilicdaroglu.

Kilicdaroglus Allianz gehören sechs unterschiedliche Parteien an. Neben seiner national-laizistischen CHP ist die “Gute Partei” (IYI Parti) dabei, die ursprünglich der Ideologie der Grauen Wölfe entstammt, sich aber eher mitte-rechts zu positionieren versucht. Die anderen kleineren Splitterparteien stammen eher aus dem islamisch-konservativen Spektrum.

Vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hatte Kilicdaroglu erklärt, dass er nur ein “vorübergehendes Staatsoberhaupt sein wolle, das den Weg von Erdogans Ein-Mann-Regime zur parlamentarischen Demokratie ebnen” und dann den Staffelstab an jüngere Politiker weitergeben werde.

Das Vorhaben ist gescheitert und damit auch die Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie in die Ferne gerückt. Denn die notwendige Mehrheit für eine Verfassungsänderung hat die Opposion nicht.  

Das Vorhaben ist gescheitert und damit auch die Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie in die Ferne gerückt. Denn die notwendige Mehrheit für eine Verfassungsänderung hat die Opposion nicht.  

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