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Wasserstoff aus Angola für Deutschlands Energiewende

Deutsche Projektentwickler wollen mithilfe eines bestehenden Kraftwerks in Angola Wasserstoff für Europas Industrien produzieren. Gleichzeitig haben viele Privathaushalte in Angola keinen Strom. Wie geht das zusammen?

Lars Schneider geht am Rande der Staumauer entlang. 156 Meter geht es neben ihm in die Tiefe. Die Regenfälle waren zuletzt so üppig, dass gerade ein Teil des Wassers des Cuanza-Flusses abgelassen und am Fuße des Dammes als gewaltige Fontäne ins Tal gesprüht wird. “Da schlägt das Ingenieursherz höher”, sagt Schneider, groß gewachsen und mit Sicherheitshelm ausgestattet. Für die Nürnberger Projektentwicklungsfirma Gauff besucht er den Staudamm Laúca, etwa vier Autostunden südöstlich der angolanischen Hauptstadt Luanda. Ganz andere Dimensionen als  in Europa seien das, sagt der 50-Jährige. “Wenn man dort mitarbeitet, dann kann man richtig fühlen, was man letztendlich geplant hat.”

Gauff und das Hamburger Beratungsunternehmen Conjuncta haben sich mit Sonangol zusammengetan, dem staatlichen Energiekonzern Angolas. Einen Teil der Energie, die hier produziert wird, wollen sie gemeinsam in Wasserstoff umwandeln – und nach Deutschland exportieren. Etwa eine Milliarde Euro Kosten sind für das Projekt veranschlagt, das bereits im Jahr 2025 grünen Wasserstoff liefern könnte. Denn Windkraftanlagen und Photovoltaik allein werden nicht ausreichen, um den großen Bedarf der deutschen Industrie an nachhaltiger Energie zu decken.

Lars Schneider geht am Rande der Staumauer entlang. 156 Meter geht es neben ihm in die Tiefe. Die Regenfälle waren zuletzt so üppig, dass gerade ein Teil des Wassers des Cuanza-Flusses abgelassen und am Fuße des Dammes als gewaltige Fontäne ins Tal gesprüht wird. “Da schlägt das Ingenieursherz höher”, sagt Schneider, groß gewachsen und mit Sicherheitshelm ausgestattet. Für die Nürnberger Projektentwicklungsfirma Gauff besucht er den Staudamm Laúca, etwa vier Autostunden südöstlich der angolanischen Hauptstadt Luanda. Ganz andere Dimensionen als  in Europa seien das, sagt der 50-Jährige. “Wenn man dort mitarbeitet, dann kann man richtig fühlen, was man letztendlich geplant hat.”

Gauff ist seit mehr als 20 Jahren in Angola und hat zahlreiche Infrastrukturprojekte hochgezogen. Die Projektteams des Unternehmens kennen das Land und dessen Flüsse, die sich wie der Cuanza durch tiefe Schluchten schlängeln. Ideal, um sie zu stauen. “Da haben wir uns überlegt, die Möglichkeiten hier in Angola genauer zu untersuchen”, sagt Schneider. Fündig wurden sie bei dem noch recht jungen Wasserkraftwerk in Laúca.

Angola als Testlauf für Deutschland

Das Vorhaben in Angola ist ein wichtiger Testlauf für Deutschland. Das Auswärtige Amt eröffnet zurzeit im Eiltempo Wasserstoffbüros in Ländern wie Nigeria und Saudi-Arabien. In Namibia und Marokko sind privatwirtschaftliche Projekte in Planung. In Angola haben Schneider und sein Team jedoch einen Vorteil: Die Energie steht bereits zur Verfügung. So könnte die Wasserstoffproduktion früher als anderswo starten.

Vom Damm aus führen unterirdische Rohre das Wasser in das zwei Kilometer entfernte Wasserkraftwerk. Eine riesige Halle haben die Betreiber dafür in den Fels gesprengt. Hier stoßen die Wassermassen auf vier wummernde Turbinen. Aber: Zwei weitere sind nicht im Einsatz.

Moisés Jaime führt in ein benachbartes Gebäude. Der Direktor des Kraftwerks Laúca trägt ein blaues, kurzärmeliges Hemd, über das er sich eine Arbeitsweste mit allerlei Taschen geworfen hat. Er blickt auf eine Wand aus Monitoren, die zeigen, was die Turbinen gerade produzieren. Insgesamt liegt die aktuelle Kapazität bei 856,9 Megawatt. Dabei könnten sie bis auf 2070 Megawatt hochgefahren werden.

Doch es fehle an Nachfrage, sagt der Direktor. Auch aus Angolas Energiestrategie geht hervor: Von der Industrie hatte man sich mehr Wachstum erhofft. Und so stehen dieses und auch weitere ambitionierte Wasserkraftprojekte entlang des Cuanza-Flusses heute ohne ausreichend kommerzielle Abnehmer da. 400 Megawatt möchte Gauff deshalb mit seinen Partnern in Wasserstoff umwandeln – genug, um etwa 450.000 deutsche Haushalte mit Strom zu versorgen. 

“Das ist eine gute Initiative, die wir willkommen heißen”, sagt Kraftwerksdirektor Jaime daher über das Vorhaben der Wasserstoffproduktion für Deutschland. “Vor allem werden die Maschinen glücklich sein, weil sie an ihre Grenzen gehen und die volle Kapazität produzieren können. Ohne Industrie können wir hier absolut gar nichts tun.”

Für Angolas Wirtschaft könnte sich damit ein neuer Markt eröffnen. Öl und Gas decken bisher 85 Prozent der Exporteinnahmen des Landes ab. Wasserstoff stellt da eine zukunftsträchtige Einnahmequelle dar.

Sérgio Calundungo ist Koordinator der Beobachtungsstelle für Politik und Soziales in Angola mit einem Büro in der Hauptstadt. Sein Bart ist grau meliert und das Haar lichtet sich. Calundungo, der über viele Jahre Entwicklungsprojekte auf dem Land betreut hat, äußert Bedenken am grünen Energieexport. Denn: Nur 42 Prozent der Menschen in Angola haben Zugang zu Strom. Manche Orte sind gar nicht am Netz.

Das Argument, dass es keine Abnehmer für den Strom der Kraftwerke gäbe, lässt er nicht gelten. “Es liegt nicht an mangelnder Nachfrage”, sagt er entschieden. Es stimme schon, dass Privathaushalte mitunter weniger Geld beisteuern könnten als Industrieunternehmen. “Beim Zugang zu Strom gibt es ökonomische Hürden – es mangelt an Geld”, sagt er. Aber das allein erkläre das Problem nicht. “Es gibt auch technologische Hürden. Das Land investiert nicht in die notwendigen Technologien und in eine Verteilung.”

Und dennoch: Grundsätzlich habe das Land solch enorme Energieressourcen, dass zukünftig auch das Ausland mit Wasserstoff beliefert werden könne, sagt er. Nur müsse das Hand in Hand gehen mit der Verbesserung der Energieversorgung der eigenen Bevölkerung: “Ich glaube, dass wir beides gleichzeitig machen müssen.”

Etwas weiter nördlich steht Lars Schneider am Straßenrand außerhalb von Luanda und blickt auf Kräne, die ein paar hundert Meter entfernt an einem neuen Hafen arbeiten. Daneben will Gauff die Wasserstofffabrik hochziehen. Der Ort sei perfekt: Etwa 210 Kilometer lange Hochspannungsleitungen führen vom Kraftwerk Laúca direkt zu einem nahe gelegenen Umspannwerk. Ein Fluss bietet Wasser, um im Elektrolyseverfahren den Wasserstoff herzustellen.

Den Wasserstoff wollen sie zunächst in flüssiges Ammoniak umwandeln, mit dem die Frachtschiffe befüllt werden. “Ammoniak kann schon bei relativ milden Temperaturen von minus 33 Grad verflüssigt werden”, sagt Schneider und stellt den Vergleich zu reinem Wasserstoff her, der minus 253 Grad benötigt. “Da ist das doch schon fast flauschig warm.”

In Deutschland angekommen, muss der Ammoniak zurück in Wasserstoff verwandelt werden. Kraftwerke produzieren aus ihm schließlich den Strom für die Energiezentren.

Klingt umständlich. Aber die Projektentwickler von Gauff und ihre Partner in Angola wollen erkunden, ob das nicht sogar das Elektrizitätsproblem in Angola lösen könnte, sagt Schneider. “Der größte Wunsch ist natürlich, dass man nachhaltige Energien auch nutzt, um die abgelegenen Gebiete zu erschließen. Dafür kann man ja wunderbar den Wasserstoff benutzen.”

Angola: Lars Schneider und Moisés Jaime mit Schutzhelmen und Warnwesten im Gespräch in der Turbinenhalle des Wasserkraftwerks am Laúca-Staudamm (Foto: Jonas Gerding)
Sérgio Calundungo sitzt vor einer Bilderwand an seinem Laptop in Luanda (Foto: Jonas Gerding)

Lars Schneider geht am Rande der Staumauer entlang. 156 Meter geht es neben ihm in die Tiefe. Die Regenfälle waren zuletzt so üppig, dass gerade ein Teil des Wassers des Cuanza-Flusses abgelassen und am Fuße des Dammes als gewaltige Fontäne ins Tal gesprüht wird. “Da schlägt das Ingenieursherz höher”, sagt Schneider, groß gewachsen und mit Sicherheitshelm ausgestattet. Für die Nürnberger Projektentwicklungsfirma Gauff besucht er den Staudamm Laúca, etwa vier Autostunden südöstlich der angolanischen Hauptstadt Luanda. Ganz andere Dimensionen als  in Europa seien das, sagt der 50-Jährige. “Wenn man dort mitarbeitet, dann kann man richtig fühlen, was man letztendlich geplant hat.”

Gauff und das Hamburger Beratungsunternehmen Conjuncta haben sich mit Sonangol zusammengetan, dem staatlichen Energiekonzern Angolas. Einen Teil der Energie, die hier produziert wird, wollen sie gemeinsam in Wasserstoff umwandeln – und nach Deutschland exportieren. Etwa eine Milliarde Euro Kosten sind für das Projekt veranschlagt, das bereits im Jahr 2025 grünen Wasserstoff liefern könnte. Denn Windkraftanlagen und Photovoltaik allein werden nicht ausreichen, um den großen Bedarf der deutschen Industrie an nachhaltiger Energie zu decken.

Angola als Testlauf für Deutschland

Gauff ist seit mehr als 20 Jahren in Angola und hat zahlreiche Infrastrukturprojekte hochgezogen. Die Projektteams des Unternehmens kennen das Land und dessen Flüsse, die sich wie der Cuanza durch tiefe Schluchten schlängeln. Ideal, um sie zu stauen. “Da haben wir uns überlegt, die Möglichkeiten hier in Angola genauer zu untersuchen”, sagt Schneider. Fündig wurden sie bei dem noch recht jungen Wasserkraftwerk in Laúca.

Das Vorhaben in Angola ist ein wichtiger Testlauf für Deutschland. Das Auswärtige Amt eröffnet zurzeit im Eiltempo Wasserstoffbüros in Ländern wie Nigeria und Saudi-Arabien. In Namibia und Marokko sind privatwirtschaftliche Projekte in Planung. In Angola haben Schneider und sein Team jedoch einen Vorteil: Die Energie steht bereits zur Verfügung. So könnte die Wasserstoffproduktion früher als anderswo starten.

Vom Damm aus führen unterirdische Rohre das Wasser in das zwei Kilometer entfernte Wasserkraftwerk. Eine riesige Halle haben die Betreiber dafür in den Fels gesprengt. Hier stoßen die Wassermassen auf vier wummernde Turbinen. Aber: Zwei weitere sind nicht im Einsatz.

Schlappe Nachfrage mangels Industrie

Moisés Jaime führt in ein benachbartes Gebäude. Der Direktor des Kraftwerks Laúca trägt ein blaues, kurzärmeliges Hemd, über das er sich eine Arbeitsweste mit allerlei Taschen geworfen hat. Er blickt auf eine Wand aus Monitoren, die zeigen, was die Turbinen gerade produzieren. Insgesamt liegt die aktuelle Kapazität bei 856,9 Megawatt. Dabei könnten sie bis auf 2070 Megawatt hochgefahren werden.

Kein Strom für Angolas Bevölkerung

Doch es fehle an Nachfrage, sagt der Direktor. Auch aus Angolas Energiestrategie geht hervor: Von der Industrie hatte man sich mehr Wachstum erhofft. Und so stehen dieses und auch weitere ambitionierte Wasserkraftprojekte entlang des Cuanza-Flusses heute ohne ausreichend kommerzielle Abnehmer da. 400 Megawatt möchte Gauff deshalb mit seinen Partnern in Wasserstoff umwandeln – genug, um etwa 450.000 deutsche Haushalte mit Strom zu versorgen. 

“Das ist eine gute Initiative, die wir willkommen heißen”, sagt Kraftwerksdirektor Jaime daher über das Vorhaben der Wasserstoffproduktion für Deutschland. “Vor allem werden die Maschinen glücklich sein, weil sie an ihre Grenzen gehen und die volle Kapazität produzieren können. Ohne Industrie können wir hier absolut gar nichts tun.”

Für Angolas Wirtschaft könnte sich damit ein neuer Markt eröffnen. Öl und Gas decken bisher 85 Prozent der Exporteinnahmen des Landes ab. Wasserstoff stellt da eine zukunftsträchtige Einnahmequelle dar.

Grüner Wasserstoff per Schiff

Sérgio Calundungo ist Koordinator der Beobachtungsstelle für Politik und Soziales in Angola mit einem Büro in der Hauptstadt. Sein Bart ist grau meliert und das Haar lichtet sich. Calundungo, der über viele Jahre Entwicklungsprojekte auf dem Land betreut hat, äußert Bedenken am grünen Energieexport. Denn: Nur 42 Prozent der Menschen in Angola haben Zugang zu Strom. Manche Orte sind gar nicht am Netz.

Das Argument, dass es keine Abnehmer für den Strom der Kraftwerke gäbe, lässt er nicht gelten. “Es liegt nicht an mangelnder Nachfrage”, sagt er entschieden. Es stimme schon, dass Privathaushalte mitunter weniger Geld beisteuern könnten als Industrieunternehmen. “Beim Zugang zu Strom gibt es ökonomische Hürden – es mangelt an Geld”, sagt er. Aber das allein erkläre das Problem nicht. “Es gibt auch technologische Hürden. Das Land investiert nicht in die notwendigen Technologien und in eine Verteilung.”

Und dennoch: Grundsätzlich habe das Land solch enorme Energieressourcen, dass zukünftig auch das Ausland mit Wasserstoff beliefert werden könne, sagt er. Nur müsse das Hand in Hand gehen mit der Verbesserung der Energieversorgung der eigenen Bevölkerung: “Ich glaube, dass wir beides gleichzeitig machen müssen.”

Etwas weiter nördlich steht Lars Schneider am Straßenrand außerhalb von Luanda und blickt auf Kräne, die ein paar hundert Meter entfernt an einem neuen Hafen arbeiten. Daneben will Gauff die Wasserstofffabrik hochziehen. Der Ort sei perfekt: Etwa 210 Kilometer lange Hochspannungsleitungen führen vom Kraftwerk Laúca direkt zu einem nahe gelegenen Umspannwerk. Ein Fluss bietet Wasser, um im Elektrolyseverfahren den Wasserstoff herzustellen.

Angola: Strom des Laúca-Staudamms führt zu einem Umspannwerk (Foto: Jonas Gerding)

Den Wasserstoff wollen sie zunächst in flüssiges Ammoniak umwandeln, mit dem die Frachtschiffe befüllt werden. “Ammoniak kann schon bei relativ milden Temperaturen von minus 33 Grad verflüssigt werden”, sagt Schneider und stellt den Vergleich zu reinem Wasserstoff her, der minus 253 Grad benötigt. “Da ist das doch schon fast flauschig warm.”

In Deutschland angekommen, muss der Ammoniak zurück in Wasserstoff verwandelt werden. Kraftwerke produzieren aus ihm schließlich den Strom für die Energiezentren.

Klingt umständlich. Aber die Projektentwickler von Gauff und ihre Partner in Angola wollen erkunden, ob das nicht sogar das Elektrizitätsproblem in Angola lösen könnte, sagt Schneider. “Der größte Wunsch ist natürlich, dass man nachhaltige Energien auch nutzt, um die abgelegenen Gebiete zu erschließen. Dafür kann man ja wunderbar den Wasserstoff benutzen.”

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