Wirtschaft

Deutschlands größter Fliesenhersteller hängt am Gas

Deutsche Steinzeug, Deutschlands größter Fliesenhersteller, ist abhängig von Erdgas. Die Bundesnetzagentur hat die Firma aber nicht als systemrelevant eingestuft. Das Problem: Ein bisschen sparen funktioniert nicht.

“Wir fahren auf Sicht. Ich würde ihnen etwas Falsches sagen, wenn ich sage: ‘Macht euch keine Sorgen, wir haben alles im Griff’. Dem ist nicht so”. Das sagt Dieter Schäfer, seit 37 Jahren Vorstand von Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG, dem größten Fliesenhersteller in Deutschland. Sein Problem: Die Produktion von Fliesen verschlingt sehr viel Energie in Form von Gas und Strom.

Lange war das kein Thema, weil russisches Gas so günstig war. Heute machen die stark gestiegenen Energiekosten dem Unternehmen zu schaffen. “Das letzte normale Jahr war 2020, da haben wir ungefähr 13 Millionen Euro gezahlt für alle vier Werke”, so Schäfer. “In diesem Jahr werden es 31 Millionen Euro” – und dabei ist die neuartige Gasumlage noch nicht mit eingerechnet.

“Wir fahren auf Sicht. Ich würde ihnen etwas Falsches sagen, wenn ich sage: ‘Macht euch keine Sorgen, wir haben alles im Griff’. Dem ist nicht so”. Das sagt Dieter Schäfer, seit 37 Jahren Vorstand von Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG, dem größten Fliesenhersteller in Deutschland. Sein Problem: Die Produktion von Fliesen verschlingt sehr viel Energie in Form von Gas und Strom.

Aber immerhin gibt es noch genügend Gas, so dass die Produktion in den vier Werken in Deutschland laufen kann. Am Hauptsitz, in Alfter-Witterschlick bei Bonn, werden vor allem Wandfliesen produziert, erklärt Produktionsleiter Christian Lindner. “Fliesen für ungefähr 14.000 bis 16.000 Quadratmeter. Das sind etwa drei Fußballfelder Fliesen, die wir jeden Tag hier produzieren.”

Das Brennen verschlingt das meiste Gas

Dafür werden Gesteinsmaterialien und aufgelöste Tone miteinander vermischt. Anschließend wird dieser feuchten, dickflüssigen Masse im 34 Meter hohen Sprühtrockner ein Großteil der Flüssigkeit entzogen. “Unser Sprühtrockner ist unser größter Einzelverbraucher”, so Lindner. “Der verbraucht allein schon fast 20 Prozent unserer gesamten Gas-Energie.”

Das Ergebnis: ein beigefarbenes Granulat, aus dem dann mit hohem Druck die Fliesen gepresst werden. Auf schmalen Fließbänden scheinen die Rohlinge dann in Reih und Glied durch die Halle zu schweben. Fast alles ist mit einer feinen Schicht beigefarbenen Staubs bedeckt. In verschiedenen Maschinen wird die Oberfläche der Rohlinge weiter bearbeitet, bis sie schließlich ebenfalls per Fließband auf quietschenden eisernen Rollen durch die verschiedenen Brennöfen transportiert werden.

“Wir haben vier Öfen, in denen der erste Brand stattfindet”, erklärt Lindner. “Außerdem noch einmal vier Öfen, in denen der zweite Brand bei noch einmal 100 Grad höherer Temperatur stattfindet. Also bei 1150 Grad. Und dann haben wir noch weitere Trockner und Öfen, in denen bei Bedarf mit einem dritten Brand Dekore hergestellt werden.”

Neben den 75 Meter langen Öfen, in die das Gas von außen durch Rohre eingeleitet wird, wabert die Luft von der ausströmenden Hitze. Schaut man auf die insgesamt verbrauchte Energie, so verschlingen die Öfen den Großteil des Gases. “Wir sind sehr abhängig”, sagt Unternehmenschef Schäfer. Alternative Energiequellen gebe es kurzfristig nicht. Flüssiggas oder Biomethan seien keine Option, weil dann die Brenner umgestellt werden müssten.

Der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie hat jüngst verkündet, die Gasvorräte würden wohl für den kommenden Winter ausreichen, wenn Russland weiter wie zuletzt Gas liefert, der Winter nicht zu kalt wird und wenn die Gasspeicher durch Einsparungen beim Verbrauch weiter gefüllt werden wie geplant. Eine Reihe von Wenn’s. Was aber, wenn das Gas im Winter nicht mehr reicht für alle deutschen Unternehmen? Dann entscheidet die Bundesnetzagentur, wer noch wieviel Gas bekommt.

“Wir sind für die Gaslieferungen nicht systemrelevant”, sagt Schäfer. “Wir haben Signale bekommen. Die haben uns gesagt, sie werden uns dann irgendwie reduzieren.” Nur wie und in welchem Ausmaß ist noch nicht klar. Anders als in der Glasindustrie würde ein Runterfahren die Öfen nicht ruinieren. Unwirtschaftlich wäre es aber schon, sagt Schäfer. Einfach ausschalten ist nicht möglich, die Öfen müssten über eineinhalb Tage langsam runtergefahren werden. Das Hochfahren würde dann noch einmal zwei Tage dauern.

Auch die Möglichkeit, nur einen Ofen abzuschalten, hält Schäfer für nicht praktikabel. Da die Abwärme der Öfen für den Sprühtrockner benötigt wird. Der wiederum wird gebraucht, um das Granulat für die Fliesen herzustellen.

Langfristig müsste über Alternativen zum Gas nachgedacht werden, meint Schäfer. “Ein Brenner, der mit Gas arbeitet, kann nicht automatisch mit Wasserstoff arbeiten.” Nach eigenen Berechnungen müsste Deutsche Steinzeug für jeden Ofen um die 600.000 Euro für eine Umrüstung auf Wasserstoff investieren. Bei 18 Öfen in den vier Werken waren das knapp 11 Millionen Euro. “Ich glaube, dass sich das langfristig ändern muss, aber das ist für die nächsten zwei, drei Jahre überhaupt nicht denkbar”, sagt Schäfer.

Dabei ist die Energie noch nicht einmal das einzige Problem, dass Deutsche Steinzeug zu schaffen macht. Auch die Engpässe bei den Transportkapazitäten und die sehr stark gestiegenen Transportkosten drücken auf den Gewinn. Rund 45 Prozent der Fliesen werden exportiert, beispielsweise für Schwimmbäder oder Fassaden.

Bei den dort erzielten Margen ist es noch möglich, die Kostensteigerung in gewissem Maß an die Kunden weiterzureichen. “Wir machen einen Energiezuschlag von drei Euro pro Quadratmeter. Das fanden die Kunden nicht lustig. Wir haben es aber durchgesetzt und haben auch viel Prügel bekommen. Aber es klappt schon.”

Schwierig wird es für das fast 150 Jahre alte Unternehmen zusätzlich im Geschäft mit den Privatkunden. Die hohe Inflation und eine zurückgehende Konjunktur bewirken, dass bei vielen Deutschen das Geld weniger locker sitzt. “Die Renovierung und der Neubau wird in den nächsten ein, zwei Jahren deutlich zurückgehen,” vermutet Schäfer.

“Das wirkliche Problem ist, wir sind ein ‘Kann’-Produkt. Wenn die Heizung kaputt ist, dann müssen die Menschen handeln. Aber wenn ihnen die Fliesen nicht mehr gefallen, können sie durchaus noch zwei Jahre damit leben. Und das ist ein Riesenunterschied.”

Dieter Schäfer, Vorstand der Deutsche Steinzeug AG
Deutsche Steinzeug
Deutsche Steinzeug - Fliesenproduktion

“Wir fahren auf Sicht. Ich würde ihnen etwas Falsches sagen, wenn ich sage: ‘Macht euch keine Sorgen, wir haben alles im Griff’. Dem ist nicht so”. Das sagt Dieter Schäfer, seit 37 Jahren Vorstand von Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG, dem größten Fliesenhersteller in Deutschland. Sein Problem: Die Produktion von Fliesen verschlingt sehr viel Energie in Form von Gas und Strom.

Lange war das kein Thema, weil russisches Gas so günstig war. Heute machen die stark gestiegenen Energiekosten dem Unternehmen zu schaffen. “Das letzte normale Jahr war 2020, da haben wir ungefähr 13 Millionen Euro gezahlt für alle vier Werke”, so Schäfer. “In diesem Jahr werden es 31 Millionen Euro” – und dabei ist die neuartige Gasumlage noch nicht mit eingerechnet.

Das Brennen verschlingt das meiste Gas

Aber immerhin gibt es noch genügend Gas, so dass die Produktion in den vier Werken in Deutschland laufen kann. Am Hauptsitz, in Alfter-Witterschlick bei Bonn, werden vor allem Wandfliesen produziert, erklärt Produktionsleiter Christian Lindner. “Fliesen für ungefähr 14.000 bis 16.000 Quadratmeter. Das sind etwa drei Fußballfelder Fliesen, die wir jeden Tag hier produzieren.”

Dafür werden Gesteinsmaterialien und aufgelöste Tone miteinander vermischt. Anschließend wird dieser feuchten, dickflüssigen Masse im 34 Meter hohen Sprühtrockner ein Großteil der Flüssigkeit entzogen. “Unser Sprühtrockner ist unser größter Einzelverbraucher”, so Lindner. “Der verbraucht allein schon fast 20 Prozent unserer gesamten Gas-Energie.”

Das Ergebnis: ein beigefarbenes Granulat, aus dem dann mit hohem Druck die Fliesen gepresst werden. Auf schmalen Fließbänden scheinen die Rohlinge dann in Reih und Glied durch die Halle zu schweben. Fast alles ist mit einer feinen Schicht beigefarbenen Staubs bedeckt. In verschiedenen Maschinen wird die Oberfläche der Rohlinge weiter bearbeitet, bis sie schließlich ebenfalls per Fließband auf quietschenden eisernen Rollen durch die verschiedenen Brennöfen transportiert werden.

“Wir haben vier Öfen, in denen der erste Brand stattfindet”, erklärt Lindner. “Außerdem noch einmal vier Öfen, in denen der zweite Brand bei noch einmal 100 Grad höherer Temperatur stattfindet. Also bei 1150 Grad. Und dann haben wir noch weitere Trockner und Öfen, in denen bei Bedarf mit einem dritten Brand Dekore hergestellt werden.”

Kurzfristig keine Alternative zum Erdgas

Neben den 75 Meter langen Öfen, in die das Gas von außen durch Rohre eingeleitet wird, wabert die Luft von der ausströmenden Hitze. Schaut man auf die insgesamt verbrauchte Energie, so verschlingen die Öfen den Großteil des Gases. “Wir sind sehr abhängig”, sagt Unternehmenschef Schäfer. Alternative Energiequellen gebe es kurzfristig nicht. Flüssiggas oder Biomethan seien keine Option, weil dann die Brenner umgestellt werden müssten.

Weitere Investitionen nötig trotz unsicherer Geschäftslage

Der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie hat jüngst verkündet, die Gasvorräte würden wohl für den kommenden Winter ausreichen, wenn Russland weiter wie zuletzt Gas liefert, der Winter nicht zu kalt wird und wenn die Gasspeicher durch Einsparungen beim Verbrauch weiter gefüllt werden wie geplant. Eine Reihe von Wenn’s. Was aber, wenn das Gas im Winter nicht mehr reicht für alle deutschen Unternehmen? Dann entscheidet die Bundesnetzagentur, wer noch wieviel Gas bekommt.

“Wir sind für die Gaslieferungen nicht systemrelevant”, sagt Schäfer. “Wir haben Signale bekommen. Die haben uns gesagt, sie werden uns dann irgendwie reduzieren.” Nur wie und in welchem Ausmaß ist noch nicht klar. Anders als in der Glasindustrie würde ein Runterfahren die Öfen nicht ruinieren. Unwirtschaftlich wäre es aber schon, sagt Schäfer. Einfach ausschalten ist nicht möglich, die Öfen müssten über eineinhalb Tage langsam runtergefahren werden. Das Hochfahren würde dann noch einmal zwei Tage dauern.

Auch die Möglichkeit, nur einen Ofen abzuschalten, hält Schäfer für nicht praktikabel. Da die Abwärme der Öfen für den Sprühtrockner benötigt wird. Der wiederum wird gebraucht, um das Granulat für die Fliesen herzustellen.

Langfristig müsste über Alternativen zum Gas nachgedacht werden, meint Schäfer. “Ein Brenner, der mit Gas arbeitet, kann nicht automatisch mit Wasserstoff arbeiten.” Nach eigenen Berechnungen müsste Deutsche Steinzeug für jeden Ofen um die 600.000 Euro für eine Umrüstung auf Wasserstoff investieren. Bei 18 Öfen in den vier Werken waren das knapp 11 Millionen Euro. “Ich glaube, dass sich das langfristig ändern muss, aber das ist für die nächsten zwei, drei Jahre überhaupt nicht denkbar”, sagt Schäfer.

Dabei ist die Energie noch nicht einmal das einzige Problem, dass Deutsche Steinzeug zu schaffen macht. Auch die Engpässe bei den Transportkapazitäten und die sehr stark gestiegenen Transportkosten drücken auf den Gewinn. Rund 45 Prozent der Fliesen werden exportiert, beispielsweise für Schwimmbäder oder Fassaden.

Bei den dort erzielten Margen ist es noch möglich, die Kostensteigerung in gewissem Maß an die Kunden weiterzureichen. “Wir machen einen Energiezuschlag von drei Euro pro Quadratmeter. Das fanden die Kunden nicht lustig. Wir haben es aber durchgesetzt und haben auch viel Prügel bekommen. Aber es klappt schon.”

Schwierig wird es für das fast 150 Jahre alte Unternehmen zusätzlich im Geschäft mit den Privatkunden. Die hohe Inflation und eine zurückgehende Konjunktur bewirken, dass bei vielen Deutschen das Geld weniger locker sitzt. “Die Renovierung und der Neubau wird in den nächsten ein, zwei Jahren deutlich zurückgehen,” vermutet Schäfer.

Deutsche Steinzeug Brennöfen

“Das wirkliche Problem ist, wir sind ein ‘Kann’-Produkt. Wenn die Heizung kaputt ist, dann müssen die Menschen handeln. Aber wenn ihnen die Fliesen nicht mehr gefallen, können sie durchaus noch zwei Jahre damit leben. Und das ist ein Riesenunterschied.”

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