Wie sich die Squadra Azzurra verändert
Nach dem EM-Titel 2021 stürzt Italiens Nationalmannschaft in ein tiefes Tal und kann nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen. Aber: Der Neuanfang hat begonnen. Etablierte Spieler und Nachwuchskräfte sollen es nun richten.
Unter lautem Beifall und mit einem Lächeln im Gesicht nahm Italiens Abwehrchef Giorgi Chiellini vor dem sogenannten “Finalissima” gegen Argentinien seine ganz persönliche Ehrung entgegen: für seine lange und überaus erfolgreiche Nationalmannschaftskarriere. Tränen liefen bei ihm vor dem Vergleich der Kontinentalmeister von Europa und Südamerika nicht. Scheinbar hatte er sich bereits an den Gedanken gewöhnt. Denn noch bei seinem überaus emotionalen Abschied zwei Wochen zuvor von Juventus Turin, wo er 17 Jahre lang in Diensten war, konnte er seine Emotionen nicht mehr beherrschen. Chiellini nahm die Zeremonie in der Londoner Nacht mit Fassung hin. Auch dieser für ihn magische Ort schien daran nichts ändern zu können.
Schließlich hatte er vor knapp einem Jahr an selber Stelle im Wembley-Stadion noch den EM-Pokal in den Nachthimmel gereckt. Doch von solchen Glücksgefühlen sind die Italiener derzeit weit entfernt. Chiellinis internationale Karriere war damit nach 117 Länderspielen beendet. Es schien, als wäre dieser Moment ein Zeichen für seine “Squadra Azzurra”: Der Dino geht, der Neuaufbau kann endgültig beginnen. Denn: Als der 37-Jährige zur Halbzeit ausgewechselt wurde, stand es bereits 0:2
Unter lautem Beifall und mit einem Lächeln im Gesicht nahm Italiens Abwehrchef Giorgi Chiellini vor dem sogenannten “Finalissima” gegen Argentinien seine ganz persönliche Ehrung entgegen: für seine lange und überaus erfolgreiche Nationalmannschaftskarriere. Tränen liefen bei ihm vor dem Vergleich der Kontinentalmeister von Europa und Südamerika nicht. Scheinbar hatte er sich bereits an den Gedanken gewöhnt. Denn noch bei seinem überaus emotionalen Abschied zwei Wochen zuvor von Juventus Turin, wo er 17 Jahre lang in Diensten war, konnte er seine Emotionen nicht mehr beherrschen. Chiellini nahm die Zeremonie in der Londoner Nacht mit Fassung hin. Auch dieser für ihn magische Ort schien daran nichts ändern zu können.
Der Endstand des Spiels lautet 0:3 – ein Sinnbild für die letzten Monate der Azzurri. Vom Glanz des Gewinns der EM 2021 ist nichts mehr übrig. Innerhalb weniger Monate wurde die Squadra Azzurra vom europäischen Champion fast schon zum zum Gespött der eigenen Nation – sie verpasste als Europameister die Qualifikation für die WM 2022 in Katar. Das Land regierte geschockt auf das Aus in den WM-Playoffs gegen den krassen Außenseiter aus Nordmazedonien. Der Chef des italienischen Fußballverbands, Carlo Tavecchio, bezeichnete das Scheitern damals als “Apokalypse”.
Wem gehört die Zukunft?
Nach einer gründlichen Analyse blieb Trainer Roberto Mancini letztlich im Amt – und möchte nun mit seiner Mannschaft in der Nations League zu alter Stärke zurückfinden. Dort trifft seine Mannschaft in den nächsten 14 Tagen zweimal auf Deutschland, sowie auf Ungarn und England. Doch wie sieht die Zukunft der italienischen Nationalmannschaft aus?
Bereits 2017 merkte Gabriele Gravina, Präsident des italienischen Fußballverbandes, an: “Es gibt nur sehr wenige Spieler, die der Trainer auswählen kann. Wir müssen verstehen, warum so viele junge Spieler nicht in ihren Vereinen eingesetzt werden.” Dass in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden hat, kann man beispielhaft Innenverteidiger Alessandro Bastoni von Inter Mailand erkennen. Bastoni ist bereits seit 2017 bei Inter. Der 23-Jährige wurde für zwei Saisons nach Bergamo und Parma ausgeliehen, um die nötige Spielpraxis zu sammeln. Nun ist er eine feste Größe in der Abwehr bei den Mailändern. In der italienischen Nationalmannschaft wird er nun die Position von Chiellini übernehmen.
Auch im Angriff stehen mit Giacomo Rasparori (22), Gianluca Scamacca (23) und Nicolo Zaniolo (22) drei Spieler bereit, die bei der Squadra Azzurra eine Ära prägen könnten. Alle drei sind Stammspieler in ihren Vereinen. Rasparori und Scamacca bei Sassuolo Calcio, Zaniolo beim AS Rom. Der erst 22 Jahre alte Sandro Tonali zieht bereits die Fäden im Mittelfeld bei Serie A-Meister AC Mailand und ist eine ernsthafte Alternative zu dem bis dato gesetzten Jorginho. Zwischen den Pfosten sind die Azzurri mit Gianluigi Donnarumma (23) ohnehin für das nächste Jahrzehnt gut besetzt. Was also bleibt von der “Achse”, die noch vor einem Jahr Fußball-Europa verzauberte und nicht wenige Experten ins Schwärmen brachte?
Viele Eckpfeiler der damaligen Mannschaft spielen auch weiterhin im System Mancinis eine wichtige Rolle. So bleiben Spieler wie Jorginho, Marco Verratti, Nicolo Barilla, Manuel Locatelli, Leonardo Spinazzola und Federico Chiesa auch weiterhin als Führungsspieler im Team. Dennoch wird der künftige Kader der Italiener deutlich jünger sein als in der Vergangenheit. Große Namen wie der ehemalige Kapitän Ciro Immobile oder Stürmer Lorenzo Insigne, die letztes Jahr noch als unersetzlich galten, spielen in den Plänen von Mancini keine Rolle mehr.
Als weiteren Fingerzeig für die Zukunft hat Mancini vor kurzem 50 junge Spieler zu einem speziellen Trainingslager eingeladen, um einen persönlichen Eindruck über die italienischen Talente der Zukunft zu gewinnen. Daraufhin wurde Wilfried Gnonto, ein 18-jährigen Stürmer mit ivorischen Wurzeln, erstmals in den Kader für den “Finalissima” berufen. Der Weg der italienischen Nationalmannschaft ist also klar: Junge Spieler sollen entwickelt und um die Achse der erfahrenen Spieler eingebaut werden – oder diese sogar ersetzen. Ein neuer Weg für die Azzurri, die jahrelang auf Erfahrung und Beständigkeit gesetzt hatten.
Was war eigentlich passiert seit dem glorreichen Sieg bei der EM 2021, bei der die Italiener begeisternden Fußball gespielt und verdient den Titel gewonnen haben? Damals schien Italien unter Mancini fast unbesiegbar zu sein. Die Azzurri stellten einen internationalen Fußballrekord auf, als sie 37 Spiele in Folge ungeschlagen blieben und erst in der Nations League gegen Spanien verloren, wo das Team mehr als eine Halbzeit mit zehn Mann spielen musste.
Auf den ersten Blick könnte man das Spiel gegen Nordmazedonien also einfach als eine “unglückliche Nacht” bezeichnen. Italien hatte 32 Schüsse abgegeben, Nordmazedonien dagegen nur vier. Es gab weitere, unzählige Statistiken, die die Dominanz der Italiener verdeutlichten. Doch das Team konnte nur zwei der vorangegangenen neun Spiele nach 90 Minuten gewinnen. In der Endrunde der EM 2021 gegen Spanien und England musste jeweils das Elfmeterschießen entscheiden – immer mit dem besseren Ende für Italien.
Das von Mancini eingeführte 4-3-3-System, das in Ballbesitz zum 3-2-4-1 wurde, war perfekt abgestimmt auf die Stürmer Lorenzo Insigne und Federico Chiesa, die mit ihrer Interpretation ihrer Aufgabe das Spiel in die Breite zogen. Doch Chiesa riss sich im Januar das Kreuzband und fällt monatelang aus. Und die Leistungen von Insigne bei Napoli haben seit 2020 merklich nachgelassen. Er wechselt nun zum FC Toronto in die Major League Soccer.
Nun muss Roberto Mancini also die richtige Balance für einen Neuanfang finden. Giorgio Chiellini wird davon kein Teil mehr sein. Er winkte im Wembley-Stadion nach Spielende ein letztes Mal dem Publikum zu – bevor er in die Katakomben verschwand.
Unter lautem Beifall und mit einem Lächeln im Gesicht nahm Italiens Abwehrchef Giorgi Chiellini vor dem sogenannten “Finalissima” gegen Argentinien seine ganz persönliche Ehrung entgegen: für seine lange und überaus erfolgreiche Nationalmannschaftskarriere. Tränen liefen bei ihm vor dem Vergleich der Kontinentalmeister von Europa und Südamerika nicht. Scheinbar hatte er sich bereits an den Gedanken gewöhnt. Denn noch bei seinem überaus emotionalen Abschied zwei Wochen zuvor von Juventus Turin, wo er 17 Jahre lang in Diensten war, konnte er seine Emotionen nicht mehr beherrschen. Chiellini nahm die Zeremonie in der Londoner Nacht mit Fassung hin. Auch dieser für ihn magische Ort schien daran nichts ändern zu können.
Schließlich hatte er vor knapp einem Jahr an selber Stelle im Wembley-Stadion noch den EM-Pokal in den Nachthimmel gereckt. Doch von solchen Glücksgefühlen sind die Italiener derzeit weit entfernt. Chiellinis internationale Karriere war damit nach 117 Länderspielen beendet. Es schien, als wäre dieser Moment ein Zeichen für seine “Squadra Azzurra”: Der Dino geht, der Neuaufbau kann endgültig beginnen. Denn: Als der 37-Jährige zur Halbzeit ausgewechselt wurde, stand es bereits 0:2
Wem gehört die Zukunft?
Der Endstand des Spiels lautet 0:3 – ein Sinnbild für die letzten Monate der Azzurri. Vom Glanz des Gewinns der EM 2021 ist nichts mehr übrig. Innerhalb weniger Monate wurde die Squadra Azzurra vom europäischen Champion fast schon zum zum Gespött der eigenen Nation – sie verpasste als Europameister die Qualifikation für die WM 2022 in Katar. Das Land regierte geschockt auf das Aus in den WM-Playoffs gegen den krassen Außenseiter aus Nordmazedonien. Der Chef des italienischen Fußballverbands, Carlo Tavecchio, bezeichnete das Scheitern damals als “Apokalypse”.
Nach einer gründlichen Analyse blieb Trainer Roberto Mancini letztlich im Amt – und möchte nun mit seiner Mannschaft in der Nations League zu alter Stärke zurückfinden. Dort trifft seine Mannschaft in den nächsten 14 Tagen zweimal auf Deutschland, sowie auf Ungarn und England. Doch wie sieht die Zukunft der italienischen Nationalmannschaft aus?
Bereits 2017 merkte Gabriele Gravina, Präsident des italienischen Fußballverbandes, an: “Es gibt nur sehr wenige Spieler, die der Trainer auswählen kann. Wir müssen verstehen, warum so viele junge Spieler nicht in ihren Vereinen eingesetzt werden.” Dass in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden hat, kann man beispielhaft Innenverteidiger Alessandro Bastoni von Inter Mailand erkennen. Bastoni ist bereits seit 2017 bei Inter. Der 23-Jährige wurde für zwei Saisons nach Bergamo und Parma ausgeliehen, um die nötige Spielpraxis zu sammeln. Nun ist er eine feste Größe in der Abwehr bei den Mailändern. In der italienischen Nationalmannschaft wird er nun die Position von Chiellini übernehmen.
Auch im Angriff stehen mit Giacomo Rasparori (22), Gianluca Scamacca (23) und Nicolo Zaniolo (22) drei Spieler bereit, die bei der Squadra Azzurra eine Ära prägen könnten. Alle drei sind Stammspieler in ihren Vereinen. Rasparori und Scamacca bei Sassuolo Calcio, Zaniolo beim AS Rom. Der erst 22 Jahre alte Sandro Tonali zieht bereits die Fäden im Mittelfeld bei Serie A-Meister AC Mailand und ist eine ernsthafte Alternative zu dem bis dato gesetzten Jorginho. Zwischen den Pfosten sind die Azzurri mit Gianluigi Donnarumma (23) ohnehin für das nächste Jahrzehnt gut besetzt. Was also bleibt von der “Achse”, die noch vor einem Jahr Fußball-Europa verzauberte und nicht wenige Experten ins Schwärmen brachte?
Negativtrend seit EM-Gewinn
Viele Eckpfeiler der damaligen Mannschaft spielen auch weiterhin im System Mancinis eine wichtige Rolle. So bleiben Spieler wie Jorginho, Marco Verratti, Nicolo Barilla, Manuel Locatelli, Leonardo Spinazzola und Federico Chiesa auch weiterhin als Führungsspieler im Team. Dennoch wird der künftige Kader der Italiener deutlich jünger sein als in der Vergangenheit. Große Namen wie der ehemalige Kapitän Ciro Immobile oder Stürmer Lorenzo Insigne, die letztes Jahr noch als unersetzlich galten, spielen in den Plänen von Mancini keine Rolle mehr.
Als weiteren Fingerzeig für die Zukunft hat Mancini vor kurzem 50 junge Spieler zu einem speziellen Trainingslager eingeladen, um einen persönlichen Eindruck über die italienischen Talente der Zukunft zu gewinnen. Daraufhin wurde Wilfried Gnonto, ein 18-jährigen Stürmer mit ivorischen Wurzeln, erstmals in den Kader für den “Finalissima” berufen. Der Weg der italienischen Nationalmannschaft ist also klar: Junge Spieler sollen entwickelt und um die Achse der erfahrenen Spieler eingebaut werden – oder diese sogar ersetzen. Ein neuer Weg für die Azzurri, die jahrelang auf Erfahrung und Beständigkeit gesetzt hatten.
Was war eigentlich passiert seit dem glorreichen Sieg bei der EM 2021, bei der die Italiener begeisternden Fußball gespielt und verdient den Titel gewonnen haben? Damals schien Italien unter Mancini fast unbesiegbar zu sein. Die Azzurri stellten einen internationalen Fußballrekord auf, als sie 37 Spiele in Folge ungeschlagen blieben und erst in der Nations League gegen Spanien verloren, wo das Team mehr als eine Halbzeit mit zehn Mann spielen musste.
Auf den ersten Blick könnte man das Spiel gegen Nordmazedonien also einfach als eine “unglückliche Nacht” bezeichnen. Italien hatte 32 Schüsse abgegeben, Nordmazedonien dagegen nur vier. Es gab weitere, unzählige Statistiken, die die Dominanz der Italiener verdeutlichten. Doch das Team konnte nur zwei der vorangegangenen neun Spiele nach 90 Minuten gewinnen. In der Endrunde der EM 2021 gegen Spanien und England musste jeweils das Elfmeterschießen entscheiden – immer mit dem besseren Ende für Italien.
Das von Mancini eingeführte 4-3-3-System, das in Ballbesitz zum 3-2-4-1 wurde, war perfekt abgestimmt auf die Stürmer Lorenzo Insigne und Federico Chiesa, die mit ihrer Interpretation ihrer Aufgabe das Spiel in die Breite zogen. Doch Chiesa riss sich im Januar das Kreuzband und fällt monatelang aus. Und die Leistungen von Insigne bei Napoli haben seit 2020 merklich nachgelassen. Er wechselt nun zum FC Toronto in die Major League Soccer.
Nun muss Roberto Mancini also die richtige Balance für einen Neuanfang finden. Giorgio Chiellini wird davon kein Teil mehr sein. Er winkte im Wembley-Stadion nach Spielende ein letztes Mal dem Publikum zu – bevor er in die Katakomben verschwand.