Kultur

Kim de l’Horizon: “Was habe ich Euch getan?”

Als erste non-binäre Person hat Kim de l’Horizon den Deutschen Buchpreis gewonnen. Jetzt ist Kim de l’Horizon der Star der Frankfurter Buchmesse – allen Anfeindungen zum Trotz.

Als erstes berichtete am Donnerstag der “Kölner Stadt-Anzeiger” – wie der DuMont-Buchverlag Teil der DuMont-Mediengruppe – über “viele queerfeindliche Angriffe” auf Kim de l’Horizon. Der Verlag, in dem de l’Horizons am Montag ausgezeichnetes “Blutbuch” erschienen ist, habe einen Sicherheitsdienst engagiert, um Kim de l’Horizon zu schützen. Im Internet müsse der Verlag jetzt viele Hassbotschaften löschen. Beim Onlinehändler Amazon häuften sich schlechte Bewertungen mit nur einem Stern, die “häufig sehr offensichtlich von Menschen stammen, die das Buch nicht gelesen haben”.

Personenschutz für Kim de l’Horizon, das macht schon deshalb Sinn, weil de l’Horizon über Nacht zum Star der Frankfurter Buchmesse aufgestiegen ist. Kim de l’Horizon ist queer und lehnt es ab, auf ein Geschlecht festgelegt zu werden, sieht sich also weder als Mann noch als Frau. Nicht allen gefällt das. Noch am Freitag konnte sich de l’Horizon vor Interviewanfragen nicht retten. Der Stand des Verlags war von Menschentrauben umlagert.

Als erstes berichtete am Donnerstag der “Kölner Stadt-Anzeiger” – wie der DuMont-Buchverlag Teil der DuMont-Mediengruppe – über “viele queerfeindliche Angriffe” auf Kim de l’Horizon. Der Verlag, in dem de l’Horizons am Montag ausgezeichnetes “Blutbuch” erschienen ist, habe einen Sicherheitsdienst engagiert, um Kim de l’Horizon zu schützen. Im Internet müsse der Verlag jetzt viele Hassbotschaften löschen. Beim Onlinehändler Amazon häuften sich schlechte Bewertungen mit nur einem Stern, die “häufig sehr offensichtlich von Menschen stammen, die das Buch nicht gelesen haben”.

“Dieser Preis ist nicht nur für mich”, hatte Kim de l’Horizon am Montag im Kaisersaal des Frankfurter Römers ins Mikrofon gesagt. Unter dem dichten Schnurrbart leuchteten Kim de l’Horizons rot geschminkten Lippen. Dann schaltete die erste nicht-binäre Person, die den mit 25.000 Euro dotierten Buchpreis verliehen bekam, einen Rasierapparat an und schor sich das lockige Haupthaar. Statt einer Dankesrede sang Kim de l’Horizon a cappella auf Englisch: “Da ist etwas in Dir/es ist schwer zu erklären.” Das Publikum war bewegt. Die Standing Ovations wollten nicht enden.

Über Nacht ein Star der Buchmesse

De l’Horizons ausgezeichnetes Romandebüt “Blutbuch” erzählt von der Selbstfindung der Figur Kim, die sich weder als Mann noch als Frau identifiziert. Aufgewachsen in einem schäbigen Schweizer Vorort, lebt Kim schließlich in Zürich, ist den engen Strukturen der Herkunft entkommen und fühlt sich im non-binären Körper und in der eigenen Sexualität wohl. Als die Großmutter an Demenz erkrankt, beginnt das “Ich”, seine Vergangenheit zu hinterfragen.

Während die deutschen Feuilletons durchgängig Lob für Kim de l’Horizons Erstlingswerk finden, wird de l’Horizon im Internet teils stark angefeindet. “Breaking news:”, ätzt etwa ein User auf Twitter, “Buchpreis geht an Christbaumschmuck mit bewährter Marketingstrategie.” Ein anderer schreibt: “Als ich ihn im Fernsehen sah, wurde mir schon leicht übel. Da wusste ich noch nicht, was er noch so verzapft. Damit bekommt man heutzutage im Land der Dichter+Denker einen Preis. Prost Mahlzeit!” 

Dagegen äußert eine andere Userin Verständnis für Kim de l’Horizons Lage: “Ein*e Autor*in kann den eigenen Erfolg nicht genießen, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der Queerfeindlichkeit bis in den Mainstream hinein toleriert wird.” Die Twitter-Userin urteilt: “Absolut inakzeptabel, dass die Schönheit & Kraft dieses Moments für Kim de l’Horizon auf diese Weise beschwert wird.” 

In einem Essay für die “Neue Zürcher Zeitung” reagierte Kim de l’Horizon bereits am Mittwoch (19.10.2022) auf die Schläge zweier Männer. De l’Horizon berichtet darin von einem Fausthieb ins Gesicht in einer Berliner U-Bahn mit den Worten: “Normale Schwuchteln kann ich mittlerweile schlucken, aber Du bist mir einfach zu viel.” Am gleichen Tag habe de l’Horizon in der Zeitung von der Rücktrittsankündigung des Schweizer Bundesrates und Regierungsmitglieds Ueli Maurer gelesen, dessen Worte ebenfalls ein Schlag ins Gesicht gewesen seien: “Ob meine Nachfolgerin eine Frau oder ein Mann ist, ist mir egal. Solange es kein ‹Es› ist, geht es ja noch.”

“Was, frage ich euch, ist so schlimm an meinem Körper, dass ihr ihn schlagen und aktiv von politischer Führung ausschließen möchtet?”, fragte Kim de l’Horizon in seinem Artikel. “Was habe ich euch getan? Was, ihr um euch schlagenden Männer, seht ihr in mir, das euch dermaßen bedroht?” Dann betont Kim de l’Horizon: “Ich – stehe – für – mich. Und kann es sein, dass genau das so bedrohlich ist? Dass hier ein Mensch steht, der nicht hineinpasst, der, obwohl er ständig herumgeschubst wird, wieder hinsteht, dem gesagt wird, er sei peinlich, hässlich, monströs, außerirdisch, und der sich dennoch nicht versteckt, sondern für sich, für seine Monstrosität einsteht?”

Kim de l'Horizon rasiert sich die Haare ab.
Kim de l‘Horizon guckt geschminkt und mit durchdringendem Blick in die Kamera.

Kim de l’Horizon: Blutbuch

Als erstes berichtete am Donnerstag der “Kölner Stadt-Anzeiger” – wie der DuMont-Buchverlag Teil der DuMont-Mediengruppe – über “viele queerfeindliche Angriffe” auf Kim de l’Horizon. Der Verlag, in dem de l’Horizons am Montag ausgezeichnetes “Blutbuch” erschienen ist, habe einen Sicherheitsdienst engagiert, um Kim de l’Horizon zu schützen. Im Internet müsse der Verlag jetzt viele Hassbotschaften löschen. Beim Onlinehändler Amazon häuften sich schlechte Bewertungen mit nur einem Stern, die “häufig sehr offensichtlich von Menschen stammen, die das Buch nicht gelesen haben”.

Personenschutz für Kim de l’Horizon, das macht schon deshalb Sinn, weil de l’Horizon über Nacht zum Star der Frankfurter Buchmesse aufgestiegen ist. Kim de l’Horizon ist queer und lehnt es ab, auf ein Geschlecht festgelegt zu werden, sieht sich also weder als Mann noch als Frau. Nicht allen gefällt das. Noch am Freitag konnte sich de l’Horizon vor Interviewanfragen nicht retten. Der Stand des Verlags war von Menschentrauben umlagert.

Über Nacht ein Star der Buchmesse

“Dieser Preis ist nicht nur für mich”, hatte Kim de l’Horizon am Montag im Kaisersaal des Frankfurter Römers ins Mikrofon gesagt. Unter dem dichten Schnurrbart leuchteten Kim de l’Horizons rot geschminkten Lippen. Dann schaltete die erste nicht-binäre Person, die den mit 25.000 Euro dotierten Buchpreis verliehen bekam, einen Rasierapparat an und schor sich das lockige Haupthaar. Statt einer Dankesrede sang Kim de l’Horizon a cappella auf Englisch: “Da ist etwas in Dir/es ist schwer zu erklären.” Das Publikum war bewegt. Die Standing Ovations wollten nicht enden.

De l’Horizons ausgezeichnetes Romandebüt “Blutbuch” erzählt von der Selbstfindung der Figur Kim, die sich weder als Mann noch als Frau identifiziert. Aufgewachsen in einem schäbigen Schweizer Vorort, lebt Kim schließlich in Zürich, ist den engen Strukturen der Herkunft entkommen und fühlt sich im non-binären Körper und in der eigenen Sexualität wohl. Als die Großmutter an Demenz erkrankt, beginnt das “Ich”, seine Vergangenheit zu hinterfragen.

Während die deutschen Feuilletons durchgängig Lob für Kim de l’Horizons Erstlingswerk finden, wird de l’Horizon im Internet teils stark angefeindet. “Breaking news:”, ätzt etwa ein User auf Twitter, “Buchpreis geht an Christbaumschmuck mit bewährter Marketingstrategie.” Ein anderer schreibt: “Als ich ihn im Fernsehen sah, wurde mir schon leicht übel. Da wusste ich noch nicht, was er noch so verzapft. Damit bekommt man heutzutage im Land der Dichter+Denker einen Preis. Prost Mahlzeit!” 

Dagegen äußert eine andere Userin Verständnis für Kim de l’Horizons Lage: “Ein*e Autor*in kann den eigenen Erfolg nicht genießen, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der Queerfeindlichkeit bis in den Mainstream hinein toleriert wird.” Die Twitter-Userin urteilt: “Absolut inakzeptabel, dass die Schönheit & Kraft dieses Moments für Kim de l’Horizon auf diese Weise beschwert wird.” 

Lob der Feuilletons, Häme im Netz

In einem Essay für die “Neue Zürcher Zeitung” reagierte Kim de l’Horizon bereits am Mittwoch (19.10.2022) auf die Schläge zweier Männer. De l’Horizon berichtet darin von einem Fausthieb ins Gesicht in einer Berliner U-Bahn mit den Worten: “Normale Schwuchteln kann ich mittlerweile schlucken, aber Du bist mir einfach zu viel.” Am gleichen Tag habe de l’Horizon in der Zeitung von der Rücktrittsankündigung des Schweizer Bundesrates und Regierungsmitglieds Ueli Maurer gelesen, dessen Worte ebenfalls ein Schlag ins Gesicht gewesen seien: “Ob meine Nachfolgerin eine Frau oder ein Mann ist, ist mir egal. Solange es kein ‹Es› ist, geht es ja noch.”

“Warum fühlt Ihr Euch von mir bedroht?”

“Was, frage ich euch, ist so schlimm an meinem Körper, dass ihr ihn schlagen und aktiv von politischer Führung ausschließen möchtet?”, fragte Kim de l’Horizon in seinem Artikel. “Was habe ich euch getan? Was, ihr um euch schlagenden Männer, seht ihr in mir, das euch dermaßen bedroht?” Dann betont Kim de l’Horizon: “Ich – stehe – für – mich. Und kann es sein, dass genau das so bedrohlich ist? Dass hier ein Mensch steht, der nicht hineinpasst, der, obwohl er ständig herumgeschubst wird, wieder hinsteht, dem gesagt wird, er sei peinlich, hässlich, monströs, außerirdisch, und der sich dennoch nicht versteckt, sondern für sich, für seine Monstrosität einsteht?”

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