Von Einhörnern und sprechenden Eseln: Die Biester der Bibel
Wussten Sie, dass in der Bibel Drachen und Einhörner ihr Unwesen treiben? Und dass nicht nur die Schlange sprechen kann? Die tierischen Protagonisten in der Heiligen Schrift sind nicht zu unterschätzen.
Auch wenn Menschen in der Bibel meist die Hauptrolle spielen, tummeln sich dort erstaunlich viele seltsame Tiere. Sprechende Blutegel sind ebenso darunter wie Seemonster und vierbeinige Insekten. Das Theologen-Ehepaar Simone und Claudia Paganini hat sich auf ihre Spur begeben: Ihr Buch “Die Biester der Bibel. Warum es in der Heiligen Schrift keine Katzen, aber eine Killer-Kuh gibt” lüftet oft übersehene Geheimnisse. Wobei das Wort Biester nicht im negativen heutigen Sinne zu verstehen ist, sondern als Übersetzung des lateinischen Wortes “bestia” für wildes Tier.
Bevor die Schlange auftauchte, lief alles bestens im von Gott erschaffenen Paradies. Das erste Menschenpaar lebte in herrlicher Unschuld, selbst Raubtiere wie Löwen und Wölfe taten keinem etwas zuleide und ernährten sich rein vegetarisch. Streit und Unfriede gab es nicht im Garten Eden. Gott ließ Adam und Eva jegliche Freiheit, nur eines hatte er ihnen ausdrücklich verboten: eine Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen.
Auch wenn Menschen in der Bibel meist die Hauptrolle spielen, tummeln sich dort erstaunlich viele seltsame Tiere. Sprechende Blutegel sind ebenso darunter wie Seemonster und vierbeinige Insekten. Das Theologen-Ehepaar Simone und Claudia Paganini hat sich auf ihre Spur begeben: Ihr Buch “Die Biester der Bibel. Warum es in der Heiligen Schrift keine Katzen, aber eine Killer-Kuh gibt” lüftet oft übersehene Geheimnisse. Wobei das Wort Biester nicht im negativen heutigen Sinne zu verstehen ist, sondern als Übersetzung des lateinischen Wortes “bestia” für wildes Tier.
Doch die Schlange überredete Eva, einen dieser Äpfel zu kosten. Dann probierte auch Adam und das Unheil nahm seinen Lauf. Gott vertrieb die beiden aus dem Paradies, fortan – so steht es in der Bibel – musste der Mann sich sein Brot mit schweißtreibender Arbeit verdienen und die Frau Kinder unter unsäglichen Schmerzen gebären. Auch die Schlange wurde bestraft: Sie verlor die Fähigkeit zu sprechen und durfte sich nur noch kriechend durch die Welt bewegen.
Unmoralisches Angebot einer Schlange
Für die Kirche war die Schlange selbstredend eine Verkörperung des Teufels, und Evas Verführbarkeit galt als der eindeutige Beweis für die Lasterhaftigkeit des weiblichen Geschlechts.
Heute vertreten einige Theologinnen die genau entgegengesetzte Meinung, ist zur Ehrenrettung der Frau in dem Büchlein der Paganinis nachzulesen. “Da die Frau über mehr Sensibilität und Intelligenz verfügt habe als der Mann, habe die Schlange sich an sie gewandt. Adam hätte höchstwahrscheinlich gar nicht verstanden, warum es reizvoll sein könnte, vom Baum der Erkenntnis zu essen.”
Vertreibung aus dem Paradies hin oder her: Gott hatte dem ersten Menschenpaar einen Auftrag gegeben: nämlich “die Erde zu bevölkern und über alle Tiere zu herrschen”. Bei manchen Wesen war das gar nicht so einfach, denn sie waren ziemlich furchterregend.
Dinosaurier und die Bibel entstanden im Abstand von 65 Millionen Jahren; was also haben sie in der Heiligen Schrift zu suchen, fragen die Paganinis. Und doch ist in mehreren Psalmen vom “Leviathan” die Rede: Sein Körper ist mit Schuppenreihen versehen, das Gebiss riesig. “Bewegt er sich an Land, hinterlässt er eine Spur der Verwüstung, im Wasser bringt er die Meerestiefe zum Sieden wie bei einem Kochtopf.”
Und mit dem putzigen Einhorn, das heute Kinderherzen höher schlagen lässt, hat das biblische Wesen wenig zu tun; es war ein Untier, das “Knochen ganzer Völker zermalmen konnte” und wenn es galoppierte, bebte die Erde. Selbst Jesus soll, so steht es in Luthers Bibelübersetzung, kurz vor seinem Tod am Kreuz gebetet haben: “Hilf mir aus dem Rachen des Löwen und errette mich vor den Einhörnern.”
Vor allem im Alten Testament tummeln sich die kuriosen Fabelwesen, darunter auch menschenfressende Drachen oder der Basilisk, ein Hahn mit Schlangenschwanz: “Das Tier ist so voller Gift, dass wenn es ein Mensch von fern ansehen tut, er gleich sterben muss. Bäume und Sträucher verdorren in seiner Gegenwart”, charakterisierte ein Chronist Ende des 18. Jahrhunderts das rätselhafte Wesen.
Manch seltsames Tier mag durch fehlerhafte Übersetzungen und eigenmächtige Interpretationen der Bibeltexte entstanden sein, doch viele dieser Wesen spiegeln auch mythische Gestalten aus antiken Kulturkreisen wider.
Worin man sich aber bei allen Übersetzungen einig war: Gott setzte Tiere mehrfach als Werkzeug gegen die sündhafte Menschheit ein. Immer wieder ist in der Bibel von Heuschreckenplagen die Rede, die ganze Ernten vernichten. Mal ließ Gott Frevler von Wölfen zerreißen, mal von Löwen.
Und fast jeder kennt die Geschichte von Jona und dem Wal: Der Prophet widersetzt sich Gottes Willen, dem feindlichen Volk der Assyrer zu predigen. Er segelt heimlich davon, doch Gott lässt ihn von einem Wal verschlucken und am Zielort wieder ausspucken. Doch wie kann man drei Tage im Bauch eines Fisches (der Wal galt lange als solcher) überleben? “Die Bibel ist keine zoologische Abhandlung, und noch weniger ein Survival-Ratgeber”, schreiben die Paganinis. Es gehe um die Botschaft: Widersetze dich nicht deinem Gott.
Ein rundum positives Bild zeichnet die Bibel vom Esel: Er trug Maria aus Ägypten und Jesus nach Jerusalem, er ist klug, fleißig und kann in machen Psalmen sogar sprechen. Anders hingegen das Pferd: Für die Israeliten war es vor allem “eine Kriegsmaschine, die, egal ob im Galopp oder einem Streitwagen vorgespannt, kaum aufzuhalten war”. In diese Vorstellung passen auch die Apokalyptischen Reiter, die am Tag des Jüngsten Gerichts auf furchterregenden Streitrössern auf die Erde kommen und Rechenschaft von den Menschen fordern werden.
Eine unrühmliche Karriere als Bösewicht machte auch die biblische Ziege. Wie das Schaf war sie ein beliebtes Kleinvieh, doch dann wurde ein Bock, symbolisch mit den Sünden des Volkes beladen, in die Wüste zu einem Dämon geschickt. Das Tier wurde zum sprichwörtlichen Sündenbock, später wurde es als Inkarnation des Teufels identifiziert.
Seltsamerweise werden in der Bibel weder Hund noch Katze erwähnt. Hund kommt nur als Schimpfwort vor, die Katze fehlt gar ganz – womöglich, vermutet das Autoren-Team, weil die israelitischen Halbnomaden immer unterwegs waren, eine Katze aber ortsgebunden lebt. Ihr Fehlen in der Bibel ließ spätere Kirchenfürsten vermuten, dass sie unerwünscht war, weil sie dem Teufel und seinen Hexen nahestehe. Nicht ganz logisch aus heutiger Sicht, da ja auch andere biblische Tiere angeblich mit Satan paktierten, aber danach fragte damals niemand.
Und dann wäre da noch die Killerkuh. Tiere, die einen Todesfall verursachten, wurden früher gesteinigt oder gehängt, denn sie galten nach biblischem Recht als voll schuldfähig. Trat eine Kuh also einen Menschen um, wurde sie Jahrhunderte lang ebenso verurteilt wie Spatzen, die mit ihrem Zwitschern Mönche beim Gebet störten oder Holzwürmer, die den Stuhl eines Bischofs zerfraßen, sodass er zu Boden stürzte. Das, so war man sich einig, könnte nur Teufelswerk sein.
Am Ende ihres Buches ziehen Claudia und Simone Paganini das Fazit, dass die Bibel sicher kein Meisterwerk der Tierethik ist, dass man aber “die selbstverständliche Machtausübung des Menschen über die Tiere fundamental in Frage” stellen sollte. Erst dann nämlich kann man sich dem biblischen Paradies wieder annähern, wo Mensch und Tier friedlich gemeinsam zusammenleben.
Simone und Claudia Paganini: Die Biester der Bibel. Gütersloher Verlagshaus, 2022
Auch wenn Menschen in der Bibel meist die Hauptrolle spielen, tummeln sich dort erstaunlich viele seltsame Tiere. Sprechende Blutegel sind ebenso darunter wie Seemonster und vierbeinige Insekten. Das Theologen-Ehepaar Simone und Claudia Paganini hat sich auf ihre Spur begeben: Ihr Buch “Die Biester der Bibel. Warum es in der Heiligen Schrift keine Katzen, aber eine Killer-Kuh gibt” lüftet oft übersehene Geheimnisse. Wobei das Wort Biester nicht im negativen heutigen Sinne zu verstehen ist, sondern als Übersetzung des lateinischen Wortes “bestia” für wildes Tier.
Bevor die Schlange auftauchte, lief alles bestens im von Gott erschaffenen Paradies. Das erste Menschenpaar lebte in herrlicher Unschuld, selbst Raubtiere wie Löwen und Wölfe taten keinem etwas zuleide und ernährten sich rein vegetarisch. Streit und Unfriede gab es nicht im Garten Eden. Gott ließ Adam und Eva jegliche Freiheit, nur eines hatte er ihnen ausdrücklich verboten: eine Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen.
Unmoralisches Angebot einer Schlange
Doch die Schlange überredete Eva, einen dieser Äpfel zu kosten. Dann probierte auch Adam und das Unheil nahm seinen Lauf. Gott vertrieb die beiden aus dem Paradies, fortan – so steht es in der Bibel – musste der Mann sich sein Brot mit schweißtreibender Arbeit verdienen und die Frau Kinder unter unsäglichen Schmerzen gebären. Auch die Schlange wurde bestraft: Sie verlor die Fähigkeit zu sprechen und durfte sich nur noch kriechend durch die Welt bewegen.
Für die Kirche war die Schlange selbstredend eine Verkörperung des Teufels, und Evas Verführbarkeit galt als der eindeutige Beweis für die Lasterhaftigkeit des weiblichen Geschlechts.
Heute vertreten einige Theologinnen die genau entgegengesetzte Meinung, ist zur Ehrenrettung der Frau in dem Büchlein der Paganinis nachzulesen. “Da die Frau über mehr Sensibilität und Intelligenz verfügt habe als der Mann, habe die Schlange sich an sie gewandt. Adam hätte höchstwahrscheinlich gar nicht verstanden, warum es reizvoll sein könnte, vom Baum der Erkenntnis zu essen.”
Vertreibung aus dem Paradies hin oder her: Gott hatte dem ersten Menschenpaar einen Auftrag gegeben: nämlich “die Erde zu bevölkern und über alle Tiere zu herrschen”. Bei manchen Wesen war das gar nicht so einfach, denn sie waren ziemlich furchterregend.
Furchterregende Untiere
Dinosaurier und die Bibel entstanden im Abstand von 65 Millionen Jahren; was also haben sie in der Heiligen Schrift zu suchen, fragen die Paganinis. Und doch ist in mehreren Psalmen vom “Leviathan” die Rede: Sein Körper ist mit Schuppenreihen versehen, das Gebiss riesig. “Bewegt er sich an Land, hinterlässt er eine Spur der Verwüstung, im Wasser bringt er die Meerestiefe zum Sieden wie bei einem Kochtopf.”
Göttliche Rache
Und mit dem putzigen Einhorn, das heute Kinderherzen höher schlagen lässt, hat das biblische Wesen wenig zu tun; es war ein Untier, das “Knochen ganzer Völker zermalmen konnte” und wenn es galoppierte, bebte die Erde. Selbst Jesus soll, so steht es in Luthers Bibelübersetzung, kurz vor seinem Tod am Kreuz gebetet haben: “Hilf mir aus dem Rachen des Löwen und errette mich vor den Einhörnern.”
Vor allem im Alten Testament tummeln sich die kuriosen Fabelwesen, darunter auch menschenfressende Drachen oder der Basilisk, ein Hahn mit Schlangenschwanz: “Das Tier ist so voller Gift, dass wenn es ein Mensch von fern ansehen tut, er gleich sterben muss. Bäume und Sträucher verdorren in seiner Gegenwart”, charakterisierte ein Chronist Ende des 18. Jahrhunderts das rätselhafte Wesen.
Manch seltsames Tier mag durch fehlerhafte Übersetzungen und eigenmächtige Interpretationen der Bibeltexte entstanden sein, doch viele dieser Wesen spiegeln auch mythische Gestalten aus antiken Kulturkreisen wider.
Kriegsmaschinen und teuflisches Getier
Worin man sich aber bei allen Übersetzungen einig war: Gott setzte Tiere mehrfach als Werkzeug gegen die sündhafte Menschheit ein. Immer wieder ist in der Bibel von Heuschreckenplagen die Rede, die ganze Ernten vernichten. Mal ließ Gott Frevler von Wölfen zerreißen, mal von Löwen.
Und fast jeder kennt die Geschichte von Jona und dem Wal: Der Prophet widersetzt sich Gottes Willen, dem feindlichen Volk der Assyrer zu predigen. Er segelt heimlich davon, doch Gott lässt ihn von einem Wal verschlucken und am Zielort wieder ausspucken. Doch wie kann man drei Tage im Bauch eines Fisches (der Wal galt lange als solcher) überleben? “Die Bibel ist keine zoologische Abhandlung, und noch weniger ein Survival-Ratgeber”, schreiben die Paganinis. Es gehe um die Botschaft: Widersetze dich nicht deinem Gott.
Zur Rechenschaft gezogen: Killer-Kuh und gefräßiger Holzwurm
Ein rundum positives Bild zeichnet die Bibel vom Esel: Er trug Maria aus Ägypten und Jesus nach Jerusalem, er ist klug, fleißig und kann in machen Psalmen sogar sprechen. Anders hingegen das Pferd: Für die Israeliten war es vor allem “eine Kriegsmaschine, die, egal ob im Galopp oder einem Streitwagen vorgespannt, kaum aufzuhalten war”. In diese Vorstellung passen auch die Apokalyptischen Reiter, die am Tag des Jüngsten Gerichts auf furchterregenden Streitrössern auf die Erde kommen und Rechenschaft von den Menschen fordern werden.
Eine unrühmliche Karriere als Bösewicht machte auch die biblische Ziege. Wie das Schaf war sie ein beliebtes Kleinvieh, doch dann wurde ein Bock, symbolisch mit den Sünden des Volkes beladen, in die Wüste zu einem Dämon geschickt. Das Tier wurde zum sprichwörtlichen Sündenbock, später wurde es als Inkarnation des Teufels identifiziert.
Seltsamerweise werden in der Bibel weder Hund noch Katze erwähnt. Hund kommt nur als Schimpfwort vor, die Katze fehlt gar ganz – womöglich, vermutet das Autoren-Team, weil die israelitischen Halbnomaden immer unterwegs waren, eine Katze aber ortsgebunden lebt. Ihr Fehlen in der Bibel ließ spätere Kirchenfürsten vermuten, dass sie unerwünscht war, weil sie dem Teufel und seinen Hexen nahestehe. Nicht ganz logisch aus heutiger Sicht, da ja auch andere biblische Tiere angeblich mit Satan paktierten, aber danach fragte damals niemand.
Und dann wäre da noch die Killerkuh. Tiere, die einen Todesfall verursachten, wurden früher gesteinigt oder gehängt, denn sie galten nach biblischem Recht als voll schuldfähig. Trat eine Kuh also einen Menschen um, wurde sie Jahrhunderte lang ebenso verurteilt wie Spatzen, die mit ihrem Zwitschern Mönche beim Gebet störten oder Holzwürmer, die den Stuhl eines Bischofs zerfraßen, sodass er zu Boden stürzte. Das, so war man sich einig, könnte nur Teufelswerk sein.
Am Ende ihres Buches ziehen Claudia und Simone Paganini das Fazit, dass die Bibel sicher kein Meisterwerk der Tierethik ist, dass man aber “die selbstverständliche Machtausübung des Menschen über die Tiere fundamental in Frage” stellen sollte. Erst dann nämlich kann man sich dem biblischen Paradies wieder annähern, wo Mensch und Tier friedlich gemeinsam zusammenleben.
Simone und Claudia Paganini: Die Biester der Bibel. Gütersloher Verlagshaus, 2022