Griechenlands Frauen auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung
Frauen in Griechenland studieren und arbeiten wie Männer. Auch die Hausarbeit wird mittlerweile aufgeteilt. Nur in der Politik sind Frauen weiterhin total unterrepräsentiert.
Die Frauen in Griechenland sind selbstbewusst. Sie studieren wie die Männer, arbeiten wie die Männer und teilen sich mittlerweile auch die Hausarbeit mit den Männern. Nur in der Politik sind sie deutlich unterrepräsentiert. An der Spitze der Hellenischen Republik steht mit Präsidentin Katerina Sakellaropoulou zwar eine Frau, sie ist aber nicht repräsentativ für die Frauen im Land.
Die formale Stellung der Frau in der griechischen Gesellschaft unterscheidet sich kaum von der in anderen europäischen Regionen. Gesetzlich sind Frauen und Männer gleichgestellt. In manchen Bereichen ist der griechische Gesetzgeber sogar progressiver als der in manchen anderen Ländern. Zum Beispiel ist die Abtreibung in Griechenland schon seit 1986 legal, unabhängig von der Schwangerschaftswoche.
Die Frauen in Griechenland sind selbstbewusst. Sie studieren wie die Männer, arbeiten wie die Männer und teilen sich mittlerweile auch die Hausarbeit mit den Männern. Nur in der Politik sind sie deutlich unterrepräsentiert. An der Spitze der Hellenischen Republik steht mit Präsidentin Katerina Sakellaropoulou zwar eine Frau, sie ist aber nicht repräsentativ für die Frauen im Land.
Was Löhne und Gehälter betrifft, gibt es laut Eurostat-Daten eine Lücke von bis zu 15 Prozent zwischen den Einkommen von Frauen und Männern. Damit liegt Griechenland also etwas unter dem europäischen Durchschnitt. Vor dem Ausbruch der Schuldenkrise 2009 lag der Anteil der Frauen an der Gesamtbeschäftigung über 43 Prozent. Gleichzeitig sind die Hausarbeit, die Erziehung der Kinder und die Pflege der Kranken und Alten meist noch immer Frauensache, obwohl es bei der jungen Generation große Fortschritte gibt. Das, was frühere Generationen von Vätern nie gemacht haben – von Windeln wechseln bis zum Essen kochen – ist für die meisten jungen Männer heute selbstverständlich.
Ungleichheit in Zeiten von COVID-19
Heißt das, dass ein Mädchen im heutigen Griechenland wählen kann, was es in seinem Leben tun möchte? “Theoretisch ja”, sagt Liana Tsiridou, Lehrerin, Schriftstellerin und Feministin, “vor allem, wenn wir von den mittleren und oberen Gesellschaftsschichten sprechen. In den traditionell als ‘männlich’ geltenden Universitätsfächern wie Medizin, Ingenieurwesen oder Mathematik gibt es beispielsweise ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis – und das seit vielen Jahren. In den unteren sozialen Schichten verengt weniger die Engstirnigkeit den Horizont als vielmehr die Armut.” Griechenland hat eine fast zehn Jahre dauernde Finanz- und Wirtschaftskrise hinter sich, die einen Teil der Mittelschicht verarmen ließ. Aber auch dort, wo es keine finanziellen Einschränkungen gibt, sind Vorurteile und Ungleichheiten weiter an der Tagesordnung. Der Begriff der “Vereinbarkeit von Beruf und Familie” sei in Griechenland nahezu unbekannt, so Tsiridou weiter. Fast immer seien es die Frauen, die den eigenen beruflichen Aufstieg opferten, um die Kinder großzuziehen.
Zwei Jahre nachdem Griechenland die Schuldenkrise überwinden konnte, kam mit COVID-19 eine neue Belastung auf Wirtschaft und Gesellschaft zu. Und wie überall auf der Welt wurde auch in Griechenland in den zwei Jahren der Pandemie der Graben zwischen reich und arm immer größer. Parallel dazu verschärfte sich auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.
“Frauen sind immer anfälliger für jede Art von Krise”, sagt die Feministin Tsiridou. “Die Pandemie hatte nicht nur gesundheitliche, sondern auch wirtschaftliche Folgen. Diese haben sich mehr auf Branchen wie Saisonarbeit, Handel und Catering aus gewirkt und auf Aushilfskräfte für Unternehmen. Diese Sektoren beschäftigen mehr Frauen, deren Einkommen in der Zeit des Lockdowns durch die Zahlung von nur 534 Euro pro Monat ausgeglichen wurde”, erklärt sie. Darüber hinaus habe es keine Unterstützung gegeben.
Auch Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor an der Tagesordnung. So wurden im Jahr 2021 in Griechenland 17 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern umgebracht. Im Jahr zuvor war die Zahl der Frauenmorde ähnlich hoch. Diese Verbrechen haben eine lange Tradition in der griechischen Gesellschaft, denn viele Männer beanspruchen die Macht über den Körper ihrer Frauen oder Ex-Partnerinnen für sich und sprechen ihnen das Recht ab, selbst über ihr Leben zu entscheiden.
Aber der Diskurs in der griechischen Gesellschaft hat sich verändert. So spricht man in dem Zusammenhang nicht mehr verharmlosend von “Mord aus Leidenschaft” oder “Ehrenmord”, sondern von “Femizid” (Frauenmord). Diese Verbrechen würden nicht mehr als “natürlich” oder “verständlich” betrachtet werden, so die Schriftstellerin und Feministin Tsiridou. Man schweige auch nicht länger über sie. “Das hat mit der Weiterentwicklung der Wahrnehmung im Allgemeinen zu tun, aber auch mit dem Einfluss der feministischen Bewegung”, meint Tsiridou. Auch die #MeToo-Debatte habe zu dieser veränderten Wahrnehmung beigetragen.
Der #MeToo-Bewegung sei es auch zu verdanken, dass weibliche Opfer männlicher Gewalt nun eher ihre Vergewaltiger und Peiniger anzeigten. Offiziell ist die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen in Griechenland relativ gering – aber in den Statistiken werden nur die gemeldeten Gewalttaten erfasst. Dank des Mutes einiger berühmter Frauen wie der Seglerin und Olympiasiegerin Sofia Bekatorou, die Anzeige gegen ihren Trainer erstattet hatte, seien viele Frauen ermutigt worden, sich gegen Gewalt und Missbrauch zu wehren.
Der Slogan “Du bist nicht allein” habe zu einem Bewusstseinswandel beigetragen. Allerdings lässt die Ausbildung von Polizisten und Strafverfolgungsbehörden noch viel zu wünschen übrig, und bei der Justiz gibt es ebenfalls noch viel zu tun, denn bei Prozessen wird die Mitschuld an Belästigungen und Vergewaltigungen oft noch bei den Frauen gesucht.
In vielen gehobenen Berufen wie Medizin, Ingenieurwesen, Justiz und Medien sind Frauen gut vertreten, auch in den Chefetagen. Politikerinnen aber gibt es wenige. Von den 300 Sitzen im griechischen Parlament sind heute nur 60 von Frauen besetzt. Auch in der konservativen Regierung von Kyriakos Mitsotakis sind die Frauen unterrepräsentiert – fast genauso wie in der linken Regierung davor. Im derzeitigen Kabinett mit 58 Mitgliedern sind nur 10 Frauen – und nur zwei von ihnen im Ministerrang.
Der Hauptgrund für das mangelnde Engagement von Frauen in der griechischen Politik sind immer noch weit verbreitete Stereotypen und Vorurteile. Männliche Politiker lassen Frauen, die in die Politik drängen, in der Regel keinen Freiraum. Sexistische Kommentare und “Mansplaining” sind fast alltäglich im griechischen Parlament und in den Polittalks in den Medien.
Der wichtigste Grund ist aber, dass die Beteiligung von Frauen nicht gefördert wird. Eine verbindliche Quote existiert nicht, von einer ausgewogenen Vertretung ist das Land noch weit entfernt. Die Tatsache, dass eine Frau, die Richterin Katerina Sakellaropoulou, 2020 zur Staatspräsidentin gewählt wurde, hatte einen hohen Symbolwert – Auswirkungen auf die Beteiligung von Frauen in der Politik sind aber noch nicht zu beobachten. Die Rolle des Staatsoberhaupts in Griechenland ist eher repräsentativ. Außerdem sollte die Wahl von Sakellaropoulou, die keine politische Karriere hinter sich hat, nach Ansicht von Kommentatoren, vor allem über die geringe Zahl von Ministerinnen mit tatsächlicher Macht hinwegtäuschen.
Die Frauen in Griechenland sind selbstbewusst. Sie studieren wie die Männer, arbeiten wie die Männer und teilen sich mittlerweile auch die Hausarbeit mit den Männern. Nur in der Politik sind sie deutlich unterrepräsentiert. An der Spitze der Hellenischen Republik steht mit Präsidentin Katerina Sakellaropoulou zwar eine Frau, sie ist aber nicht repräsentativ für die Frauen im Land.
Die formale Stellung der Frau in der griechischen Gesellschaft unterscheidet sich kaum von der in anderen europäischen Regionen. Gesetzlich sind Frauen und Männer gleichgestellt. In manchen Bereichen ist der griechische Gesetzgeber sogar progressiver als der in manchen anderen Ländern. Zum Beispiel ist die Abtreibung in Griechenland schon seit 1986 legal, unabhängig von der Schwangerschaftswoche.
Ungleichheit in Zeiten von COVID-19
Was Löhne und Gehälter betrifft, gibt es laut Eurostat-Daten eine Lücke von bis zu 15 Prozent zwischen den Einkommen von Frauen und Männern. Damit liegt Griechenland also etwas unter dem europäischen Durchschnitt. Vor dem Ausbruch der Schuldenkrise 2009 lag der Anteil der Frauen an der Gesamtbeschäftigung über 43 Prozent. Gleichzeitig sind die Hausarbeit, die Erziehung der Kinder und die Pflege der Kranken und Alten meist noch immer Frauensache, obwohl es bei der jungen Generation große Fortschritte gibt. Das, was frühere Generationen von Vätern nie gemacht haben – von Windeln wechseln bis zum Essen kochen – ist für die meisten jungen Männer heute selbstverständlich.
Heißt das, dass ein Mädchen im heutigen Griechenland wählen kann, was es in seinem Leben tun möchte? “Theoretisch ja”, sagt Liana Tsiridou, Lehrerin, Schriftstellerin und Feministin, “vor allem, wenn wir von den mittleren und oberen Gesellschaftsschichten sprechen. In den traditionell als ‘männlich’ geltenden Universitätsfächern wie Medizin, Ingenieurwesen oder Mathematik gibt es beispielsweise ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis – und das seit vielen Jahren. In den unteren sozialen Schichten verengt weniger die Engstirnigkeit den Horizont als vielmehr die Armut.” Griechenland hat eine fast zehn Jahre dauernde Finanz- und Wirtschaftskrise hinter sich, die einen Teil der Mittelschicht verarmen ließ. Aber auch dort, wo es keine finanziellen Einschränkungen gibt, sind Vorurteile und Ungleichheiten weiter an der Tagesordnung. Der Begriff der “Vereinbarkeit von Beruf und Familie” sei in Griechenland nahezu unbekannt, so Tsiridou weiter. Fast immer seien es die Frauen, die den eigenen beruflichen Aufstieg opferten, um die Kinder großzuziehen.
Zwei Jahre nachdem Griechenland die Schuldenkrise überwinden konnte, kam mit COVID-19 eine neue Belastung auf Wirtschaft und Gesellschaft zu. Und wie überall auf der Welt wurde auch in Griechenland in den zwei Jahren der Pandemie der Graben zwischen reich und arm immer größer. Parallel dazu verschärfte sich auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.
“Frauen sind immer anfälliger für jede Art von Krise”, sagt die Feministin Tsiridou. “Die Pandemie hatte nicht nur gesundheitliche, sondern auch wirtschaftliche Folgen. Diese haben sich mehr auf Branchen wie Saisonarbeit, Handel und Catering aus gewirkt und auf Aushilfskräfte für Unternehmen. Diese Sektoren beschäftigen mehr Frauen, deren Einkommen in der Zeit des Lockdowns durch die Zahlung von nur 534 Euro pro Monat ausgeglichen wurde”, erklärt sie. Darüber hinaus habe es keine Unterstützung gegeben.
Von “Ehrenmord” zu Frauenmord
Auch Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor an der Tagesordnung. So wurden im Jahr 2021 in Griechenland 17 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern umgebracht. Im Jahr zuvor war die Zahl der Frauenmorde ähnlich hoch. Diese Verbrechen haben eine lange Tradition in der griechischen Gesellschaft, denn viele Männer beanspruchen die Macht über den Körper ihrer Frauen oder Ex-Partnerinnen für sich und sprechen ihnen das Recht ab, selbst über ihr Leben zu entscheiden.
“Du bist nicht allein”
Aber der Diskurs in der griechischen Gesellschaft hat sich verändert. So spricht man in dem Zusammenhang nicht mehr verharmlosend von “Mord aus Leidenschaft” oder “Ehrenmord”, sondern von “Femizid” (Frauenmord). Diese Verbrechen würden nicht mehr als “natürlich” oder “verständlich” betrachtet werden, so die Schriftstellerin und Feministin Tsiridou. Man schweige auch nicht länger über sie. “Das hat mit der Weiterentwicklung der Wahrnehmung im Allgemeinen zu tun, aber auch mit dem Einfluss der feministischen Bewegung”, meint Tsiridou. Auch die #MeToo-Debatte habe zu dieser veränderten Wahrnehmung beigetragen.
Der #MeToo-Bewegung sei es auch zu verdanken, dass weibliche Opfer männlicher Gewalt nun eher ihre Vergewaltiger und Peiniger anzeigten. Offiziell ist die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen in Griechenland relativ gering – aber in den Statistiken werden nur die gemeldeten Gewalttaten erfasst. Dank des Mutes einiger berühmter Frauen wie der Seglerin und Olympiasiegerin Sofia Bekatorou, die Anzeige gegen ihren Trainer erstattet hatte, seien viele Frauen ermutigt worden, sich gegen Gewalt und Missbrauch zu wehren.
Der Slogan “Du bist nicht allein” habe zu einem Bewusstseinswandel beigetragen. Allerdings lässt die Ausbildung von Polizisten und Strafverfolgungsbehörden noch viel zu wünschen übrig, und bei der Justiz gibt es ebenfalls noch viel zu tun, denn bei Prozessen wird die Mitschuld an Belästigungen und Vergewaltigungen oft noch bei den Frauen gesucht.
Keine Quote, wenig Frauen
In vielen gehobenen Berufen wie Medizin, Ingenieurwesen, Justiz und Medien sind Frauen gut vertreten, auch in den Chefetagen. Politikerinnen aber gibt es wenige. Von den 300 Sitzen im griechischen Parlament sind heute nur 60 von Frauen besetzt. Auch in der konservativen Regierung von Kyriakos Mitsotakis sind die Frauen unterrepräsentiert – fast genauso wie in der linken Regierung davor. Im derzeitigen Kabinett mit 58 Mitgliedern sind nur 10 Frauen – und nur zwei von ihnen im Ministerrang.
Der Hauptgrund für das mangelnde Engagement von Frauen in der griechischen Politik sind immer noch weit verbreitete Stereotypen und Vorurteile. Männliche Politiker lassen Frauen, die in die Politik drängen, in der Regel keinen Freiraum. Sexistische Kommentare und “Mansplaining” sind fast alltäglich im griechischen Parlament und in den Polittalks in den Medien.
Der wichtigste Grund ist aber, dass die Beteiligung von Frauen nicht gefördert wird. Eine verbindliche Quote existiert nicht, von einer ausgewogenen Vertretung ist das Land noch weit entfernt. Die Tatsache, dass eine Frau, die Richterin Katerina Sakellaropoulou, 2020 zur Staatspräsidentin gewählt wurde, hatte einen hohen Symbolwert – Auswirkungen auf die Beteiligung von Frauen in der Politik sind aber noch nicht zu beobachten. Die Rolle des Staatsoberhaupts in Griechenland ist eher repräsentativ. Außerdem sollte die Wahl von Sakellaropoulou, die keine politische Karriere hinter sich hat, nach Ansicht von Kommentatoren, vor allem über die geringe Zahl von Ministerinnen mit tatsächlicher Macht hinwegtäuschen.