Deutschland

Queere Opfer des Nationalsozialismus: lange vergessen

Homosexuelle und andere LGBTQ-Minderheiten wurden beim Gedenken an Verfolgte und Ermordete Jahrzehnte ignoriert. Aber diese Zeiten sind vorbei.

“Nun bist Du schwule Sau ja Deine Eier los.” Mit diesen Worten wurde Otto Giering im August 1939 nach seiner Zwangskastration im Konzentrationslager (KZ) Sachsenhausen von einem Aufseher verhöhnt. Schon vor seiner Deportation ins KZ war der 22-Jährige zweimal wegen homosexueller Kontakte verurteilt und in ein Arbeitslager gesteckt worden.

Die erschütternde Geschichte des aus Hamburg stammenden Schneidergesellen ist nachzulesen in dem Buch “Medizin und Verbrechen”. Herausgeberin ist die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, zu der unter anderem die KZ-Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen gehören.

“Nun bist Du schwule Sau ja Deine Eier los.” Mit diesen Worten wurde Otto Giering im August 1939 nach seiner Zwangskastration im Konzentrationslager (KZ) Sachsenhausen von einem Aufseher verhöhnt. Schon vor seiner Deportation ins KZ war der 22-Jährige zweimal wegen homosexueller Kontakte verurteilt und in ein Arbeitslager gesteckt worden.

Otto Giering überlebte die Torturen, seine Gesundheit war aber ruiniert: “Durch die KZ-Haft bedingt hatte er Herzbeschwerden, Magenprobleme, litt unter Kopfschmerzen und Migräne. Während er den Antrag auf Entschädigung einreichte, kamen die traumatischen Erlebnisse aus dem KZ wieder hoch. Als er die Ablehnung des Entschädigungsantrags erhalten hatte, kam er tagelang nicht nach Hause und wurde vermisst gemeldet. Die Polizei fand ihn verwirrt und orientierungslos auf.”

KZ-Opfer Otto Giering wurde nie entschädigt

Wenige Monate vor seinem 60. Geburtstag starb Otto Giering 1976. Er war einer von geschätzt 10.000 bis 15.000 schwulen Männern, die bis zum Ende der Nazi-Zeit 1945 in deutsche Konzentrationslager verschleppt wurden. Allein in Sachsenhausen waren es rund 1000, mehr als in jedem anderen KZ. Neben Juden, Sinti und Roma waren sie am stärksten den Misshandlungen der Wachmannschaften ausgeliefert.

Männer mit dem stigmatisierenden rosa Winkel an der Häftlingskleidung wurden oft in Strafkommandos mit erschwerten Arbeitsbedingungen gesteckt. Darunter war das sogenannte Klinkerwerk – ein Außenlager Sachsenhausens, wo unter anderem Rüstungsgüter hergestellt werden mussten. 1942 wurden an diesem Ort systematisch 200 Schwule ermordet. Insgesamt sind mehr als 600 Todesfälle von homosexuellen Häftlingen in dem KZ nördlich von Berlin nachgewiesen.

Obwohl das Schicksal schwuler Männer in der NS-Zeit tausendfach dokumentiert ist, erinnerte jahrzehntelang nichts und niemand an sie – zumindest öffentlich. In der Gedenkstätte Sachenhausen wurde erst nach dem Fall der Berliner Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands Anfang der 1990er Jahre eine Gedenktafel für diese Opfergruppe angebracht.        

Dabei hat es schon zu Zeiten der deutschen Teilung erste Versuche des Gedenkens an die als Homosexuelle verfolgten Männer im KZ Sachsenhausen gegeben. Darauf weist Gedenkstätten-Sprecher Horst Seferens gegenüber der DW hin: Angehörige der West-Berliner Schwulenbewegung hätten Kränze mit rosa Schleifen niederlegt, die sofort vom Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) entfernt worden seien.

“Inzwischen ist diese Opfergruppe, die seit 1993 auch im Beirat unserer Stiftung vertreten ist, in den Ausstellungen und in der sonstigen Arbeit der Gedenkstätte vielfältig präsent”, betont Seferens. Die erst spät beginnende offizielle Erinnerung und moralische Rehabilitierung habe mehrere Gründe: Das hänge zum einen damit zusammen, dass praktizierte Homosexualität nach 1945 in beiden deutschen Staaten als Straftat galt, wobei die Liberalisierung in der DDR wesentlich früher eingesetzt habe als im Westen Deutschlands.

Hinzugekommen sei, dass der Fokus auf bestimmten Opfergruppen gelegen habe, verweist Seferens auf Unterschiede zwischen Ost und West. “In der DDR waren es, ganz im Sinne der antifaschistischen Staatsdoktrin, die politischen Häftlinge und in der Bundesrepublik der konservative Widerstand und später die jüdischen Verfolgten.”

Jahrzehntelang seien viele andere Opfergruppen – als “Asoziale” Verfolgte, Sinti und Roma und eben auch Homosexuelle – vom Gedenken ausgegrenzt und finanzielle Entschädigungen verweigert worden. “Dies wirft ein Licht auf Kontinuitäten von Stigmatisierungs- und Ausgrenzungsmechanismen, die weit über das Jahr 1945 hinausreichen”, fasst Seferens die lange Zeit des Schweigens und Verdrängens zusammen.  

Die Wurzeln dieses gesellschaftlichen Klimas reichen sehr weit zurück. Schon lange vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 standen homosexuelle Handlungen unter Strafe, fixiert in Paragraph 175 des Reichsstrafgesetzbuches von 1871, dem Jahr der ersten deutschen Reichsgründung. Als Teil der sogenannten “Straftaten gegen die Sittlichkeit” fiel unter anderem “widernatürliche Unzucht” zwischen Männern unter diesen Paragrafen.

Die Nazis verschärften 1935 die Strafvorschriften massiv und führten Paragraph 175a ein. Damit waren nicht mehr nur “beischlafähnliche Handlungen” verboten, sondern alle “unzüchtigen Handlungen” zwischen Männern. Auch lesbische Frauen wurden wegen ihrer “abweichenden” Sexualität denunziert und gerieten in den Blick der Polizei.

Strafrechtlich blieben sie aber überwiegend verschont, weil homosexuelle Handlungen zwischen Frauen fast im gesamten Deutschen Reich nicht unter Strafe standen. Anders war die Situation nur in Österreich, das sich 1938 unter dem Jubel großer Teile der Bevölkerung Nazi-Deutschland anschloss und wo es juristisch keinen Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Homosexualität gab. 

Insgesamt ist das Schicksal lesbischer KZ-Insassinnen viel weniger erforscht als das schwuler Männer, da es keine gesonderte Häftlingskategorie für sie gab. Deshalb wurden sie unter verschiedenen Vorwänden in Konzentrationslager eingeliefert: als “Asoziale”, Obdachlose, Prostituierte oder Frauen, die durch einen “unsittlichen Lebenswandel” auffielen.

Der Verfolgungsdruck nahm aber vor allem für Männer permanent zu. Nachdem die Nazis 1933 sofort alle Lokale der schwulen und lesbischen Subkultur dicht gemacht hatten, zerstörten sie noch im selben Jahr das 1918 von Magnus Hirschfeld gegründete Institut für Sexualwissenschaft in Berlin. Ihr Zorn richtete sich aber nicht nur gegen einen Vorreiter der Schwulenbewegung, sondern zugleich gegen seinen jüdischen Glauben. An Magnus Hirschfeld lebten die Nazis alles auf einmal aus: Antisemitismus, Rassismus und Homophobie.

Im Jahr der Olympischen Sommerspiele in Berlin 1936 gründeten die Nationalsozialisten die “Reichzentrale zu Bekämpfung von Homosexualität und Abtreibung”. Mit Hilfe gesammelter Daten wurden vor allem Schwule gezielt verfolgt. Auf diese Weise wurden während der NS-Zeit rund 100.000 Ermittlungsverfahren eingeleitet und etwa 50.000 Männer verurteilt.

Als der Nazi-Terror endete, blieb der verschärfte Paragraph 175 sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR in Kraft. Endgültig abgeschafft wurde er erst 1994, vier Jahre nach der Wiedervereinigung. Noch bis 2002 dauerte es, bis der Deutsche Bundestag die von Nazi-Richtern Verurteilten rehabilitierte. Die meisten waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.

Wenn das Parlament am 27. Januar 2023, dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, allen Opfern der NS-Herrschaft gedenkt, wird es die Opfergruppe der verfolgten sexuellen Minderheiten in den Mittepunkt stellen – 90 Jahre nach dem Auftakt zu ihrer beispiellosen Diskriminierung, Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung. Eine Premiere im Rahmen des seit 1996 stattfindenden Gedenkens im Parlament.  

In der Gedenkstätte Sachsenhausen hat auf dem früheren KZ-Gelände erstmals 1995 ein schwuler Mann öffentlich über das Leiden der Homosexuellen gesprochen – auf der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers. Zur Jahrtausendwende präsentierten die Gedenkstätte und das Schwule Museum Berlin gemeinsam eine große Sonderausstellung zum gleichen Thema. Im Herzen Berlins erinnert seit dem Jahr 2008 in der Nähe des Bundestages ein Denkmal an die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen.

Im September 2022 erinnerte der Präsident des Internationalen Sachsenhausen-Komitees, Dik de Boef, an den 80. Jahrestag der Mordaktion gegen schwule Häftlinge im damaligen Konzentrationslager: “Gedenken ist nicht nur ein Rückblick, es geht nicht nur um die Vergangenheit, es spiegelt sich auch in der Gegenwart wider- also auch beim Stand der Stellung und der Rechte von Schwulen und Lesben, der LGBTQAI+ Community zur heutigen Zeit.”

Eine verfallene, steinerne Baracke des als Klinkerwerk bezeichneten Außerlagers, das zum KZ Sachsenhausen gehörte, ist von einem Maschendrahtzaun umgeben. Auf einer Tafel wird über die Funktion dieses Arbeitslagers und das Schicksal der KZ-Häftlinge informiert.
Eine hellgraue Steinplatte in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald liegt auf dem Boden. In deutscher und englischer Sprache wird an die rund 650 inhaftierten und teilweise ermordeten homosexuellen Häftlinge erinnert. In der Mitte ein rosa Winkel in Form eines Dreiecks, mit dem die Nazis schwule Männer stigmatisierten.
In einer in rosa Licht getauchten Fotoserie ist ein Mann in gestreifter Häftlingskleidung aus drei Perspektiven abgebildet: seitlich, frontal und im Profil.

“Nun bist Du schwule Sau ja Deine Eier los.” Mit diesen Worten wurde Otto Giering im August 1939 nach seiner Zwangskastration im Konzentrationslager (KZ) Sachsenhausen von einem Aufseher verhöhnt. Schon vor seiner Deportation ins KZ war der 22-Jährige zweimal wegen homosexueller Kontakte verurteilt und in ein Arbeitslager gesteckt worden.

Die erschütternde Geschichte des aus Hamburg stammenden Schneidergesellen ist nachzulesen in dem Buch “Medizin und Verbrechen”. Herausgeberin ist die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, zu der unter anderem die KZ-Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen gehören.

KZ-Opfer Otto Giering wurde nie entschädigt

Otto Giering überlebte die Torturen, seine Gesundheit war aber ruiniert: “Durch die KZ-Haft bedingt hatte er Herzbeschwerden, Magenprobleme, litt unter Kopfschmerzen und Migräne. Während er den Antrag auf Entschädigung einreichte, kamen die traumatischen Erlebnisse aus dem KZ wieder hoch. Als er die Ablehnung des Entschädigungsantrags erhalten hatte, kam er tagelang nicht nach Hause und wurde vermisst gemeldet. Die Polizei fand ihn verwirrt und orientierungslos auf.”

Wenige Monate vor seinem 60. Geburtstag starb Otto Giering 1976. Er war einer von geschätzt 10.000 bis 15.000 schwulen Männern, die bis zum Ende der Nazi-Zeit 1945 in deutsche Konzentrationslager verschleppt wurden. Allein in Sachsenhausen waren es rund 1000, mehr als in jedem anderen KZ. Neben Juden, Sinti und Roma waren sie am stärksten den Misshandlungen der Wachmannschaften ausgeliefert.

Männer mit dem stigmatisierenden rosa Winkel an der Häftlingskleidung wurden oft in Strafkommandos mit erschwerten Arbeitsbedingungen gesteckt. Darunter war das sogenannte Klinkerwerk – ein Außenlager Sachsenhausens, wo unter anderem Rüstungsgüter hergestellt werden mussten. 1942 wurden an diesem Ort systematisch 200 Schwule ermordet. Insgesamt sind mehr als 600 Todesfälle von homosexuellen Häftlingen in dem KZ nördlich von Berlin nachgewiesen.

Obwohl das Schicksal schwuler Männer in der NS-Zeit tausendfach dokumentiert ist, erinnerte jahrzehntelang nichts und niemand an sie – zumindest öffentlich. In der Gedenkstätte Sachenhausen wurde erst nach dem Fall der Berliner Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands Anfang der 1990er Jahre eine Gedenktafel für diese Opfergruppe angebracht.        

Oft erschwerte Arbeitsbedingungen für Homosexuelle 

Dabei hat es schon zu Zeiten der deutschen Teilung erste Versuche des Gedenkens an die als Homosexuelle verfolgten Männer im KZ Sachsenhausen gegeben. Darauf weist Gedenkstätten-Sprecher Horst Seferens gegenüber der DW hin: Angehörige der West-Berliner Schwulenbewegung hätten Kränze mit rosa Schleifen niederlegt, die sofort vom Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) entfernt worden seien.

Rosa Schleifen der West-Berliner Schwulenbewegung für KZ-Häftling

“Inzwischen ist diese Opfergruppe, die seit 1993 auch im Beirat unserer Stiftung vertreten ist, in den Ausstellungen und in der sonstigen Arbeit der Gedenkstätte vielfältig präsent”, betont Seferens. Die erst spät beginnende offizielle Erinnerung und moralische Rehabilitierung habe mehrere Gründe: Das hänge zum einen damit zusammen, dass praktizierte Homosexualität nach 1945 in beiden deutschen Staaten als Straftat galt, wobei die Liberalisierung in der DDR wesentlich früher eingesetzt habe als im Westen Deutschlands.

Hinzugekommen sei, dass der Fokus auf bestimmten Opfergruppen gelegen habe, verweist Seferens auf Unterschiede zwischen Ost und West. “In der DDR waren es, ganz im Sinne der antifaschistischen Staatsdoktrin, die politischen Häftlinge und in der Bundesrepublik der konservative Widerstand und später die jüdischen Verfolgten.”

Jahrzehntelang seien viele andere Opfergruppen – als “Asoziale” Verfolgte, Sinti und Roma und eben auch Homosexuelle – vom Gedenken ausgegrenzt und finanzielle Entschädigungen verweigert worden. “Dies wirft ein Licht auf Kontinuitäten von Stigmatisierungs- und Ausgrenzungsmechanismen, die weit über das Jahr 1945 hinausreichen”, fasst Seferens die lange Zeit des Schweigens und Verdrängens zusammen.  

Andere Opfergruppen hatten lange Vorrang

Die Wurzeln dieses gesellschaftlichen Klimas reichen sehr weit zurück. Schon lange vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 standen homosexuelle Handlungen unter Strafe, fixiert in Paragraph 175 des Reichsstrafgesetzbuches von 1871, dem Jahr der ersten deutschen Reichsgründung. Als Teil der sogenannten “Straftaten gegen die Sittlichkeit” fiel unter anderem “widernatürliche Unzucht” zwischen Männern unter diesen Paragrafen.

Die Nazis verschärften 1935 die Strafvorschriften massiv und führten Paragraph 175a ein. Damit waren nicht mehr nur “beischlafähnliche Handlungen” verboten, sondern alle “unzüchtigen Handlungen” zwischen Männern. Auch lesbische Frauen wurden wegen ihrer “abweichenden” Sexualität denunziert und gerieten in den Blick der Polizei.

Der Paragraph 175 stammt aus dem Jahr 1871

Strafrechtlich blieben sie aber überwiegend verschont, weil homosexuelle Handlungen zwischen Frauen fast im gesamten Deutschen Reich nicht unter Strafe standen. Anders war die Situation nur in Österreich, das sich 1938 unter dem Jubel großer Teile der Bevölkerung Nazi-Deutschland anschloss und wo es juristisch keinen Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Homosexualität gab. 

Lesbische Liebe war nur in Österreich verboten

Insgesamt ist das Schicksal lesbischer KZ-Insassinnen viel weniger erforscht als das schwuler Männer, da es keine gesonderte Häftlingskategorie für sie gab. Deshalb wurden sie unter verschiedenen Vorwänden in Konzentrationslager eingeliefert: als “Asoziale”, Obdachlose, Prostituierte oder Frauen, die durch einen “unsittlichen Lebenswandel” auffielen.

Der Verfolgungsdruck nahm aber vor allem für Männer permanent zu. Nachdem die Nazis 1933 sofort alle Lokale der schwulen und lesbischen Subkultur dicht gemacht hatten, zerstörten sie noch im selben Jahr das 1918 von Magnus Hirschfeld gegründete Institut für Sexualwissenschaft in Berlin. Ihr Zorn richtete sich aber nicht nur gegen einen Vorreiter der Schwulenbewegung, sondern zugleich gegen seinen jüdischen Glauben. An Magnus Hirschfeld lebten die Nazis alles auf einmal aus: Antisemitismus, Rassismus und Homophobie.

Im Jahr der Olympischen Sommerspiele in Berlin 1936 gründeten die Nationalsozialisten die “Reichzentrale zu Bekämpfung von Homosexualität und Abtreibung”. Mit Hilfe gesammelter Daten wurden vor allem Schwule gezielt verfolgt. Auf diese Weise wurden während der NS-Zeit rund 100.000 Ermittlungsverfahren eingeleitet und etwa 50.000 Männer verurteilt.

Als der Nazi-Terror endete, blieb der verschärfte Paragraph 175 sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR in Kraft. Endgültig abgeschafft wurde er erst 1994, vier Jahre nach der Wiedervereinigung. Noch bis 2002 dauerte es, bis der Deutsche Bundestag die von Nazi-Richtern Verurteilten rehabilitierte. Die meisten waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben.

Wenn das Parlament am 27. Januar 2023, dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, allen Opfern der NS-Herrschaft gedenkt, wird es die Opfergruppe der verfolgten sexuellen Minderheiten in den Mittepunkt stellen – 90 Jahre nach dem Auftakt zu ihrer beispiellosen Diskriminierung, Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung. Eine Premiere im Rahmen des seit 1996 stattfindenden Gedenkens im Parlament.  

In der Gedenkstätte Sachsenhausen hat auf dem früheren KZ-Gelände erstmals 1995 ein schwuler Mann öffentlich über das Leiden der Homosexuellen gesprochen – auf der Gedenkfeier zum 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers. Zur Jahrtausendwende präsentierten die Gedenkstätte und das Schwule Museum Berlin gemeinsam eine große Sonderausstellung zum gleichen Thema. Im Herzen Berlins erinnert seit dem Jahr 2008 in der Nähe des Bundestages ein Denkmal an die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen.

Im September 2022 erinnerte der Präsident des Internationalen Sachsenhausen-Komitees, Dik de Boef, an den 80. Jahrestag der Mordaktion gegen schwule Häftlinge im damaligen Konzentrationslager: “Gedenken ist nicht nur ein Rückblick, es geht nicht nur um die Vergangenheit, es spiegelt sich auch in der Gegenwart wider- also auch beim Stand der Stellung und der Rechte von Schwulen und Lesben, der LGBTQAI+ Community zur heutigen Zeit.”

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