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Bundesliga: Abschied von “Kult-Manager” Jörg Schmadtke

Jörg Schmadtke feierte bei Alemannia Aachen, Hannover 96 und dem 1. FC Köln Erfolge. Sein Rezept: maximaler Ertrag mit minimalem Einsatz. In Wolfsburg ist es in den letzten Jahren ruhiger um den Manager geworden.

“Lieber FC-Fan. Ruhig, gaaaaanz ruhig bleiben.” Die in einem Youtube-Video immer wieder aneinandergeschnittene und mit asiatischen Meditationsklängen unterlegte Botschaft des damaligen Kölner Managers Jörg Schmadtke vor der Kulisse eines japanischen Gartens ist in der Kölner Fanszene bis heute Kult. Doch in Köln und anderswo ist Schmadtke als streitbarer Charakter in Erinnerung geblieben. Nach zuletzt viereinhalb Jahren als Geschäftsführer Sport beim VfL Wolfsburg beendet der von der “Süddeutschen Zeitung” mal als “brummeliger Mieselaunebär” bezeichnete Schmadtke seine Karriere und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck als sportlich erfolgreicher, aber auch als “schwierig” geltender Bundesliga-Manager.  

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Videos im September 2013 war der gebürtige Düsseldorfer, der sich in seiner Zeit als Bundesliga-Torhüter in Düsseldorf und Freiburg mit lockiger Mähne und bunten Trikots Kultstatus erarbietet hatte, noch nicht lange in Köln. Trotzdem war er bereits wenige Wochen nach seinem Antritt als Geschäftsführer Sport dabei, die Herzen der Kölner Fans im Sturm zu erobern.

“Lieber FC-Fan. Ruhig, gaaaaanz ruhig bleiben.” Die in einem Youtube-Video immer wieder aneinandergeschnittene und mit asiatischen Meditationsklängen unterlegte Botschaft des damaligen Kölner Managers Jörg Schmadtke vor der Kulisse eines japanischen Gartens ist in der Kölner Fanszene bis heute Kult. Doch in Köln und anderswo ist Schmadtke als streitbarer Charakter in Erinnerung geblieben. Nach zuletzt viereinhalb Jahren als Geschäftsführer Sport beim VfL Wolfsburg beendet der von der “Süddeutschen Zeitung” mal als “brummeliger Mieselaunebär” bezeichnete Schmadtke seine Karriere und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck als sportlich erfolgreicher, aber auch als “schwierig” geltender Bundesliga-Manager.  

Gemeinsam mit dem ebenfalls neu gekommenen Trainer Peter Stöger verhalf er dem sportlich gebeutelten Klub zu neuen Höhenflügen und führte den FC 2017 mit relativ überschaubaren finanziellen Mitteln nach 25 Jahren Abstinenz zurück ins internationale Geschäft. In Köln träumte man schon von einer Ära in völlig neuen sportlichen Höhen, doch es war nur eine Momentaufnahme. Zu Beginn der Saison nach der Europa-League-Qualifikation lief es sportlich plötzlich nicht mehr, auch das vorher gute Verhältnis mit Stöger hatte einen Knacks bekommen und die Ära Schmadtke endete im Oktober 2017 mit der Vertragsauflösung und einer Trennung im Unfrieden.

Schmadtkes Anfänge und Erfolge in Aachen

“Mir wurden Gerüchte nachgesagt, die wirklich jenseits der Realität lagen”, sagte Schmadtke später im Interview mit der “Wolfsburger Allgemeinen Zeitung”. “Die Höhe meiner Abfindung wurde bewusst durchgesteckt, dann kam noch die Geschichte einer angeblichen Affäre mit Frau Stöger in die Öffentlichkeit. Auch das wurde leider gezielt gestreut.”

Sportlicher Höhenflug, krachendes Ende – dieses Muster hatte sich in Schmadtkes Manager-Karriere schon bei seinen vorigen Stationen in Aachen und Hannover gezeigt. Zu seinem ersten Job bei Alemannia Aachen war Schmadtke 2001 auf äußerst kuriose Weise gekommen: Der damals hoch verschuldete Zweitligist hatte im Fachmagazin “Kicker” eine Stellenanzeige geschaltet: “Manager gesucht” stand dort. Schmadtke bewarb sich und bekam der Job, obwohl er keine Erfahrungen hatte. “Es gab nichts: kein Scouting, keine Verträge, keine Spieler”, erinnerte sich Schmadtke später in einem Porträt bei “11 Freunde” an seine Anfangszeit in Aachen.

Doch Schmadtke führte professionelle Strukturen ein und brachte die Alemannia zurück in die Erfolgsspur: DFB-Pokal-Finale 2004 gegen Werder Bremen (2:3), anschließend UEFA-Cup-Teilnahme und 2006 nach 36 Jahren Abstinenz die Rückkehr in die Bundesliga.

Nach dem Abgang von Erfolgstrainer Dieter Hecking schon nach nur drei Spieltagen in Richtung Hannover, und dem sofortigen Wiederabstieg dauerte Schmadtkes Amtszeit in Aachen nicht mehr lange – und wieder krachte es im Oktober 2008 zum Abschied: Nachdem Klub und Manager sich darauf geeinigt hatten, Schmadtkes noch bis Juni 2009 laufenden Vertrag nicht zu verlängern, plauderte der Manager das – entgegen der Absprache mit dem Vereinsvorstand – in einem Fernseh-Interview aus. “Warum lange herumeiern?”, fragte Schmadtke damals. Der Klub eierte daraufhin auch nicht herum und entband Schmadtke mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben. 

2009 unterschrieb Schmadtke bei Hannover 96 und führte den Klub zu sportlichen Erfolgen, erlebte dort aber auch die schwerste Zeit seiner Manager-Karriere. Im November 2009 nahm sich der an Depressionen leidende Hannoveraner Torhüter Robert Enke das Leben, indem er sich vor einen fahrenden Zug warf. “Das war ein ganz harter Schlag”, erinnert sich Schmadtke, der damals zur Unglücksstelle fuhr und recht kurz nach dem Tod Enkes eine Pressekonferenz einberief.

“In dieser Situation musste ich funktionieren, überlegen, wie man die beste Lösung für diese Situation findet.” Besonders habe ihn damals die Stärke von Enkes Witwe Teresa beeindruckt, die offen über die Krankheit ihres Mannes sprach.

Die Zeit nach Enkes Tod habe auch sein Verhältnis zu Hannovers Profifußball-Chef Martin Kind geprägt, sagte Schmadtke. “Gemeinsam haben wir versucht, dieses schlimme Ereignis zu meistern. Wir hatten und haben ein gutes Verhältnis. Ich mag ihn”, sagte Schmadtke über Kind. “Die Diskussionen mit ihm habe ich sehr geschätzt. Bei ihm gab es kein Rumgeeiere. Er ist sehr verlässlich.”

Nach seiner Vertragsauflösung in Hannover im April 2013 folgte Schmadtkes Zeit in Köln – allerdings auch das nicht ohne Nebengeräusche: Ihm wurde vorgeworfen, als Angestellter von Hannover 96 Kontakt zum 1. FC Köln gehabt zu haben. Schmadtke bestritt dies aber vehement. 

Nachdem er in Köln im Oktober 2017 ausschied, trat er im Sommer 2018 seine letzte Bundesliga-Station an: als Geschäftsführers Sport beim VfL Wolfsburg, wo es dann ruhiger um ihn wurde: Schmadtke wirkte manchmal fast ein wenig müde und pflegte in Interviews seine muffelige Art, über die er später sagte, er habe sie durchaus bewusst im Umgang mit den Medien als eine Art Verteidigungshaltung eingesetzt.

Auffällig waren in seiner Wolfsburger Zeit vor allem Schmadtkes Meinungsverschiedenheiten mit den Trainern, die zweimal – trotz sportlicher Erfolge – zur Trennung führten. Bruno Labbadia (2019) und Oliver Glasner (2021) verlängerten ihre Verträge beim VfL nicht, obwohl sie sich für die Europa League bzw. sogar für die Champions League qualifiziert hatten.

Das Spiel der Wolfsburger an diesem Samstag bei Werder Bremen war das letzte in der Bundesliga-Karriere von Jörg Schmadtke. Auch wenn es mit 1:2 verloren wurde, ist der VfL auf gutem Weg, sich zum dritten Mal in fünf Jahren für den Europapokal zu qualifizieren. Schmadtke hinterlässt bei seiner letzten Station als Bundesliga-Manager ein bestelltes Feld und keine verbrannte Erde. 

“Jörg Schmadtke hat eine Ära bei uns geprägt”, sagte der Wolfsburger Aufsichtsratschef Frank Witter dem “Kicker”. “Er ist ein streitbarer Mensch mit Prinzipien und klaren Sichtweisen. Wenn man nicht mit seinem Wertegerüst übereinstimmt, kann es auch schon mal schwierig mit ihm werden. Da ist er kein abgeschliffener Kieselstein, sondern ein Typ.”

Seinen Job als Manager wird der ehemalige VfL-Profi Marcel Schäfer übernehmen, der bereits in den vergangenen Jahren als Sportdirektor an Schmadtkes Seite gearbeitet hat. “38 Jahre im Fußball sind genug”, sagte Schmadtke kurz vor seinem Abschied in verschiedenen Interviews. “Besser, man geht aus freien Stücken, bevor man gegangen wird.”

Jörg Schmadtke als Manager von Alemannia Aachen mit Trainer Dieter Hecking (m.) werden vom Vierten Offiziellen Harald Sather am Spielfeldrand zurechtgewiesen
Hannovers Manager Jörg Schmadtke 2009 bei der PK nach dem Tod von Robert Enke

“Lieber FC-Fan. Ruhig, gaaaaanz ruhig bleiben.” Die in einem Youtube-Video immer wieder aneinandergeschnittene und mit asiatischen Meditationsklängen unterlegte Botschaft des damaligen Kölner Managers Jörg Schmadtke vor der Kulisse eines japanischen Gartens ist in der Kölner Fanszene bis heute Kult. Doch in Köln und anderswo ist Schmadtke als streitbarer Charakter in Erinnerung geblieben. Nach zuletzt viereinhalb Jahren als Geschäftsführer Sport beim VfL Wolfsburg beendet der von der “Süddeutschen Zeitung” mal als “brummeliger Mieselaunebär” bezeichnete Schmadtke seine Karriere und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck als sportlich erfolgreicher, aber auch als “schwierig” geltender Bundesliga-Manager.  

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Videos im September 2013 war der gebürtige Düsseldorfer, der sich in seiner Zeit als Bundesliga-Torhüter in Düsseldorf und Freiburg mit lockiger Mähne und bunten Trikots Kultstatus erarbietet hatte, noch nicht lange in Köln. Trotzdem war er bereits wenige Wochen nach seinem Antritt als Geschäftsführer Sport dabei, die Herzen der Kölner Fans im Sturm zu erobern.

Schmadtkes Anfänge und Erfolge in Aachen

Gemeinsam mit dem ebenfalls neu gekommenen Trainer Peter Stöger verhalf er dem sportlich gebeutelten Klub zu neuen Höhenflügen und führte den FC 2017 mit relativ überschaubaren finanziellen Mitteln nach 25 Jahren Abstinenz zurück ins internationale Geschäft. In Köln träumte man schon von einer Ära in völlig neuen sportlichen Höhen, doch es war nur eine Momentaufnahme. Zu Beginn der Saison nach der Europa-League-Qualifikation lief es sportlich plötzlich nicht mehr, auch das vorher gute Verhältnis mit Stöger hatte einen Knacks bekommen und die Ära Schmadtke endete im Oktober 2017 mit der Vertragsauflösung und einer Trennung im Unfrieden.

“Mir wurden Gerüchte nachgesagt, die wirklich jenseits der Realität lagen”, sagte Schmadtke später im Interview mit der “Wolfsburger Allgemeinen Zeitung”. “Die Höhe meiner Abfindung wurde bewusst durchgesteckt, dann kam noch die Geschichte einer angeblichen Affäre mit Frau Stöger in die Öffentlichkeit. Auch das wurde leider gezielt gestreut.”

Sportlicher Höhenflug, krachendes Ende – dieses Muster hatte sich in Schmadtkes Manager-Karriere schon bei seinen vorigen Stationen in Aachen und Hannover gezeigt. Zu seinem ersten Job bei Alemannia Aachen war Schmadtke 2001 auf äußerst kuriose Weise gekommen: Der damals hoch verschuldete Zweitligist hatte im Fachmagazin “Kicker” eine Stellenanzeige geschaltet: “Manager gesucht” stand dort. Schmadtke bewarb sich und bekam der Job, obwohl er keine Erfahrungen hatte. “Es gab nichts: kein Scouting, keine Verträge, keine Spieler”, erinnerte sich Schmadtke später in einem Porträt bei “11 Freunde” an seine Anfangszeit in Aachen.

Doch Schmadtke führte professionelle Strukturen ein und brachte die Alemannia zurück in die Erfolgsspur: DFB-Pokal-Finale 2004 gegen Werder Bremen (2:3), anschließend UEFA-Cup-Teilnahme und 2006 nach 36 Jahren Abstinenz die Rückkehr in die Bundesliga.

Robert Enkes Tod – ein “harter Schlag” 

Nach dem Abgang von Erfolgstrainer Dieter Hecking schon nach nur drei Spieltagen in Richtung Hannover, und dem sofortigen Wiederabstieg dauerte Schmadtkes Amtszeit in Aachen nicht mehr lange – und wieder krachte es im Oktober 2008 zum Abschied: Nachdem Klub und Manager sich darauf geeinigt hatten, Schmadtkes noch bis Juni 2009 laufenden Vertrag nicht zu verlängern, plauderte der Manager das – entgegen der Absprache mit dem Vereinsvorstand – in einem Fernseh-Interview aus. “Warum lange herumeiern?”, fragte Schmadtke damals. Der Klub eierte daraufhin auch nicht herum und entband Schmadtke mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben. 

Meinungsverschiedenheiten mit Trainern beim VfL Wolfsburg

2009 unterschrieb Schmadtke bei Hannover 96 und führte den Klub zu sportlichen Erfolgen, erlebte dort aber auch die schwerste Zeit seiner Manager-Karriere. Im November 2009 nahm sich der an Depressionen leidende Hannoveraner Torhüter Robert Enke das Leben, indem er sich vor einen fahrenden Zug warf. “Das war ein ganz harter Schlag”, erinnert sich Schmadtke, der damals zur Unglücksstelle fuhr und recht kurz nach dem Tod Enkes eine Pressekonferenz einberief.

“In dieser Situation musste ich funktionieren, überlegen, wie man die beste Lösung für diese Situation findet.” Besonders habe ihn damals die Stärke von Enkes Witwe Teresa beeindruckt, die offen über die Krankheit ihres Mannes sprach.

Die Zeit nach Enkes Tod habe auch sein Verhältnis zu Hannovers Profifußball-Chef Martin Kind geprägt, sagte Schmadtke. “Gemeinsam haben wir versucht, dieses schlimme Ereignis zu meistern. Wir hatten und haben ein gutes Verhältnis. Ich mag ihn”, sagte Schmadtke über Kind. “Die Diskussionen mit ihm habe ich sehr geschätzt. Bei ihm gab es kein Rumgeeiere. Er ist sehr verlässlich.”

Schmadtke – “kein abgeschliffener Kieselstein, ein Typ”

Nach seiner Vertragsauflösung in Hannover im April 2013 folgte Schmadtkes Zeit in Köln – allerdings auch das nicht ohne Nebengeräusche: Ihm wurde vorgeworfen, als Angestellter von Hannover 96 Kontakt zum 1. FC Köln gehabt zu haben. Schmadtke bestritt dies aber vehement. 

Nachdem er in Köln im Oktober 2017 ausschied, trat er im Sommer 2018 seine letzte Bundesliga-Station an: als Geschäftsführers Sport beim VfL Wolfsburg, wo es dann ruhiger um ihn wurde: Schmadtke wirkte manchmal fast ein wenig müde und pflegte in Interviews seine muffelige Art, über die er später sagte, er habe sie durchaus bewusst im Umgang mit den Medien als eine Art Verteidigungshaltung eingesetzt.

Auffällig waren in seiner Wolfsburger Zeit vor allem Schmadtkes Meinungsverschiedenheiten mit den Trainern, die zweimal – trotz sportlicher Erfolge – zur Trennung führten. Bruno Labbadia (2019) und Oliver Glasner (2021) verlängerten ihre Verträge beim VfL nicht, obwohl sie sich für die Europa League bzw. sogar für die Champions League qualifiziert hatten.

Das Spiel der Wolfsburger an diesem Samstag bei Werder Bremen war das letzte in der Bundesliga-Karriere von Jörg Schmadtke. Auch wenn es mit 1:2 verloren wurde, ist der VfL auf gutem Weg, sich zum dritten Mal in fünf Jahren für den Europapokal zu qualifizieren. Schmadtke hinterlässt bei seiner letzten Station als Bundesliga-Manager ein bestelltes Feld und keine verbrannte Erde. 

Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner und Geschäftsführer Jörg Schmadtke im Gespräch vor Stadionrängen

“Jörg Schmadtke hat eine Ära bei uns geprägt”, sagte der Wolfsburger Aufsichtsratschef Frank Witter dem “Kicker”. “Er ist ein streitbarer Mensch mit Prinzipien und klaren Sichtweisen. Wenn man nicht mit seinem Wertegerüst übereinstimmt, kann es auch schon mal schwierig mit ihm werden. Da ist er kein abgeschliffener Kieselstein, sondern ein Typ.”

Seinen Job als Manager wird der ehemalige VfL-Profi Marcel Schäfer übernehmen, der bereits in den vergangenen Jahren als Sportdirektor an Schmadtkes Seite gearbeitet hat. “38 Jahre im Fußball sind genug”, sagte Schmadtke kurz vor seinem Abschied in verschiedenen Interviews. “Besser, man geht aus freien Stücken, bevor man gegangen wird.”

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