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Ukraine aktuell: Weiterer Beschuss trotz russischer Truppenverlegungen

Die Kämpfe im Osten der Ukraine werden intensiver, aber auch rund um Kiew und Tschernihiw bleibt es nicht still – trotz russischer Ankündigungen eines Abzugs. Mehr als vier Millionen sind geflüchtet. Ein Überblick.

Das Wichtigste in Kürze:

Trotz russischer Ankündigungen über Truppenverlegungen werden aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew sowie der nördlichen Stadt Tschernihiw weitere Angriffe gemeldet. Der Gouverneur der Region Tschernihiw, Wiacheslaw Chaus sagte, er könne keine Verminderung der russischen Attacken feststellen. “Glauben wir daran? Natürlich nicht”, schrieb Chaus bei Telegram. Laut Kiews Vizebürgermeister Mykola Poworosnyk stand zwar nicht die Hauptstadt selbst, jedoch ihre Umgebung unter Artilleriebeschuss.

Das Wichtigste in Kürze:

Zugleich bestätigte die ukrainische Seite die Verlegung russischer Truppen vom Norden in die Ostukraine. Dort sollten ukrainische Verbände eingekesselt werden, sagte Olexij Arestowytsch, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, im Fernsehen. Einige russische Soldaten blieben jedoch im Raum Kiew, um Truppenbewegungen der Ukraine gen Osten zu verhindern.

USA sehen “Neupositionierung” statt “Rückzug” russischer Truppen

Aus der ostukrainischen Region Donezk werden weiträumige Angriffe entlang der gesamten Demarkationslinie gemeldet. Die Lage könne sich nun noch verschärfen, sagte der dortige Gouverneur Pawlo Kyrylenko im ukrainischen Fernsehen.

Die russische Armee gab unterdessen an, im Dorf Kamyanka bei Donezk zwei ukrainische Waffendepots zerstört zu haben. Außerdem seien ukrainische Spezialkräf bei Mykolajiw attackiert und weiteres ukrainisches Gerät zerstört worden, darunter Flugabwehrgeschosse. Die Berichte aus dem Kriegsgebiet können nicht unabhängig bestätigt werden.

Pentagon-Sprecher John Kirby sagte in Washington, bislang scheine sich nur eine “sehr kleine Zahl” russischer Soldaten von der Hauptstadt Kiew zu entfernen. Es sei möglich, dass die Soldaten dort nur abgezogen würden, um in einem anderen Teil der Ukraine, etwa der umkämpften östlichen Donbass-Region, eingesetzt zu werden. “Wir glauben, dass es sich um eine Repositionierung handelt, nicht um einen Abzug, und dass wir alle vorbereitet sein sollten, eine größere Offensive gegen andere Teile der Ukraine zu erwarten”, sagte Kirby.

Die russischen Streitkräfte seien mit ihrem Versuch, Kiew einzunehmen, “gescheitert” und befänden sich angesichts der Gegenangriffe der Ukrainer in defensiven Positionen. Russland könne Kiew aber weiter aus der Ferne mit Raketen beschießen, warnte Kirby. “Die Bedrohung für Kiew ist nicht vorbei”, betonte der Sprecher.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hat die Zahl der aus der Ukraine Geflüchteten die Schwelle von vier Millionen überstiegen. 4.019.287 Menschen hätten bis dato Schutz im benachbarten Ausland gesucht. Zusätzlich wird geschätzt, dass mehr als 6,5 Millionen Binnenvertriebene innerhalb der Ukraine auf der Flucht sind.

Mit mehr als 2,3 Millionen hat Polen die meisten von ihnen aufgenommen. In Deutschland sind bislang mehr als 280.000 Personen registriert worden. Nach Angaben der Kultusministerkonferenz können mindestens 20.000 von ihnen deutsche Schulen besuchen.

Zugleich wird weiter über Verschleppungen aus der Ostukraine nach Russland berichtet. Aus Mariupol wurden nach Angaben der Stadtverwaltung mehr als 20.000 Menschen gegen ihren Willen “in weit entfernte russische Städte gebracht”. Zuvor seien ihnen die Papiere abgenommen worden. Darunter seien auch dutzende Patientinnen und Beschäftigte einer Entbindungsstation: “Mehr als 70 Personen, darunter Frauen und medizinisches Personal, wurden von den Besatzern der Entbindungsstation Nr. 2 gewaltsam abtransportiert”, erklärte die Mariupoler Stadtverwaltung auf Telegram.

Nach neuen Friedensgesprächen mit der Ukraine hatte Russland zugesagt, seine Kampfhandlungen bei Kiew und Tschernihiw deutlich zurückzufahren. Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin sagte nach einem Treffen in Istanbul, seine Regierung wolle so Vertrauen aufbauen und weitere Verhandlungen ermöglichen. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski lobte die mehrstündigen Gespräche als konstruktiv. Russland sei bereit, Schritte zur Deeskalation zu gehen, dies sei aber kein Waffenstillstand. Er sagte, Kiew wolle unter anderem die Möglichkeit eines EU-Beitritts aushandeln.

Russland begrüße die Vorschläge der Ukraine zur Beilegung des Konflikts, sehe aber keine Anzeichen für einen Durchbruch, sagte der Sprecher des Präsidialamtes Dmitri Peskow. Aus Moskauer Sicht habe man nichts Vielversprechendes entdecken können. “Es gibt noch viel zu tun”, betonte der Sprecher von Staatschef Wladimir Putin. Diese Aussagen stehen im Gegensatz zu den weitaus positiveren Äußerungen der russischen Vertreter, die an den Gesprächen in Istanbul teilgenommen hatten.

Die ukrainische Regierung bekräftigte nach dem Treffen ihre grundsätzliche Bereitschaft, einen Vertrag über einen neutralen, block- und atomwaffenfreien Status zu schließen. Im Gegenzug seien aber harte Garantien westlicher Staaten für die Sicherheit der Ukraine nötig, möglichst nach dem Vorbild der NATO. Gebietsabtretungen an Russland lehnte Kiew als indiskutabel ab. Vor einigen Tagen hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, sich nun auf die komplette Eroberung des Donbass in der Ostukraine zu konzentrieren, wo schon seit 2014 gekämpft wird.

Das ukrainische Delegationsmitglied David Arachamija sagte, die gewünschten Sicherheitsgarantien sollten von den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats wie den USA, Frankreich, Großbritannien, China oder Russland kommen. Dazu zählen könnten auch die Türkei, Deutschland, Kanada, Italien, Polen, Israel und andere Länder. Formuliert sein sollten sie ähnlich wie Artikel fünf des NATO-Vertrages. Demnach sind die Mitglieder zum militärischen Beistand im Fall eines Angriffs auf einen der Partner verpflichtet.

Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte, dass die Frage der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim nach dem Ende der Kämpfe diskutiert werden solle – und zwar innerhalb von 15 Jahren. Ebenso ausgeschlossen von einer aktuellen Friedenslösung solle der Status der moskautreuen Separatistengebiete Donezk und Luhansk im Donbass werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Abend in Düsseldorf, Putin verfolge “eine sehr imperialistische Vision”, doch seien seine Kalküle allesamt nicht aufgegangen. So habe er völlig übersehen, dass die Ukrainer eine eigene Nation sein wollen und dass er und seine Armee keineswegs mit offenen Armen empfangen werden.

Ungeachtet der leichten Fortschritte bei den Verhandlungen mit Russland über ein Ende des Kriegs sieht der ukrainische Präsident die fortgesetzte Verteidigung seines Landes als vorrangig. “Diese Signale übertönen aber nicht die Explosionen russischer Geschosse”, sagte Wolodymr Selenskyj zu Ankündigungen russischer Militärs, etwa den Druck auf die Hauptstadt Kiew zu vermindern. “Die Verteidigung der Ukraine ist unsere Aufgabe Nummer eins, alles andere wird davon abgeleitet”, betonte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Nur auf dieser Grundlage könne mit Russland weiter verhandelt werden.

Auch sollte es keinerlei Aufhebung von Sanktionen gegen Russland geben, sagte Selenskyj weiter. Dies “kann erst in Betracht gezogen werden, wenn der Krieg vorbei ist und wir zurückbekommen, was uns gehört”. “Der Feind befindet sich weiterhin auf unserem Gebiet”, betonte der Präsident. Realität sei, dass die ukrainischen Städte weiter belagert und beschossen würden. Daher seien die ukrainischen Streitkräfte “die einzige Garantie für unser Überleben”. Dies sei eine “funktionierende Garantie”.

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Das Wichtigste in Kürze:

Trotz russischer Ankündigungen über Truppenverlegungen werden aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew sowie der nördlichen Stadt Tschernihiw weitere Angriffe gemeldet. Der Gouverneur der Region Tschernihiw, Wiacheslaw Chaus sagte, er könne keine Verminderung der russischen Attacken feststellen. “Glauben wir daran? Natürlich nicht”, schrieb Chaus bei Telegram. Laut Kiews Vizebürgermeister Mykola Poworosnyk stand zwar nicht die Hauptstadt selbst, jedoch ihre Umgebung unter Artilleriebeschuss.

USA sehen “Neupositionierung” statt “Rückzug” russischer Truppen

Zugleich bestätigte die ukrainische Seite die Verlegung russischer Truppen vom Norden in die Ostukraine. Dort sollten ukrainische Verbände eingekesselt werden, sagte Olexij Arestowytsch, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, im Fernsehen. Einige russische Soldaten blieben jedoch im Raum Kiew, um Truppenbewegungen der Ukraine gen Osten zu verhindern.

Aus der ostukrainischen Region Donezk werden weiträumige Angriffe entlang der gesamten Demarkationslinie gemeldet. Die Lage könne sich nun noch verschärfen, sagte der dortige Gouverneur Pawlo Kyrylenko im ukrainischen Fernsehen.

Die russische Armee gab unterdessen an, im Dorf Kamyanka bei Donezk zwei ukrainische Waffendepots zerstört zu haben. Außerdem seien ukrainische Spezialkräf bei Mykolajiw attackiert und weiteres ukrainisches Gerät zerstört worden, darunter Flugabwehrgeschosse. Die Berichte aus dem Kriegsgebiet können nicht unabhängig bestätigt werden.

Pentagon-Sprecher John Kirby sagte in Washington, bislang scheine sich nur eine “sehr kleine Zahl” russischer Soldaten von der Hauptstadt Kiew zu entfernen. Es sei möglich, dass die Soldaten dort nur abgezogen würden, um in einem anderen Teil der Ukraine, etwa der umkämpften östlichen Donbass-Region, eingesetzt zu werden. “Wir glauben, dass es sich um eine Repositionierung handelt, nicht um einen Abzug, und dass wir alle vorbereitet sein sollten, eine größere Offensive gegen andere Teile der Ukraine zu erwarten”, sagte Kirby.

Vier Millionen aus Ukraine geflüchtet

Die russischen Streitkräfte seien mit ihrem Versuch, Kiew einzunehmen, “gescheitert” und befänden sich angesichts der Gegenangriffe der Ukrainer in defensiven Positionen. Russland könne Kiew aber weiter aus der Ferne mit Raketen beschießen, warnte Kirby. “Die Bedrohung für Kiew ist nicht vorbei”, betonte der Sprecher.

Signale der Annäherung aus Istanbul – oder doch nicht?

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hat die Zahl der aus der Ukraine Geflüchteten die Schwelle von vier Millionen überstiegen. 4.019.287 Menschen hätten bis dato Schutz im benachbarten Ausland gesucht. Zusätzlich wird geschätzt, dass mehr als 6,5 Millionen Binnenvertriebene innerhalb der Ukraine auf der Flucht sind.

Mit mehr als 2,3 Millionen hat Polen die meisten von ihnen aufgenommen. In Deutschland sind bislang mehr als 280.000 Personen registriert worden. Nach Angaben der Kultusministerkonferenz können mindestens 20.000 von ihnen deutsche Schulen besuchen.

Zugleich wird weiter über Verschleppungen aus der Ostukraine nach Russland berichtet. Aus Mariupol wurden nach Angaben der Stadtverwaltung mehr als 20.000 Menschen gegen ihren Willen “in weit entfernte russische Städte gebracht”. Zuvor seien ihnen die Papiere abgenommen worden. Darunter seien auch dutzende Patientinnen und Beschäftigte einer Entbindungsstation: “Mehr als 70 Personen, darunter Frauen und medizinisches Personal, wurden von den Besatzern der Entbindungsstation Nr. 2 gewaltsam abtransportiert”, erklärte die Mariupoler Stadtverwaltung auf Telegram.

Kiew: Brauchen Sicherheitsgarantie westlicher Staaten

Nach neuen Friedensgesprächen mit der Ukraine hatte Russland zugesagt, seine Kampfhandlungen bei Kiew und Tschernihiw deutlich zurückzufahren. Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin sagte nach einem Treffen in Istanbul, seine Regierung wolle so Vertrauen aufbauen und weitere Verhandlungen ermöglichen. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski lobte die mehrstündigen Gespräche als konstruktiv. Russland sei bereit, Schritte zur Deeskalation zu gehen, dies sei aber kein Waffenstillstand. Er sagte, Kiew wolle unter anderem die Möglichkeit eines EU-Beitritts aushandeln.

Russland begrüße die Vorschläge der Ukraine zur Beilegung des Konflikts, sehe aber keine Anzeichen für einen Durchbruch, sagte der Sprecher des Präsidialamtes Dmitri Peskow. Aus Moskauer Sicht habe man nichts Vielversprechendes entdecken können. “Es gibt noch viel zu tun”, betonte der Sprecher von Staatschef Wladimir Putin. Diese Aussagen stehen im Gegensatz zu den weitaus positiveren Äußerungen der russischen Vertreter, die an den Gesprächen in Istanbul teilgenommen hatten.

Selenskyj: Positive Signale übertönen keine Explosionen

Die ukrainische Regierung bekräftigte nach dem Treffen ihre grundsätzliche Bereitschaft, einen Vertrag über einen neutralen, block- und atomwaffenfreien Status zu schließen. Im Gegenzug seien aber harte Garantien westlicher Staaten für die Sicherheit der Ukraine nötig, möglichst nach dem Vorbild der NATO. Gebietsabtretungen an Russland lehnte Kiew als indiskutabel ab. Vor einigen Tagen hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, sich nun auf die komplette Eroberung des Donbass in der Ostukraine zu konzentrieren, wo schon seit 2014 gekämpft wird.

Das ukrainische Delegationsmitglied David Arachamija sagte, die gewünschten Sicherheitsgarantien sollten von den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats wie den USA, Frankreich, Großbritannien, China oder Russland kommen. Dazu zählen könnten auch die Türkei, Deutschland, Kanada, Italien, Polen, Israel und andere Länder. Formuliert sein sollten sie ähnlich wie Artikel fünf des NATO-Vertrages. Demnach sind die Mitglieder zum militärischen Beistand im Fall eines Angriffs auf einen der Partner verpflichtet.

Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte, dass die Frage der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim nach dem Ende der Kämpfe diskutiert werden solle – und zwar innerhalb von 15 Jahren. Ebenso ausgeschlossen von einer aktuellen Friedenslösung solle der Status der moskautreuen Separatistengebiete Donezk und Luhansk im Donbass werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Abend in Düsseldorf, Putin verfolge “eine sehr imperialistische Vision”, doch seien seine Kalküle allesamt nicht aufgegangen. So habe er völlig übersehen, dass die Ukrainer eine eigene Nation sein wollen und dass er und seine Armee keineswegs mit offenen Armen empfangen werden.

Ungeachtet der leichten Fortschritte bei den Verhandlungen mit Russland über ein Ende des Kriegs sieht der ukrainische Präsident die fortgesetzte Verteidigung seines Landes als vorrangig. “Diese Signale übertönen aber nicht die Explosionen russischer Geschosse”, sagte Wolodymr Selenskyj zu Ankündigungen russischer Militärs, etwa den Druck auf die Hauptstadt Kiew zu vermindern. “Die Verteidigung der Ukraine ist unsere Aufgabe Nummer eins, alles andere wird davon abgeleitet”, betonte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Nur auf dieser Grundlage könne mit Russland weiter verhandelt werden.

Auch sollte es keinerlei Aufhebung von Sanktionen gegen Russland geben, sagte Selenskyj weiter. Dies “kann erst in Betracht gezogen werden, wenn der Krieg vorbei ist und wir zurückbekommen, was uns gehört”. “Der Feind befindet sich weiterhin auf unserem Gebiet”, betonte der Präsident. Realität sei, dass die ukrainischen Städte weiter belagert und beschossen würden. Daher seien die ukrainischen Streitkräfte “die einzige Garantie für unser Überleben”. Dies sei eine “funktionierende Garantie”.

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