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“Bethlehem ist Weihnachten”

In der Geburtsstadt von Jesus Christus wird Weihnachten gleich dreimal hintereinander gefeiert. Nach der schwierigen Zeit der Corona-Pandemie bereitet sich Bethlehem diesmal wieder auf frohe Feiertage vor.

Ein leiser Strom von Besuchern navigiert sich durch die jahrhundertealte Geburtskirche in Bethlehem im besetztem Westjordanland. Viele haben ihre Smartphones in der Hand, um jeden Moment an dem heiligen Ort für die Ewigkeit festzuhalten. Diese Weihnachten ist wieder mehr los in der palästinensischen Stadt, die als Geburtsort von Jesus Christus verehrt wird. 

Weihnachten wird in Bethlehem nicht einmal, sondern gleich dreimal gefeiert. “Wir haben die Armenier, die Lateiner, die Griechisch-Orthodoxen. Jeder folgt seinem eigenen Kalender, daher unterscheiden sich die Daten von Weihnachten”, erläutert Franziskanerpater Rami Asakrieh, katholischer Gemeindepfarrer in der Geburtskirche.

Ein leiser Strom von Besuchern navigiert sich durch die jahrhundertealte Geburtskirche in Bethlehem im besetztem Westjordanland. Viele haben ihre Smartphones in der Hand, um jeden Moment an dem heiligen Ort für die Ewigkeit festzuhalten. Diese Weihnachten ist wieder mehr los in der palästinensischen Stadt, die als Geburtsort von Jesus Christus verehrt wird. 

Er meint damit die drei großen christlichen Gemeinden, die sich die Kirche teilen. “Wir feiern also alle sehr fröhlich für eine lange Zeit Weihnachten. Wir sprechen da von rund zwei Monaten.”

Ein Selfie vor der Krippe

Dieses Weihnachtsfest, so Asakrieh, sei etwas Besonderes. “Wegen Corona kamen zwei Jahre lang keine Pilger, es war ein Weihnachten ohne Menschen, es war nur spirituell, ohne die Festlichkeiten, das Fröhliche und das Glück, das wir in dieser heiligen Stadt empfinden.”

Nun sind einheimische und ausländische Besucher wieder da. An diesem milden, sonnigen Dezembertag nutzen einige die Gelegenheit für ein Selfie vor dem großen, aufwendig dekorierten Weihnachtsbaum und der Holzkrippe vor der Kirche. Statt gebrannten Mandeln und Lebkuchen wie auf Deutschlands Weihnachtsmärkten gibt es frische, heiße Maiskolben oder Zuckerwatte an kleinen Ständen auf dem Krippenplatz.

“Wir sind aus Michigan, aber eigentlich Iraker. Es ist ein schönes Gefühl, hier sein zu können”, sagt Nawal, die mit einer Besuchergruppe unterwegs ist. “Die Atmosphäre ist sehr schön, es ist der Ort, an dem Jesus geboren ist, und es ist wichtig, dass jeder herkommen kann, um dies zu sehen”.

Naimeh Ghassan ist aus einem Ort im Zentrum des besetzten Westjordanlands angereist, um Fotos von der Weihnachtsatmosphäre zu machen. “Ich wollte die Vorbereitungen in Bethlehem für Weihnachten sehen. Wie die Atmosphäre ist. Es ist wunderschön, hier zu sein”, schwärmt die junge Palästinenserin. 

Zuerst feiern die Römisch-Katholischen, die hier auch als Lateiner bezeichnet werden, am 24. und 25. Dezember Weihnachten – und zwar gemeinsam mit den Protestanten. Ihre Referenz ist der Gregorianische Kalender, der im 16. Jahrhundert von Papst Gregor eingeführt wurde.

Am 24. Dezember begleiten traditionell die palästinensischen Pfadfindergruppen den Einzug des lateinischen Patriarchen von Jerusalem in die Geburtskirche. Um Mitternacht findet dort dann eine Messe statt. 

Als nächstes feiert die griechisch-orthodoxe Gemeinde am 6. und 7. Januar 2023 Weihnachten, gemeinsam mit anderen kleineren Kirchen, wie etwa die assyrische oder koptische Gemeinde. Die orthodoxen Kirchen verwenden noch immer den julianischen Kalender, der von Julius Caesar im Jahr 45 vor Christus eingeführt wurde. 

Damit das alles funktioniert, gibt es Regeln. Pater Issa Thaljieh, der griechisch-orthodoxe Gemeindepfarrer in der Geburtskirche, berichtet, dass auch während der Weihnachtszeit jede Gemeinde an ihren Gebetszeiten und Ritualen festhält – nach dem strengen “Status quo”. Dieses Regelwerk legt die Rechte und Pflichten aller drei Konfessionen fest, die gemeinsam die Bethlehemer Geburtskirche verwalten. 

Manchmal kommt es dabei zu Spannungen. “Aber, wenn man in Bethlehem lebt, dann lebt man zusammen”, sagt Pater Issa, der in Bethlehem geboren ist. “Wir leben in Bethlehem als Christen und Muslime, und in der Kirche leben wir gemeinsam als verschiedene christliche Konfessionen.”

Was die Weihnachtszeit in Bethlehem wirklich lange hinzieht, ist die Tatsache, dass die armenische Kirche ihr Weihnachtsfest erst am 18. und 19. Januar feiert. “Wir sind die Letzten, die Weihnachten feiern”, sagt Superior Asbed Balian von der armenisch-apostolischen Kirche in Bethlehem. Die Armenier teilen sich dabei die Altarräume mit kleineren “Schwesterkirchen”, die früher ihr Weihnachtsfest feiern. “Wir sollten aber uns aber auch daran erinnern, was Weihnachten bedeutet. Es ist eine Zeit, in der wir an andere denken und Dinge gemeinsam teilen.” 

“Für uns ist das fast normal, ich denke, wir haben einfach Glück, das wir so viele Weihnachten haben”, sagt Mirna Bannoura, die für die Pfadfinder-Musiktruppe des “Arab Orthodox Club” in Beit Sahour trommelt. Als junge orthodoxe Christin ist ihr Weihnachtsfest eigentlich erst Anfang Januar. Aber sie wird schon vorher mit katholischen Freunden am 24. Dezember feiern. “Ohne die Pfadfinder ist Weihnachten nicht komplett. Wenn die Leute uns hören, dann bringt das ein Lächeln auf ihr Gesicht”, sagt die junge Palästinenserin.

Die Weihnachtszeit beendet ein schwieriges Jahr im israelisch-palästinensischen Konflikt. Nach Angaben der Vereinten Nationen war 2022 das tödlichste Jahr seit der UN-Datenerhebung 2005. Mindestens 140 Palästinenser wurden in diesem Jahr im Westjordanland getötet. Nach israelischen Angaben kamen mindestens 31 Israelis und Ausländer ums Leben.

Als Anfang Dezember ein junger Palästinenser in einem Flüchtlingslager in Bethlehem während einer Razzia des israelischen Militärs getötet wurde, blieb der Weihnachtsbaum für einen Abend dunkel; Geschäfte und Restaurants traten in einen eintägigen Generalstreik.

“Generell macht einem die Situation schon zu schaffen, die Gewalt hinterlässt Narben”, sagt Pfadfinderin Bannoura. “Mir erscheint es manchmal so, als ob die Palästinenser immer nach diesem einen, kleinen glücklichen Punkt suchen, um ein Licht im Dunkeln zu finden, in dem wir uns oft befinden.”

Die Weihnachtszeit ist ein solch “kleiner glücklicher Punkt” in der wohl ältesten christlichen Gemeinde der Welt. Für einige Familien in den palästinensischen Gebieten bedeutet dies, Verwandte und Freunde aus der stetig kleiner werdenden christlichen Gemeinde in Gaza wieder zu sehen.

Dort hoffen christliche Familien jedes Jahr, die begehrten israelischen Sondergenehmigungen für die Feiertage zu bekommen, um aus dem Gazastreifen durch Israel ins Westjordanland reisen zu können. Das Reisen unterliegt normalerweise strikten Beschränkungen. 

Dieses Jahr haben die israelischen Behörden rund 640 solcher Genehmigungen erteilt. Allerdings wurden etwa 200 aus “Sicherheitsgründen” abgelehnt, so die Angaben eines israelischen Beamten.

Rami Asakrieh
Mädchen vor der Krippe in Bethlehem
Bethlehem: Palästinensische Pfadfindergruppen beim Einzug des lateinischen Patriarchen in die Geburtskirche am 24. Dezember

Ein leiser Strom von Besuchern navigiert sich durch die jahrhundertealte Geburtskirche in Bethlehem im besetztem Westjordanland. Viele haben ihre Smartphones in der Hand, um jeden Moment an dem heiligen Ort für die Ewigkeit festzuhalten. Diese Weihnachten ist wieder mehr los in der palästinensischen Stadt, die als Geburtsort von Jesus Christus verehrt wird. 

Weihnachten wird in Bethlehem nicht einmal, sondern gleich dreimal gefeiert. “Wir haben die Armenier, die Lateiner, die Griechisch-Orthodoxen. Jeder folgt seinem eigenen Kalender, daher unterscheiden sich die Daten von Weihnachten”, erläutert Franziskanerpater Rami Asakrieh, katholischer Gemeindepfarrer in der Geburtskirche.

Ein Selfie vor der Krippe

Er meint damit die drei großen christlichen Gemeinden, die sich die Kirche teilen. “Wir feiern also alle sehr fröhlich für eine lange Zeit Weihnachten. Wir sprechen da von rund zwei Monaten.”

Dieses Weihnachtsfest, so Asakrieh, sei etwas Besonderes. “Wegen Corona kamen zwei Jahre lang keine Pilger, es war ein Weihnachten ohne Menschen, es war nur spirituell, ohne die Festlichkeiten, das Fröhliche und das Glück, das wir in dieser heiligen Stadt empfinden.”

Nun sind einheimische und ausländische Besucher wieder da. An diesem milden, sonnigen Dezembertag nutzen einige die Gelegenheit für ein Selfie vor dem großen, aufwendig dekorierten Weihnachtsbaum und der Holzkrippe vor der Kirche. Statt gebrannten Mandeln und Lebkuchen wie auf Deutschlands Weihnachtsmärkten gibt es frische, heiße Maiskolben oder Zuckerwatte an kleinen Ständen auf dem Krippenplatz.

“Wir sind aus Michigan, aber eigentlich Iraker. Es ist ein schönes Gefühl, hier sein zu können”, sagt Nawal, die mit einer Besuchergruppe unterwegs ist. “Die Atmosphäre ist sehr schön, es ist der Ort, an dem Jesus geboren ist, und es ist wichtig, dass jeder herkommen kann, um dies zu sehen”.

Auftakt mit Katholiken

Naimeh Ghassan ist aus einem Ort im Zentrum des besetzten Westjordanlands angereist, um Fotos von der Weihnachtsatmosphäre zu machen. “Ich wollte die Vorbereitungen in Bethlehem für Weihnachten sehen. Wie die Atmosphäre ist. Es ist wunderschön, hier zu sein”, schwärmt die junge Palästinenserin. 

Pfadfinder sorgen für Stimmung

Zuerst feiern die Römisch-Katholischen, die hier auch als Lateiner bezeichnet werden, am 24. und 25. Dezember Weihnachten – und zwar gemeinsam mit den Protestanten. Ihre Referenz ist der Gregorianische Kalender, der im 16. Jahrhundert von Papst Gregor eingeführt wurde.

Am 24. Dezember begleiten traditionell die palästinensischen Pfadfindergruppen den Einzug des lateinischen Patriarchen von Jerusalem in die Geburtskirche. Um Mitternacht findet dort dann eine Messe statt. 

Als nächstes feiert die griechisch-orthodoxe Gemeinde am 6. und 7. Januar 2023 Weihnachten, gemeinsam mit anderen kleineren Kirchen, wie etwa die assyrische oder koptische Gemeinde. Die orthodoxen Kirchen verwenden noch immer den julianischen Kalender, der von Julius Caesar im Jahr 45 vor Christus eingeführt wurde. 

Trauer um die Toten

Damit das alles funktioniert, gibt es Regeln. Pater Issa Thaljieh, der griechisch-orthodoxe Gemeindepfarrer in der Geburtskirche, berichtet, dass auch während der Weihnachtszeit jede Gemeinde an ihren Gebetszeiten und Ritualen festhält – nach dem strengen “Status quo”. Dieses Regelwerk legt die Rechte und Pflichten aller drei Konfessionen fest, die gemeinsam die Bethlehemer Geburtskirche verwalten. 

Manchmal kommt es dabei zu Spannungen. “Aber, wenn man in Bethlehem lebt, dann lebt man zusammen”, sagt Pater Issa, der in Bethlehem geboren ist. “Wir leben in Bethlehem als Christen und Muslime, und in der Kirche leben wir gemeinsam als verschiedene christliche Konfessionen.”

Wiedersehen nur mit Sondergenehmigung

Was die Weihnachtszeit in Bethlehem wirklich lange hinzieht, ist die Tatsache, dass die armenische Kirche ihr Weihnachtsfest erst am 18. und 19. Januar feiert. “Wir sind die Letzten, die Weihnachten feiern”, sagt Superior Asbed Balian von der armenisch-apostolischen Kirche in Bethlehem. Die Armenier teilen sich dabei die Altarräume mit kleineren “Schwesterkirchen”, die früher ihr Weihnachtsfest feiern. “Wir sollten aber uns aber auch daran erinnern, was Weihnachten bedeutet. Es ist eine Zeit, in der wir an andere denken und Dinge gemeinsam teilen.” 

Stern von Bethlehem

“Für uns ist das fast normal, ich denke, wir haben einfach Glück, das wir so viele Weihnachten haben”, sagt Mirna Bannoura, die für die Pfadfinder-Musiktruppe des “Arab Orthodox Club” in Beit Sahour trommelt. Als junge orthodoxe Christin ist ihr Weihnachtsfest eigentlich erst Anfang Januar. Aber sie wird schon vorher mit katholischen Freunden am 24. Dezember feiern. “Ohne die Pfadfinder ist Weihnachten nicht komplett. Wenn die Leute uns hören, dann bringt das ein Lächeln auf ihr Gesicht”, sagt die junge Palästinenserin.

West Bank | palästinensischer Bauer vor der israelischen Mauer mit Bethlehem im Hintergrund

Die Weihnachtszeit beendet ein schwieriges Jahr im israelisch-palästinensischen Konflikt. Nach Angaben der Vereinten Nationen war 2022 das tödlichste Jahr seit der UN-Datenerhebung 2005. Mindestens 140 Palästinenser wurden in diesem Jahr im Westjordanland getötet. Nach israelischen Angaben kamen mindestens 31 Israelis und Ausländer ums Leben.

Als Anfang Dezember ein junger Palästinenser in einem Flüchtlingslager in Bethlehem während einer Razzia des israelischen Militärs getötet wurde, blieb der Weihnachtsbaum für einen Abend dunkel; Geschäfte und Restaurants traten in einen eintägigen Generalstreik.

“Generell macht einem die Situation schon zu schaffen, die Gewalt hinterlässt Narben”, sagt Pfadfinderin Bannoura. “Mir erscheint es manchmal so, als ob die Palästinenser immer nach diesem einen, kleinen glücklichen Punkt suchen, um ein Licht im Dunkeln zu finden, in dem wir uns oft befinden.”

Die Weihnachtszeit ist ein solch “kleiner glücklicher Punkt” in der wohl ältesten christlichen Gemeinde der Welt. Für einige Familien in den palästinensischen Gebieten bedeutet dies, Verwandte und Freunde aus der stetig kleiner werdenden christlichen Gemeinde in Gaza wieder zu sehen.

Dort hoffen christliche Familien jedes Jahr, die begehrten israelischen Sondergenehmigungen für die Feiertage zu bekommen, um aus dem Gazastreifen durch Israel ins Westjordanland reisen zu können. Das Reisen unterliegt normalerweise strikten Beschränkungen. 

Dieses Jahr haben die israelischen Behörden rund 640 solcher Genehmigungen erteilt. Allerdings wurden etwa 200 aus “Sicherheitsgründen” abgelehnt, so die Angaben eines israelischen Beamten.

Auch Palästinenser aus Bethlehem und anderen Orten im Westjordanland warten auf spezielle israelische Genehmigungen, um Familie, Freunde und heilige Stätten im nahegelegenen Jerusalem zu besuchen, das von Bethlehem durch die umstrittene israelische Sperrmauer getrennt ist. 

In der Geburtskirche schaut Bruder Issa, der griechisch-orthodoxe Gemeindepfarrer, mit einem Lächeln auf die Schlange von Besuchern, die darauf warten, in die Geburtsgrotte hinabzusteigen. Dort markiert ein silberner Stern den Ort, an dem Jesus der Überlieferung nach geboren worden sein soll.

In der Geburtskirche schaut Bruder Issa, der griechisch-orthodoxe Gemeindepfarrer, mit einem Lächeln auf die Schlange von Besuchern, die darauf warten, in die Geburtsgrotte hinabzusteigen. Dort markiert ein silberner Stern den Ort, an dem Jesus der Überlieferung nach geboren worden sein soll.

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