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Comeback der M23-Rebellen im Kongo

Nach fast zehnjähriger Pause haben M23-Rebellen im Ostkongo kongolesische Soldaten angegriffen. Zehntausende Menschen sind vor den Kämpfen ins Nachbarland Uganda geflohen. Die Angst vor Gewalt ist groß.

Jahrelang war es um die einst stärkste Rebellengruppe im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ruhig – bis vor wenigen Tagen: Kämpfer der M23-Rebellengruppe haben Stellungen der kongolesischen Armee nahe der Grenze zu Uganda und Ruanda angriffen.  

“Die Menschen flüchteten aus ihren Häusern. Sie fliehen vor der Gewalt aus dem Gebiet, in dem die Rebellen die Streitkräfte der Demokratischen Republik Kongo angegriffen haben und ziehen nach Uganda”, sagt Wema Ndagije, ein lokaler Vertreter der Zivilgesellschaft, zur DW.

Jahrelang war es um die einst stärkste Rebellengruppe im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ruhig – bis vor wenigen Tagen: Kämpfer der M23-Rebellengruppe haben Stellungen der kongolesischen Armee nahe der Grenze zu Uganda und Ruanda angriffen.  

Simon, Vater von sechs Kindern, ist einer der Flüchtlinge. “Wir haben unsere Häuser verlassen, als wir sahen, dass die Rebellen nicht weit entfernt waren. Es flogen Kugeln, da sind wir hierher gekommen”, sagt er der DW. Vor allem die fehlende Unterstützung macht ihm zu schaffen. “Bisher hat uns niemand geholfen. Wir leiden, weil wir nicht einmal Hütten haben und wenn es regnet, wissen wir nicht, wie wir uns verhalten sollen.”

Flucht nach Uganda

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes flohen zehntausende Menschen aus dem Gebiet knapp hundert Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma in Ugandas südwestlichen Distrikt Kisoro. Die kongolesische Armee bestätigte die Angriffe – und warf ruandischen Soldaten vor, die M23-Rebellen dabei unterstützt zu haben.

Die ruandische Regierung und die M23 bestreiten das. “Die M23 ist eine kongolesische politisch-militärische Bewegung und erhält weder aus der Nähe noch aus der Ferne Unterstützung aus einem Nachbarland. Die diffamierenden Äußerungen der Regierungsarmee zielen darauf ab, ihre notorische Inkompetenz zu vertuschen”, sagt ihr Sprecher Willy Ngoma im DW-Interview.

Nach mehrtägigen Kämpfen mit der kongolesischen Armee herrsche seit Freitag vergangener Woche ein Waffenstillstand, sagt Ngoma. Die Gruppe erklärte, sie suche den Dialog mit der Regierung und habe ihre Truppen aus dem Kampfgebiet abgezogen.

Die M23 entstand 2012 aus ehemaligen Mitgliedern der 2009 aufgelösten Rebellengruppierung “Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes (CNDP)”. Ihr Name bezieht sich auf den 23. März 2009. Damals schlossen die Rebellen und die kongolesische Regierung ein Friedensabkommen, wonach die Kämpfer in die reguläre Armee aufgenommen werden sollten. Die Ex-Rebellen warfen der Regierung vor, das Versprechen nicht eingehalten zu haben und griffen wieder zu den Waffen. 

Die Revolte der M23 hatte in den Jahren 2012 und 2013 ihren Höhepunkt erreicht, als sie große Teile der Provinz Nord-Kivu eroberte. Dann vertrieben kongolesische Truppen und UN-Soldaten die Kämpfer nach Uganda und Ruanda. Seitdem habe es regionale Bemühungen um einen Dialog und eine Entwaffnung gegeben, sagt Alex Vines von der britischen Denkfabrik Chatham House. Die M23-Führer hätten sich immer wieder über die langsame Umsetzung der Abkommen beschwert hätten. “Was sie wollen, ist ein Entwaffnungs- und Demobilisierungsprozess, und das scheint nicht in Sicht zu sein”, so Vines zur DW.

Die Kämpfe zwischen den Rebellen und der Armee sind ein Zeichen, wie instabil die Region im Ostkongo noch immer ist. Schon vor den jüngsten Angriffen kam es zu Zusammenstößen. “Diese Rebellen hatten schon im November 2021 kurzzeitig zwei strategisch wichtige Dörfer eingenommen”, sagt Vines.

Nach UN-Angaben sind in diesem Jahr bereits 2300 Zivilisten im Ostkongo bei Kämpfen ums Leben gekommen. Außerdem starben Ende März sechs Menschen beim Absturz eines UN-Helikopters. Kongolesische Behörden werfen der M23 vor, den Hubschrauber abgeschossen zu haben. Die Rebellen bestreiten das. Der Grund für den Absturz ist bisher nicht bekannt. 

Welche Rolle spielen die Nachbarländer in diesem Konflikt? UN-Ermittler haben laut Chatham-Experte Vines bereits mehrfach festgestellt, dass die M23 auch von den Regierungen Ruandas und Ugandas unterstützt wurde. Das sehen auch kongolesische Politiker so: “Unser Land wird angegriffen. Ruanda greift uns an – das lässt sich nicht mehr leugnen”, sagte ein aufgebrachter Abgeordneter in Kinshasa vergangene Woche über die Kämpfe. 

Allerdings scheint es im Dreiländereck der Staaten politisch zu brodeln. Auch Uganda beschuldigt Ruanda, die M23 zu unterstützen, um das Land zu destabilisieren. Onesphore Sematumba von der International Crisis Group (ICG) hält den jüngsten M23-Angriff nicht für einen Zufall: Der Angriff auf die Stadt Bunagana an der Grenze zu Uganda habe stattgefunden, als Material für den Bau neuer Straßen zwischen dem Kongo und Uganda bereitgestellt werden sollte. Es gehe um gemeinsame Projekte der ugandischen und kongolesischen Armeen, aktuell um die Sicherung von Straßenbauprojekten zwischen Uganda und der Demokratischen Republik Kongo.

“Diese Strecken verlaufen jedoch praktisch entlang der ruandischen Grenze. Es ist daher unvorstellbar, dass Ruanda akzeptiert, dass dieser Abschnitt von der ugandischen Armee gesichert wird. Das würde bedeuten, dass Kigali seinen stark bewaffneten Feind praktisch zur Hilfe einsetzt”, sagt Sematumba zur DW.

Mitarbeit: Kossivi Tiassou, Zanem Nety Zaidi

Demokratische Republik Konog | Stadt Goma
Demokratische Republik Kongo | Soldaten nach Kämpfen mit Rebellengruppe M23
UN Hubschrauber im Kongo (Archivbild)

Jahrelang war es um die einst stärkste Rebellengruppe im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ruhig – bis vor wenigen Tagen: Kämpfer der M23-Rebellengruppe haben Stellungen der kongolesischen Armee nahe der Grenze zu Uganda und Ruanda angriffen.  

“Die Menschen flüchteten aus ihren Häusern. Sie fliehen vor der Gewalt aus dem Gebiet, in dem die Rebellen die Streitkräfte der Demokratischen Republik Kongo angegriffen haben und ziehen nach Uganda”, sagt Wema Ndagije, ein lokaler Vertreter der Zivilgesellschaft, zur DW.

Flucht nach Uganda

Simon, Vater von sechs Kindern, ist einer der Flüchtlinge. “Wir haben unsere Häuser verlassen, als wir sahen, dass die Rebellen nicht weit entfernt waren. Es flogen Kugeln, da sind wir hierher gekommen”, sagt er der DW. Vor allem die fehlende Unterstützung macht ihm zu schaffen. “Bisher hat uns niemand geholfen. Wir leiden, weil wir nicht einmal Hütten haben und wenn es regnet, wissen wir nicht, wie wir uns verhalten sollen.”

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes flohen zehntausende Menschen aus dem Gebiet knapp hundert Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma in Ugandas südwestlichen Distrikt Kisoro. Die kongolesische Armee bestätigte die Angriffe – und warf ruandischen Soldaten vor, die M23-Rebellen dabei unterstützt zu haben.

Die ruandische Regierung und die M23 bestreiten das. “Die M23 ist eine kongolesische politisch-militärische Bewegung und erhält weder aus der Nähe noch aus der Ferne Unterstützung aus einem Nachbarland. Die diffamierenden Äußerungen der Regierungsarmee zielen darauf ab, ihre notorische Inkompetenz zu vertuschen”, sagt ihr Sprecher Willy Ngoma im DW-Interview.

Nach mehrtägigen Kämpfen mit der kongolesischen Armee herrsche seit Freitag vergangener Woche ein Waffenstillstand, sagt Ngoma. Die Gruppe erklärte, sie suche den Dialog mit der Regierung und habe ihre Truppen aus dem Kampfgebiet abgezogen.

Entwaffnung geht nicht voran

Die M23 entstand 2012 aus ehemaligen Mitgliedern der 2009 aufgelösten Rebellengruppierung “Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes (CNDP)”. Ihr Name bezieht sich auf den 23. März 2009. Damals schlossen die Rebellen und die kongolesische Regierung ein Friedensabkommen, wonach die Kämpfer in die reguläre Armee aufgenommen werden sollten. Die Ex-Rebellen warfen der Regierung vor, das Versprechen nicht eingehalten zu haben und griffen wieder zu den Waffen. 

Einfluss der Nachbarländer

Die Revolte der M23 hatte in den Jahren 2012 und 2013 ihren Höhepunkt erreicht, als sie große Teile der Provinz Nord-Kivu eroberte. Dann vertrieben kongolesische Truppen und UN-Soldaten die Kämpfer nach Uganda und Ruanda. Seitdem habe es regionale Bemühungen um einen Dialog und eine Entwaffnung gegeben, sagt Alex Vines von der britischen Denkfabrik Chatham House. Die M23-Führer hätten sich immer wieder über die langsame Umsetzung der Abkommen beschwert hätten. “Was sie wollen, ist ein Entwaffnungs- und Demobilisierungsprozess, und das scheint nicht in Sicht zu sein”, so Vines zur DW.

Die Kämpfe zwischen den Rebellen und der Armee sind ein Zeichen, wie instabil die Region im Ostkongo noch immer ist. Schon vor den jüngsten Angriffen kam es zu Zusammenstößen. “Diese Rebellen hatten schon im November 2021 kurzzeitig zwei strategisch wichtige Dörfer eingenommen”, sagt Vines.

Nach UN-Angaben sind in diesem Jahr bereits 2300 Zivilisten im Ostkongo bei Kämpfen ums Leben gekommen. Außerdem starben Ende März sechs Menschen beim Absturz eines UN-Helikopters. Kongolesische Behörden werfen der M23 vor, den Hubschrauber abgeschossen zu haben. Die Rebellen bestreiten das. Der Grund für den Absturz ist bisher nicht bekannt. 

Politische Rivalitäten im Dreiländereck

Welche Rolle spielen die Nachbarländer in diesem Konflikt? UN-Ermittler haben laut Chatham-Experte Vines bereits mehrfach festgestellt, dass die M23 auch von den Regierungen Ruandas und Ugandas unterstützt wurde. Das sehen auch kongolesische Politiker so: “Unser Land wird angegriffen. Ruanda greift uns an – das lässt sich nicht mehr leugnen”, sagte ein aufgebrachter Abgeordneter in Kinshasa vergangene Woche über die Kämpfe. 

Allerdings scheint es im Dreiländereck der Staaten politisch zu brodeln. Auch Uganda beschuldigt Ruanda, die M23 zu unterstützen, um das Land zu destabilisieren. Onesphore Sematumba von der International Crisis Group (ICG) hält den jüngsten M23-Angriff nicht für einen Zufall: Der Angriff auf die Stadt Bunagana an der Grenze zu Uganda habe stattgefunden, als Material für den Bau neuer Straßen zwischen dem Kongo und Uganda bereitgestellt werden sollte. Es gehe um gemeinsame Projekte der ugandischen und kongolesischen Armeen, aktuell um die Sicherung von Straßenbauprojekten zwischen Uganda und der Demokratischen Republik Kongo.

“Diese Strecken verlaufen jedoch praktisch entlang der ruandischen Grenze. Es ist daher unvorstellbar, dass Ruanda akzeptiert, dass dieser Abschnitt von der ugandischen Armee gesichert wird. Das würde bedeuten, dass Kigali seinen stark bewaffneten Feind praktisch zur Hilfe einsetzt”, sagt Sematumba zur DW.

Mitarbeit: Kossivi Tiassou, Zanem Nety Zaidi

Milizen im Kongo (Archivbild)

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