Kultur

Übersee-Museum gibt menschliche Überreste an Hawaii zurück

Das Bremer Übersee-Museum hat am Dienstag acht menschliche Schädel aus seinem Sammlungsbestand an eine Delegation aus Hawaii zurückgegeben. Weitere Restitutionen sollen Ende der Woche erfolgen.

“Wir können Sie nur aufrichtig um Verzeihung bitten und Reue zeigen für das, was Ihrem Volk und Ihren Vorfahren angetan wurde”, sagte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte während der Zeremonie im Übersee-Museum. Er richtete seine Worte an drei Vertreterinnen und Vertreter des Office of Hawaiian Affairs (OHA), die nach rituellen hawaiianischen Gebeten die menschlichen Gebeine ihrer Vorfahren – hawaiianisch: Iwi Kūpuna – in Gefäßen mit einem schwarzen Tuch zentral im Raum aufgebahrt hatten. Genau zwei Jahre und sechs Monate sind vergangen, seit sich das OHA in einem Brief an das Übersee-Museum wandte, um die Herausgabe von menschlichen Überresten aus dem Bestand der Sammlung zu erbeten.  

Am 1. Februar 2022 gab der Bremer Senat die definitive Zustimmung. “In den vergangenen Jahren hat sich in Europa ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür ausgebildet, dass es insbesondere aus ethischen Gründen dringend geboten ist, eingehend zu untersuchen, unter welchen Umständen die Sammlungen von Museen entstanden sind. Ganz besonders gilt dies für die Sammlungen menschlicher Überreste”, sagte Bürgermeister Bovenschulte in seiner Rede.

“Wir können Sie nur aufrichtig um Verzeihung bitten und Reue zeigen für das, was Ihrem Volk und Ihren Vorfahren angetan wurde”, sagte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte während der Zeremonie im Übersee-Museum. Er richtete seine Worte an drei Vertreterinnen und Vertreter des Office of Hawaiian Affairs (OHA), die nach rituellen hawaiianischen Gebeten die menschlichen Gebeine ihrer Vorfahren – hawaiianisch: Iwi Kūpuna – in Gefäßen mit einem schwarzen Tuch zentral im Raum aufgebahrt hatten. Genau zwei Jahre und sechs Monate sind vergangen, seit sich das OHA in einem Brief an das Übersee-Museum wandte, um die Herausgabe von menschlichen Überresten aus dem Bestand der Sammlung zu erbeten.  

Edward Halealoha Ayau, Kalehua Caceres und Mana Caceres waren als Abgesandte des OHA nach Deutschland gereist. In ihren Reden betonten sie die Bedeutung einer würdigen Rückführung, um die menschlichen Überreste in Hawaii ihren Nachfahren zu übergeben und sie dort zu beerdigen. “Im zurückliegenden Jahrzehnt hat sich unter Museumsfachleuten und Anthropologen viel verändert, was ein besseres Verständnis für die indigenen Völker und die an uns begangenen Ungerechtigkeiten der Vergangenheit verdeutlicht. Wir erkennen dies natürlich an und begrüßen die Re-Humanisierung dieser Personen und Institutionen”, lies die OHA-Vorstandsvorsitzende Carmen Hulu Lindsey in einem Statement mitteilen, das nach der Zeremonie verlesen wurde.

Neue Haltung der Museen zur Restitution

Edward Halealoha Ayau betonte die besondere Stellung Verstorbener für die indigene Bevölkerung Hawaiis, die nach ihrem Tod nicht vergessen würden, sondern im Gegenteil “eine noch höhere Stellung” einnähmen. Ayau ist Teil von Hui Iwi Kuamo’o. Hui bedeutet Gruppe, Iwi Knochen und das Wort Kuamo’o Rückgrat oder Weg. Hui Iwi Kuamo’o sieht es als Pflicht an, alle Ahnen zu finden und sie mit großem Respekt nach Hawaii zu bringen, um sie dort zeremoniell zu begraben, damit ihr Geist zurückkehren kann. Während der Zeremonie wurden die Anwesenden mit Wasser bespritzt – als Teil eines Rituals, das sicherstellt, dass die Überreste gereinigt zurückkehren. 

Das Übersee-Museum in Bremen beherbergt eine Sammlung von ethnographischen, handels- und naturkundlichen Objekten und verfügt in seinen Depots über weitere menschliche Überreste, die meisten stammen laut Angaben aus Europa und aus der ehemaligen deutschen Kolonie Neuguinea. Auch dort liefen Rückgabegespräche, so Wiebke Ahrndt, Direktorin des Übersee-Museums.

“Für die Fehler unserer Vorgängerinnen und Vorgänger stehen wir in der Verantwortung. Es ist unsere Aufgabe, unseren Teil dazu beizutragen, vergangenes Unrecht zu korrigieren”, sagte Ahrndt. Unter ihrer Leitung verfasste der Deutsche Museumsbund Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen.

Die Zeremonie in Bremen ist Teil einer großen Initiative zur Rückführung von Iwi Kūpuna aus Hawaii. Daran beteiligt sind internationale Sammlungen. “Diese Rückgaben ermöglichen uns, als Lāhui (hawaiische Nation) zu heilen”, sagte Kalehua Caceres.

Auf ihrer diesjährigen Reise durch Deutschland und Österreich wird die Delegation 58 Iwi Kūpuna, die vor über einem Jahrhundert aus Hawaii entwendet wurden, aus vier verschiedenen Institutionen in Deutschland und einer in Österreich in Empfang nehmen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird sich ebenso wie die Universitäten von Göttingen und Jena an den Rückgabezeremonien beteiligen.

“Menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten haben hier nichts zu suchen”, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth und betonte laut Mitteilung, die Rückgabe müsse “höchste Priorität haben”. Die Kolonialgeschichte habe viele Wunden hinterlassen. Deutschland müsse seinen Beitrag dazu leisten, dass diese Wunden geschlossen werden können, “durch Rückgabe, durch eine konsequente Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit unserer kolonialen Vergangenheit und durch einen stärkeren internationalen Kulturaustausch.”

Allein in Berlin umfassen die historischen anthropologischen Sammlungen rund 7700 menschliche Überreste aus nahezu allen Teilen der Erde. Etwa 40 Prozent davon haben einen kolonialen Erwerbungshintergrund aus den ehemaligen deutschen Überseegebieten in Afrika und dem Pazifikraum.

Das Behältnis mit den iwi kupuna (Knochen der Vorfahren) steht bei einer Zeremonie im Übersee-Museum. Darüber liegt eine schwarze Decke und ein Pflanzenkranz.
Fassade des Übersee-Museums
Wiebke Ahrndt an einem Rednerpult

“Wir können Sie nur aufrichtig um Verzeihung bitten und Reue zeigen für das, was Ihrem Volk und Ihren Vorfahren angetan wurde”, sagte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte während der Zeremonie im Übersee-Museum. Er richtete seine Worte an drei Vertreterinnen und Vertreter des Office of Hawaiian Affairs (OHA), die nach rituellen hawaiianischen Gebeten die menschlichen Gebeine ihrer Vorfahren – hawaiianisch: Iwi Kūpuna – in Gefäßen mit einem schwarzen Tuch zentral im Raum aufgebahrt hatten. Genau zwei Jahre und sechs Monate sind vergangen, seit sich das OHA in einem Brief an das Übersee-Museum wandte, um die Herausgabe von menschlichen Überresten aus dem Bestand der Sammlung zu erbeten.  

Am 1. Februar 2022 gab der Bremer Senat die definitive Zustimmung. “In den vergangenen Jahren hat sich in Europa ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür ausgebildet, dass es insbesondere aus ethischen Gründen dringend geboten ist, eingehend zu untersuchen, unter welchen Umständen die Sammlungen von Museen entstanden sind. Ganz besonders gilt dies für die Sammlungen menschlicher Überreste”, sagte Bürgermeister Bovenschulte in seiner Rede.

Neue Haltung der Museen zur Restitution

Edward Halealoha Ayau, Kalehua Caceres und Mana Caceres waren als Abgesandte des OHA nach Deutschland gereist. In ihren Reden betonten sie die Bedeutung einer würdigen Rückführung, um die menschlichen Überreste in Hawaii ihren Nachfahren zu übergeben und sie dort zu beerdigen. “Im zurückliegenden Jahrzehnt hat sich unter Museumsfachleuten und Anthropologen viel verändert, was ein besseres Verständnis für die indigenen Völker und die an uns begangenen Ungerechtigkeiten der Vergangenheit verdeutlicht. Wir erkennen dies natürlich an und begrüßen die Re-Humanisierung dieser Personen und Institutionen”, lies die OHA-Vorstandsvorsitzende Carmen Hulu Lindsey in einem Statement mitteilen, das nach der Zeremonie verlesen wurde.

Edward Halealoha Ayau betonte die besondere Stellung Verstorbener für die indigene Bevölkerung Hawaiis, die nach ihrem Tod nicht vergessen würden, sondern im Gegenteil “eine noch höhere Stellung” einnähmen. Ayau ist Teil von Hui Iwi Kuamo’o. Hui bedeutet Gruppe, Iwi Knochen und das Wort Kuamo’o Rückgrat oder Weg. Hui Iwi Kuamo’o sieht es als Pflicht an, alle Ahnen zu finden und sie mit großem Respekt nach Hawaii zu bringen, um sie dort zeremoniell zu begraben, damit ihr Geist zurückkehren kann. Während der Zeremonie wurden die Anwesenden mit Wasser bespritzt – als Teil eines Rituals, das sicherstellt, dass die Überreste gereinigt zurückkehren. 

Das Übersee-Museum in Bremen beherbergt eine Sammlung von ethnographischen, handels- und naturkundlichen Objekten und verfügt in seinen Depots über weitere menschliche Überreste, die meisten stammen laut Angaben aus Europa und aus der ehemaligen deutschen Kolonie Neuguinea. Auch dort liefen Rückgabegespräche, so Wiebke Ahrndt, Direktorin des Übersee-Museums.

“Für die Fehler unserer Vorgängerinnen und Vorgänger stehen wir in der Verantwortung. Es ist unsere Aufgabe, unseren Teil dazu beizutragen, vergangenes Unrecht zu korrigieren”, sagte Ahrndt. Unter ihrer Leitung verfasste der Deutsche Museumsbund Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen.

Ahnen mit Respekt nach Hawaii zurückbringen

Die Zeremonie in Bremen ist Teil einer großen Initiative zur Rückführung von Iwi Kūpuna aus Hawaii. Daran beteiligt sind internationale Sammlungen. “Diese Rückgaben ermöglichen uns, als Lāhui (hawaiische Nation) zu heilen”, sagte Kalehua Caceres.

Herkunft der menschlichen Überreste nicht geklärt

Auf ihrer diesjährigen Reise durch Deutschland und Österreich wird die Delegation 58 Iwi Kūpuna, die vor über einem Jahrhundert aus Hawaii entwendet wurden, aus vier verschiedenen Institutionen in Deutschland und einer in Österreich in Empfang nehmen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird sich ebenso wie die Universitäten von Göttingen und Jena an den Rückgabezeremonien beteiligen.

“Menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten haben hier nichts zu suchen”, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth und betonte laut Mitteilung, die Rückgabe müsse “höchste Priorität haben”. Die Kolonialgeschichte habe viele Wunden hinterlassen. Deutschland müsse seinen Beitrag dazu leisten, dass diese Wunden geschlossen werden können, “durch Rückgabe, durch eine konsequente Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit unserer kolonialen Vergangenheit und durch einen stärkeren internationalen Kulturaustausch.”

Allein in Berlin umfassen die historischen anthropologischen Sammlungen rund 7700 menschliche Überreste aus nahezu allen Teilen der Erde. Etwa 40 Prozent davon haben einen kolonialen Erwerbungshintergrund aus den ehemaligen deutschen Überseegebieten in Afrika und dem Pazifikraum.

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