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Asyl: Welche Regeln gelten für ukrainische Flüchtlinge?

Hunderttausende Menschen fliehen aus der Ukraine. Wie geht es für sie in Deutschland und in der Europäischen Union weiter? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Für die Einreise in die Europäische Union und damit Deutschland gilt: Es gibt keine Visumspflicht in der EU, die ukrainischen Flüchtlinge können also in jedes Mitgliedsland fahren und dort 90 Tage bleiben. Einzige Voraussetzung ist bisher der Besitz eines biometrischen Reisepasses.

Seit dessen Einführung im Mai 2015 wurden den etwa 44 Millionen ukrainischen Staatsangehörigen aber erst rund 19 Millionen dieser Pässe ausgestellt. Angesichts der dramatischen Situation in der Ukraine werden die meisten Flüchtlinge an den Grenzen allerdings auch ohne Pass durchgelassen.

Für die Einreise in die Europäische Union und damit Deutschland gilt: Es gibt keine Visumspflicht in der EU, die ukrainischen Flüchtlinge können also in jedes Mitgliedsland fahren und dort 90 Tage bleiben. Einzige Voraussetzung ist bisher der Besitz eines biometrischen Reisepasses.

Winfried Kluth ist Jurist, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Halle-Wittenberge und Migrationsexperte: “Bei einem Touristenvisum ist normalerweise die Idee, dass die Menschen sich selbst versorgen können. Wir brauchen also jetzt kommunale Aufnahmeangebote, damit die Kinder zum Beispiel in die Schule gehen können, und auch bei der Unterbringung. Denn da sind die Menschen gleichfalls auf Hilfsangebote angewiesen. Einzelne Bundesländer wie Sachsen-Anhalt haben da bereits Vorkehrungen getroffen.”

Können ukrainische Flüchtlinge als Touristen einreisen?

Sind die drei Monate abgelaufen, können ukrainische Flüchtlinge bei der örtlichen Ausländerbehörde eine Verlängerung um weitere 90 Tage beantragen. Dies geht auf eine Entscheidung des Bundesinnenministeriums (BMI) zurück, das dies mit dem aktuellen Ausnahmefall begründet. Die Erlasse des BMI sind für die Bundesländer zwar nicht bindend, werden aber in der Regel befolgt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bereits angekündigt, jetzt alle ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen zu wollen, auch ohne Asylantrag. In der Vergangenheit musste genau dieser gestellt werden, der Großteil der 150.000 Ukrainerinnen und Ukrainern in Deutschland hat einen Aufenthaltstitel. Die Nichtregierungsorganisation Pro Asyl geht davon aus, dass sich eine niedrige vierstellige Zahl im Asylverfahren befinden dürfte. Rund 3000 Menschen lebten demnach mit einer Duldung in Deutschland, sind also ausreisepflichtig.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte bereits eine unbürokratische Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge gefordert und die Umsetzung der Richtlinie als eine Möglichkeit ins Spiel gebracht. Als Reaktion auf die Massenflucht aus dem ehemaligen Jugoslawien hatte die EU diese 2001 erlassen, um einen vorübergehenden Schutz ohne Einzelfallprüfung von bis zu drei Jahren zu gewährleisten, ohne ein langwieriges Asylverfahren. Eine Arbeitserlaubnis, Zugang zu Sozialhilfe, eine medizinische Versorgung und unter Umständen auch der Familiennachzug wären damit garantiert.

Doch auch bei der Ankunft von Hunderttausenden Flüchtlingen 2015 wurde die Massenzustrom-Richtlinie nicht aktiviert, bisher noch kein einziges Mal. Denn damit würde auch ein Verteilungsmechanismus innerhalb der Europäischen Union greifen, der bestimmt, wie viele Flüchtlinge jeder Mitgliedsstaat aufnehmen muss. An diesem Donnerstag treffen sich die EU-Innenminister, ein konkrete Beschlussvorlage für die Richtlinie liegt bereits vor. Der Europäische Rat müsste die Anwendung dann mit qualifizierter Mehrheit beschließen.

Migrationsexperte Kluth sagt: “Diese Aufenthaltsgenehmigung würde zunächst ein Jahr gelten und könnte bis zu drei Jahren ausgedehnt werden. Jeder Mitgliedsstaat der EU gibt an, wie groß sein Aufnahmekontingent für Flüchtlinge sein kann. Dann wird nachgesteuert. Die EU-Länder können auch nachträglich zusätzliche Aufnahmekapazitäten angeben. Die Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland würde sich wieder an dem Königsberger Schüssel orientieren, in dem die Größe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Länder berücksichtigt werden. Die Massenzustrom-Richtlinie würde gleichzeitig die Genfer Flüchtlingskonvention sicher umsetzen.”

Ja, ein nationales Aufnahmeprogramm würde sich an den Regelungen der EU orientieren und ebenfalls einen vorübergehenden Schutz für bis zu drei Jahre ohne individuelle Prüfung ermöglichen. Deutschland könnte mit dieser eigenständigen Regelung auch entscheiden, nur Personen aus bestimmten Landesteilen in das Aufnahmeprogramm zu integrieren. “Für den unwahrscheinlichen Fall, dass man sich auf EU-Ebene nicht einigt, kann Deutschland den Mechanismus auch im Alleingang nutzen”, sagt Winfried Kluth.

Im Gegensatz zu 2015, in dem Deutschland fast im Alleingang Hunderttausende Flüchtlinge aufnahm, gehen Experten heute von einer Verteilung in ganz Europa aus. Herbert Brücker, Leiter des Forschungsbereiches “Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung” am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), sagt:

“In der Vergangenheit war Deutschland nicht das primäre Zielland für die Migration aus der Ukraine, sondern eher Länder wie Polen, Tschechien, Italien oder die Slowakei, auch in den USA und Kanada gibt es große Communitys. Deutschland wird auch jetzt nicht wichtigstes Zielland, sondern die Nachbarstaaten. Ich rechne aber damit, dass Deutschlands Gewicht stark ansteigen wird. Bisher leben die Ukrainer vor allem in deutschen Großstädten, Berlin, Hamburg, München, dem Rhein-Main-Gebiet und interessanterweise gibt es auch in Nürnberg eine sehr große Community.”

2015 kamen viele Flüchtlinge mit einem niedrigen Bildungsstand, Deutschland setzte unzählige Qualifizierungsmaßnahmen und Fortbildungen auf, um diese für den hiesigen Arbeitsmarkt fit zu machen. IAB-Forscher Brücker geht bei den ukrainischen Flüchtlingen von anderen Voraussetzungen aus:

“In der Vergangenheit hatten die Menschen aus der Ukraine, die nach Deutschland kamen, zur Hälfte Hochschulabschlüsse und waren gut qualifiziert. Ich rechne damit, dass die meisten von ihnen in den Dienstleistungssektor gehen werden und dann vielleicht später, wenn die Männer nachkommen, in die Bauwirtschaft. Deutschland hat natürlich gerade im Pflegebereich einen hohen Bedarf an Arbeitskräften.”

Die Ankunft Hunderttausender Flüchtlinge innerhalb kürzester Zeit zu stemmen, war für Deutschland vor sieben Jahren eine immense Herausforderung. Herbert Brücker fordert, bei der Integration der Menschen aus der Ukraine aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen:

“Wir haben früher die Flüchtlinge dort angesiedelt, wo die Arbeitsmarktbedingungen schlecht und die Arbeitslosenquoten hoch waren. Wir sollten uns jetzt auf prosperierende Ballungsräume konzentrieren und schnell Rechtssicherheit über den Aufnahmestatus, Sprachkurse und eine Arbeitsvermittlung garantieren.”

Hunderttausende Menschen fliehen aus der Ukraine, und speziell Nachbarländer wie Polen oder die Slowakei vollziehen gerade eine bemerkenswerte Kehrtwende hin zu einer humaneren Flüchtlingspolitik. Auch Wiebke Judith, rechtspolitische Referentin zum deutschen und europäischen Asylrecht bei Pro Asyl, erkennt dies an:

“Es ist natürlich sehr erfreulich und eine 180-Grad-Wende, dass sich Staaten wie Polen oder die Slowakei jetzt zum Flüchtlingsschutz bekennen. Das zeigt auch: Die EU kann gemeinsam agieren, wenn sie will – es ist allein eine Frage des politischen Willens. Dieser Wille zum Schutz von fliehenden Menschen muss aber an allen Grenzen und für alle Menschen gelten.”

Die Menschenrechtsorganisation pocht allerdings darauf, dass der Flüchtlingsschutz in Europa für alle gelten müsse, auch für diejenigen, die schon lange oder temporär in der Ukraine gelebt haben. “Auch Männer und Frauen aus Afghanistan, Syrien oder Somalia, die in der Ukraine studieren oder arbeiten, brauchen unsere Hilfe. Es kann nicht sein, dass Menschen mit anderer Hautfarbe, wie zum Beispiel afrikanische Studierende, an der Grenze festgehalten werden. Die Grenzen müssen offenbleiben für alle Schutzsuchenden.”

Dies fordert Pro Asyl auch für Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute oder die, die immer noch an der polnisch-belarussischen Grenze feststecken. Wiebke Judith erinnert an die dramatischen Bilder des vergangenen Jahres. “Auf die Flüchtlinge wurden an den Grenzen brutal eingeprügelt, sie mussten in den Wäldern hungern. Und was derzeit medial völlig untergeht: Dort stecken immer noch Menschen an der Grenze fest und es gibt keinerlei Bereitschaft, diese wenigen hundert Menschen aufzunehmen.” 

Deutschland indes könne auf den vorhandenen Strukturen und den Erfahrungen der Fluchtdebatte 2015 aufbauen, die Ukrainer würden auch voraussichtlich viel schneller auf dem Wohnungsmarkt fündig. Judith sagt: “Die Ukrainer, die nach Europa kommen, brauchen neben der unbürokratischen Aufnahme, wie wir sie aktuell erleben, auch aufenthaltsrechtliche Sicherheit. Der Ratsbeschluss zum vorübergehenden Schutz, über den die EU-Staaten am Donnerstag entscheiden, wäre dafür ein wichtiger Schritt. Denn wir haben leider in der Vergangenheit gesehen, dass die Offenheit gegenüber Geflüchteten nachlässt, je länger eine Vertreibung andauert und je weniger absehbar das Ende eines Krieges ist.”

Winfried Kluth
Herbert Brücker

Für die Einreise in die Europäische Union und damit Deutschland gilt: Es gibt keine Visumspflicht in der EU, die ukrainischen Flüchtlinge können also in jedes Mitgliedsland fahren und dort 90 Tage bleiben. Einzige Voraussetzung ist bisher der Besitz eines biometrischen Reisepasses.

Seit dessen Einführung im Mai 2015 wurden den etwa 44 Millionen ukrainischen Staatsangehörigen aber erst rund 19 Millionen dieser Pässe ausgestellt. Angesichts der dramatischen Situation in der Ukraine werden die meisten Flüchtlinge an den Grenzen allerdings auch ohne Pass durchgelassen.

Können ukrainische Flüchtlinge als Touristen einreisen?

Winfried Kluth ist Jurist, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Halle-Wittenberge und Migrationsexperte: “Bei einem Touristenvisum ist normalerweise die Idee, dass die Menschen sich selbst versorgen können. Wir brauchen also jetzt kommunale Aufnahmeangebote, damit die Kinder zum Beispiel in die Schule gehen können, und auch bei der Unterbringung. Denn da sind die Menschen gleichfalls auf Hilfsangebote angewiesen. Einzelne Bundesländer wie Sachsen-Anhalt haben da bereits Vorkehrungen getroffen.”

Sind die drei Monate abgelaufen, können ukrainische Flüchtlinge bei der örtlichen Ausländerbehörde eine Verlängerung um weitere 90 Tage beantragen. Dies geht auf eine Entscheidung des Bundesinnenministeriums (BMI) zurück, das dies mit dem aktuellen Ausnahmefall begründet. Die Erlasse des BMI sind für die Bundesländer zwar nicht bindend, werden aber in der Regel befolgt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bereits angekündigt, jetzt alle ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen zu wollen, auch ohne Asylantrag. In der Vergangenheit musste genau dieser gestellt werden, der Großteil der 150.000 Ukrainerinnen und Ukrainern in Deutschland hat einen Aufenthaltstitel. Die Nichtregierungsorganisation Pro Asyl geht davon aus, dass sich eine niedrige vierstellige Zahl im Asylverfahren befinden dürfte. Rund 3000 Menschen lebten demnach mit einer Duldung in Deutschland, sind also ausreisepflichtig.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte bereits eine unbürokratische Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge gefordert und die Umsetzung der Richtlinie als eine Möglichkeit ins Spiel gebracht. Als Reaktion auf die Massenflucht aus dem ehemaligen Jugoslawien hatte die EU diese 2001 erlassen, um einen vorübergehenden Schutz ohne Einzelfallprüfung von bis zu drei Jahren zu gewährleisten, ohne ein langwieriges Asylverfahren. Eine Arbeitserlaubnis, Zugang zu Sozialhilfe, eine medizinische Versorgung und unter Umständen auch der Familiennachzug wären damit garantiert.

Warum greift eine weitere Aufenthaltserlaubnis für 90 Tage nach einem visumsfreien Kurzaufenthalt?

Doch auch bei der Ankunft von Hunderttausenden Flüchtlingen 2015 wurde die Massenzustrom-Richtlinie nicht aktiviert, bisher noch kein einziges Mal. Denn damit würde auch ein Verteilungsmechanismus innerhalb der Europäischen Union greifen, der bestimmt, wie viele Flüchtlinge jeder Mitgliedsstaat aufnehmen muss. An diesem Donnerstag treffen sich die EU-Innenminister, ein konkrete Beschlussvorlage für die Richtlinie liegt bereits vor. Der Europäische Rat müsste die Anwendung dann mit qualifizierter Mehrheit beschließen.

Wie erfolgversprechend war in der Vergangenheit ein Asylantrag?

Migrationsexperte Kluth sagt: “Diese Aufenthaltsgenehmigung würde zunächst ein Jahr gelten und könnte bis zu drei Jahren ausgedehnt werden. Jeder Mitgliedsstaat der EU gibt an, wie groß sein Aufnahmekontingent für Flüchtlinge sein kann. Dann wird nachgesteuert. Die EU-Länder können auch nachträglich zusätzliche Aufnahmekapazitäten angeben. Die Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland würde sich wieder an dem Königsberger Schüssel orientieren, in dem die Größe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Länder berücksichtigt werden. Die Massenzustrom-Richtlinie würde gleichzeitig die Genfer Flüchtlingskonvention sicher umsetzen.”

Ja, ein nationales Aufnahmeprogramm würde sich an den Regelungen der EU orientieren und ebenfalls einen vorübergehenden Schutz für bis zu drei Jahre ohne individuelle Prüfung ermöglichen. Deutschland könnte mit dieser eigenständigen Regelung auch entscheiden, nur Personen aus bestimmten Landesteilen in das Aufnahmeprogramm zu integrieren. “Für den unwahrscheinlichen Fall, dass man sich auf EU-Ebene nicht einigt, kann Deutschland den Mechanismus auch im Alleingang nutzen”, sagt Winfried Kluth.

Im Gegensatz zu 2015, in dem Deutschland fast im Alleingang Hunderttausende Flüchtlinge aufnahm, gehen Experten heute von einer Verteilung in ganz Europa aus. Herbert Brücker, Leiter des Forschungsbereiches “Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung” am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), sagt:

Warum tritt jetzt an die Stelle des Asylantrags voraussichtlich die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie?

“In der Vergangenheit war Deutschland nicht das primäre Zielland für die Migration aus der Ukraine, sondern eher Länder wie Polen, Tschechien, Italien oder die Slowakei, auch in den USA und Kanada gibt es große Communitys. Deutschland wird auch jetzt nicht wichtigstes Zielland, sondern die Nachbarstaaten. Ich rechne aber damit, dass Deutschlands Gewicht stark ansteigen wird. Bisher leben die Ukrainer vor allem in deutschen Großstädten, Berlin, Hamburg, München, dem Rhein-Main-Gebiet und interessanterweise gibt es auch in Nürnberg eine sehr große Community.”

2015 kamen viele Flüchtlinge mit einem niedrigen Bildungsstand, Deutschland setzte unzählige Qualifizierungsmaßnahmen und Fortbildungen auf, um diese für den hiesigen Arbeitsmarkt fit zu machen. IAB-Forscher Brücker geht bei den ukrainischen Flüchtlingen von anderen Voraussetzungen aus:

Könnte Deutschland auch unabhängig von der EU die schnelle Aufnahme von Flüchtlingen beschließen?

“In der Vergangenheit hatten die Menschen aus der Ukraine, die nach Deutschland kamen, zur Hälfte Hochschulabschlüsse und waren gut qualifiziert. Ich rechne damit, dass die meisten von ihnen in den Dienstleistungssektor gehen werden und dann vielleicht später, wenn die Männer nachkommen, in die Bauwirtschaft. Deutschland hat natürlich gerade im Pflegebereich einen hohen Bedarf an Arbeitskräften.”

Wo werden sich die ukrainischen Flüchtlinge in der EU und Deutschland voraussichtlich ansiedeln?

Die Ankunft Hunderttausender Flüchtlinge innerhalb kürzester Zeit zu stemmen, war für Deutschland vor sieben Jahren eine immense Herausforderung. Herbert Brücker fordert, bei der Integration der Menschen aus der Ukraine aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen:

Wiebke Judith

“Wir haben früher die Flüchtlinge dort angesiedelt, wo die Arbeitsmarktbedingungen schlecht und die Arbeitslosenquoten hoch waren. Wir sollten uns jetzt auf prosperierende Ballungsräume konzentrieren und schnell Rechtssicherheit über den Aufnahmestatus, Sprachkurse und eine Arbeitsvermittlung garantieren.”

Hunderttausende Menschen fliehen aus der Ukraine, und speziell Nachbarländer wie Polen oder die Slowakei vollziehen gerade eine bemerkenswerte Kehrtwende hin zu einer humaneren Flüchtlingspolitik. Auch Wiebke Judith, rechtspolitische Referentin zum deutschen und europäischen Asylrecht bei Pro Asyl, erkennt dies an:

“Es ist natürlich sehr erfreulich und eine 180-Grad-Wende, dass sich Staaten wie Polen oder die Slowakei jetzt zum Flüchtlingsschutz bekennen. Das zeigt auch: Die EU kann gemeinsam agieren, wenn sie will – es ist allein eine Frage des politischen Willens. Dieser Wille zum Schutz von fliehenden Menschen muss aber an allen Grenzen und für alle Menschen gelten.”

Die Menschenrechtsorganisation pocht allerdings darauf, dass der Flüchtlingsschutz in Europa für alle gelten müsse, auch für diejenigen, die schon lange oder temporär in der Ukraine gelebt haben. “Auch Männer und Frauen aus Afghanistan, Syrien oder Somalia, die in der Ukraine studieren oder arbeiten, brauchen unsere Hilfe. Es kann nicht sein, dass Menschen mit anderer Hautfarbe, wie zum Beispiel afrikanische Studierende, an der Grenze festgehalten werden. Die Grenzen müssen offenbleiben für alle Schutzsuchenden.”

Dies fordert Pro Asyl auch für Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute oder die, die immer noch an der polnisch-belarussischen Grenze feststecken. Wiebke Judith erinnert an die dramatischen Bilder des vergangenen Jahres. “Auf die Flüchtlinge wurden an den Grenzen brutal eingeprügelt, sie mussten in den Wäldern hungern. Und was derzeit medial völlig untergeht: Dort stecken immer noch Menschen an der Grenze fest und es gibt keinerlei Bereitschaft, diese wenigen hundert Menschen aufzunehmen.” 

Deutschland indes könne auf den vorhandenen Strukturen und den Erfahrungen der Fluchtdebatte 2015 aufbauen, die Ukrainer würden auch voraussichtlich viel schneller auf dem Wohnungsmarkt fündig. Judith sagt: “Die Ukrainer, die nach Europa kommen, brauchen neben der unbürokratischen Aufnahme, wie wir sie aktuell erleben, auch aufenthaltsrechtliche Sicherheit. Der Ratsbeschluss zum vorübergehenden Schutz, über den die EU-Staaten am Donnerstag entscheiden, wäre dafür ein wichtiger Schritt. Denn wir haben leider in der Vergangenheit gesehen, dass die Offenheit gegenüber Geflüchteten nachlässt, je länger eine Vertreibung andauert und je weniger absehbar das Ende eines Krieges ist.”

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