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Habeck in Katar – Gasdiplomatie eines grünen Wirtschaftsministers

Angetreten ist Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für den Klimaschutz. Jetzt hat er in Katar eine Energiepartnerschaft geschlossen – auf der Suche nach Ersatz für russisches Gas. Von Jens Thurau, zurzeit Doha.

Robert Habeck versucht in einer kurzen Pause der vielen Gespräche zu umschreiben, was er eigentlich genau hier gerade tut, in der katarischen Hauptstadt Doha: “Handeln müssen die Unternehmen. Aber ich setzte Impulse – nicht nur als Türöffner, sondern ich versuche dem Ganzen schon auch eine Richtung zu geben.” Da klingt Deutschlands Grüner Vizekanzler fast schon wie ein langjähriger Wirtschaftsexperte.

Er hat in Doha mit dem Emir Katars gesprochen, mit Tamin bin Hamad Al Thani; außerdem mit den Ministern für Wirtschaft und für Handel sowie dem Außenminister. Natürlich ging es dabei auch um erneuerbare Energien, um Energieeffizienz, um Habecks Lieblingsthemen also. Aber im Wesentlichen ging es um Gas, um viel Gas, um das Gas, das Deutschland gerade so dringend braucht – nach der russischen Invasion in der Ukraine. In Katar haben der Emir und Habeck jetzt eine langfristige Energiepartnerschaft vereinbart.

Robert Habeck versucht in einer kurzen Pause der vielen Gespräche zu umschreiben, was er eigentlich genau hier gerade tut, in der katarischen Hauptstadt Doha: “Handeln müssen die Unternehmen. Aber ich setzte Impulse – nicht nur als Türöffner, sondern ich versuche dem Ganzen schon auch eine Richtung zu geben.” Da klingt Deutschlands Grüner Vizekanzler fast schon wie ein langjähriger Wirtschaftsexperte.

Katar verfügt nach Russland und dem Iran über die größten Reserven an Erdgas weltweit. Und es verfügt über die Infrastruktur, um es für dem Transport zu verflüssigen. 2019 exportierte das Emirat Flüssiggas (LNG) in einem Volumen von fast 107 Milliarden Kubikmetern. Diese Menge würde reichen, um den deutschen Gasbedarf komplett zu decken. Rund 30 Prozent seines Flüssiggases liefert Katar in die EU. Aber in Deutschland kommt davon fast nichts an: Noch fehlen die LNG-Terminals. Denn Deutschland hat bislang vor allem auf das leitungsgebundene billige Gas aus Russland gesetzt.

Katars Gas-Reichtum

Deutschland müsste Flüssiggas über Terminals in Nachbarländern einführen. Angesichts des Schocks durch den russischen Krieg gegen die Ukraine sollen jetzt aber auch in Deutschland schnell zwei solcher Flüssiggasterminals gebaut werden, wahrscheinlich in Wilhelmshafen und in Brunsbüttel. Habeck rechnet während der Reise vor, dass die Terminals in fünf Jahren einsatzbereit sein könnten: “Auch wenn solche Projekte in Deutschland ja gern auch dreimal so lange brauchen, bis sie fertig werden. Aber vielleicht machen wir das ja mal anders.” Ein grüner Minister, eigentlich dem Abschied von fossilen Energieträgern verpflichtet, macht Druck für den schnellen Bau von Flüssiggas-Terminals.

Beim Besuch Habecks in Katar und anschließend in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geht es jetzt in erster Linie um den Aufbau von Vertrauen. Vor allem die Katarer haben sich zuletzt von Deutschland nicht besonders beachtet gefühlt. Zweimal etwa hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Besuche in dem Emirat abgesagt, zuerst wegen der Pandemie, zuletzt wegen des Ukraine-Krieges. 

Nach dem Kriegsausbruch hatte Habeck es eilig, diese Reise zu planen. Mit dabei ist eine große Wirtschaftsdelegation. Zu der gehört auch Markus Krebber, Vorstandsvorsitzender des Energieriesen RWE. Für Krebber kommt die Reise genau zum richtigen Zeitpunkt: “Es ist wichtig, sich nach so langer Zeit der Pandemie auch persönlich zu treffen und die Kontakte wieder aufzunehmen.” Habeck habe auch Recht mit seinen Plänen, sich unabhängiger zu machen von russischen Lieferungen, unterstreicht der Energiemanager. Auch wenn das alles sicher nicht von heute auf Morgen gehe.

Für Habeck ist das alles andere als eine einfache Reise. Fieberhaft sucht die Regierung nach neuen Gas- und Öllieferanten, damit es in Deutschland nicht kalt wird, sollte Russlands Präsident Wladimir Putin den Gashahn zudrehen. Aber das Emirat steht wegen seiner Menschenrechtspolitik und seiner schlechten Arbeitsbedingungen in der Kritik. Das Gas aus dem Land des Aggressors Russland soll ersetzt werden durch dasjenige aus einem autokratischen Emirat? Und das veranlasst von einem Grünen? Immerhin stellt Habeck nach dem Treffen mit Vertretern der katarischen Regierung fest: “Ich habe die schlechten Bedingungen hier für die tausenden ausländischen Arbeitskräfte angesprochen – und keiner hat den Raum verlassen.”

Beim Thema Gas, das wird deutlich, sind die Machthaber in Doha vor allem an langfristigen Lieferverträgen interessiert; solche Verträge haben sie zurzeit vor allem mit asiatischen Ländern. Deutschland will, vorangetrieben auch durch Habecks Partei, die Grünen, am liebsten bis 2045 klimaneutral werden. Gas wird als Brückentechnologie betrachtet. Ob dieser Zeithorizont für die Katarer langfristig genug ist, muss sich erst noch zeigen. Aus dem Wirtschaftsministerium und auch von dem mitreisenden Unternehmensvertretern ist jedenfalls zu hören, das Emirat habe ein großes Interesse an einer Steigerung des Exports – die Atmosphäre wird als gut beschrieben.

Habeck sagt: “Es gibt eine große Aufgeschlossenheit. Unser Wunsch wird hier mit Ernst entgegengenommen. Wir haben mit wesentlich mehr Vertretern sprechen können als erwartet.” Das mag für Habeck selbst gelten. Es gilt nicht für die deutschen Pressevertretern. Kein Satz vom Emir, auch nicht von den anderen Regierungsmitgliedern. Glaubt man Vertretern der deutschen Botschaft in Doha, ist das ein Zeichen für die Ernsthaftigkeit der Gespräche. Verträge allerdings werden noch keine geschlossen. Dafür sei es noch zu früh, heißt es von deutscher Seite.

Mit viel Freundlichkeit und Charme versucht der grüne Wirtschaftsminister im Emirat also einen weiteren Schritt für die Wende bei den deutschen Energieimporten. Vor wenigen Tagen erst hatte er in Norwegen für eine Ausweitung der Gaslieferungen geworben.

Dabei weiß Habeck: Erste Lieferungen von Flüssiggas aus dem Emirat werden erst mittelfristig möglich sein. Und er weiß auch: Er wird seiner eigenen Partei diese gänzlich neue Rolle als Wegbereiter von Gasimporten erst noch einmal erklären müssen. Schließlich wollen die Grünen so schnell wie möglich von allen fossilen Energieträgern loskommen. Aber der Krieg in der Ukraine hat viele Sichtweisen und Gewissheiten verändert, auch für Habeck.

 

Katar | Bauarbeiten am Al-Wakra Stadion in Doha

Robert Habeck versucht in einer kurzen Pause der vielen Gespräche zu umschreiben, was er eigentlich genau hier gerade tut, in der katarischen Hauptstadt Doha: “Handeln müssen die Unternehmen. Aber ich setzte Impulse – nicht nur als Türöffner, sondern ich versuche dem Ganzen schon auch eine Richtung zu geben.” Da klingt Deutschlands Grüner Vizekanzler fast schon wie ein langjähriger Wirtschaftsexperte.

Er hat in Doha mit dem Emir Katars gesprochen, mit Tamin bin Hamad Al Thani; außerdem mit den Ministern für Wirtschaft und für Handel sowie dem Außenminister. Natürlich ging es dabei auch um erneuerbare Energien, um Energieeffizienz, um Habecks Lieblingsthemen also. Aber im Wesentlichen ging es um Gas, um viel Gas, um das Gas, das Deutschland gerade so dringend braucht – nach der russischen Invasion in der Ukraine. In Katar haben der Emir und Habeck jetzt eine langfristige Energiepartnerschaft vereinbart.

Katars Gas-Reichtum

Katar verfügt nach Russland und dem Iran über die größten Reserven an Erdgas weltweit. Und es verfügt über die Infrastruktur, um es für dem Transport zu verflüssigen. 2019 exportierte das Emirat Flüssiggas (LNG) in einem Volumen von fast 107 Milliarden Kubikmetern. Diese Menge würde reichen, um den deutschen Gasbedarf komplett zu decken. Rund 30 Prozent seines Flüssiggases liefert Katar in die EU. Aber in Deutschland kommt davon fast nichts an: Noch fehlen die LNG-Terminals. Denn Deutschland hat bislang vor allem auf das leitungsgebundene billige Gas aus Russland gesetzt.

Deutschland müsste Flüssiggas über Terminals in Nachbarländern einführen. Angesichts des Schocks durch den russischen Krieg gegen die Ukraine sollen jetzt aber auch in Deutschland schnell zwei solcher Flüssiggasterminals gebaut werden, wahrscheinlich in Wilhelmshafen und in Brunsbüttel. Habeck rechnet während der Reise vor, dass die Terminals in fünf Jahren einsatzbereit sein könnten: “Auch wenn solche Projekte in Deutschland ja gern auch dreimal so lange brauchen, bis sie fertig werden. Aber vielleicht machen wir das ja mal anders.” Ein grüner Minister, eigentlich dem Abschied von fossilen Energieträgern verpflichtet, macht Druck für den schnellen Bau von Flüssiggas-Terminals.

Beim Besuch Habecks in Katar und anschließend in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geht es jetzt in erster Linie um den Aufbau von Vertrauen. Vor allem die Katarer haben sich zuletzt von Deutschland nicht besonders beachtet gefühlt. Zweimal etwa hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Besuche in dem Emirat abgesagt, zuerst wegen der Pandemie, zuletzt wegen des Ukraine-Krieges. 

Nach dem Kriegsausbruch hatte Habeck es eilig, diese Reise zu planen. Mit dabei ist eine große Wirtschaftsdelegation. Zu der gehört auch Markus Krebber, Vorstandsvorsitzender des Energieriesen RWE. Für Krebber kommt die Reise genau zum richtigen Zeitpunkt: “Es ist wichtig, sich nach so langer Zeit der Pandemie auch persönlich zu treffen und die Kontakte wieder aufzunehmen.” Habeck habe auch Recht mit seinen Plänen, sich unabhängiger zu machen von russischen Lieferungen, unterstreicht der Energiemanager. Auch wenn das alles sicher nicht von heute auf Morgen gehe.

Vertrauen, Respekt – und Menschenrechte

Für Habeck ist das alles andere als eine einfache Reise. Fieberhaft sucht die Regierung nach neuen Gas- und Öllieferanten, damit es in Deutschland nicht kalt wird, sollte Russlands Präsident Wladimir Putin den Gashahn zudrehen. Aber das Emirat steht wegen seiner Menschenrechtspolitik und seiner schlechten Arbeitsbedingungen in der Kritik. Das Gas aus dem Land des Aggressors Russland soll ersetzt werden durch dasjenige aus einem autokratischen Emirat? Und das veranlasst von einem Grünen? Immerhin stellt Habeck nach dem Treffen mit Vertretern der katarischen Regierung fest: “Ich habe die schlechten Bedingungen hier für die tausenden ausländischen Arbeitskräfte angesprochen – und keiner hat den Raum verlassen.”

Katars will langfristige Verträge

Beim Thema Gas, das wird deutlich, sind die Machthaber in Doha vor allem an langfristigen Lieferverträgen interessiert; solche Verträge haben sie zurzeit vor allem mit asiatischen Ländern. Deutschland will, vorangetrieben auch durch Habecks Partei, die Grünen, am liebsten bis 2045 klimaneutral werden. Gas wird als Brückentechnologie betrachtet. Ob dieser Zeithorizont für die Katarer langfristig genug ist, muss sich erst noch zeigen. Aus dem Wirtschaftsministerium und auch von dem mitreisenden Unternehmensvertretern ist jedenfalls zu hören, das Emirat habe ein großes Interesse an einer Steigerung des Exports – die Atmosphäre wird als gut beschrieben.

Habeck sagt: “Es gibt eine große Aufgeschlossenheit. Unser Wunsch wird hier mit Ernst entgegengenommen. Wir haben mit wesentlich mehr Vertretern sprechen können als erwartet.” Das mag für Habeck selbst gelten. Es gilt nicht für die deutschen Pressevertretern. Kein Satz vom Emir, auch nicht von den anderen Regierungsmitgliedern. Glaubt man Vertretern der deutschen Botschaft in Doha, ist das ein Zeichen für die Ernsthaftigkeit der Gespräche. Verträge allerdings werden noch keine geschlossen. Dafür sei es noch zu früh, heißt es von deutscher Seite.

Mit viel Freundlichkeit und Charme versucht der grüne Wirtschaftsminister im Emirat also einen weiteren Schritt für die Wende bei den deutschen Energieimporten. Vor wenigen Tagen erst hatte er in Norwegen für eine Ausweitung der Gaslieferungen geworben.

Eigene Partei überzeugen

Dabei weiß Habeck: Erste Lieferungen von Flüssiggas aus dem Emirat werden erst mittelfristig möglich sein. Und er weiß auch: Er wird seiner eigenen Partei diese gänzlich neue Rolle als Wegbereiter von Gasimporten erst noch einmal erklären müssen. Schließlich wollen die Grünen so schnell wie möglich von allen fossilen Energieträgern loskommen. Aber der Krieg in der Ukraine hat viele Sichtweisen und Gewissheiten verändert, auch für Habeck.

 

LNG Fluessiggastanker in Katar

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