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Simbabwe: Eine neue Hoffnung für die Opposition – und neue Repressionen

In Simbabwe wird erst in einem Jahr gewählt, doch eine frisch gegründete Oppositionspartei wittert bereits eine gute Ausgangslage. Ein Vorhaben der Regierung könnte hingegen zur Gefahr für die Zivilgesellschaft werden.

Simbabwe hat eine neue Oppositionspartei – die “Bürgerkoalition für Wandel” (CCC) ist sogar so neu, dass auf ihrer Webseite an einigen Stellen noch Platzhaltertexte zu sehen sind statt ausformulierter politischer Zielsetzungen. Erst im Januar 2022 registriert, hat die CCC schon Ende März einen großen Erfolg errungen: Bei Nachwahlen eroberte sie 19 der 28 Parlamentssitze, die neu vergeben wurden.

“Ich kann euch sagen, das war nur ein Vorgeschmack”, sagte Parteichef Nelson Chamisa tags darauf auf einer Pressekonferenz. “Wir haben das Land und die Welt darauf aufmerksam gemacht, dass CCC die nächste Regierung stellt. Nichts kann uns davon abhalten, die nächste Regierung zu bilden.”

Simbabwe hat eine neue Oppositionspartei – die “Bürgerkoalition für Wandel” (CCC) ist sogar so neu, dass auf ihrer Webseite an einigen Stellen noch Platzhaltertexte zu sehen sind statt ausformulierter politischer Zielsetzungen. Erst im Januar 2022 registriert, hat die CCC schon Ende März einen großen Erfolg errungen: Bei Nachwahlen eroberte sie 19 der 28 Parlamentssitze, die neu vergeben wurden.

Chamisa gibt ein vollmundiges Ziel für die auf April 2023 terminierte Wahl aus: “Wir sind auf dem Weg zu einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament 2023.” Er selbst will Präsident werden – und damit Emmerson Mnangagwa aus dem Amt drängen.

Ziel für 2023: Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament

Mnangagwa ist erst der dritte Präsident in der 42-jährigen Geschichte Simbabwes, die eng mit dem 2017 entmachteten Langzeitherrscher Robert Mugabe und dessen Partei ZANU-PF verbunden ist. Wie sein inzwischen verstorbener Vorgänger regiert auch der 79-Jährige mit harter Hand; schon vor Jahren konnte man in Simbabwe vielfach die Meinung hören, unter Mnangagwa sei es sogar schlimmer als unter Mugabe. So richten sich viele Hoffnungen auf die neue Partei – die bei genauerem Hinsehen gar nicht so neu ist.

Der 44-jährige Parteichef Nelson Chamisa war schon 2018 Spitzenkandidat der damals wichtigsten Oppositionspartei, der MDC Alliance. Die ursprüngliche MDC war 1999 gegründet worden und hat seitdem schon zahlreiche Abspaltungen hinter sich. Mit Chamisa sind auch zahlreiche weitere Mitglieder zur neuen CCC gewechselt.

Die Marke MDC habe sich abgenutzt, sagt der bekannte simbabwische Analyst Alex Magaisa. Er war zu Zeiten der Einheitsregierung ab 2008 Büroleiter des MDC-Premierministers Morgan Tsvangirai; heute doziert er Jura im britischen Kent.

Magaisa traut der CCC durchaus zu, die Macht von der ZANU-PF zu gewinnen: “Die CCC hat neue Energie hineingebracht. Sie begeistert junge Menschen und wir sehen auch ein großes Engagement der Diaspora, die Geld auftreibt zur Unterstützung der politischen Aktivitäten zu Hause.” Das Ziel einer Zwei-Drittel-Mehrheit sei zwar hoch gegriffen, räumt Magaisa ein. Doch eine einfache Mehrheit sei keineswegs unmöglich.

Der Analyst Gibson Nyikadzino, dessen Kommentare regelmäßig in der staatlich kontrollierten Zeitung “Zimbabwe Herald” erscheinen, hält die CCC nur auf dem Papier für eine neue Partei: “Sie haben kein Parteistatut, sie haben kein Grundsatzprogramm und es gab weder interne Vorwahlen noch einen Wahlkongress für die Kandidaten der gerade abgehaltenen Nachwahlen”, sagt Nyikadzino der DW. Er glaubt jedoch ebenfalls, dass die CCC die alte Rolle der MDC einnehmen und im April 2023 die Hauptkonkurrentin der ZANU-PF darstellen wird.

In Aufruhr ist die oppositionelle Zivilgesellschaft jedoch noch wegen eines anderen Themas: Ende 2021 kündigte die Regierung an, bestimmte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) künftig schärfer regulieren zu wollen. Die Regierung will sich selbst weitreichende Befugnisse geben – sie könnte sogar das Führungspersonal in Organisationen austauschen, denen sie illegale Aktivitäten vorwirft.

 

Noch ist die weitreichende Gesetzesänderung nicht formal beschlossen, doch in- und ausländische NGOs laufen bereits Sturm.

Auch die Menschenrechtsanwälte der “Zimbabwe Lawyers for Human Rights” sind alarmiert; ZLHR-Referentin Fiona Iliff sagte der DW: “Aus internationaler Sicht ist das ein Rückschritt, indem der Raum der Zivilgesellschaft beschnitten wird. Das wird schwere Auswirkungen auf die Finanzierung des gemeinnützigen Sektors in Simbabwe und der Regierung selbst haben.” Auch der Gesundheitssektor, Bildung und humanitäre Organisationen würden stark eingeschränkt.

Alex Magaisa erinnert von England aus daran, dass Simbabwe aus seiner Sicht ein autoritärer Staat ist: “Es gibt ein autoritäres Regime, das andauernd versucht, die Bürgerrechte zu beschneiden. Das neue NGO-Gesetz ist ein ruchloses Stück Gesetzgebung, das für ein rigoroses Vorgehen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen entworfen wurde.”

Die Regierung selbst weist solche Vorwürfe zurück. Sie beruft sich auf den Kampf gegen zwei Kriminalitätsfelder, für die Simbabwe bislang nicht bekannt ist: Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. “Wir schaffen ein Gesetz nicht ohne Grund, es gibt einen Bedarf”, sagte Regierungssprecher Nick Mangwana der DW: “Die Leute haben keinen Grund zur Panik. Das Gesetz soll lediglich Schlupflöcher regulieren und schließen, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen und anderen ausländischen Mächten genutzt werden könnten und auch werden, um unsere Politik und Abläufe zu beeinflussen.”

Solche Vorwürfe machen viele NGOs und regierungskritische Simbabwer gemeinhin eher der regierenden ZANU-PF und den von ihr kontrollierten Institutionen. Die NGO “Freedom House” gibt Simbabwe im Bereich politische Rechte derzeit nur elf von 40 möglichen Punkten und spricht von unfairem Wettbewerb zuungunsten der Opposition. Auch im Umfeld der Nachwahlen gab es aus vielen Richtungen Kritik an der Wahlkommission und deren Wählerverzeichnissen. Und die aufstrebende Oppositionspartei CCC beklagt Schikanen gegen ihren Wahlkampf.

Jurist Alex Magaisa hofft, dass die regionale afrikanische und internationale Gemeinschaft ab jetzt “ein wachsames Auge” auf die Geschehnisse  in Simbabwe richtet, wenn es bei den Wahlen in einem Jahr ein legitimes Ergebnis geben soll – und das ist es, was Simbabwe seiner Meinung nach braucht, um seine internationalen Beziehungen wiederherzustellen.

Mitarbeit: Privilege Musvanhiri (Harare)

Screenshot der Webseite ccczimbabwe.com
Chamisa in einem gelben Anzug bei einer Kundgebung am Mikrofon

Simbabwe hat eine neue Oppositionspartei – die “Bürgerkoalition für Wandel” (CCC) ist sogar so neu, dass auf ihrer Webseite an einigen Stellen noch Platzhaltertexte zu sehen sind statt ausformulierter politischer Zielsetzungen. Erst im Januar 2022 registriert, hat die CCC schon Ende März einen großen Erfolg errungen: Bei Nachwahlen eroberte sie 19 der 28 Parlamentssitze, die neu vergeben wurden.

“Ich kann euch sagen, das war nur ein Vorgeschmack”, sagte Parteichef Nelson Chamisa tags darauf auf einer Pressekonferenz. “Wir haben das Land und die Welt darauf aufmerksam gemacht, dass CCC die nächste Regierung stellt. Nichts kann uns davon abhalten, die nächste Regierung zu bilden.”

Ziel für 2023: Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament

Chamisa gibt ein vollmundiges Ziel für die auf April 2023 terminierte Wahl aus: “Wir sind auf dem Weg zu einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament 2023.” Er selbst will Präsident werden – und damit Emmerson Mnangagwa aus dem Amt drängen.

Mnangagwa ist erst der dritte Präsident in der 42-jährigen Geschichte Simbabwes, die eng mit dem 2017 entmachteten Langzeitherrscher Robert Mugabe und dessen Partei ZANU-PF verbunden ist. Wie sein inzwischen verstorbener Vorgänger regiert auch der 79-Jährige mit harter Hand; schon vor Jahren konnte man in Simbabwe vielfach die Meinung hören, unter Mnangagwa sei es sogar schlimmer als unter Mugabe. So richten sich viele Hoffnungen auf die neue Partei – die bei genauerem Hinsehen gar nicht so neu ist.

Der 44-jährige Parteichef Nelson Chamisa war schon 2018 Spitzenkandidat der damals wichtigsten Oppositionspartei, der MDC Alliance. Die ursprüngliche MDC war 1999 gegründet worden und hat seitdem schon zahlreiche Abspaltungen hinter sich. Mit Chamisa sind auch zahlreiche weitere Mitglieder zur neuen CCC gewechselt.

Die Marke MDC habe sich abgenutzt, sagt der bekannte simbabwische Analyst Alex Magaisa. Er war zu Zeiten der Einheitsregierung ab 2008 Büroleiter des MDC-Premierministers Morgan Tsvangirai; heute doziert er Jura im britischen Kent.

Ist die CCC wirklich eine neue Partei?

Magaisa traut der CCC durchaus zu, die Macht von der ZANU-PF zu gewinnen: “Die CCC hat neue Energie hineingebracht. Sie begeistert junge Menschen und wir sehen auch ein großes Engagement der Diaspora, die Geld auftreibt zur Unterstützung der politischen Aktivitäten zu Hause.” Das Ziel einer Zwei-Drittel-Mehrheit sei zwar hoch gegriffen, räumt Magaisa ein. Doch eine einfache Mehrheit sei keineswegs unmöglich.

Sturm gegen ein neues NGO-Gesetz

Der Analyst Gibson Nyikadzino, dessen Kommentare regelmäßig in der staatlich kontrollierten Zeitung “Zimbabwe Herald” erscheinen, hält die CCC nur auf dem Papier für eine neue Partei: “Sie haben kein Parteistatut, sie haben kein Grundsatzprogramm und es gab weder interne Vorwahlen noch einen Wahlkongress für die Kandidaten der gerade abgehaltenen Nachwahlen”, sagt Nyikadzino der DW. Er glaubt jedoch ebenfalls, dass die CCC die alte Rolle der MDC einnehmen und im April 2023 die Hauptkonkurrentin der ZANU-PF darstellen wird.

In Aufruhr ist die oppositionelle Zivilgesellschaft jedoch noch wegen eines anderen Themas: Ende 2021 kündigte die Regierung an, bestimmte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) künftig schärfer regulieren zu wollen. Die Regierung will sich selbst weitreichende Befugnisse geben – sie könnte sogar das Führungspersonal in Organisationen austauschen, denen sie illegale Aktivitäten vorwirft.

 

Wie frei sind Wahlen in Simbabwe?

Noch ist die weitreichende Gesetzesänderung nicht formal beschlossen, doch in- und ausländische NGOs laufen bereits Sturm.

Auch die Menschenrechtsanwälte der “Zimbabwe Lawyers for Human Rights” sind alarmiert; ZLHR-Referentin Fiona Iliff sagte der DW: “Aus internationaler Sicht ist das ein Rückschritt, indem der Raum der Zivilgesellschaft beschnitten wird. Das wird schwere Auswirkungen auf die Finanzierung des gemeinnützigen Sektors in Simbabwe und der Regierung selbst haben.” Auch der Gesundheitssektor, Bildung und humanitäre Organisationen würden stark eingeschränkt.

Alex Magaisa erinnert von England aus daran, dass Simbabwe aus seiner Sicht ein autoritärer Staat ist: “Es gibt ein autoritäres Regime, das andauernd versucht, die Bürgerrechte zu beschneiden. Das neue NGO-Gesetz ist ein ruchloses Stück Gesetzgebung, das für ein rigoroses Vorgehen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen entworfen wurde.”

Die Regierung selbst weist solche Vorwürfe zurück. Sie beruft sich auf den Kampf gegen zwei Kriminalitätsfelder, für die Simbabwe bislang nicht bekannt ist: Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. “Wir schaffen ein Gesetz nicht ohne Grund, es gibt einen Bedarf”, sagte Regierungssprecher Nick Mangwana der DW: “Die Leute haben keinen Grund zur Panik. Das Gesetz soll lediglich Schlupflöcher regulieren und schließen, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen und anderen ausländischen Mächten genutzt werden könnten und auch werden, um unsere Politik und Abläufe zu beeinflussen.”

Soldaten mit Gewehren auf einer Straße

Solche Vorwürfe machen viele NGOs und regierungskritische Simbabwer gemeinhin eher der regierenden ZANU-PF und den von ihr kontrollierten Institutionen. Die NGO “Freedom House” gibt Simbabwe im Bereich politische Rechte derzeit nur elf von 40 möglichen Punkten und spricht von unfairem Wettbewerb zuungunsten der Opposition. Auch im Umfeld der Nachwahlen gab es aus vielen Richtungen Kritik an der Wahlkommission und deren Wählerverzeichnissen. Und die aufstrebende Oppositionspartei CCC beklagt Schikanen gegen ihren Wahlkampf.

Jurist Alex Magaisa hofft, dass die regionale afrikanische und internationale Gemeinschaft ab jetzt “ein wachsames Auge” auf die Geschehnisse  in Simbabwe richtet, wenn es bei den Wahlen in einem Jahr ein legitimes Ergebnis geben soll – und das ist es, was Simbabwe seiner Meinung nach braucht, um seine internationalen Beziehungen wiederherzustellen.

Mitarbeit: Privilege Musvanhiri (Harare)

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