Erst Befehlshaber in Syrien, jetzt in der Ukraine: Wer ist Alexander Dwornikow?
Der neue Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine, General Alexander Dwornikow, ließ im Syrien-Krieg wahllos zivile Ziele bombardieren. Doch diese Taktik ist in der russischen Armee nicht neu.
Man nennt ihn den “Schlächter von Syrien”. Tatsächlich aber unterscheidet sich General Alexander Dwornikow, diese Woche zum Oberbefehlshaber über die russische Armee in der in der Ukraine ernannt, Militäranalysten zufolge nicht sonderlich von den anderen russischen Kommandeuren, die in Syrien tätig waren.
Der 60 Jahre alte Dwornikow war der erste hochrangige Kommandant der in Syrien stationierten russischen Truppen, die dort an der Seite des Diktators Baschar al-Assad gegen die Aufständischen kämpften. Dwornikow hielt sich zehn Monate in Syrien auf, von September 2015 bis Juli 2016.
Man nennt ihn den “Schlächter von Syrien”. Tatsächlich aber unterscheidet sich General Alexander Dwornikow, diese Woche zum Oberbefehlshaber über die russische Armee in der in der Ukraine ernannt, Militäranalysten zufolge nicht sonderlich von den anderen russischen Kommandeuren, die in Syrien tätig waren.
Im Sommer 2015 hatte das durch die Aufständischen massiv geschwächte Assad-Regime Russland um Unterstützung gebeten. Der Bitte kam Russland kurz darauf nach. Die rücksichtslose Bombardierung ziviler Gebiete durch russische Kampfjets entschieden in den folgenden Monaten und Jahren den Krieg zu Gunsten Assads.
Exzessive Gewalt
Die russische Armee ging damals ähnlich rücksichtslos vor wie heute in der Ukraine: Ihre Flugzeuge attackierten Moscheen, Märkte, Schulen, Krankenhäuser. Auch Produktionsstätten für Nahrungsmittel und Wasserwerke wurden angegriffen. Gegen die Flugzeuge hatten die syrischen Oppositionskämpfer mit ihren wenigen Flugabwehrraketen keine Chance.
Für seinen Einsatz in Syrien wurde Dwornikow mit dem Ehrentitel “Held der Russischen Föderation” ausgezeichnet.
Während des zweiten Tschetschenienkriegs kommandierte Dwornikow ein Regiment, das sich am Sturm auf die Hauptstadt Grosny beteiligte.
Dwornikows Strategie in Syrien sei nicht ungewöhnlich gewesen, heißt es in einer dieser Tage veröffentlichten Analyse des in Washington ansässigen Think Tanks “Institute for the Study of War” (ISW): “Russische Streitkräfte haben während der gesamten russischen Intervention in Syrien syrische Zivilisten und kritische Infrastrukturen angegriffen”, heißt es dort. Dwornikows Strategie sei so gesehen weder einzigartig noch ein Indikator für besondere Fähigkeiten. “Die Taktiken und Ansätze, die sowohl in Syrien als auch in der Ukraine verwendet wurden, sind nicht einzigartig. Auch sind sie nicht besonders effektiv.”
Tatsächlich sei Dwornikows “blutiger” Ruf im Kontext zu sehen, sagt der Strategie-Experte Elias Hanna von der Amerikanischen Universität Beirut.
Die russische Armee sei auch insgesamt dafür bekannt, dass sie exzessive Gewalt anwende, um ihre Ziele zu erreichen, so der pensionierte libanesische General.
Diese wendete aber auch das Assad-Regime schon sehr früh an: Als die Russen auf Befehl Putins in den Syrien-Krieg eintraten, praktizierte Damaskus bereits seit Längerem eine Politik der “verbrannten Erde”.
Diese wurde auch in den folgenden Jahren fortgesetzt. So wurden der Beobachtungsgruppe “Syrian Network for Human Rights” (SNHR) zufolge allein im Jahr 2016 fast 17.000 syrische Zivilisten getötet. Fast ein Viertel dieser Todesfälle sei dem russischen Militär zuzuschreiben, so SNHR.
Die Ernennung von Dwornikow zum Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine ist möglicherweise weniger Ausdruck einer in Moskau als schwierig empfundenen militärischen Situation als vielmehr eine der Logik: Nachdem er Syrien 2016 verließ, wurde Dwornikow Befehlshaber des sogenannten südlichen Militärbezirks. Zu diesem gehört auch die Krim und der Donbass. In dieser Region plant Russland derzeit offenbar seine neue Offensive. Dwornikow soll auch für die Angriffe rund um die belagerte ukrainische Stadt Mariupol verantwortlich sein.
Es lasse sich derzeit kaum sagen, ob Dwornikow mit seinen Erfahrungen in Syrien den Krieg in der Ukraine prägen wird, schreiben die Analysten des ISW. Seine Erfahrung mit dem Aufbau militärischer Infrastruktur – etwa der Einrichtung des ersten russischen Luftwaffenstützpunktes – sowie seine Erfahrungen rund um die Eroberung Aleppos – könnten Russland allerdings durchaus von Nutzen sein, so die Beobachter.
Allerdings unterscheidet sich der Krieg in der Ukraine von dem in Syrien erheblich. Die Ukraine verfügt über ein breites Spektrum an Flugabwehrwaffen und anderen modernen Munitionsarten sowie über eine eigene Luftwaffe.
“Keine Ernennung eines Generals kann den Umstand rückgängig machen, dass Russland in der Ukraine bereits einen strategischen Fehlschlag erlitten hat”, kommentierte Jake Sullivan, der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, die Berufung Dwornikows.
Unter diesen Fehlern haben vor allem die Armeeangehörigen zu leiden. Während die Zahl der seit 2015 in Syrien getöteten russischen Soldaten offiziell mit 112 angegeben wird, sollen in der Ukraine in wenigen Wochen bereits mehrere tausend Russen ums Leben gekommen sein. Verlässliche Opferzahlen liegen derzeit allerdings nicht vor.
“Die Art der Auseinandersetzungen in Syrien wurde von den massiven Luftangriffen der russischen Armee bestimmt”, so Elias Hanna. General Dwornikow habe die militärischen Operationen in Syrien ausschließlich durch Luftangriffe organisiert. “Darum trafen die russischen Infanterietruppen fast nie auf Gegner auf syrischen Boden. Aber jetzt gibt es einen Krieg am Boden, mit Kämpfen zwischen regulären Armeen und Berufssoldaten, und dazu dann auch noch die Luftkämpfe.”
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.
Man nennt ihn den “Schlächter von Syrien”. Tatsächlich aber unterscheidet sich General Alexander Dwornikow, diese Woche zum Oberbefehlshaber über die russische Armee in der in der Ukraine ernannt, Militäranalysten zufolge nicht sonderlich von den anderen russischen Kommandeuren, die in Syrien tätig waren.
Der 60 Jahre alte Dwornikow war der erste hochrangige Kommandant der in Syrien stationierten russischen Truppen, die dort an der Seite des Diktators Baschar al-Assad gegen die Aufständischen kämpften. Dwornikow hielt sich zehn Monate in Syrien auf, von September 2015 bis Juli 2016.
Exzessive Gewalt
Im Sommer 2015 hatte das durch die Aufständischen massiv geschwächte Assad-Regime Russland um Unterstützung gebeten. Der Bitte kam Russland kurz darauf nach. Die rücksichtslose Bombardierung ziviler Gebiete durch russische Kampfjets entschieden in den folgenden Monaten und Jahren den Krieg zu Gunsten Assads.
Die russische Armee ging damals ähnlich rücksichtslos vor wie heute in der Ukraine: Ihre Flugzeuge attackierten Moscheen, Märkte, Schulen, Krankenhäuser. Auch Produktionsstätten für Nahrungsmittel und Wasserwerke wurden angegriffen. Gegen die Flugzeuge hatten die syrischen Oppositionskämpfer mit ihren wenigen Flugabwehrraketen keine Chance.
Für seinen Einsatz in Syrien wurde Dwornikow mit dem Ehrentitel “Held der Russischen Föderation” ausgezeichnet.
Während des zweiten Tschetschenienkriegs kommandierte Dwornikow ein Regiment, das sich am Sturm auf die Hauptstadt Grosny beteiligte.
Zuständig für Krim und Donbass
Dwornikows Strategie in Syrien sei nicht ungewöhnlich gewesen, heißt es in einer dieser Tage veröffentlichten Analyse des in Washington ansässigen Think Tanks “Institute for the Study of War” (ISW): “Russische Streitkräfte haben während der gesamten russischen Intervention in Syrien syrische Zivilisten und kritische Infrastrukturen angegriffen”, heißt es dort. Dwornikows Strategie sei so gesehen weder einzigartig noch ein Indikator für besondere Fähigkeiten. “Die Taktiken und Ansätze, die sowohl in Syrien als auch in der Ukraine verwendet wurden, sind nicht einzigartig. Auch sind sie nicht besonders effektiv.”
Mehr getötete Soldaten als in Syrien
Tatsächlich sei Dwornikows “blutiger” Ruf im Kontext zu sehen, sagt der Strategie-Experte Elias Hanna von der Amerikanischen Universität Beirut.
Die russische Armee sei auch insgesamt dafür bekannt, dass sie exzessive Gewalt anwende, um ihre Ziele zu erreichen, so der pensionierte libanesische General.
Diese wendete aber auch das Assad-Regime schon sehr früh an: Als die Russen auf Befehl Putins in den Syrien-Krieg eintraten, praktizierte Damaskus bereits seit Längerem eine Politik der “verbrannten Erde”.
Diese wurde auch in den folgenden Jahren fortgesetzt. So wurden der Beobachtungsgruppe “Syrian Network for Human Rights” (SNHR) zufolge allein im Jahr 2016 fast 17.000 syrische Zivilisten getötet. Fast ein Viertel dieser Todesfälle sei dem russischen Militär zuzuschreiben, so SNHR.
Die Ernennung von Dwornikow zum Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte in der Ukraine ist möglicherweise weniger Ausdruck einer in Moskau als schwierig empfundenen militärischen Situation als vielmehr eine der Logik: Nachdem er Syrien 2016 verließ, wurde Dwornikow Befehlshaber des sogenannten südlichen Militärbezirks. Zu diesem gehört auch die Krim und der Donbass. In dieser Region plant Russland derzeit offenbar seine neue Offensive. Dwornikow soll auch für die Angriffe rund um die belagerte ukrainische Stadt Mariupol verantwortlich sein.
Es lasse sich derzeit kaum sagen, ob Dwornikow mit seinen Erfahrungen in Syrien den Krieg in der Ukraine prägen wird, schreiben die Analysten des ISW. Seine Erfahrung mit dem Aufbau militärischer Infrastruktur – etwa der Einrichtung des ersten russischen Luftwaffenstützpunktes – sowie seine Erfahrungen rund um die Eroberung Aleppos – könnten Russland allerdings durchaus von Nutzen sein, so die Beobachter.
Allerdings unterscheidet sich der Krieg in der Ukraine von dem in Syrien erheblich. Die Ukraine verfügt über ein breites Spektrum an Flugabwehrwaffen und anderen modernen Munitionsarten sowie über eine eigene Luftwaffe.
“Keine Ernennung eines Generals kann den Umstand rückgängig machen, dass Russland in der Ukraine bereits einen strategischen Fehlschlag erlitten hat”, kommentierte Jake Sullivan, der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, die Berufung Dwornikows.
Unter diesen Fehlern haben vor allem die Armeeangehörigen zu leiden. Während die Zahl der seit 2015 in Syrien getöteten russischen Soldaten offiziell mit 112 angegeben wird, sollen in der Ukraine in wenigen Wochen bereits mehrere tausend Russen ums Leben gekommen sein. Verlässliche Opferzahlen liegen derzeit allerdings nicht vor.
“Die Art der Auseinandersetzungen in Syrien wurde von den massiven Luftangriffen der russischen Armee bestimmt”, so Elias Hanna. General Dwornikow habe die militärischen Operationen in Syrien ausschließlich durch Luftangriffe organisiert. “Darum trafen die russischen Infanterietruppen fast nie auf Gegner auf syrischen Boden. Aber jetzt gibt es einen Krieg am Boden, mit Kämpfen zwischen regulären Armeen und Berufssoldaten, und dazu dann auch noch die Luftkämpfe.”
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.