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Iran und der afghanische Schwarzmarkt für US-Militärgerät

Die USA haben unter anderem Aufklärungstechnologie in Afghanistan zurückgelassen. Daran ist vor allem der Iran interessiert, wie ein aktueller Fall zeigt.

Das Innenministerium der Taliban-Regierung in Kabul veröffentliche vergangene Woche ein Video auf seinem YouTube-Kanal, in dem über eine “erfolgreich beendete komplizierte Operation” berichtet wird. Sicherheitsbehörden hätten demnach einen illegalen Waffendeal mit dem Iran verhindert. Ein junger Mann sei gefasst worden, der im südafghanischen Kandahar einen US-Aufklärungsballon (Aerostat) an den Iran verkaufen wollte.

In dem Video berichtet der Verhaftete namens Mostafa, er sei von einem Waffenhändler angesprochen worden, um in der Region Kunden für einen solchen Fesselballon zu suchen. Auch die Bundeswehr hatte solche Ballons in ihren Feldlagern und Stützpunkten in Afghanistan zur Überwachung des Umfelds im Einsatz. 

Das Innenministerium der Taliban-Regierung in Kabul veröffentliche vergangene Woche ein Video auf seinem YouTube-Kanal, in dem über eine “erfolgreich beendete komplizierte Operation” berichtet wird. Sicherheitsbehörden hätten demnach einen illegalen Waffendeal mit dem Iran verhindert. Ein junger Mann sei gefasst worden, der im südafghanischen Kandahar einen US-Aufklärungsballon (Aerostat) an den Iran verkaufen wollte.

Mostafa besitzt dem Video zufolge ein Internetcafé in Kandahar. Er habe via Internet einen Interessenten für den Ballon aus dem Iran gefunden, der umgerechnet 400.000 US-Dollar zahlen wollte. Das Geld sollte in bar fließen, über zwei Wechselstuben in Afghanistan und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Mostafa wurde verhaftet, als er einer Wechselstube in Kandahar das Geld abholen wollte.

Taliban bestreiten Handel mit US-Waffen

Diese Wechselstuben sind wichtige Finanzdienstleister, wenn Banken nicht zur Verfügung stehen oder unpraktisch sind. Die Kaufsumme wird in bar in solchen Wechselstuben in den jeweiligen Ländern der Geschäftspartner ein- bzw. ausgezahlt. Eine Telefonverbindung und gegenseitiges Vertrauen reichen für solche Transaktionen abseits offizieller Kanäle aus.

Der illegale Handel mit Waffen aus US-Beständen in Afghanistan ist laut Berichten verschiedener Medien wie BBC und “New York Times” (NYT) ein florierendes Geschäft. Das Kriegsgerät wird von den Taliban oder von Einheimischen angeboten, die Stützpunkte und Kasernen der US-Armee geplündert oder sich in den Arsenalen der regulären afghanischen Armee nach deren Zusammenbruch im vergangenen Sommer bedient haben.

Laut Reuters rüsteten die USA zwischen 2002 und 2017 das afghanische Militär mit Waffen und Ausrüstung im Wert von geschätzten 28 Milliarden Dollar aus. Darunter befanden sich rund 600.000 Infanteriewaffen, 160.000 Kommunikationsgeräte und 16.000 Nachtsichtgeräte. 

Anfang September 2021 stellten die Taliban erbeutete Waffen in einer Parade in der Stadt Kandahar zur Schau. Anderthalb Monate später berichtete die NYT über den Verkauf dieses Militärgeräts auf dem Schwarzmarkt in Kandahar. Im Interview mit der NYT dementierte damals Taliban-Sprecher Bilal Karimi: “Ich bestreite das vollkommen. Nicht einmal eine einzelne Kugel kann auf dem Markt verkauft oder aus Afghanistan geschmuggelt werden.” Alle US-Waffen seien registriert worden und würden für die zukünftige Armee des Islamischen Emirats Afghanistan aufbewahrt. 

Besonders interessant sind für den Iran Einblicke in die Kommunikationssysteme der US-Armee, wie der Sicherheitsexperte Niklas Masuhr vom Center for Security Studies (CSS) an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich auf Anfrage der Deutschen Welleschreibt: “Grundsätzlich sind digitale und analoge Kommunikationssysteme wohl der schmerzhafteste Verlust für die US-Streitkräfte in Afghanistan, da der Iran und China potentiell davon profitieren. Auch elektronische Störsysteme, die in US-Fahrzeugen verbaut wurden, um das Fernzünden von IEDs (Improvised Explosive Devices) zu verhindern, sind für den Iran interessant. Mit diesem Know-how könnte er neue Generationen von Sprengfallen entwickeln. Auch für den Cyber-Krieg sind die zurückgelassenen Güter der US-Armee natürlich interessant.”

Der Aufklärungsballon, der in den Iran verkauft werden sollte, ist laut Waffenexperten, die nicht genannt werden möchten, mit dem extrem leistungsfähigen Kamerasystem Wescam MX-20 ausgerüstet und kann lasergelenkte Präzisionswaffen unterstützen.

Der Iran versucht immer wieder, solche modernen Technologien in die Hand zu bekommen und sich anzueignen. Zum Beispiel hatte Iran Ende 2011 eine US-Drohne vom Typ RQ-170 im Westen Afghanistans nahe der iranischen Grenze abgefangen. Ein paar Monate später behauptete der Iran, durch die Analyse der Drohne wertvolle Informationen über Spionagetechniken des US-Geheimdienstes erhalten zu haben und diese Techniken selbst anwenden zu wollen. 

Inzwischen verfügt der Iran über ein Arsenal an eigenen Drohnen mit selbstentwickelten Kamerasystemen. Der Erwerb des Kamerasystems Wescam MX-20 über den Umweg Afghanistan würde dem Iran erneut erlauben, fortschrittliche Technologie zu studieren und die dabei gewonnenen Kenntnisse zur Verbesserung der eigenen Rüstungsindustrie zu nutzen. 

Umgekehrt scheint sich der Iran durch die US-Waffen in Händen der Taliban nicht sonderlich bedroht zu fühlen. “Westliche Technologie ist häufig schwerer zu warten,” erklärt der Sicherheitsexperte Niklas Masuhr. “Sie funktioniert vor allem eingebettet in riesige logistische Systeme. Dies alles erfordert nicht nur technische Fähigkeiten, sondern auch Ausbildung und Erfahrung, um das Gesamtsystem zielführend einzusetzen. Diese haben die Taliban nicht, was natürlich nicht bedeutet, dass westliche Fahrzeuge oder Infanteriewaffen nicht genutzt werden könnten.”

USA Hill Air Force Base, Utah 2014 | Aerostat
Iran Teheran | Präsentation neue Drohne Gaza

Das Innenministerium der Taliban-Regierung in Kabul veröffentliche vergangene Woche ein Video auf seinem YouTube-Kanal, in dem über eine “erfolgreich beendete komplizierte Operation” berichtet wird. Sicherheitsbehörden hätten demnach einen illegalen Waffendeal mit dem Iran verhindert. Ein junger Mann sei gefasst worden, der im südafghanischen Kandahar einen US-Aufklärungsballon (Aerostat) an den Iran verkaufen wollte.

In dem Video berichtet der Verhaftete namens Mostafa, er sei von einem Waffenhändler angesprochen worden, um in der Region Kunden für einen solchen Fesselballon zu suchen. Auch die Bundeswehr hatte solche Ballons in ihren Feldlagern und Stützpunkten in Afghanistan zur Überwachung des Umfelds im Einsatz. 

Taliban bestreiten Handel mit US-Waffen

Mostafa besitzt dem Video zufolge ein Internetcafé in Kandahar. Er habe via Internet einen Interessenten für den Ballon aus dem Iran gefunden, der umgerechnet 400.000 US-Dollar zahlen wollte. Das Geld sollte in bar fließen, über zwei Wechselstuben in Afghanistan und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Mostafa wurde verhaftet, als er einer Wechselstube in Kandahar das Geld abholen wollte.

Diese Wechselstuben sind wichtige Finanzdienstleister, wenn Banken nicht zur Verfügung stehen oder unpraktisch sind. Die Kaufsumme wird in bar in solchen Wechselstuben in den jeweiligen Ländern der Geschäftspartner ein- bzw. ausgezahlt. Eine Telefonverbindung und gegenseitiges Vertrauen reichen für solche Transaktionen abseits offizieller Kanäle aus.

Der illegale Handel mit Waffen aus US-Beständen in Afghanistan ist laut Berichten verschiedener Medien wie BBC und “New York Times” (NYT) ein florierendes Geschäft. Das Kriegsgerät wird von den Taliban oder von Einheimischen angeboten, die Stützpunkte und Kasernen der US-Armee geplündert oder sich in den Arsenalen der regulären afghanischen Armee nach deren Zusammenbruch im vergangenen Sommer bedient haben.

Laut Reuters rüsteten die USA zwischen 2002 und 2017 das afghanische Militär mit Waffen und Ausrüstung im Wert von geschätzten 28 Milliarden Dollar aus. Darunter befanden sich rund 600.000 Infanteriewaffen, 160.000 Kommunikationsgeräte und 16.000 Nachtsichtgeräte. 

Irans Drohnenentwicklung 

Anfang September 2021 stellten die Taliban erbeutete Waffen in einer Parade in der Stadt Kandahar zur Schau. Anderthalb Monate später berichtete die NYT über den Verkauf dieses Militärgeräts auf dem Schwarzmarkt in Kandahar. Im Interview mit der NYT dementierte damals Taliban-Sprecher Bilal Karimi: “Ich bestreite das vollkommen. Nicht einmal eine einzelne Kugel kann auf dem Markt verkauft oder aus Afghanistan geschmuggelt werden.” Alle US-Waffen seien registriert worden und würden für die zukünftige Armee des Islamischen Emirats Afghanistan aufbewahrt. 

High-Tech-Systeme für Taliban nicht nutzbar

Besonders interessant sind für den Iran Einblicke in die Kommunikationssysteme der US-Armee, wie der Sicherheitsexperte Niklas Masuhr vom Center for Security Studies (CSS) an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich auf Anfrage der Deutschen Welleschreibt: “Grundsätzlich sind digitale und analoge Kommunikationssysteme wohl der schmerzhafteste Verlust für die US-Streitkräfte in Afghanistan, da der Iran und China potentiell davon profitieren. Auch elektronische Störsysteme, die in US-Fahrzeugen verbaut wurden, um das Fernzünden von IEDs (Improvised Explosive Devices) zu verhindern, sind für den Iran interessant. Mit diesem Know-how könnte er neue Generationen von Sprengfallen entwickeln. Auch für den Cyber-Krieg sind die zurückgelassenen Güter der US-Armee natürlich interessant.”

Der Aufklärungsballon, der in den Iran verkauft werden sollte, ist laut Waffenexperten, die nicht genannt werden möchten, mit dem extrem leistungsfähigen Kamerasystem Wescam MX-20 ausgerüstet und kann lasergelenkte Präzisionswaffen unterstützen.

Der Iran versucht immer wieder, solche modernen Technologien in die Hand zu bekommen und sich anzueignen. Zum Beispiel hatte Iran Ende 2011 eine US-Drohne vom Typ RQ-170 im Westen Afghanistans nahe der iranischen Grenze abgefangen. Ein paar Monate später behauptete der Iran, durch die Analyse der Drohne wertvolle Informationen über Spionagetechniken des US-Geheimdienstes erhalten zu haben und diese Techniken selbst anwenden zu wollen. 

Inzwischen verfügt der Iran über ein Arsenal an eigenen Drohnen mit selbstentwickelten Kamerasystemen. Der Erwerb des Kamerasystems Wescam MX-20 über den Umweg Afghanistan würde dem Iran erneut erlauben, fortschrittliche Technologie zu studieren und die dabei gewonnenen Kenntnisse zur Verbesserung der eigenen Rüstungsindustrie zu nutzen. 

Umgekehrt scheint sich der Iran durch die US-Waffen in Händen der Taliban nicht sonderlich bedroht zu fühlen. “Westliche Technologie ist häufig schwerer zu warten,” erklärt der Sicherheitsexperte Niklas Masuhr. “Sie funktioniert vor allem eingebettet in riesige logistische Systeme. Dies alles erfordert nicht nur technische Fähigkeiten, sondern auch Ausbildung und Erfahrung, um das Gesamtsystem zielführend einzusetzen. Diese haben die Taliban nicht, was natürlich nicht bedeutet, dass westliche Fahrzeuge oder Infanteriewaffen nicht genutzt werden könnten.”

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