Kultur

Die bewegte Geschichte der deutschen Nationalhymne

Vor 70 Jahren wurde die dritte Strophe des Deutschlandliedes zur Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland bestimmt. Sie ist allerdings schon viel älter – und war oft umstritten.

Es kann ziemlich gewalttätig zugehen in den Nationalhymnen dieser Welt. Das Blut der Feinde möge ihre Äcker tränken, singen die Franzosen seit 1792, die Italiener sind im Kampf für Frieden und Freiheit bereit zum Tod (1847) und die Argentinier schwören, für die gleichen Ideale ruhmreich zu sterben (1813).

Dagegen nimmt sich die deutsche Hymne eher friedlich aus, obwohl ihr Text ebenfalls aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt – einer Zeit, wo kriegerische Töne an der Tagesordnung waren. Das “Lied der Deutschen”, landläufig als “Deutschlandlied” bekannt, hat eine bewegte Geschichte. Seit dem 2. Mai 1952 fungiert nur noch die dritte Strophe als Nationalhymne der Bundesrepublik. Sie beginnt mit den Zeilen: Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland! Danach lasst uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand!”

Es kann ziemlich gewalttätig zugehen in den Nationalhymnen dieser Welt. Das Blut der Feinde möge ihre Äcker tränken, singen die Franzosen seit 1792, die Italiener sind im Kampf für Frieden und Freiheit bereit zum Tod (1847) und die Argentinier schwören, für die gleichen Ideale ruhmreich zu sterben (1813).

Geschrieben wurde der Text schon im 19. Jahrhundert. Am 26. August 1841 verfasste der Dichter Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) die Verse als Appell an seine Landsleute, ein geeintes deutsches Reich zu schaffen. Damals nämlich war seine Heimat noch in zahllose Einzelstaaten zersplittert, die unter der Herrschaft unterschiedlicher Fürsten standen. Seinen Text unterlegte von Fallersleben mit der  Melodie des “Kaiserquartetts” von Joseph Haydn (1732-1809). 

Der Rheinländer hatte keine Lust auf Karneval

In der Weimarer Republik wurde das “Deutschlandlied” erstmals zur Nationalhymne, so verfügte es am 11. August 1922 der sozialdemokratischen Reichspräsidenten Friedrich Ebert. Auch im Nationalsozialismus blieb es die deutsche Hymne – allerdings nur die erste Strophe. Ihre Zeile “Deutschland, Deutschland, über alles in der Welt” schien wie gemacht für die Ideologie des Nazi-Regimes; dabei hatte Hoffmann von Fallersleben Mitte des 19. Jahrhunderts nur einen deutschen Nationalstaat im Sinn gehabt. 

Durch das “Dritte Reich” war das Lied nach Ende des II. Weltkriegs belastet, in der amerikanischen Besatzungszone wurde es zeitweise sogar verboten. 
Während in der DDR sofort nach ihrer Gründung 1949 Johannes Robert Bechers “Auferstanden aus Ruinen” zur Hymne bestimmte wurde, dauerte es noch eine Weile, bis die im gleichen Jahr gegründete Bundesrepublik wieder eine Hymne bekam.

Für Ungemach sorgte das vor allem bei offiziellen Empfängen, auf denen in Ermangelung einer deutschen Hymne Karnevalslieder wie “Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien” liefen – eine Anspielung auf die drei Besatzungszonen der Westmächte. Da half es auch nichts, dass der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer als Rheinländer mit dem Karneval durchaus vertraut war: Es musste eine offizielle Hymne her!

Nach dem Krieg war bei offiziellen Anlässen häufig das 1820 von Hans Ferdinand Maßmann gedichtete, patriotische Volks- und Studentenlied “Ich hab mich ergeben” gesungen. Darin heißt es:

“Ich hab mich ergeben
Mit Herz und mit Hand,
Dir Land voll Lieb’ und Leben
Mein deutsches Vaterland!”

Nationalhymne sollte das Lied allerdings nicht werden. Bundespräsident Theodor Heuss hatte schon eine Hymne mit dem Titel “Land des Glaubens, deutsches Land” in Auftrag gegeben, die bei einer Umfrage aber krachend scheiterte. Und Adenauer wollte sowieso wieder das “Deutschlandlied” zur Hymne machen und beharrte Adenauer solange darauf, bis Heuss resignierte und unter der Bedingung zustimmte, dass bei offiziellen Anlässen nur die dritte Strophe gesungen wurde. Ab Mai 1952 hatte die BRD also endlich wieder eine Hymne.

Es dauerte allerdings, bis sich das auf diplomatischem Parkett herumgesprochen hatte. Auf einer Auslandsreise wurde Adenauer 1953 in Chicago mit dem – übrigens im Nationalsozialismus verfassten – Karnevalslied “Heidewitzka, Herr Kapitän” begrüßt.

Mittlerweile hat sich die Hymne längst etabliert, auch wenn laut Umfragen nur knapp jeder zweite Deutsche den Text kennt. Und es findet sich immer mal wieder jemand, der die Frage aufwirft, ob es denn nicht einer neuen Hymne oder wenigstens einer Überarbeitung bedürfe. Vor der deutschen Wiedervereinigung 1990 spielte der erste frei gewählte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière dem damaligen BRD-Innenminister Wolfgang Schäuble Bertolt Brechts “Kinderhymne” als Alternative auf der Geige vor. Es blieb dann doch bei der dritten Strophe des Deutschlandlieds, wie Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl festlegten.

Die Pop-Sängerin Sarah Connor versuchte sich 2005 eigenmächtig (und unfreiwillig) an einer Überarbeitung vom “Deutschlandlied”, als sie die Hymne vor einem Fußballspiel vortrug und dort, wo es eigentlich “Blüh’ im Glanze dieses Glückes” heißt, aus tiefstem Herzen intonierte: “Brüh’ im Lichte dieses Glückes”.

2018 schlug die damalige Gleichstellungsbeauftragte des Bundesfamilienministeriums, Kristin Rose-Möhring, vor, das “Lied der Deutschen” gendergerecht zu modifizieren, “Vaterland” durch “Heimatland” und “brüderlich mit Herz und Hand” durch “couragiert mit Herz und Hand” zu ersetzen. Es kam, was kommen musste: ein kurzer Shitstorm, bis sich das Thema erschöpft hatte.

Dabei hatte Österreich kurz zuvor vorgemacht, wie es gehen kann, als es die Zeile “Heimat bist du großer Söhne”  zu “Heimat großer Töchter und Söhne” änderte. Auch Kanada hatte im gleichen Jahr eine Änderung seiner Nationalhymne in geschlechtsneutrale Sprache beschlossen und als “minimale Entscheidung und bedeutendes Symbol” bezeichnet.

Dass man sich mit dem Hinterfragen der deutschen Nationalhymne wenig Freunde macht, erfuhr vor drei Jahren Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, nachdem er in einem Interview gesagt hatte, er wünsche sich “einen neuen Text, der so eingängig ist, dass sich alle damit identifizieren können”. Viele Ostdeutsche würden das “Deutschlandlied” nicht als gemeinsame Nationalhymne sehen. Ramelow landete auf den Titelseiten der Boulevardzeitungen, die “Bild” schrieb von seinem “irren Plan”, die Nationalhymne abschaffen zu wollen.

Die ersten beiden Strophen der Nationalhymne sind zwar verpönt, aber nicht verboten. In Kombination mit der nötigen Ignoranz sorgte das 2017 für einen Eklat, als das deutsche Fed-Cup-Team der Frauen auf Maui gegen die Mannschaft der USA antrat: Ein Solist stimmte vor einem Tennisspiel die deutsche Hymne an – und sang die erste Strophe.

Wie praktisch haben es da die Spanier gelöst: Ihre 1761 erstmals erwähnte “Marcha Real” kommt bis heute ohne Text aus.

Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt den jungen Helmut Kohl hinter dem Bundeskanzler Konrad Adenauer
 Lothar de Maizière spielt Geige, vor ihm liegen Notenblätter auf einem Notenständer.

Es kann ziemlich gewalttätig zugehen in den Nationalhymnen dieser Welt. Das Blut der Feinde möge ihre Äcker tränken, singen die Franzosen seit 1792, die Italiener sind im Kampf für Frieden und Freiheit bereit zum Tod (1847) und die Argentinier schwören, für die gleichen Ideale ruhmreich zu sterben (1813).

Dagegen nimmt sich die deutsche Hymne eher friedlich aus, obwohl ihr Text ebenfalls aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt – einer Zeit, wo kriegerische Töne an der Tagesordnung waren. Das “Lied der Deutschen”, landläufig als “Deutschlandlied” bekannt, hat eine bewegte Geschichte. Seit dem 2. Mai 1952 fungiert nur noch die dritte Strophe als Nationalhymne der Bundesrepublik. Sie beginnt mit den Zeilen: Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland! Danach lasst uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand!”

Der Rheinländer hatte keine Lust auf Karneval

Geschrieben wurde der Text schon im 19. Jahrhundert. Am 26. August 1841 verfasste der Dichter Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) die Verse als Appell an seine Landsleute, ein geeintes deutsches Reich zu schaffen. Damals nämlich war seine Heimat noch in zahllose Einzelstaaten zersplittert, die unter der Herrschaft unterschiedlicher Fürsten standen. Seinen Text unterlegte von Fallersleben mit der  Melodie des “Kaiserquartetts” von Joseph Haydn (1732-1809). 

In der Weimarer Republik wurde das “Deutschlandlied” erstmals zur Nationalhymne, so verfügte es am 11. August 1922 der sozialdemokratischen Reichspräsidenten Friedrich Ebert. Auch im Nationalsozialismus blieb es die deutsche Hymne – allerdings nur die erste Strophe. Ihre Zeile “Deutschland, Deutschland, über alles in der Welt” schien wie gemacht für die Ideologie des Nazi-Regimes; dabei hatte Hoffmann von Fallersleben Mitte des 19. Jahrhunderts nur einen deutschen Nationalstaat im Sinn gehabt. 

Durch das “Dritte Reich” war das Lied nach Ende des II. Weltkriegs belastet, in der amerikanischen Besatzungszone wurde es zeitweise sogar verboten. 
Während in der DDR sofort nach ihrer Gründung 1949 Johannes Robert Bechers “Auferstanden aus Ruinen” zur Hymne bestimmte wurde, dauerte es noch eine Weile, bis die im gleichen Jahr gegründete Bundesrepublik wieder eine Hymne bekam.

Für Ungemach sorgte das vor allem bei offiziellen Empfängen, auf denen in Ermangelung einer deutschen Hymne Karnevalslieder wie “Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien” liefen – eine Anspielung auf die drei Besatzungszonen der Westmächte. Da half es auch nichts, dass der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer als Rheinländer mit dem Karneval durchaus vertraut war: Es musste eine offizielle Hymne her!

Alternativen zur Hymne ?

Nach dem Krieg war bei offiziellen Anlässen häufig das 1820 von Hans Ferdinand Maßmann gedichtete, patriotische Volks- und Studentenlied “Ich hab mich ergeben” gesungen. Darin heißt es:

Kanada und Österreich passen Hymnen an

“Ich hab mich ergeben
Mit Herz und mit Hand,
Dir Land voll Lieb’ und Leben
Mein deutsches Vaterland!”

Nationalhymne sollte das Lied allerdings nicht werden. Bundespräsident Theodor Heuss hatte schon eine Hymne mit dem Titel “Land des Glaubens, deutsches Land” in Auftrag gegeben, die bei einer Umfrage aber krachend scheiterte. Und Adenauer wollte sowieso wieder das “Deutschlandlied” zur Hymne machen und beharrte Adenauer solange darauf, bis Heuss resignierte und unter der Bedingung zustimmte, dass bei offiziellen Anlässen nur die dritte Strophe gesungen wurde. Ab Mai 1952 hatte die BRD also endlich wieder eine Hymne.

Es dauerte allerdings, bis sich das auf diplomatischem Parkett herumgesprochen hatte. Auf einer Auslandsreise wurde Adenauer 1953 in Chicago mit dem – übrigens im Nationalsozialismus verfassten – Karnevalslied “Heidewitzka, Herr Kapitän” begrüßt.

Mittlerweile hat sich die Hymne längst etabliert, auch wenn laut Umfragen nur knapp jeder zweite Deutsche den Text kennt. Und es findet sich immer mal wieder jemand, der die Frage aufwirft, ob es denn nicht einer neuen Hymne oder wenigstens einer Überarbeitung bedürfe. Vor der deutschen Wiedervereinigung 1990 spielte der erste frei gewählte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière dem damaligen BRD-Innenminister Wolfgang Schäuble Bertolt Brechts “Kinderhymne” als Alternative auf der Geige vor. Es blieb dann doch bei der dritten Strophe des Deutschlandlieds, wie Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl festlegten.

Die Pop-Sängerin Sarah Connor versuchte sich 2005 eigenmächtig (und unfreiwillig) an einer Überarbeitung vom “Deutschlandlied”, als sie die Hymne vor einem Fußballspiel vortrug und dort, wo es eigentlich “Blüh’ im Glanze dieses Glückes” heißt, aus tiefstem Herzen intonierte: “Brüh’ im Lichte dieses Glückes”.

2018 schlug die damalige Gleichstellungsbeauftragte des Bundesfamilienministeriums, Kristin Rose-Möhring, vor, das “Lied der Deutschen” gendergerecht zu modifizieren, “Vaterland” durch “Heimatland” und “brüderlich mit Herz und Hand” durch “couragiert mit Herz und Hand” zu ersetzen. Es kam, was kommen musste: ein kurzer Shitstorm, bis sich das Thema erschöpft hatte.

Dabei hatte Österreich kurz zuvor vorgemacht, wie es gehen kann, als es die Zeile “Heimat bist du großer Söhne”  zu “Heimat großer Töchter und Söhne” änderte. Auch Kanada hatte im gleichen Jahr eine Änderung seiner Nationalhymne in geschlechtsneutrale Sprache beschlossen und als “minimale Entscheidung und bedeutendes Symbol” bezeichnet.

Sarah Connor singt vor einem Fußballspiel die Nationalhymne

Dass man sich mit dem Hinterfragen der deutschen Nationalhymne wenig Freunde macht, erfuhr vor drei Jahren Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, nachdem er in einem Interview gesagt hatte, er wünsche sich “einen neuen Text, der so eingängig ist, dass sich alle damit identifizieren können”. Viele Ostdeutsche würden das “Deutschlandlied” nicht als gemeinsame Nationalhymne sehen. Ramelow landete auf den Titelseiten der Boulevardzeitungen, die “Bild” schrieb von seinem “irren Plan”, die Nationalhymne abschaffen zu wollen.

Die ersten beiden Strophen der Nationalhymne sind zwar verpönt, aber nicht verboten. In Kombination mit der nötigen Ignoranz sorgte das 2017 für einen Eklat, als das deutsche Fed-Cup-Team der Frauen auf Maui gegen die Mannschaft der USA antrat: Ein Solist stimmte vor einem Tennisspiel die deutsche Hymne an – und sang die erste Strophe.

Wie praktisch haben es da die Spanier gelöst: Ihre 1761 erstmals erwähnte “Marcha Real” kommt bis heute ohne Text aus.

Nachrichten

Ähnliche Artikel

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"