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Sri Lanka: Lebenswichtige Güter sind knapp

Ob Lebensmittel, Brennstoff oder Medikamente, in Sri Lanka können die Menschen kaum noch etwas kaufen, denn es gibt so gut wie nichts. Das Land befindet sich in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten.

“Mein Baby ist zehn Monate alt. Als die Kleine vergangene Woche krank war, konnte ich noch nicht mal Medikamente für sie kaufen”, sagt Gunarathna Vaani, die in einem der Vororte von Colombo lebt, der Hauptstadt von Sri Lanka.   

“Arzneimittel sind einfach nicht mehr zu bekommen. Selbst einfache Mittel wie Paracetamol gibt es nicht. Ich musste Medikamente von meinem Nachbarn leihen, um meinem Kind helfen zu können”, berichtet sie im Gespräch mit der DW.

“Mein Baby ist zehn Monate alt. Als die Kleine vergangene Woche krank war, konnte ich noch nicht mal Medikamente für sie kaufen”, sagt Gunarathna Vaani, die in einem der Vororte von Colombo lebt, der Hauptstadt von Sri Lanka.   

Gunarathna Vaani deutet auf leere Warenregale und erzählt davon, wie schwer es ist, Milchpulver für ihre Tochter zu finden oder Gas oder Kerosin zu besorgen, um kochen zu können. Früher hat sie als Schneiderin gearbeitet und etwa 500 Sri-Lanka-Rupien oder 1,30 Euro pro Tag verdient. Doch inmitten der Wirtschaftskrise gibt es keine Arbeit mehr für sie.

Sri Lankas Regierung ist hoch verschuldet

“Es wird immer schwieriger, über die Runden zu kommen. Meine Brüder unterstützen uns, so kommen wir für den Moment durch. Aber ich weiß nicht, wie lange das noch so weitergeht, denn den Menschen, die uns helfen, geht es auch nicht gut”, klagt Gunarathna Vaani. “Mein Mann kann nicht arbeiten. Er hatte vergangenes Jahr einen Unfall, durch den seine Hand gelähmt ist. Er kann sie nicht bewegen. Und ich habe jetzt auch keine Arbeit.”

Gunarathna Vaani ist kein Einzelfall im Inselstaat Sri Lanka. Viele der 22 Millionen Einwohner leiden unter der akuten Knappheit von Lebensmitteln, Brennstoffen und Medikamenten. Das südasiatische Land durchlebt die schwerste Wirtschaftskrise, seit es 1948 unabhängig wurde.

Die Corona-Pandemie fügte der Wirtschaft schweren Schaden zu. Mit dem Tourismus trocknete eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes aus, doch auch andere Wirtschaftsbereiche brachen ein, ebenso wie die Einkünfte durch Rücküberweisungen aus dem Ausland.

Gleichzeitig häufte die Regierung einen Berg Schulden an, weil sie hohe Kredite bei ausländischen Investoren und anderen Ländern aufnahm. Steuersenkungen zur Unzeit trugen ebenso zur Verschlechterung der Wirtschaft bei wie das vorübergehend geltende Einfuhrverbot für chemischen Dünger, mit dem die Regierung die ökologische Landwirtschaft fördern wollte. Stattdessen wurden die Lebensmittel knapp, weil die Landwirte weniger Ernteerträge erwirtschaften konnten.

Die hohe Verschuldung und die sinkenden Devisenreserven haben eine Zahlungsbilanzkrise ausgelöst, die die Finanzierung dringend benötigter Importe wie lebenswichtiger Medikamente schwierig macht.

Am schlimmsten ist, dass es keine Medikamente gibt, sagt Jaya Kannika, eine Mutter von drei Kindern, die nur etwa zwei Kilometer entfernt von Gunarathna Vaani lebt. Ihre Mutter leidet an Diabetes. Ihr fehlen die Medikamente, um ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle zu halten. 

“Als wir vor drei Monaten zum Gesundheitscheck gingen, gaben sie meiner Mutter einige Medikamente und sagten ihr, sie solle sie nur nehmen, wenn es nötig sei, sie hätten nicht genügend Vorräte”, erzählt Jaya Kannika im Gespräch mit der DW. “Ich war vergangene Woche krank und bin nicht in die Klinik gegangen, weil ich wusste, dass sie mich nicht behandeln würden.”

Die meisten Menschen in Sri Lanka können sich die Behandlung in privaten Krankenhäusern nicht leisten und sind auf das allgemeine staatliche Gesundheitssystem angewiesen. Doch dort fehlen lebenswichtige Medikamente, Operationen werden abgesagt, das System steht kurz vor dem Kollaps. Die einfachen Menschen trifft das am härtesten.

Jaya Kannika hat drei Töchter im Alter von acht, zwölf und 13 Jahren. “Sie bitten mich manchmal, Dinge zu kaufen, die ich mir nicht leisten kann. Das schmerzt mich als Mutter. Einer der Lehrer hat meiner ältesten Tochter dabei geholfen, Bücher zu kaufen, damit sie lernen kann. Wir können es uns nicht leisten, sie auch noch in den Unterricht zu schicken”, klagt sie.

Für die Probleme der Familie macht Jaya Kannika die in allen Bereichen steigenden Kosten verantwortlich. Schon jetzt liegt die Verbraucherpreisinflation in Sri Lanka bei 30 Prozent, doch  die Marktforscher von Bloomberg Intelligence gehen davon aus, dass sie im dritten Quartal auf 46 Prozent steigen wird.

Wegen der rasant steigenden Lebenshaltungskosten muss der 71-jährige Baakiyam, der allein im Bezirk Nuwara Eliya in der Zentralprovinz der Insel lebt, oft hungern. “Ich habe als Tagelöhner gearbeitet, aber es gibt kaum noch Arbeit. Manchmal esse ich, manchmal nicht. Viel kann ich mir nicht leisten.”

Die sprunghaft steigende Inflation, der Mangel an lebenswichtigen Gütern und die lang anhaltenden Stromausfälle schüren die Wut der Bevölkerung auf die Regierung, die Präsident Gotabaya Rajapaksa und seine einflussreiche Familie anführen. Diese Woche gab es Zusammenstöße zwischen Unterstützern und Gegnern der Regierung, bei denen mehrere Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden. Unter den Toten war auch ein Parlamentsabgeordneter der Regierungspartei Sri-Lanka-Volksfront (SLPP).

Der ältere Bruder des Präsidenten, Ministerpräsident Mahinda Rajapaksa, trat nach Ausbruch der Gewalt zurück und suchte Schutz in einem Marinestützpunkt. Um die Situation unter Kontrolle zu behalten, verhängte die Regierung den Ausnahmezustand und Ausgangssperren. Sie räumte Militär und Polizei weitreichende Befugnisse ein und erließ den Befehl, Plünderer bei Sichtkontakt zu erschießen. Die Sicherheitskräfte, die in gepanzerten Mannschaftstransportwagen die Straßen patrouillieren, scheinen die Ordnung weitgehend wiederhergestellt zu haben, doch im gesamten Land bleibt die Lage angespannt.

Präsident Gotabaya Rajapaksa widersetzt sich Forderungen nach seinem Rücktritt und hat stattdessen angekündigt, eine neue Einheitsregierung zu bilden. Bislang weigert sich die Opposition, einer solchen Regierung beizutreten. Sie fordert, die Machtbefugnisse des Präsidenten einzuschränken.

Am Mittwoch kündigte der Präsident der Zentralbank an, in wenigen Wochen zurückzutreten, wenn die politische Stabilität im Land nicht wiederhergestellt wird. In diesem Jahr wird die Rückzahlung von Krediten in Höhe von 8,6 Milliarden US-Dollar (8,24 Milliarden Euro) fällig. Die Regierung in Colombo muss mit ihren Gläubigern und dem Internationalen Währungsfond zu einer Einigung kommen, um die Finanzen des Landes zu stabilisieren und die lähmende Knappheit wesentlicher Güter zu beenden.

In dieser Situation trauen sich viele Bürger nicht, über ihre Lage zu sprechen, weil sie Repressalien fürchten. Jaya Kannika hofft darauf, dass sich die Dinge ändern. Doch sie glaubt nicht daran, dass sie dies in absehbarer Zeit erleben wird.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

Sri Lanka Colombo | Geschlossene Geschäfte
Sicherheitskräfte auf leeren Straßen in Colombo

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Wirtschaftskrise in Sri Lanka

“Mein Baby ist zehn Monate alt. Als die Kleine vergangene Woche krank war, konnte ich noch nicht mal Medikamente für sie kaufen”, sagt Gunarathna Vaani, die in einem der Vororte von Colombo lebt, der Hauptstadt von Sri Lanka.   

“Arzneimittel sind einfach nicht mehr zu bekommen. Selbst einfache Mittel wie Paracetamol gibt es nicht. Ich musste Medikamente von meinem Nachbarn leihen, um meinem Kind helfen zu können”, berichtet sie im Gespräch mit der DW.

Sri Lankas Regierung ist hoch verschuldet

Gunarathna Vaani deutet auf leere Warenregale und erzählt davon, wie schwer es ist, Milchpulver für ihre Tochter zu finden oder Gas oder Kerosin zu besorgen, um kochen zu können. Früher hat sie als Schneiderin gearbeitet und etwa 500 Sri-Lanka-Rupien oder 1,30 Euro pro Tag verdient. Doch inmitten der Wirtschaftskrise gibt es keine Arbeit mehr für sie.

“Es wird immer schwieriger, über die Runden zu kommen. Meine Brüder unterstützen uns, so kommen wir für den Moment durch. Aber ich weiß nicht, wie lange das noch so weitergeht, denn den Menschen, die uns helfen, geht es auch nicht gut”, klagt Gunarathna Vaani. “Mein Mann kann nicht arbeiten. Er hatte vergangenes Jahr einen Unfall, durch den seine Hand gelähmt ist. Er kann sie nicht bewegen. Und ich habe jetzt auch keine Arbeit.”

Gunarathna Vaani ist kein Einzelfall im Inselstaat Sri Lanka. Viele der 22 Millionen Einwohner leiden unter der akuten Knappheit von Lebensmitteln, Brennstoffen und Medikamenten. Das südasiatische Land durchlebt die schwerste Wirtschaftskrise, seit es 1948 unabhängig wurde.

Die Corona-Pandemie fügte der Wirtschaft schweren Schaden zu. Mit dem Tourismus trocknete eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes aus, doch auch andere Wirtschaftsbereiche brachen ein, ebenso wie die Einkünfte durch Rücküberweisungen aus dem Ausland.

Gesundheitssystem am Rande des Zusammenbruchs

Gleichzeitig häufte die Regierung einen Berg Schulden an, weil sie hohe Kredite bei ausländischen Investoren und anderen Ländern aufnahm. Steuersenkungen zur Unzeit trugen ebenso zur Verschlechterung der Wirtschaft bei wie das vorübergehend geltende Einfuhrverbot für chemischen Dünger, mit dem die Regierung die ökologische Landwirtschaft fördern wollte. Stattdessen wurden die Lebensmittel knapp, weil die Landwirte weniger Ernteerträge erwirtschaften konnten.

Hohe Lebensmittelpreise und leere Mägen

Die hohe Verschuldung und die sinkenden Devisenreserven haben eine Zahlungsbilanzkrise ausgelöst, die die Finanzierung dringend benötigter Importe wie lebenswichtiger Medikamente schwierig macht.

Am schlimmsten ist, dass es keine Medikamente gibt, sagt Jaya Kannika, eine Mutter von drei Kindern, die nur etwa zwei Kilometer entfernt von Gunarathna Vaani lebt. Ihre Mutter leidet an Diabetes. Ihr fehlen die Medikamente, um ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle zu halten. 

“Als wir vor drei Monaten zum Gesundheitscheck gingen, gaben sie meiner Mutter einige Medikamente und sagten ihr, sie solle sie nur nehmen, wenn es nötig sei, sie hätten nicht genügend Vorräte”, erzählt Jaya Kannika im Gespräch mit der DW. “Ich war vergangene Woche krank und bin nicht in die Klinik gegangen, weil ich wusste, dass sie mich nicht behandeln würden.”

Erdrückende Schuldenlast

Die meisten Menschen in Sri Lanka können sich die Behandlung in privaten Krankenhäusern nicht leisten und sind auf das allgemeine staatliche Gesundheitssystem angewiesen. Doch dort fehlen lebenswichtige Medikamente, Operationen werden abgesagt, das System steht kurz vor dem Kollaps. Die einfachen Menschen trifft das am härtesten.

Jaya Kannika hat drei Töchter im Alter von acht, zwölf und 13 Jahren. “Sie bitten mich manchmal, Dinge zu kaufen, die ich mir nicht leisten kann. Das schmerzt mich als Mutter. Einer der Lehrer hat meiner ältesten Tochter dabei geholfen, Bücher zu kaufen, damit sie lernen kann. Wir können es uns nicht leisten, sie auch noch in den Unterricht zu schicken”, klagt sie.

Für die Probleme der Familie macht Jaya Kannika die in allen Bereichen steigenden Kosten verantwortlich. Schon jetzt liegt die Verbraucherpreisinflation in Sri Lanka bei 30 Prozent, doch  die Marktforscher von Bloomberg Intelligence gehen davon aus, dass sie im dritten Quartal auf 46 Prozent steigen wird.

Wegen der rasant steigenden Lebenshaltungskosten muss der 71-jährige Baakiyam, der allein im Bezirk Nuwara Eliya in der Zentralprovinz der Insel lebt, oft hungern. “Ich habe als Tagelöhner gearbeitet, aber es gibt kaum noch Arbeit. Manchmal esse ich, manchmal nicht. Viel kann ich mir nicht leisten.”

Die sprunghaft steigende Inflation, der Mangel an lebenswichtigen Gütern und die lang anhaltenden Stromausfälle schüren die Wut der Bevölkerung auf die Regierung, die Präsident Gotabaya Rajapaksa und seine einflussreiche Familie anführen. Diese Woche gab es Zusammenstöße zwischen Unterstützern und Gegnern der Regierung, bei denen mehrere Menschen getötet und Hunderte verletzt wurden. Unter den Toten war auch ein Parlamentsabgeordneter der Regierungspartei Sri-Lanka-Volksfront (SLPP).

Der ältere Bruder des Präsidenten, Ministerpräsident Mahinda Rajapaksa, trat nach Ausbruch der Gewalt zurück und suchte Schutz in einem Marinestützpunkt. Um die Situation unter Kontrolle zu behalten, verhängte die Regierung den Ausnahmezustand und Ausgangssperren. Sie räumte Militär und Polizei weitreichende Befugnisse ein und erließ den Befehl, Plünderer bei Sichtkontakt zu erschießen. Die Sicherheitskräfte, die in gepanzerten Mannschaftstransportwagen die Straßen patrouillieren, scheinen die Ordnung weitgehend wiederhergestellt zu haben, doch im gesamten Land bleibt die Lage angespannt.

Präsident Gotabaya Rajapaksa widersetzt sich Forderungen nach seinem Rücktritt und hat stattdessen angekündigt, eine neue Einheitsregierung zu bilden. Bislang weigert sich die Opposition, einer solchen Regierung beizutreten. Sie fordert, die Machtbefugnisse des Präsidenten einzuschränken.

Am Mittwoch kündigte der Präsident der Zentralbank an, in wenigen Wochen zurückzutreten, wenn die politische Stabilität im Land nicht wiederhergestellt wird. In diesem Jahr wird die Rückzahlung von Krediten in Höhe von 8,6 Milliarden US-Dollar (8,24 Milliarden Euro) fällig. Die Regierung in Colombo muss mit ihren Gläubigern und dem Internationalen Währungsfond zu einer Einigung kommen, um die Finanzen des Landes zu stabilisieren und die lähmende Knappheit wesentlicher Güter zu beenden.

In dieser Situation trauen sich viele Bürger nicht, über ihre Lage zu sprechen, weil sie Repressalien fürchten. Jaya Kannika hofft darauf, dass sich die Dinge ändern. Doch sie glaubt nicht daran, dass sie dies in absehbarer Zeit erleben wird.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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