Deutsche Klinik mit Synagoge und koscherer Küche
Eine christliche Kapelle oder ein Raum der Stille, um beten zu können? In vielen deutschen Kliniken längst Normalität. Der Geschäftsführer einer Klinik in Thüringen baut sein Krankenhaus jetzt für jüdische Patienten um.
Die Initiative ist in Deutschland einmalig. Im Osten Thüringens weihen am Sonntag die Waldkliniken Eisenberg einen eigenen Raum für eine Synagoge ein. Und nicht nur das: Das zwischen Jena und Gera gelegene Krankenhaus erweiterte seine Küche und kann unter rabbinischer Aufsicht Patienten koscher versorgen. Im “Shabbat-Aufzug” können religiöse jüdische Patienten am Shabbat, dem jüdischen Feiertag, außerdem vollkommen automatisiert nach oben oder unten fahren.
Wie ungewöhnlich die Einbindung der Synagoge in ein kommunales Krankenhaus ist, lässt die Gästeliste zur Einweihung durch den orthodoxen Rabbiner Yitshak Ehrenberg aus Berlin erahnen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow will dabei sein, die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch und auch der Thüringer Landesrabbiner Andreas Nachama. Sie alle werden die Mesusa berühren, die traditionelle Schriftkapsel am Eingang des Synagogenraums.
Die Initiative ist in Deutschland einmalig. Im Osten Thüringens weihen am Sonntag die Waldkliniken Eisenberg einen eigenen Raum für eine Synagoge ein. Und nicht nur das: Das zwischen Jena und Gera gelegene Krankenhaus erweiterte seine Küche und kann unter rabbinischer Aufsicht Patienten koscher versorgen. Im “Shabbat-Aufzug” können religiöse jüdische Patienten am Shabbat, dem jüdischen Feiertag, außerdem vollkommen automatisiert nach oben oder unten fahren.
Dabei wurde das Projekt nicht “von oben”, also irgendeiner staatlichen Stelle, angestoßen.Es versteht sich auch nicht als besonderer Beitrag zum Festjahr “1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland”, das bis zum 31.Juli 2022 verlängert wurde. Bei der Frage nach den Gründen verweist der Geschäftsführer der Klinik, David-Ruben Thies, auf die religiöse Vielfalt in Deutschland. Immerhin hat der Bau bereits einen Gebetsraum für alle Religionen und Konfessionen.
Jüdische Patienten sollen sich wohlfühlen
Irgendwann, sagt der 53-Jährige der DW, habe er über die Frage gegrübelt, welche Klinik in Deutschland jüdische Patienten angemessen versorge und koschere Küche auftische. “Keine Klinik in Deutschland bietet das”, sagt er. Dabei sei es für die Genesung so wichtig, dass sich erkrankte Menschen rundum gut aufgehoben fühlten.
Vom Nachdenken über die koschere Kost kam Thies auf die Frage der Synagoge – und suchte Gesprächspartner. “Die jüdische Gemeinde in Thüringen war hocherfreut”, sagt Thies. Sie brachte ihn in Kontakt mit Experten, die das Projekt begleiteten.
Thies vermutet, dass es sicherlich einen Markt für ein solches Angebot gebe. Er habe aber überhaupt keine Ahnung, wie groß der sei. Wichtig sei dagegen etwas anderes: “Am Ende geht es nur um die Frage: Was genau sind die Anliegen eines jüdischen Patienten im Krankenhaus?”
Thies entspricht nicht dem Klischee eines Managers in der Gesundheitsindustrie, der Klinikchef ist gelernter Krankenpfleger. Im Gespräch mit der DW erzählt er von seiner Ausbildung in München. Dort lernte er zufällig Charlotte Knobloch kennen und sprach mit ihr darüber, was jüdische Patienten im Krankenhaus erwarteten. “Ich hatte davon überhaupt keine Ahnung”, sagt er heute. Später studierte er Krankenhausmanagement und ist heute diplomierter Gesundheitsbetriebswirt.
Seit 2008 leitet er die Waldkliniken Eisenberg und erfand die 254-Betten-Klinik neu, sie ist heute Sitz des Deutschen Zentrums für Orthopädie. Vor zwei Jahren weihte sie ein Bettenhaus ein, das der italienische Architekt und Designer Matteo Thun entworfen hatte – und in dem nun auch die Synagoge einen Platz hat.
Der Berliner Rabbiner Ehrenberg bezeichnet das Vorhaben der Synagoge und den besonderen Blick auf jüdische Patientinnen und Patienten als “einmalig, sehr, sehr schön und positiv”. Er hoffe, dass das Konzept ein großer Erfolg werde. “Mazel tow”, formuliert er den Glückwunsch in modernem Hebräisch. Ehrenberg wird am Sonntag die rund 80 Jahre Thora-Rolle in den Raum in der ersten Etage tragen, feierlich die Gebete sprechen und singen.
Der “Thora-Mantel”, der die Rolle umhüllt, wurde eigens in Israel gefertigt, die Beschriftung auf der Außenseite ist dem Gedenken an die Opfer der Shoa gewidmet. Auch die Ausstattung für den Raum mit seinen 16 Sitzplätzen kommt aus Israel, von einem Kibbuzbetrieb, der weltweit schon weit über 5000 Synagogen ausstattete. Finanziert wurde all das laut Klinik durch ihren Förderverein, private Spenden sowie Fördermitteln der Staatskanzlei.
Bei Bedarf werde es in den Bettenhaus künftig Gottesdienste und Gebete geben, nicht nur am Shabbat, erläutert Ehrenberg. “Und manchmal wollen sich Patienten dort einfach nur aufhalten, im Talmud lesen und zur Ruhe kommen.” Der Rabbiner, 1950 in Jerusalem geboren, sagt, eine koschere Küche sei so wichtig für jüdische Patienten. Ehrenberg sieht, ausdrücklicher als Thies, durchaus dafür einen Markt: “Das kann einen Profit bringen für das Krankenhaus, wenn man entsprechend wirbt. Ja, es kann über Deutschland hinaus bekannt werden.”
Und Ehrenberg kommt im Gespräch von sich aus auf die Person des Klinik-Geschäftsführers. Wie wunderbar es sei, dass Thies, in der damaligen DDR geboren und christlich getauft, von seinen Eltern diesen Namen “David-Ruben” bekommen habe. “Sein Vater”, sagt der Rabbiner, “wollte mit diesem Namen seinem Sohn diese Liebe gegen jeden Antisemitismus mitgeben.”
Eine Woche nach der Einweihung der Synagoge werden sich Knobloch, Thies und der Rabbiner wiedersehen. Dann tagt in München die Vollversammlung der Europäischen Rabbiner-Konferenz (CER) mit hunderten orthodoxen Rabbinern. Ehrenberg gehört dem Ständigen Ausschuss der Konferenz an. Bei dem CER-Treffen wird Thies auch die Synagoge seiner Klinik und die koschere Küche vorstellen.
Die Initiative ist in Deutschland einmalig. Im Osten Thüringens weihen am Sonntag die Waldkliniken Eisenberg einen eigenen Raum für eine Synagoge ein. Und nicht nur das: Das zwischen Jena und Gera gelegene Krankenhaus erweiterte seine Küche und kann unter rabbinischer Aufsicht Patienten koscher versorgen. Im “Shabbat-Aufzug” können religiöse jüdische Patienten am Shabbat, dem jüdischen Feiertag, außerdem vollkommen automatisiert nach oben oder unten fahren.
Wie ungewöhnlich die Einbindung der Synagoge in ein kommunales Krankenhaus ist, lässt die Gästeliste zur Einweihung durch den orthodoxen Rabbiner Yitshak Ehrenberg aus Berlin erahnen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow will dabei sein, die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch und auch der Thüringer Landesrabbiner Andreas Nachama. Sie alle werden die Mesusa berühren, die traditionelle Schriftkapsel am Eingang des Synagogenraums.
Jüdische Patienten sollen sich wohlfühlen
Dabei wurde das Projekt nicht “von oben”, also irgendeiner staatlichen Stelle, angestoßen.Es versteht sich auch nicht als besonderer Beitrag zum Festjahr “1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland”, das bis zum 31.Juli 2022 verlängert wurde. Bei der Frage nach den Gründen verweist der Geschäftsführer der Klinik, David-Ruben Thies, auf die religiöse Vielfalt in Deutschland. Immerhin hat der Bau bereits einen Gebetsraum für alle Religionen und Konfessionen.
Irgendwann, sagt der 53-Jährige der DW, habe er über die Frage gegrübelt, welche Klinik in Deutschland jüdische Patienten angemessen versorge und koschere Küche auftische. “Keine Klinik in Deutschland bietet das”, sagt er. Dabei sei es für die Genesung so wichtig, dass sich erkrankte Menschen rundum gut aufgehoben fühlten.
Vom Nachdenken über die koschere Kost kam Thies auf die Frage der Synagoge – und suchte Gesprächspartner. “Die jüdische Gemeinde in Thüringen war hocherfreut”, sagt Thies. Sie brachte ihn in Kontakt mit Experten, die das Projekt begleiteten.
Thies vermutet, dass es sicherlich einen Markt für ein solches Angebot gebe. Er habe aber überhaupt keine Ahnung, wie groß der sei. Wichtig sei dagegen etwas anderes: “Am Ende geht es nur um die Frage: Was genau sind die Anliegen eines jüdischen Patienten im Krankenhaus?”
Der gelernte Krankenpfleger als Klinikchef
Thies entspricht nicht dem Klischee eines Managers in der Gesundheitsindustrie, der Klinikchef ist gelernter Krankenpfleger. Im Gespräch mit der DW erzählt er von seiner Ausbildung in München. Dort lernte er zufällig Charlotte Knobloch kennen und sprach mit ihr darüber, was jüdische Patienten im Krankenhaus erwarteten. “Ich hatte davon überhaupt keine Ahnung”, sagt er heute. Später studierte er Krankenhausmanagement und ist heute diplomierter Gesundheitsbetriebswirt.
Ausstattung der Synagoge kommt aus Israel
Seit 2008 leitet er die Waldkliniken Eisenberg und erfand die 254-Betten-Klinik neu, sie ist heute Sitz des Deutschen Zentrums für Orthopädie. Vor zwei Jahren weihte sie ein Bettenhaus ein, das der italienische Architekt und Designer Matteo Thun entworfen hatte – und in dem nun auch die Synagoge einen Platz hat.
Der Berliner Rabbiner Ehrenberg bezeichnet das Vorhaben der Synagoge und den besonderen Blick auf jüdische Patientinnen und Patienten als “einmalig, sehr, sehr schön und positiv”. Er hoffe, dass das Konzept ein großer Erfolg werde. “Mazel tow”, formuliert er den Glückwunsch in modernem Hebräisch. Ehrenberg wird am Sonntag die rund 80 Jahre Thora-Rolle in den Raum in der ersten Etage tragen, feierlich die Gebete sprechen und singen.
Der “Thora-Mantel”, der die Rolle umhüllt, wurde eigens in Israel gefertigt, die Beschriftung auf der Außenseite ist dem Gedenken an die Opfer der Shoa gewidmet. Auch die Ausstattung für den Raum mit seinen 16 Sitzplätzen kommt aus Israel, von einem Kibbuzbetrieb, der weltweit schon weit über 5000 Synagogen ausstattete. Finanziert wurde all das laut Klinik durch ihren Förderverein, private Spenden sowie Fördermitteln der Staatskanzlei.
Koschere Küche kann Profit bringen
Bei Bedarf werde es in den Bettenhaus künftig Gottesdienste und Gebete geben, nicht nur am Shabbat, erläutert Ehrenberg. “Und manchmal wollen sich Patienten dort einfach nur aufhalten, im Talmud lesen und zur Ruhe kommen.” Der Rabbiner, 1950 in Jerusalem geboren, sagt, eine koschere Küche sei so wichtig für jüdische Patienten. Ehrenberg sieht, ausdrücklicher als Thies, durchaus dafür einen Markt: “Das kann einen Profit bringen für das Krankenhaus, wenn man entsprechend wirbt. Ja, es kann über Deutschland hinaus bekannt werden.”
Und Ehrenberg kommt im Gespräch von sich aus auf die Person des Klinik-Geschäftsführers. Wie wunderbar es sei, dass Thies, in der damaligen DDR geboren und christlich getauft, von seinen Eltern diesen Namen “David-Ruben” bekommen habe. “Sein Vater”, sagt der Rabbiner, “wollte mit diesem Namen seinem Sohn diese Liebe gegen jeden Antisemitismus mitgeben.”
Eine Woche nach der Einweihung der Synagoge werden sich Knobloch, Thies und der Rabbiner wiedersehen. Dann tagt in München die Vollversammlung der Europäischen Rabbiner-Konferenz (CER) mit hunderten orthodoxen Rabbinern. Ehrenberg gehört dem Ständigen Ausschuss der Konferenz an. Bei dem CER-Treffen wird Thies auch die Synagoge seiner Klinik und die koschere Küche vorstellen.