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Champions-League-Finale: FC Barcelona auf dem Weg zur Nummer eins?

Ein Jahrzehnt lang hat Olympique Lyon Europas Frauenfußball dominiert. Im Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona stehen die Zeichen aber auf Wachablösung. Dabei setzen die Katalaninnen auf regionale Spielerinnen.

Es wird mehr als nur ein Spiel um den größten Titel im europäischen Frauenfußball: Das Finale der in dieser Saison neu gestalteten Champions League der Frauen zwischen Olympique Lyon und dem FC Barcelona könnte zudem eine Wachablösung besiegeln. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Französinnen die Champions League fast nach Belieben dominiert, waren die unangefochtene Nummer eins in Europa. Doch seit 2020 gewinnt “Barça Femení” Titel um Titel, zuletzt erneut die spanische Meisterschaft. Und: die Katalaninnen sind der amtierende Champions League-Sieger.

Einer der entscheidenden Wendepunkte war ausgerechnet das letzte Aufeinandertreffen der beiden Teams, das Champions-League-Finale 2019. Damals gewann Lyon deutlich mit 4:1. “Die Französinnen schossen wie Flugzeuge über das Feld”, sagt der für den FC Barcelona arbeitende Historiker Manuel Tomás Belenguer der DW. “Nach dem Spiel haben sich Spielerinnen und Betreuer von Barça noch auf dem Platz zusammengestellt und geschworen, dass sie sich auf diesem Niveau durchsetzen wollen. Und darauf folgte eine wahre Explosion.”

Es wird mehr als nur ein Spiel um den größten Titel im europäischen Frauenfußball: Das Finale der in dieser Saison neu gestalteten Champions League der Frauen zwischen Olympique Lyon und dem FC Barcelona könnte zudem eine Wachablösung besiegeln. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Französinnen die Champions League fast nach Belieben dominiert, waren die unangefochtene Nummer eins in Europa. Doch seit 2020 gewinnt “Barça Femení” Titel um Titel, zuletzt erneut die spanische Meisterschaft. Und: die Katalaninnen sind der amtierende Champions League-Sieger.

Was Belenguer meint: Das Team ist in Spanien mittlerweile konkurrenzlos. In der Saison 2021/22 gab es 30 Spiele in der spanischen Liga – und 30 Mal hieß der Sieger Barcelona. Und: Das Team ist geradezu durch die Champions League spaziert – erst gegen den VfL Wolfsburg setzte es im Halbfinalrückspiel eine sportlich folgenlose Auswärtsniederlage.

Leistungsexplosion nach 2019

Um die Frauen des FC Barcelona ist ein regelrechter Hype entstanden. Im Viertelfinale der Königsklasse gegen Erzrivale Real Madrid kamen 91.553 Zuschauer ins Stadion. Weltrekord im Frauenfußball. Wenige Wochen später wurde diese Zahl gegen Wolfsburg sogar noch einmal leicht auf 91.648 angehoben.

Dabei war die Frauenabteilung bis zum Jahr 2002 nicht einmal offizieller Teil des Vereins, fristete lange ein Amateur-Dasein. Historiker Belenguer sagt: “Die Gesellschaft war nicht bereit. Zu Grunde lag die frauenfeindliche Annahme, Fußball sei nur etwas für Männer.” 

Aber: Auch ab dem Jahr 2002 gab es immer noch keine professionellen Trainingsbedingungen. Die Spielerinnen kickten auf Bolzplätzen neben Rugby-Mannschaften aus den Vorstädten Barcelonas. Erst zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts begann ein Umdenken in der Vereinsführung. Frauenfußball wurde ernster genommen, die Strukturen verbessert. 2012 gewann der Klub die erste nationale Meisterschaft der Frauen.

Zu diesem Zeitpunkt aber war Olympique Lyon bereits französischer Serienmeister. In der drittgrößten Stadt Frankreichs besteht die Frauen-Abteilung seit 2004. In Lyon war man von Anfang entschlossen, diese durch entsprechende Investitionen zum Erfolg zu führen. Zu einem Zeitpunkt, als auch Lyons Männer ihre „goldenen Jahre” erlebten und sieben französische Meister-Titel am Stück gewannen.

Beim FC Barcelona fristete der Frauenfußball damals mehr oder weniger immer noch ein Schattendasein. Erst 2015 wurde er professionalisiert, unter dem Eindruck erfolgreicher Arbeit – wie eben auch in Lyon. Aber man wollte sich abheben und nicht nur Geld investieren. “Wir wollten nicht die besten Spielerinnen der Welt kaufen, sondern durch kontinuierliche Nachwuchsarbeit die regionale Identität der Mannschaft stärken”, so Barcelona-Sportdirektor Markel Zubizarreta. Mit einem Team, das im Wesentlichen aus katalanischen Spielerinnen bestand, begann der Angriff auf die europäische Spitze.

2016/17 erreichte der FC Barcelona erstmals das Halbfinale der Champions League. Ein Achtungserfolg. Den Titel aber holte Olympique Lyon. Die Französinnen gewannen den Wettbewerb mit einem Team, das klang wie eine Weltauswahl: Alex Morgan, Ada Hegerberg, Dzsenifer Marozsán, Eugénie Le Sommer – die Besten der Besten. In Barcelona dagegen setzte man weiter auf eine starke regionale Verankerung des Kaders. Und scheiterte im Champions League-Finale 2019 gegen das internationale Star-Ensemble aus Lyon.

Das Endspiel 2022 könnte nun aber eine neue Ära einleiten, die dominiert wird von den Frauen des FC Barcelona. Die Titelverteidigung gegen die französische Spitzenmannschaft könnte die Katalaninnen zum neuen Lyon werden lassen.

Das Team ist seit Jahren eingespielt. Wichtige Säulen sind seit vielen Jahren im Verein. Allen voran Ballon-d’Or-Gewinnerin Alexia Putellas. Die Spielerin aus dem Umland Barcelonas ist die Integrationsfigur schlechthin. Sie hat eine große Vorbildfunktion für junge Mädchen, die mit dem Fußball beginnen wollen. Putellas verkörpert das Konzept, für das Barcelona steht.

Allerdings hat sich die Herangehensweise des Klubs mittlerweile ein wenig verändert, um ganz oben in Europa mitspielen zu können. Seit 2017 verpflichtet Sportdirektor Zubizarreta auch die eine oder andere erfahrene Spielerin aus dem Ausland – wie etwa die Schwedin Fridolina Rolfö. Die 28-Jährige spürt, dass ihr Team für die Menschen eine große Rolle spielt. “Sie interessieren sich für uns, das merkt man an der Stimmung in der Stadt. Und unser Spiel ist attraktiv anzusehen”, so Rolfö.

Über 10.000 katalanische Fans werden das Team zum Finale in Turin begleiten. Auch das ist im europäischen Frauenfußball bislang einzigartig. Die Lyoner Tageszeitung “Le Progrès” schrieb nach der Final-Qualifikation, dass sich Olympique Lyon jetzt “seine Trophäe” zurückholen möchte. Dabei ist es gut möglich, dass genau das Gegenteil stattfindet. Und die Vorherrschaft der Französinnen nun definitiv endet.

Fußball | Frauen UEFA Champions League | FC Barcelona - Real Madrid CF
Fußball | Frauen Champions League | VfL Wolfsburg - Olympique Lyonnais
Alexia Putellas I Weltfußballerin

Es wird mehr als nur ein Spiel um den größten Titel im europäischen Frauenfußball: Das Finale der in dieser Saison neu gestalteten Champions League der Frauen zwischen Olympique Lyon und dem FC Barcelona könnte zudem eine Wachablösung besiegeln. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Französinnen die Champions League fast nach Belieben dominiert, waren die unangefochtene Nummer eins in Europa. Doch seit 2020 gewinnt “Barça Femení” Titel um Titel, zuletzt erneut die spanische Meisterschaft. Und: die Katalaninnen sind der amtierende Champions League-Sieger.

Einer der entscheidenden Wendepunkte war ausgerechnet das letzte Aufeinandertreffen der beiden Teams, das Champions-League-Finale 2019. Damals gewann Lyon deutlich mit 4:1. “Die Französinnen schossen wie Flugzeuge über das Feld”, sagt der für den FC Barcelona arbeitende Historiker Manuel Tomás Belenguer der DW. “Nach dem Spiel haben sich Spielerinnen und Betreuer von Barça noch auf dem Platz zusammengestellt und geschworen, dass sie sich auf diesem Niveau durchsetzen wollen. Und darauf folgte eine wahre Explosion.”

Leistungsexplosion nach 2019

Was Belenguer meint: Das Team ist in Spanien mittlerweile konkurrenzlos. In der Saison 2021/22 gab es 30 Spiele in der spanischen Liga – und 30 Mal hieß der Sieger Barcelona. Und: Das Team ist geradezu durch die Champions League spaziert – erst gegen den VfL Wolfsburg setzte es im Halbfinalrückspiel eine sportlich folgenlose Auswärtsniederlage.

Um die Frauen des FC Barcelona ist ein regelrechter Hype entstanden. Im Viertelfinale der Königsklasse gegen Erzrivale Real Madrid kamen 91.553 Zuschauer ins Stadion. Weltrekord im Frauenfußball. Wenige Wochen später wurde diese Zahl gegen Wolfsburg sogar noch einmal leicht auf 91.648 angehoben.

Dabei war die Frauenabteilung bis zum Jahr 2002 nicht einmal offizieller Teil des Vereins, fristete lange ein Amateur-Dasein. Historiker Belenguer sagt: “Die Gesellschaft war nicht bereit. Zu Grunde lag die frauenfeindliche Annahme, Fußball sei nur etwas für Männer.” 

Aber: Auch ab dem Jahr 2002 gab es immer noch keine professionellen Trainingsbedingungen. Die Spielerinnen kickten auf Bolzplätzen neben Rugby-Mannschaften aus den Vorstädten Barcelonas. Erst zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts begann ein Umdenken in der Vereinsführung. Frauenfußball wurde ernster genommen, die Strukturen verbessert. 2012 gewann der Klub die erste nationale Meisterschaft der Frauen.

Lyons goldene Jahre

Zu diesem Zeitpunkt aber war Olympique Lyon bereits französischer Serienmeister. In der drittgrößten Stadt Frankreichs besteht die Frauen-Abteilung seit 2004. In Lyon war man von Anfang entschlossen, diese durch entsprechende Investitionen zum Erfolg zu führen. Zu einem Zeitpunkt, als auch Lyons Männer ihre „goldenen Jahre” erlebten und sieben französische Meister-Titel am Stück gewannen.

Eingespieltes Team

Beim FC Barcelona fristete der Frauenfußball damals mehr oder weniger immer noch ein Schattendasein. Erst 2015 wurde er professionalisiert, unter dem Eindruck erfolgreicher Arbeit – wie eben auch in Lyon. Aber man wollte sich abheben und nicht nur Geld investieren. “Wir wollten nicht die besten Spielerinnen der Welt kaufen, sondern durch kontinuierliche Nachwuchsarbeit die regionale Identität der Mannschaft stärken”, so Barcelona-Sportdirektor Markel Zubizarreta. Mit einem Team, das im Wesentlichen aus katalanischen Spielerinnen bestand, begann der Angriff auf die europäische Spitze.

2016/17 erreichte der FC Barcelona erstmals das Halbfinale der Champions League. Ein Achtungserfolg. Den Titel aber holte Olympique Lyon. Die Französinnen gewannen den Wettbewerb mit einem Team, das klang wie eine Weltauswahl: Alex Morgan, Ada Hegerberg, Dzsenifer Marozsán, Eugénie Le Sommer – die Besten der Besten. In Barcelona dagegen setzte man weiter auf eine starke regionale Verankerung des Kaders. Und scheiterte im Champions League-Finale 2019 gegen das internationale Star-Ensemble aus Lyon.

Das Endspiel 2022 könnte nun aber eine neue Ära einleiten, die dominiert wird von den Frauen des FC Barcelona. Die Titelverteidigung gegen die französische Spitzenmannschaft könnte die Katalaninnen zum neuen Lyon werden lassen.

Das Team ist seit Jahren eingespielt. Wichtige Säulen sind seit vielen Jahren im Verein. Allen voran Ballon-d’Or-Gewinnerin Alexia Putellas. Die Spielerin aus dem Umland Barcelonas ist die Integrationsfigur schlechthin. Sie hat eine große Vorbildfunktion für junge Mädchen, die mit dem Fußball beginnen wollen. Putellas verkörpert das Konzept, für das Barcelona steht.

Allerdings hat sich die Herangehensweise des Klubs mittlerweile ein wenig verändert, um ganz oben in Europa mitspielen zu können. Seit 2017 verpflichtet Sportdirektor Zubizarreta auch die eine oder andere erfahrene Spielerin aus dem Ausland – wie etwa die Schwedin Fridolina Rolfö. Die 28-Jährige spürt, dass ihr Team für die Menschen eine große Rolle spielt. “Sie interessieren sich für uns, das merkt man an der Stimmung in der Stadt. Und unser Spiel ist attraktiv anzusehen”, so Rolfö.

Über 10.000 katalanische Fans werden das Team zum Finale in Turin begleiten. Auch das ist im europäischen Frauenfußball bislang einzigartig. Die Lyoner Tageszeitung “Le Progrès” schrieb nach der Final-Qualifikation, dass sich Olympique Lyon jetzt “seine Trophäe” zurückholen möchte. Dabei ist es gut möglich, dass genau das Gegenteil stattfindet. Und die Vorherrschaft der Französinnen nun definitiv endet.

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