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Freie Bahn für NATO-Beitritt von Finnland und Schweden

Die Türkei hat ihre Blockade gegen den NATO-Beitritt von Finnland und Schweden vor dem NATO-Gipfel in Madrid aufgegeben. Dafür verpflichten sich die Länder, Ankara bei der Terror-Bekämpfung zu unterstützen.

Das Galadinner beim spanischen König haben sie verpasst, denn die Verhandlungen zwischen dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und der schwedischen Premierministerin Magdalena Andersson zogen sich bis in den Abend.

Schließlich aber wurde von den Außenministern ein gemeinsames Memorandum unterzeichnet, das den Weg gerade noch rechtzeitig freimacht für den NATO-Beitritt der beiden nordischen Länder. “Es ist eine historische Vereinbarung”, sagte der NATO-Generalsekretär. Sie zeige, dass das Bündnis immer zu gemeinsamen Lösungen finden könne.

Das Galadinner beim spanischen König haben sie verpasst, denn die Verhandlungen zwischen dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und der schwedischen Premierministerin Magdalena Andersson zogen sich bis in den Abend.

Der türkische Regierungschef hatte seinen Widerstand gegen den Beitritt der beiden Nordländer erklärt, kaum dass sie ihren Beitrittswunsch im Mai ausgesprochen hatten. Auf die unmittelbare Freude über zwei militärisch gut aufgestellte neue NATO-Mitglieder folgten also der unmittelbare diplomatische Kopfschmerz und die Suche nach einem Ausweg aus einer komplizierten Erpressungslage. Erdogan beschuldigte insbesondere Schweden, es würde PKK-Terroristen bei sich beherbergen und verlangte weitgehende Zugeständnisse von der Regierung in Stockholm. Zuletzt überreichte Ankara eine Liste mit über 40 so genannten Terrorverdächtigen und forderte deren Auslieferung.

Streit um kurdische Separatisten

“Unser gemeinsames Memorandum betont die Verpflichtung von Finnland, Schweden und der Türkei, sich gegenseitig voll bei Bedrohungen der gegenseitigen Sicherheit zu unterstützen”, schrieb der finnische Präsident nach der Unterzeichnung der Vereinbarung. Aber was heißt das tatsächlich? Der NATO-Generalsekretär lobte, wie außerordentlich konstruktiv das Treffen zwischen den drei Ländern gewesen sei. Er ging dabei locker darüber hinweg, dass die Türkei aus eigenem politischem Interesse und im Kampf gegen einen internen Gegner das ganze Verteidigungsbündnis als Geisel genommen hatte.

“Kein Land hat mehr unter Terroranschlägen gelitten als die Türkei”, erklärte Jens Stoltenberg dazu und ging auf die Frage nicht ein, warum sich die gesamte NATO durch Erdogan erpressen lasse, weil er Probleme mit der Flüchtlingspolitik in Schweden habe. Die türkische Regierung beschuldigt seit längerem vor allem Schweden, PKK-Mitglieder bei sich aufgenommen zu haben, die ihre politische Tätigkeit in ihren Gastländern fortsetzen würden. Die PKK wird von der EU, den USA und der Türkei als terroristische Vereinigung eingestuft.

Ankara kritisierte auch die 2019 erfolgte Aussetzung von Waffenlieferungen an die Türkei durch Stockholm und Helsinki wegen der türkischen Militäreinsätze in Syrien und wirft insbesondere Schweden die Unterstützung kurdischer Gruppen in Nordsyrien vor, die sie als PKK-nahe einstuft. Noch eine Woche vor dem Gipfel in Madrid hatte ein Sprecher der Regierungspartei AKP in Ankara angekündigt, man werde hart bleiben und notfalls den NATO-Beitritt auch ein Jahr lang verzögern. 

Nach dieser Drohkulisse war der NATO-Generalsekretär umso begeisterter, dass der Streit noch vor dem Gipfeltreffen gelöst werden konnte und der Weg frei ist für einen Beschluss der Mitgliedsländer an diesem Mittwoch, Finnland und Schweden in die NATO einzuladen. Er sei zuversichtlich, dass danach alles schnell und ohne weitere Schwierigkeiten über die Bühne gehen werde, so Stoltenberg.

Die beiden Anwärter verpflichteten sich jetzt gegenüber der Türkei, die Zusammenarbeit bei der Terrorabwehr zu verstärken, ihre eigene Gesetzgebung an diesem Punkt zu verändern, Terrorismus zu verfolgen und ein Auslieferungsabkommen abzuschließen, so Stoltenberg.

Was aus dieser Vereinbarung für kurdische Journalisten und Politiker im Exil folge, wurde er daraufhin von Journalisten gefragt. “Finnland und Schweden sind bereit, mit der Türkei bei der Auslieferung von Terrorverdächtigen zusammenzuarbeiten”, antwortete der NATO-Generalsekretär, dabei würden die Rechtstaatlichkeit und die nationale Gesetzgebung berücksichtigt. Wenn das der Fall ist, könnte es jedoch kaum Auslieferungen geben, denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Türkei mehrfach wegen politisierter Gerichtsverfahren und der Verfolgung politischer Gegner kritisiert.

Was die Vereinbarung von Madrid tatsächlich für kurdische Aktivisten in Schweden oder Finnland bedeutet, wird sich erst in den nächsten Tagen und Wochen zeigen, wenn die Vereinbarung umgesetzt werden soll.

Neben der Einladung an zwei neue Mitgliedsländer soll es bei diesem Gipfel vor allem Zusagen für eine Truppen-Verstärkung an der NATO-Ostgrenze auf 300.000 Mann geben, man will mehr Soldaten, mehr Gerät und mehr Geld. Und da kam Bundeskanzler Olaf Scholz mit großen Plänen: Deutschlands künftige Verteidigungsausgaben nach der russischen Invasion in der Ukraine würden zum größten europäischen Beitrag zur NATO anwachsen. Man sei dabei, die “größte konventionelle Armee innerhalb der NATO in Europa aufbauen”, sagte Scholz in einem ARD-Interview. Er versprach auch, das NATO-Ausgabenziel von zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung künftig einzuhalten.

Berlin war jahrelang dafür kritisiert worden, zu wenig Geld in die Rüstung zu stecken. Nach Kriegsbeginn Ende Februar hatte der Bundeskanzler einen einmaligen Etat von 100 Milliarden Euro für die Modernisierung und Aufrüstung der chronisch unterfinanzierten Bundeswehr angekündigt. Die Bundesregierung werde in den nächsten Jahren durchschnittlich “70 bis 80 Milliarden pro Jahr” für die Verteidigung ausgeben. Der Krieg in der Ukraine habe zu einem Umdenken geführt, was die Ausgaben für das Militär angehe.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigte in Madrid gemeinsam mit ihrer niederländischen Kollegin zunächst die Lieferung sechs weiterer Panzerhaubitzen in die Ukraine an. “Gemeinsam mit den Niederlanden haben wir schon zwölf Panzerhaubitzen 2000 entsendet und ukrainische Soldaten daran ausgebildet. Der Kollege Olexiy Resnikov (ukrainischer Verteidigungsminister) bat um zwölf weitere, und wir in Deutschland haben entschieden, drei zusätzliche Haubitzen zu schicken. Mit den Niederlanden zusammen sind das dann sechs.” Mit den drei Haubitzen, die man aus Deutschland abgebe, gehe man an die absolute Grenze dessen, was verantwortbar sei, so Lambrecht. Aber man könne die Lücken durch die Industrie wieder auffüllen, jetzt müsse man vor allem die Ukraine unterstützen.

Über die Ankündigung Spaniens, auch Leopard-Panzer in die Ukraine zu schicken, werde die Bundesverteidigungsministerin mit der spanischen Seite sprechen, sobald der Beschluss dazu gefasst sei, sagte Lambrecht. Bisher hatte die Bundesregierung sich geweigert, Kampfpanzer aus eigenen Beständen in das Kriegsgebiet zu schicken. Was die Truppenverstärkung an der NATO-Ostflanke angeht, bestätigte die Ministerin das deutsche Angebot, dafür eine Division der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen. Das seien 15.000 Soldaten sowie das erforderliche Material, was unter anderem 20 Schiffe und 60 Flugzeuge bedeute. “Die NATO wird sich deutlich verstärken und zeigen, dass wir uns aufeinander verlassen können.”

Spanien I NATO Gipfel I Recep Tayyip Erdogan
Vor Nato Gipfel | Treffen der Spitzen Schwedens und Finnlands mit Erdogan

Das Galadinner beim spanischen König haben sie verpasst, denn die Verhandlungen zwischen dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö und der schwedischen Premierministerin Magdalena Andersson zogen sich bis in den Abend.

Schließlich aber wurde von den Außenministern ein gemeinsames Memorandum unterzeichnet, das den Weg gerade noch rechtzeitig freimacht für den NATO-Beitritt der beiden nordischen Länder. “Es ist eine historische Vereinbarung”, sagte der NATO-Generalsekretär. Sie zeige, dass das Bündnis immer zu gemeinsamen Lösungen finden könne.

Streit um kurdische Separatisten

Der türkische Regierungschef hatte seinen Widerstand gegen den Beitritt der beiden Nordländer erklärt, kaum dass sie ihren Beitrittswunsch im Mai ausgesprochen hatten. Auf die unmittelbare Freude über zwei militärisch gut aufgestellte neue NATO-Mitglieder folgten also der unmittelbare diplomatische Kopfschmerz und die Suche nach einem Ausweg aus einer komplizierten Erpressungslage. Erdogan beschuldigte insbesondere Schweden, es würde PKK-Terroristen bei sich beherbergen und verlangte weitgehende Zugeständnisse von der Regierung in Stockholm. Zuletzt überreichte Ankara eine Liste mit über 40 so genannten Terrorverdächtigen und forderte deren Auslieferung.

“Unser gemeinsames Memorandum betont die Verpflichtung von Finnland, Schweden und der Türkei, sich gegenseitig voll bei Bedrohungen der gegenseitigen Sicherheit zu unterstützen”, schrieb der finnische Präsident nach der Unterzeichnung der Vereinbarung. Aber was heißt das tatsächlich? Der NATO-Generalsekretär lobte, wie außerordentlich konstruktiv das Treffen zwischen den drei Ländern gewesen sei. Er ging dabei locker darüber hinweg, dass die Türkei aus eigenem politischem Interesse und im Kampf gegen einen internen Gegner das ganze Verteidigungsbündnis als Geisel genommen hatte.

“Kein Land hat mehr unter Terroranschlägen gelitten als die Türkei”, erklärte Jens Stoltenberg dazu und ging auf die Frage nicht ein, warum sich die gesamte NATO durch Erdogan erpressen lasse, weil er Probleme mit der Flüchtlingspolitik in Schweden habe. Die türkische Regierung beschuldigt seit längerem vor allem Schweden, PKK-Mitglieder bei sich aufgenommen zu haben, die ihre politische Tätigkeit in ihren Gastländern fortsetzen würden. Die PKK wird von der EU, den USA und der Türkei als terroristische Vereinigung eingestuft.

Ankara kritisierte auch die 2019 erfolgte Aussetzung von Waffenlieferungen an die Türkei durch Stockholm und Helsinki wegen der türkischen Militäreinsätze in Syrien und wirft insbesondere Schweden die Unterstützung kurdischer Gruppen in Nordsyrien vor, die sie als PKK-nahe einstuft. Noch eine Woche vor dem Gipfel in Madrid hatte ein Sprecher der Regierungspartei AKP in Ankara angekündigt, man werde hart bleiben und notfalls den NATO-Beitritt auch ein Jahr lang verzögern. 

Wie hoch ist der Preis für den NATO-Beitritt?

Nach dieser Drohkulisse war der NATO-Generalsekretär umso begeisterter, dass der Streit noch vor dem Gipfeltreffen gelöst werden konnte und der Weg frei ist für einen Beschluss der Mitgliedsländer an diesem Mittwoch, Finnland und Schweden in die NATO einzuladen. Er sei zuversichtlich, dass danach alles schnell und ohne weitere Schwierigkeiten über die Bühne gehen werde, so Stoltenberg.

Mehr Geld, mehr Soldaten, mehr Waffen 

Die beiden Anwärter verpflichteten sich jetzt gegenüber der Türkei, die Zusammenarbeit bei der Terrorabwehr zu verstärken, ihre eigene Gesetzgebung an diesem Punkt zu verändern, Terrorismus zu verfolgen und ein Auslieferungsabkommen abzuschließen, so Stoltenberg.

Was aus dieser Vereinbarung für kurdische Journalisten und Politiker im Exil folge, wurde er daraufhin von Journalisten gefragt. “Finnland und Schweden sind bereit, mit der Türkei bei der Auslieferung von Terrorverdächtigen zusammenzuarbeiten”, antwortete der NATO-Generalsekretär, dabei würden die Rechtstaatlichkeit und die nationale Gesetzgebung berücksichtigt. Wenn das der Fall ist, könnte es jedoch kaum Auslieferungen geben, denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Türkei mehrfach wegen politisierter Gerichtsverfahren und der Verfolgung politischer Gegner kritisiert.

Was die Vereinbarung von Madrid tatsächlich für kurdische Aktivisten in Schweden oder Finnland bedeutet, wird sich erst in den nächsten Tagen und Wochen zeigen, wenn die Vereinbarung umgesetzt werden soll.

Neben der Einladung an zwei neue Mitgliedsländer soll es bei diesem Gipfel vor allem Zusagen für eine Truppen-Verstärkung an der NATO-Ostgrenze auf 300.000 Mann geben, man will mehr Soldaten, mehr Gerät und mehr Geld. Und da kam Bundeskanzler Olaf Scholz mit großen Plänen: Deutschlands künftige Verteidigungsausgaben nach der russischen Invasion in der Ukraine würden zum größten europäischen Beitrag zur NATO anwachsen. Man sei dabei, die “größte konventionelle Armee innerhalb der NATO in Europa aufbauen”, sagte Scholz in einem ARD-Interview. Er versprach auch, das NATO-Ausgabenziel von zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung künftig einzuhalten.

Berlin war jahrelang dafür kritisiert worden, zu wenig Geld in die Rüstung zu stecken. Nach Kriegsbeginn Ende Februar hatte der Bundeskanzler einen einmaligen Etat von 100 Milliarden Euro für die Modernisierung und Aufrüstung der chronisch unterfinanzierten Bundeswehr angekündigt. Die Bundesregierung werde in den nächsten Jahren durchschnittlich “70 bis 80 Milliarden pro Jahr” für die Verteidigung ausgeben. Der Krieg in der Ukraine habe zu einem Umdenken geführt, was die Ausgaben für das Militär angehe.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigte in Madrid gemeinsam mit ihrer niederländischen Kollegin zunächst die Lieferung sechs weiterer Panzerhaubitzen in die Ukraine an. “Gemeinsam mit den Niederlanden haben wir schon zwölf Panzerhaubitzen 2000 entsendet und ukrainische Soldaten daran ausgebildet. Der Kollege Olexiy Resnikov (ukrainischer Verteidigungsminister) bat um zwölf weitere, und wir in Deutschland haben entschieden, drei zusätzliche Haubitzen zu schicken. Mit den Niederlanden zusammen sind das dann sechs.” Mit den drei Haubitzen, die man aus Deutschland abgebe, gehe man an die absolute Grenze dessen, was verantwortbar sei, so Lambrecht. Aber man könne die Lücken durch die Industrie wieder auffüllen, jetzt müsse man vor allem die Ukraine unterstützen.

Über die Ankündigung Spaniens, auch Leopard-Panzer in die Ukraine zu schicken, werde die Bundesverteidigungsministerin mit der spanischen Seite sprechen, sobald der Beschluss dazu gefasst sei, sagte Lambrecht. Bisher hatte die Bundesregierung sich geweigert, Kampfpanzer aus eigenen Beständen in das Kriegsgebiet zu schicken. Was die Truppenverstärkung an der NATO-Ostflanke angeht, bestätigte die Ministerin das deutsche Angebot, dafür eine Division der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen. Das seien 15.000 Soldaten sowie das erforderliche Material, was unter anderem 20 Schiffe und 60 Flugzeuge bedeute. “Die NATO wird sich deutlich verstärken und zeigen, dass wir uns aufeinander verlassen können.”

Spanien Nato-Gipfel Madrid

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