Kultur

Warum das Römische Reich unterging

Vor 2000 Jahren war das Römische Reich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Wie konnte so ein riesiges Imperium zerfallen? Eine Ausstellung in Trier sucht in den Wirren der Spätantike nach Antworten.

Romam salvete: Seid willkommen im Imperium Romanum. Es erstreckt sich von Britannien bis zum Schwarzen Meer und von Spanien bis Ägypten. Die Militärkunst und die  technischen und kulturellen Errungenschaften suchen ihresgleichen. Es gibt eine Kanalisation und Frischwasser, das über Aquädukte transportiert wird, man wohnt in Häusern mit Fußbodenheizung. Selbst bis in die tiefste Provinz profitieren die Bewohnerinnen und Bewohner des Reichs von ausgebauten Straßen und florierendem Handel. Man erfrischt sich in öffentlichen Thermen, isst erlesene Speisen und lässt sich in Theatern und Zirkusarenen unterhalten.

Noch heute zeugen rund um den Globus zahlreiche römische Hinterlassenschaften von der einstigen Blütezeit – auch in Trier, um 17. v. Chr. gegründet und damit die älteste Stadt Deutschlands. Im 4. Jahrhundert war “Augusta Trevorum” mehrere Jahrzehnte lang Sitz des Römischen Imperiums. Das bis heute erhaltene Stadttor “Porta Nigra” (Schwarzes Tor) gehört seit 1986 zum Weltkulturerbe. Nördlich der Alpen ist es die Sehenswürdigkeit aus der Römerzeit schlechthin.

Romam salvete: Seid willkommen im Imperium Romanum. Es erstreckt sich von Britannien bis zum Schwarzen Meer und von Spanien bis Ägypten. Die Militärkunst und die  technischen und kulturellen Errungenschaften suchen ihresgleichen. Es gibt eine Kanalisation und Frischwasser, das über Aquädukte transportiert wird, man wohnt in Häusern mit Fußbodenheizung. Selbst bis in die tiefste Provinz profitieren die Bewohnerinnen und Bewohner des Reichs von ausgebauten Straßen und florierendem Handel. Man erfrischt sich in öffentlichen Thermen, isst erlesene Speisen und lässt sich in Theatern und Zirkusarenen unterhalten.

Insofern ist die Schau “Der Untergang der Römer” in Trier gut aufgehoben. Gleich drei Museen widmen sich der spannenden Frage, wie das Riesenreich verschwinden konnte.

Schau in der ehemaligen Kaiserresidenz

Das  Rheinische Landesmuseum zeichnet mit herausragenden archäologischen Exponaten, darunter Leihgaben aus dem Louvre in Paris, den Uffizien in Florenz oder dem Musée Public National des Antiquités in Algier, die bewegten letzten Jahrhunderte des Weltreiches nach. Das Museum am Dom zeigt, wie die Kirche das politische Machtvakuum besetzte, und das Stadtmuseum Simeonstift Trier beleuchtet das Erbe des Imperium Romanum in der Kunst- und Kulturgeschichte.

Klar ist: Es gab keinen Donnerknall, der das Römische Reich zum Einsturz brachte. “Wenn es bloß mal so einfach wäre, dann müssten wir keine große Ausstellung darüber machen und die Forscher sich nicht schon seit Jahrhunderten damit beschäftigen”, sagt Kunsthistorikerin und Projektleiterin Anne Kurtze vom Landesmuseum Trier. “Es ist eine Verkettung von Umständen.”

“Selbstverständlich ist die schiere Größe des Römischen Reiches immer eine wahnsinnige Herausforderung gewesen”, so Kurtze. Immer mehr Länder hatten die Römischen Feldherren erobert und zu Provinzen gemacht. Hohe Militärausgaben waren an der Tagesordnung, um die Außengrenzen des Reiches vom Atlantischen Ozean bis zum Euphrat mit einer Länge von bis zu 15.000 km gegen Feinde zu sichern. Im Norden sollte der Hadrianswall und in Mitteleuropa der Limes vordringende Germanenstämme abwehren. Bau und Unterhalt verschlangen Unsummen, ebenso wie der Sold für die römischen Legionen.

Wilde Germanen oder Goten und unzivilisierte Vandalen – oft wird das Bild von Barbaren heraufbeschworen, die ins Römische Reich eindrangen und durch diese Völkerwanderung das Imperium aushöhlten. Doch im Museum nimmt man Abstand von diesem Begriff. Fakt ist, dass es zwar Flüchtlinge gab, die vor den vordringenden Hunnen weichen mussten, die Römer aber ihre Grenzen auch nicht mehr allein verteidigen konnten. Denn es gab immer weniger Römer, die dort ihren Dienst hätten antreten können: Der Wohlstand im Reich hatte die Geburtenraten sinken lassen. Es gab also Bedarf, die Lücken im Militär zu schließen. 

So wurden ausländische Söldner aus den Reihen der “Barbaren” rekrutiert, um ihre Armeen zu stärken. Sie wurden dadurch allerdings noch lange nicht zu “Römern”. In ihren Herzen blieben sie Germanen oder Goten und folgten nicht immer ihren römischen Befehlsgebern, zettelten sogar Bürgerkriege an: Meist ging es um bessere Bezahlung oder ihren Status innerhalb des Römischen Reiches. Diese inneren Wirren schwächten das Imperium zunehmend. 

Ab dem 2. Jahrhundert expandierte das Imperium nicht mehr: Das bedeutete, dass weder reiche Kriegsbeute die Staatskasse auffüllte noch neue Sklaven als Arbeitskräfte herangeschafft wurden. Zwischen 429 und 439 eroberten die Vandalen dann die wichtigste Provinz des Imperium Romanum: Nordafrika, die Kornkammer Roms. Die Einnahmen aus dieser reichen Provinz fielen weg, die Kaiser mussten ihre hohen Ausgaben anderweitig decken.

Also erhöhte Rom immer wieder die Steuern. Das brachte viele Bürgerinnen und Bürger in Existenznöte. Gleichzeitig lebte die dekadente Oberschicht im Überfluss und hatte nur noch wenig Interesse an Politik. Ein bekanntes Beispiel für die Exzentrik der herrschenden Klasse ist Kaiser Caligula. Laut den Geschichtsschreibern Sueton und Cassius Dio ernannte er sein Pferd zum Konsul und schenkte ihm einen eigenen Palast und Sklaven.In der Trierer Ausstellung hängt das berühmte Gemälde “Die Lieblinge von Kaiser Honorius” von John William Waterhouse (1849-1917). “Es zeigt, dass die Kaiser sich nicht mehr für ihre Aufgaben als Staatslenker interessierten. Aber bildet so ein Gemälde die Realität ab, oder ist es nur ein Klischee, das die Nachwelt sich von diesem Reich macht?”, fragt Anne Kurtze. 

Jahrhunderte lang glaubte man in Rom an viele verschiedene Götter, verband mit ihnen Werte und ein ganz bestimmtes Selbstverständnis. Unter Kaiser Theodosius wurde das Christentum 380 n. Chr. zur alleinigen Staatsreligion erhoben, das Römertum geschwächt.

“Die junge Institution Kirche übernahm viele Aufgaben, die vorher die Verwaltung des Römischen Reiches eigentlich innehatte”, erklärt Anne Kurtze. “Das war aber nicht der Grund des Niedergangs, sondern ein Prozess der Veränderung im bröckelnden Römischen Reich.” 

395 wurde das Imperium Romanum nach dem Tod Kaiser Theodosius des Großen unter seinen Söhnen aufgeteilt: in West- und Ost-Rom. Kaiserresidenz im Osten wurde Konstantinopel (heute Istanbul), im Westen mal Mailand, dann Ravenna und zeitweise Rom. Man verstand sich zwar noch als ein Reich, wurde aber von zwei Kaisern beherrscht. Doch während Ostrom erst 1453 mit der Eroberung Konstantinopels durch Sultan Mehmed II. unterging, wurde der letzte weströmische Kaiser Romulus Augustulus 476 vom germanischen Heermeister Odoaker abgesetzt. 

Von der Krise des Reichs war in der ehemaligen Kaiserresidenz Trier im 4. Jahrhundert zunächst wahrscheinlich wenig zu spüren, glaubt Anne Kurtze. Auch in der Spätantike gab es noch weitreichende Handelsbeziehungen, die Stadt florierte. Ähnlich war es wohl auch anderswo.

Doch an die Stelle des Römischen Imperiums traten mit der Zeit kleinere Reiche, beherrscht von Franken, Burgundern oder Goten. Die straffe Administration der Römer fehlte ebenso wie die Instandhaltung der Infrastruktur. Nach und nach wurden die Veränderungen sichtbar, besonders in den Städten. Die Aquädukte verfielen, weil es am Know-how fehlte, sie zu erhalten. Statt Ziergärten mit Springbrunnen legten die Germanen Gemüsebeete an. Marmorstatuen werden zerschlagen, weil der Kalk beim Häuserbau gebraucht wurde. Schritt für Schritt verschwand nach dem Untergang des Reiches so auch die römische Kultur.

Die Ausstellung “Der Untergang des Römischen Reiches” in Trier läuft bis zum 27. November. Sie sucht dabei auch durchaus Bezüge zur Gegenwart. Denn  Klimaveränderungen mit Ernteausfällen und Hungersnöten könnten auch auf Roms Schicksal Einfluss genommen haben und in der Spätantike für Migrationsbewegungen gesorgt haben, so Anne Kurtz. Und genauso wie Corona in der Gegenwart wütet, könnten Seuchen auch das Römische Reich heimgesucht haben. 

Die Porta Nigra in Trier.

Unterwegs auf den Spuren der Römer

Romam salvete: Seid willkommen im Imperium Romanum. Es erstreckt sich von Britannien bis zum Schwarzen Meer und von Spanien bis Ägypten. Die Militärkunst und die  technischen und kulturellen Errungenschaften suchen ihresgleichen. Es gibt eine Kanalisation und Frischwasser, das über Aquädukte transportiert wird, man wohnt in Häusern mit Fußbodenheizung. Selbst bis in die tiefste Provinz profitieren die Bewohnerinnen und Bewohner des Reichs von ausgebauten Straßen und florierendem Handel. Man erfrischt sich in öffentlichen Thermen, isst erlesene Speisen und lässt sich in Theatern und Zirkusarenen unterhalten.

Noch heute zeugen rund um den Globus zahlreiche römische Hinterlassenschaften von der einstigen Blütezeit – auch in Trier, um 17. v. Chr. gegründet und damit die älteste Stadt Deutschlands. Im 4. Jahrhundert war “Augusta Trevorum” mehrere Jahrzehnte lang Sitz des Römischen Imperiums. Das bis heute erhaltene Stadttor “Porta Nigra” (Schwarzes Tor) gehört seit 1986 zum Weltkulturerbe. Nördlich der Alpen ist es die Sehenswürdigkeit aus der Römerzeit schlechthin.

Schau in der ehemaligen Kaiserresidenz

Insofern ist die Schau “Der Untergang der Römer” in Trier gut aufgehoben. Gleich drei Museen widmen sich der spannenden Frage, wie das Riesenreich verschwinden konnte.

Das  Rheinische Landesmuseum zeichnet mit herausragenden archäologischen Exponaten, darunter Leihgaben aus dem Louvre in Paris, den Uffizien in Florenz oder dem Musée Public National des Antiquités in Algier, die bewegten letzten Jahrhunderte des Weltreiches nach. Das Museum am Dom zeigt, wie die Kirche das politische Machtvakuum besetzte, und das Stadtmuseum Simeonstift Trier beleuchtet das Erbe des Imperium Romanum in der Kunst- und Kulturgeschichte.

Klar ist: Es gab keinen Donnerknall, der das Römische Reich zum Einsturz brachte. “Wenn es bloß mal so einfach wäre, dann müssten wir keine große Ausstellung darüber machen und die Forscher sich nicht schon seit Jahrhunderten damit beschäftigen”, sagt Kunsthistorikerin und Projektleiterin Anne Kurtze vom Landesmuseum Trier. “Es ist eine Verkettung von Umständen.”

“Selbstverständlich ist die schiere Größe des Römischen Reiches immer eine wahnsinnige Herausforderung gewesen”, so Kurtze. Immer mehr Länder hatten die Römischen Feldherren erobert und zu Provinzen gemacht. Hohe Militärausgaben waren an der Tagesordnung, um die Außengrenzen des Reiches vom Atlantischen Ozean bis zum Euphrat mit einer Länge von bis zu 15.000 km gegen Feinde zu sichern. Im Norden sollte der Hadrianswall und in Mitteleuropa der Limes vordringende Germanenstämme abwehren. Bau und Unterhalt verschlangen Unsummen, ebenso wie der Sold für die römischen Legionen.

Ist Rom an seiner eigenen Größe zugrunde gegangen? 

Wilde Germanen oder Goten und unzivilisierte Vandalen – oft wird das Bild von Barbaren heraufbeschworen, die ins Römische Reich eindrangen und durch diese Völkerwanderung das Imperium aushöhlten. Doch im Museum nimmt man Abstand von diesem Begriff. Fakt ist, dass es zwar Flüchtlinge gab, die vor den vordringenden Hunnen weichen mussten, die Römer aber ihre Grenzen auch nicht mehr allein verteidigen konnten. Denn es gab immer weniger Römer, die dort ihren Dienst hätten antreten können: Der Wohlstand im Reich hatte die Geburtenraten sinken lassen. Es gab also Bedarf, die Lücken im Militär zu schließen. 

So wurden ausländische Söldner aus den Reihen der “Barbaren” rekrutiert, um ihre Armeen zu stärken. Sie wurden dadurch allerdings noch lange nicht zu “Römern”. In ihren Herzen blieben sie Germanen oder Goten und folgten nicht immer ihren römischen Befehlsgebern, zettelten sogar Bürgerkriege an: Meist ging es um bessere Bezahlung oder ihren Status innerhalb des Römischen Reiches. Diese inneren Wirren schwächten das Imperium zunehmend. 

Lag es an den hohen Steuern und der dekadenten Oberschicht? 

Ab dem 2. Jahrhundert expandierte das Imperium nicht mehr: Das bedeutete, dass weder reiche Kriegsbeute die Staatskasse auffüllte noch neue Sklaven als Arbeitskräfte herangeschafft wurden. Zwischen 429 und 439 eroberten die Vandalen dann die wichtigste Provinz des Imperium Romanum: Nordafrika, die Kornkammer Roms. Die Einnahmen aus dieser reichen Provinz fielen weg, die Kaiser mussten ihre hohen Ausgaben anderweitig decken.

Also erhöhte Rom immer wieder die Steuern. Das brachte viele Bürgerinnen und Bürger in Existenznöte. Gleichzeitig lebte die dekadente Oberschicht im Überfluss und hatte nur noch wenig Interesse an Politik. Ein bekanntes Beispiel für die Exzentrik der herrschenden Klasse ist Kaiser Caligula. Laut den Geschichtsschreibern Sueton und Cassius Dio ernannte er sein Pferd zum Konsul und schenkte ihm einen eigenen Palast und Sklaven.In der Trierer Ausstellung hängt das berühmte Gemälde “Die Lieblinge von Kaiser Honorius” von John William Waterhouse (1849-1917). “Es zeigt, dass die Kaiser sich nicht mehr für ihre Aufgaben als Staatslenker interessierten. Aber bildet so ein Gemälde die Realität ab, oder ist es nur ein Klischee, das die Nachwelt sich von diesem Reich macht?”, fragt Anne Kurtze. 

Jahrhunderte lang glaubte man in Rom an viele verschiedene Götter, verband mit ihnen Werte und ein ganz bestimmtes Selbstverständnis. Unter Kaiser Theodosius wurde das Christentum 380 n. Chr. zur alleinigen Staatsreligion erhoben, das Römertum geschwächt.

Aufkommendes Christentum und Reichsteilung

“Die junge Institution Kirche übernahm viele Aufgaben, die vorher die Verwaltung des Römischen Reiches eigentlich innehatte”, erklärt Anne Kurtze. “Das war aber nicht der Grund des Niedergangs, sondern ein Prozess der Veränderung im bröckelnden Römischen Reich.” 

395 wurde das Imperium Romanum nach dem Tod Kaiser Theodosius des Großen unter seinen Söhnen aufgeteilt: in West- und Ost-Rom. Kaiserresidenz im Osten wurde Konstantinopel (heute Istanbul), im Westen mal Mailand, dann Ravenna und zeitweise Rom. Man verstand sich zwar noch als ein Reich, wurde aber von zwei Kaisern beherrscht. Doch während Ostrom erst 1453 mit der Eroberung Konstantinopels durch Sultan Mehmed II. unterging, wurde der letzte weströmische Kaiser Romulus Augustulus 476 vom germanischen Heermeister Odoaker abgesetzt. 

Was von Rom übrig blieb

Von der Krise des Reichs war in der ehemaligen Kaiserresidenz Trier im 4. Jahrhundert zunächst wahrscheinlich wenig zu spüren, glaubt Anne Kurtze. Auch in der Spätantike gab es noch weitreichende Handelsbeziehungen, die Stadt florierte. Ähnlich war es wohl auch anderswo.

Doch an die Stelle des Römischen Imperiums traten mit der Zeit kleinere Reiche, beherrscht von Franken, Burgundern oder Goten. Die straffe Administration der Römer fehlte ebenso wie die Instandhaltung der Infrastruktur. Nach und nach wurden die Veränderungen sichtbar, besonders in den Städten. Die Aquädukte verfielen, weil es am Know-how fehlte, sie zu erhalten. Statt Ziergärten mit Springbrunnen legten die Germanen Gemüsebeete an. Marmorstatuen werden zerschlagen, weil der Kalk beim Häuserbau gebraucht wurde. Schritt für Schritt verschwand nach dem Untergang des Reiches so auch die römische Kultur.

Eine Bronzefigur des Vercingétorix steht vor einem Gemälde

Die Ausstellung “Der Untergang des Römischen Reiches” in Trier läuft bis zum 27. November. Sie sucht dabei auch durchaus Bezüge zur Gegenwart. Denn  Klimaveränderungen mit Ernteausfällen und Hungersnöten könnten auch auf Roms Schicksal Einfluss genommen haben und in der Spätantike für Migrationsbewegungen gesorgt haben, so Anne Kurtz. Und genauso wie Corona in der Gegenwart wütet, könnten Seuchen auch das Römische Reich heimgesucht haben. 

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