Ukraine und Deutschland werben um kanadisches LNG-Gas
Bundeskanzler Scholz und Vizekanzler Habeck sind nach Kanada gereist, um über eine engere Kooperation in Energiefragen zu sprechen. Beim Werben um Flüssiggas bekommt die Bundesregierung Hilfe von der Ukraine.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) befinden sich mit einer Delegation von Wirtschaftsvertretern in Kanada. Hauptziel des Besuchs ist die Vertiefung der Zusammenarbeit beider Länder im Klima- und Energiebereich. Dabei geht es zum einen um den erhofften Bezug von Flüssiggas (LNG) und mittelfristig um die Lieferung von grünem Wasserstoff nach Deutschland.
Bei den Gesprächen mit Ministerpräsident Justin Trudeau wird es aber auch um die politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung der Ukraine gehen und um das Verhältnis zu Russland und China. Ferner dürfte es um die Zusammenarbeit in der NATO gehen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) befinden sich mit einer Delegation von Wirtschaftsvertretern in Kanada. Hauptziel des Besuchs ist die Vertiefung der Zusammenarbeit beider Länder im Klima- und Energiebereich. Dabei geht es zum einen um den erhofften Bezug von Flüssiggas (LNG) und mittelfristig um die Lieferung von grünem Wasserstoff nach Deutschland.
Mit drei Stationen an drei Tagen ist die Reise ungewöhnlich lang. Scholz und Habeck reisen zuerst nach Montreal, wo an diesem Montag die politischen Gespräche mit Trudeau stattfinden, der in Montreal seinen Wahlkreis hat. Anschließend geht es weiter in die Wirtschaftsmetropole Toronto, wo Scholz, Habeck und Trudeau an einer deutsch-kanadischen Wirtschaftskonferenz teilnehmen. Kanzler und Vizekanzler werden von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet, zu der auch VW-Chef Herbert Diess gehört.
Schützenhilfe aus Kiew
Für Dienstagnachmittag ist dann noch ein Besuch in dem abgelegenen Küstenort Stephenville in Neufundland geplant. Dort wird es um die Entwicklung von Wasserstofftechnologien und den Aufbau von Lieferketten für Wasserstoff gehen. Dazu soll auch ein Abkommen unterzeichnet werden.
Kanada ist mit einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern nach Russland das zweitgrößte Land der Welt, mit etwa 37 Millionen Einwohnern aber vergleichsweise dünn besiedelt. Das Land ist Partner Deutschlands in der G7 wirtschaftsstarker Demokratien und in der NATO.
Kurz vor der Abreise des Kanzlers erhält die Bundesregierung Unterstützung im Werben um kanadisches Flüssiggas (LNG). Auch die Ukraine setzt ausdrücklich auf den Bau eines LNG-Terminals an der Ostküste des nordamerikanischen Landes. “LNG aus Kanada ist eine viel bessere Alternative als Gas aus Russland”, sagte der Chef des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Jurij Witrenko, der Nachrichtenagentur Reuters. “Kanada ist ein demokratisches Land, das seine Nachbarn nicht überfällt. Kanadische Anbieter haben keine Vormachtstellung auf dem deutschen Markt und missbrauchen ihn nicht wie Gazprom, das das Angebot künstlich verknappt, den Markt beherrscht und seine Kunden abzockt”, so Witrenko.
Offiziell schraubt die deutsche Regierung die Erwartung an die Lieferung von LNG-Gas aus Kanada herunter. Es sei klar, dass in den nächsten ein, zwei Jahren ohnehin nichts geliefert werden könne, weil es noch keine LNG-Exportterminals an der Ostküste gebe, heißt es in Regierungskreisen in Berlin. Man wolle Kanada vor allem als sicheren Lieferanten von Wasserstoff in der Zukunft an Deutschland binden.
Die Bundesregierung steht aber unter Druck, Alternativen zu russischem Gas zu finden. Der Grund für die Zurückhaltung im Falle von Kanada, das über große Erdgasvorkommen verfügt, ist vor allem, dass der Bundeskanzler Premierminister Justin Trudeau nicht noch mehr Probleme bereiten will. Denn Trudeau kassierte schon mit der Auslieferung einer in seinem Land gewarteten Gas-Turbine von Siemens Energy für die Ostseepipeline Nord Stream 1 an Deutschland heftige innenpolitische Kritik – vor allem von der großen ukrainischstämmigen Minderheit im Land. Und in der Provinz Quebec gibt es erheblichen Widerstand gegen den Bau eines LNG-Terminals, gerade von Umweltschutzgruppen. Zuständig sind die Provinzen, weshalb Scholz und Habeck auch den Ministerpräsidenten von Quebec treffen.
Aber beim Thema LNG-Gas gibt es nun einen informellen deutsch-ukrainischen Schulterschluss. Dieser könnte in der innerkanadischen Debatte helfen, gerade durch den Einfluss Kiews auf die ukrainische Minderheit in Kanada. Bereits am 13. Juni hatten der ukrainische Staatskonzern Naftogaz und die kanadische Firma Symbio, die hinter dem LNG-Projekt Energie Saguenay im Osten steht, eine Absichtserklärung für die Lieferung von LNG und Wasserstoff geschlossen. Das Exportterminal soll in den Planungen beider Unternehmen eine Kapazität von 15 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr haben. “Kanadisches LNG von Symbio ist viel umweltfreundlicher als Gas von Gazprom”, warb Naftogaz-Chef Witrenko bei Umweltschützern. Aufgrund “überlegener Technologien und Sorgfalt” würden sehr viel weniger Methan- und CO2-Emissionen freigesetzt.
Die Bundesregierung wirbt dafür, dass man doch einen LNG-Terminal bauen könnte, von dem aus später dann grüner Wasserstoff nach Europa exportiert werden könnte. Die doppelte Nutzung ist auch für die LNG-Anlandeterminals an der deutschen Küste geplant. Ob die Bemühungen Erfolg haben, ist unklar. Zuletzt hatten Kanada und Deutschland hinter den Kulissen erörtert, welche Optionen für LNG-Terminals es an der Ostküste gibt. Der kanadische Umweltminister Steven Guilbeault hatte der Nachrichtenagentur Reuters im Juni gesagt, dass die Repsol-Anlage in New Brunswick das am besten realisierbare Projekt sei. Insgesamt gibt es vier Pläne für LNG-Anlagen im Osten, die allerdings noch nicht genehmigt sind.
“Die Wirtschaftlichkeit von LNG an der Westküste ist mit ziemlicher Sicherheit besser als die von LNG an der Ostküste, wenn man bedenkt, wie weit die Transportanforderungen entfernt sind”, sagte der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, zu Reuters. An der Westküste gibt es bereits die Genehmigung für zwei Anlagen. Die “große Chance” liege an der Ostküste im Wasserstoff, sagte er.
Dennoch sind die Hoffnungen groß, dass westliche Demokratien und G7-Partner angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine europäischen Ländern helfen, von russischem Gas unabhängig zu werden. Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), setzte sich im Reuters-Interview ebenfalls für ein Terminal im Osten Kanadas ein. Aber auch die Lieferung von kanadischem Flüssiggas nach Asien von der Westküste würde helfen, betonte er. “Da das von dort exportierte Gas auf den Weltmarkt gehen wird, wird das Angebot vergrößert und Preise sinken.”
kle/hf (rtr, dpa, afp)
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) befinden sich mit einer Delegation von Wirtschaftsvertretern in Kanada. Hauptziel des Besuchs ist die Vertiefung der Zusammenarbeit beider Länder im Klima- und Energiebereich. Dabei geht es zum einen um den erhofften Bezug von Flüssiggas (LNG) und mittelfristig um die Lieferung von grünem Wasserstoff nach Deutschland.
Bei den Gesprächen mit Ministerpräsident Justin Trudeau wird es aber auch um die politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung der Ukraine gehen und um das Verhältnis zu Russland und China. Ferner dürfte es um die Zusammenarbeit in der NATO gehen.
Schützenhilfe aus Kiew
Mit drei Stationen an drei Tagen ist die Reise ungewöhnlich lang. Scholz und Habeck reisen zuerst nach Montreal, wo an diesem Montag die politischen Gespräche mit Trudeau stattfinden, der in Montreal seinen Wahlkreis hat. Anschließend geht es weiter in die Wirtschaftsmetropole Toronto, wo Scholz, Habeck und Trudeau an einer deutsch-kanadischen Wirtschaftskonferenz teilnehmen. Kanzler und Vizekanzler werden von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet, zu der auch VW-Chef Herbert Diess gehört.
Für Dienstagnachmittag ist dann noch ein Besuch in dem abgelegenen Küstenort Stephenville in Neufundland geplant. Dort wird es um die Entwicklung von Wasserstofftechnologien und den Aufbau von Lieferketten für Wasserstoff gehen. Dazu soll auch ein Abkommen unterzeichnet werden.
Kanada ist mit einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern nach Russland das zweitgrößte Land der Welt, mit etwa 37 Millionen Einwohnern aber vergleichsweise dünn besiedelt. Das Land ist Partner Deutschlands in der G7 wirtschaftsstarker Demokratien und in der NATO.
Kurz vor der Abreise des Kanzlers erhält die Bundesregierung Unterstützung im Werben um kanadisches Flüssiggas (LNG). Auch die Ukraine setzt ausdrücklich auf den Bau eines LNG-Terminals an der Ostküste des nordamerikanischen Landes. “LNG aus Kanada ist eine viel bessere Alternative als Gas aus Russland”, sagte der Chef des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Jurij Witrenko, der Nachrichtenagentur Reuters. “Kanada ist ein demokratisches Land, das seine Nachbarn nicht überfällt. Kanadische Anbieter haben keine Vormachtstellung auf dem deutschen Markt und missbrauchen ihn nicht wie Gazprom, das das Angebot künstlich verknappt, den Markt beherrscht und seine Kunden abzockt”, so Witrenko.
Welche Rolle spielt die ukrainische Minderheit in Kanada?
Offiziell schraubt die deutsche Regierung die Erwartung an die Lieferung von LNG-Gas aus Kanada herunter. Es sei klar, dass in den nächsten ein, zwei Jahren ohnehin nichts geliefert werden könne, weil es noch keine LNG-Exportterminals an der Ostküste gebe, heißt es in Regierungskreisen in Berlin. Man wolle Kanada vor allem als sicheren Lieferanten von Wasserstoff in der Zukunft an Deutschland binden.
Bessere Chancen für Wasserstoff
Die Bundesregierung steht aber unter Druck, Alternativen zu russischem Gas zu finden. Der Grund für die Zurückhaltung im Falle von Kanada, das über große Erdgasvorkommen verfügt, ist vor allem, dass der Bundeskanzler Premierminister Justin Trudeau nicht noch mehr Probleme bereiten will. Denn Trudeau kassierte schon mit der Auslieferung einer in seinem Land gewarteten Gas-Turbine von Siemens Energy für die Ostseepipeline Nord Stream 1 an Deutschland heftige innenpolitische Kritik – vor allem von der großen ukrainischstämmigen Minderheit im Land. Und in der Provinz Quebec gibt es erheblichen Widerstand gegen den Bau eines LNG-Terminals, gerade von Umweltschutzgruppen. Zuständig sind die Provinzen, weshalb Scholz und Habeck auch den Ministerpräsidenten von Quebec treffen.
Aber beim Thema LNG-Gas gibt es nun einen informellen deutsch-ukrainischen Schulterschluss. Dieser könnte in der innerkanadischen Debatte helfen, gerade durch den Einfluss Kiews auf die ukrainische Minderheit in Kanada. Bereits am 13. Juni hatten der ukrainische Staatskonzern Naftogaz und die kanadische Firma Symbio, die hinter dem LNG-Projekt Energie Saguenay im Osten steht, eine Absichtserklärung für die Lieferung von LNG und Wasserstoff geschlossen. Das Exportterminal soll in den Planungen beider Unternehmen eine Kapazität von 15 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr haben. “Kanadisches LNG von Symbio ist viel umweltfreundlicher als Gas von Gazprom”, warb Naftogaz-Chef Witrenko bei Umweltschützern. Aufgrund “überlegener Technologien und Sorgfalt” würden sehr viel weniger Methan- und CO2-Emissionen freigesetzt.
Die Bundesregierung wirbt dafür, dass man doch einen LNG-Terminal bauen könnte, von dem aus später dann grüner Wasserstoff nach Europa exportiert werden könnte. Die doppelte Nutzung ist auch für die LNG-Anlandeterminals an der deutschen Küste geplant. Ob die Bemühungen Erfolg haben, ist unklar. Zuletzt hatten Kanada und Deutschland hinter den Kulissen erörtert, welche Optionen für LNG-Terminals es an der Ostküste gibt. Der kanadische Umweltminister Steven Guilbeault hatte der Nachrichtenagentur Reuters im Juni gesagt, dass die Repsol-Anlage in New Brunswick das am besten realisierbare Projekt sei. Insgesamt gibt es vier Pläne für LNG-Anlagen im Osten, die allerdings noch nicht genehmigt sind.
“Die Wirtschaftlichkeit von LNG an der Westküste ist mit ziemlicher Sicherheit besser als die von LNG an der Ostküste, wenn man bedenkt, wie weit die Transportanforderungen entfernt sind”, sagte der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, zu Reuters. An der Westküste gibt es bereits die Genehmigung für zwei Anlagen. Die “große Chance” liege an der Ostküste im Wasserstoff, sagte er.
Dennoch sind die Hoffnungen groß, dass westliche Demokratien und G7-Partner angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine europäischen Ländern helfen, von russischem Gas unabhängig zu werden. Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), setzte sich im Reuters-Interview ebenfalls für ein Terminal im Osten Kanadas ein. Aber auch die Lieferung von kanadischem Flüssiggas nach Asien von der Westküste würde helfen, betonte er. “Da das von dort exportierte Gas auf den Weltmarkt gehen wird, wird das Angebot vergrößert und Preise sinken.”
kle/hf (rtr, dpa, afp)