Die wundersame Welt der Pilze
Sie bringen Schamanen die Erleuchtung, bevölkern Sagen und Märchen und sind unverzichtbar auf der Pizza Funghi. Pilz und Mensch haben ein ganz besonderes Verhältnis.
Im Herbst sprießen sie wieder: Auf Wiesen, im Wald, auf verrottenden Baumstämmen oder im stinkenden Kuhmist strecken die Pilze ihre Köpfe empor. Und an vielen Orten streifen Menschen mit Körben umher auf der Suche nach essbaren Exemplaren. Die Orte, wo sie zu finden sind, halten sie möglichst vor der Konkurrenz geheim. Doch Pilze sind weit mehr als ein Gaumenschmaus. Seit Jahrtausenden beflügeln sie die Fantasie der Menschen.
Einige Pilze schmecken einfach nur köstlich, andere wiederum sorgen nach dem Genuss für spirituell entrückte Zustände. Schon in grauer Vorzeit haben die Frühmenschen offenbar die bewusstseinserweiternde Wirksamkeit von Pilzen entdeckt, auf Fels- und Höhlenmalereien finden sich immer wieder Pilzdarstellungen.
Im Herbst sprießen sie wieder: Auf Wiesen, im Wald, auf verrottenden Baumstämmen oder im stinkenden Kuhmist strecken die Pilze ihre Köpfe empor. Und an vielen Orten streifen Menschen mit Körben umher auf der Suche nach essbaren Exemplaren. Die Orte, wo sie zu finden sind, halten sie möglichst vor der Konkurrenz geheim. Doch Pilze sind weit mehr als ein Gaumenschmaus. Seit Jahrtausenden beflügeln sie die Fantasie der Menschen.
Für die Ägypter waren Pilze die “Speise der Götter”. Sie glaubten, der Genuss würde das Leben verlängern – oder sogar unsterblich machen. Die Griechen nahmen bei bestimmten Zeremonien einen Trunk aus Mutterkornpilz zu sich und berichteten später von Visionen und geisterhaften Erscheinungen.
Pilze als Speise der Götter
Auch die Maya und Azteken versetzen sich mit halluzinogenen Pilzen in Trance. Montezuma II., der letzte Herrscher der Azteken, soll bei seiner Krönungszeremonie reichlich vom “Teonanacatl” (Fleisch der Götter) zu sich genommen haben. Der spanische Missionar Bernardino de Sahagún beobachtete ein Treffen von Indigenen und notierte: “Sie aßen die Pilze zusammen mit Honig. Als die Pilze zu wirken begannen, wurde getanzt und geweint…einige sahen in ihren Visionen, wie sie im Krieg starben, einige, wie sie wohlhabend wurden, einige, wie sie Ehebruch begingen und wie sie dann gesteinigt und ihre Schädel eingeschlagen wurden.”
Während Sahagún die Bräuche der Einheimischen akribisch festhielt – sein zeitgenössisches Werk über das Leben und die Kultur der Azteken wurde 2015 von der UNESCO zu Weltkulturerbe erklärt -, sahen andere Missionare durch den Pilzkult die christliche Heilslehre bedroht. Für sie sprach der Teufel aus den Pilzen, die Rituale wurden verboten. Zuwiderhandlung wurde von den Eroberern streng bestraft.
Auch in der alten Welt, in Europa, war man den Pilzen nicht wohlgesonnen. Sie hatten absonderliche Formen und Farben und wuchsen im Verborgenen. Kurzum: Sie waren den Menschen unheimlich, wovon auch ihre Namen zeugen – Teufelspilz, Hexenpilz oder Satanspilz. So ist es kein Wunder, dass Pilze im Mittelalter in Verdacht standen, Werkzeuge von Hexen und Zauberern zu sein.
Sogenannte Hexenringe – eine kreisförmige Ausbreitung von Pilzen – machten den Menschen besonders viel Angst. Man glaubte, dass sich hier in der Walpurgisnacht die Hexen zum Tanz versammelten und hielt sie für ein Werk des Teufels. Daher vermied man es auch, einen Fuß in den Ring zu setzen, um sich nicht dem Zauber der bösen Geister auszuliefern. Auch eine Kuh sollte nicht an einem derartigen Ort weiden, denn sie würde bestimmt keine gute Milch geben. Heute weiß man, dass ein Hexenring aus einer Gruppe Pilze von einem Schwammgewebe besteht, die zusammen einen Kreis bilden.
In Sagen und Märchen späterer Jahrhunderte dienen Pilze oft als Behausung für Zwerge oder Feen. Es gibt das Märchen vom Pilzkönig, der einem Königssohn seine jüngste Tochter zur Frau gibt, von Pilzwichteln, die im Wald hausen oder vom kleinen Fliegenpilz, der sich mit einem Baum anfreundet und alles brüderlich mit ihm teilt.
Das älteste bekannteste deutsche Märchen, das von Pilzen handelt,stammt aus dem Jahr 1870 – und gibt den jungen Leserinnen und Lesern einen wichtigen Rat mit auf den Weg. “Also bedenkt Euch wohl, ihr lieben kleinen Mädchen, und auch ihr Buben, wenn ihr den netten, zerbrechlichen Dingern im Walde begegnet, und zerschlagt nicht gleich aus bloßer Zerstörungslust die schönen Pilze… Auch sie haben Leben von ihm (Gott) empfangen und Freude an ihrem kurzen Dasein.”
Dass die Wikinger gefürchtete Krieger waren, ist bekannt. Doch besonders berüchtigt unter ihnen waren die Berserker, die sich im Kampf in einen wahren Blutrausch steigerten. Weder Freund noch Feind waren vor ihnen sicher. Manchmal heulten sie wie Wölfe, ihre Körper durchliefen Schauer. “Sie bissen in ihre Schilde, aßen Glut und gingen durchs Feuer”, ist im norwegischen Standardwerk “norske lexikon” nachzulesen.
Lange glaubte man, der Konsum von Fliegenpilzen habe die Männer in diesen Zustand versetzt. In mittelalterlichen Chroniken allerdings ist nachzulesen, dass sie vor dem Kampf wohl eher zum spitzkegeligen Kahlkopf gegriffen haben, dem halluzinogenen “fleinsopp”. Hätten sie massenhaft Fliegenpilze gegessen, wären sie wahrscheinlich tot vor dem Feind zusammengebrochen. Der Fliegenpilz spielte bei den Nordmännern trotzdem eine wichtige Rolle: Folgt man den germanischen Überlieferungen, reicherten die Wikinger ihren Met (Honigwein) mit Fliegenpilz an.
Ab den späten 1950er-Jahren erlebten die halluzinogenen Pilze eine Renaissance. Denn allen Verboten der Konquistadoren zum Trotz hatte die Nachfahren der Azteken und Maya den Pilzkult am Leben gehalten. 1955 durfte der US-amerikanische Pilzforscher Gordon Wasson als erster Außenstehender an einer heiligen Zeremonie in den Mixeteco-Bergen Mexikos teilnehmen. Die Schamanin María Sabina aus dem Volk der Mazateken leitete die heilige “Velada” (Nachtwache). Als Wasson 1957 im Life-Magazins den Artikel “Seeking the Magic Mushroom” (“Auf der Suche nach den magischen Pilzen”) veröffentlichte, in dem er die magische Wirkung des “Teonanacatl” beschrieb, löste er einen wahren Run auf Sabinas Heimatdorf Huautla aus.
Nicht nur Wissenschaftler kamen, auch Hippies pilgerten nach Mexiko. Stars wie Bob Dylan, John Lennon und Mick Jagger sollen darunter gewesen sein – und sie alle waren weniger an den Gesängen der Heilerin interessiert als an den “magic mushrooms”.
Der anhaltende Pilztourismus brachte der Schamanin kein Glück. Viele der Fremden verloren im Rausch die Kontrolle und den Respekt vor den Einheimischen. Die Indigenen waren verärgert, dass ein heiliges Ritual zur Touristenattraktion verkam, verstießen María Sabina schließlich aus ihrer Gemeinschaft und brannten ihr Haus nieder. Zu allem Überfluss warf ihr die Polizei auch noch Drogenhandel vor und sie wurde kurzzeitig eingesperrt. Später verdiente sie sich ihr Geld mit Vorträgen über das Pilzritual.
Im Herbst sprießen sie wieder: Auf Wiesen, im Wald, auf verrottenden Baumstämmen oder im stinkenden Kuhmist strecken die Pilze ihre Köpfe empor. Und an vielen Orten streifen Menschen mit Körben umher auf der Suche nach essbaren Exemplaren. Die Orte, wo sie zu finden sind, halten sie möglichst vor der Konkurrenz geheim. Doch Pilze sind weit mehr als ein Gaumenschmaus. Seit Jahrtausenden beflügeln sie die Fantasie der Menschen.
Einige Pilze schmecken einfach nur köstlich, andere wiederum sorgen nach dem Genuss für spirituell entrückte Zustände. Schon in grauer Vorzeit haben die Frühmenschen offenbar die bewusstseinserweiternde Wirksamkeit von Pilzen entdeckt, auf Fels- und Höhlenmalereien finden sich immer wieder Pilzdarstellungen.
Pilze als Speise der Götter
Für die Ägypter waren Pilze die “Speise der Götter”. Sie glaubten, der Genuss würde das Leben verlängern – oder sogar unsterblich machen. Die Griechen nahmen bei bestimmten Zeremonien einen Trunk aus Mutterkornpilz zu sich und berichteten später von Visionen und geisterhaften Erscheinungen.
Auch die Maya und Azteken versetzen sich mit halluzinogenen Pilzen in Trance. Montezuma II., der letzte Herrscher der Azteken, soll bei seiner Krönungszeremonie reichlich vom “Teonanacatl” (Fleisch der Götter) zu sich genommen haben. Der spanische Missionar Bernardino de Sahagún beobachtete ein Treffen von Indigenen und notierte: “Sie aßen die Pilze zusammen mit Honig. Als die Pilze zu wirken begannen, wurde getanzt und geweint…einige sahen in ihren Visionen, wie sie im Krieg starben, einige, wie sie wohlhabend wurden, einige, wie sie Ehebruch begingen und wie sie dann gesteinigt und ihre Schädel eingeschlagen wurden.”
Während Sahagún die Bräuche der Einheimischen akribisch festhielt – sein zeitgenössisches Werk über das Leben und die Kultur der Azteken wurde 2015 von der UNESCO zu Weltkulturerbe erklärt -, sahen andere Missionare durch den Pilzkult die christliche Heilslehre bedroht. Für sie sprach der Teufel aus den Pilzen, die Rituale wurden verboten. Zuwiderhandlung wurde von den Eroberern streng bestraft.
Der Pilzkult der Maya und Azteken
Auch in der alten Welt, in Europa, war man den Pilzen nicht wohlgesonnen. Sie hatten absonderliche Formen und Farben und wuchsen im Verborgenen. Kurzum: Sie waren den Menschen unheimlich, wovon auch ihre Namen zeugen – Teufelspilz, Hexenpilz oder Satanspilz. So ist es kein Wunder, dass Pilze im Mittelalter in Verdacht standen, Werkzeuge von Hexen und Zauberern zu sein.
Der Pilz im Mittelalter
Sogenannte Hexenringe – eine kreisförmige Ausbreitung von Pilzen – machten den Menschen besonders viel Angst. Man glaubte, dass sich hier in der Walpurgisnacht die Hexen zum Tanz versammelten und hielt sie für ein Werk des Teufels. Daher vermied man es auch, einen Fuß in den Ring zu setzen, um sich nicht dem Zauber der bösen Geister auszuliefern. Auch eine Kuh sollte nicht an einem derartigen Ort weiden, denn sie würde bestimmt keine gute Milch geben. Heute weiß man, dass ein Hexenring aus einer Gruppe Pilze von einem Schwammgewebe besteht, die zusammen einen Kreis bilden.
In Sagen und Märchen späterer Jahrhunderte dienen Pilze oft als Behausung für Zwerge oder Feen. Es gibt das Märchen vom Pilzkönig, der einem Königssohn seine jüngste Tochter zur Frau gibt, von Pilzwichteln, die im Wald hausen oder vom kleinen Fliegenpilz, der sich mit einem Baum anfreundet und alles brüderlich mit ihm teilt.
Der Pilz im Märchen
Das älteste bekannteste deutsche Märchen, das von Pilzen handelt,stammt aus dem Jahr 1870 – und gibt den jungen Leserinnen und Lesern einen wichtigen Rat mit auf den Weg. “Also bedenkt Euch wohl, ihr lieben kleinen Mädchen, und auch ihr Buben, wenn ihr den netten, zerbrechlichen Dingern im Walde begegnet, und zerschlagt nicht gleich aus bloßer Zerstörungslust die schönen Pilze… Auch sie haben Leben von ihm (Gott) empfangen und Freude an ihrem kurzen Dasein.”
Wie Pilze aus Wikingern Berserker machen
Dass die Wikinger gefürchtete Krieger waren, ist bekannt. Doch besonders berüchtigt unter ihnen waren die Berserker, die sich im Kampf in einen wahren Blutrausch steigerten. Weder Freund noch Feind waren vor ihnen sicher. Manchmal heulten sie wie Wölfe, ihre Körper durchliefen Schauer. “Sie bissen in ihre Schilde, aßen Glut und gingen durchs Feuer”, ist im norwegischen Standardwerk “norske lexikon” nachzulesen.
Pilztourismus nach Mexiko
Lange glaubte man, der Konsum von Fliegenpilzen habe die Männer in diesen Zustand versetzt. In mittelalterlichen Chroniken allerdings ist nachzulesen, dass sie vor dem Kampf wohl eher zum spitzkegeligen Kahlkopf gegriffen haben, dem halluzinogenen “fleinsopp”. Hätten sie massenhaft Fliegenpilze gegessen, wären sie wahrscheinlich tot vor dem Feind zusammengebrochen. Der Fliegenpilz spielte bei den Nordmännern trotzdem eine wichtige Rolle: Folgt man den germanischen Überlieferungen, reicherten die Wikinger ihren Met (Honigwein) mit Fliegenpilz an.
Ab den späten 1950er-Jahren erlebten die halluzinogenen Pilze eine Renaissance. Denn allen Verboten der Konquistadoren zum Trotz hatte die Nachfahren der Azteken und Maya den Pilzkult am Leben gehalten. 1955 durfte der US-amerikanische Pilzforscher Gordon Wasson als erster Außenstehender an einer heiligen Zeremonie in den Mixeteco-Bergen Mexikos teilnehmen. Die Schamanin María Sabina aus dem Volk der Mazateken leitete die heilige “Velada” (Nachtwache). Als Wasson 1957 im Life-Magazins den Artikel “Seeking the Magic Mushroom” (“Auf der Suche nach den magischen Pilzen”) veröffentlichte, in dem er die magische Wirkung des “Teonanacatl” beschrieb, löste er einen wahren Run auf Sabinas Heimatdorf Huautla aus.
Nicht nur Wissenschaftler kamen, auch Hippies pilgerten nach Mexiko. Stars wie Bob Dylan, John Lennon und Mick Jagger sollen darunter gewesen sein – und sie alle waren weniger an den Gesängen der Heilerin interessiert als an den “magic mushrooms”.
Der anhaltende Pilztourismus brachte der Schamanin kein Glück. Viele der Fremden verloren im Rausch die Kontrolle und den Respekt vor den Einheimischen. Die Indigenen waren verärgert, dass ein heiliges Ritual zur Touristenattraktion verkam, verstießen María Sabina schließlich aus ihrer Gemeinschaft und brannten ihr Haus nieder. Zu allem Überfluss warf ihr die Polizei auch noch Drogenhandel vor und sie wurde kurzzeitig eingesperrt. Später verdiente sie sich ihr Geld mit Vorträgen über das Pilzritual.
In den USA wurde der Pilzkonsum 1969 verboten, andere Länder folgten. Auch für medizinische Zwecke durften sie nicht mehr erforscht werden. Und heute? In manchen Ländern – wie in den Niederlanden – kann man die Magic Mushrooms ganz legal im Geschäft kaufen, auch im Internet blüht der Handel. Der Pilz, der einst das Tor zu den Göttern aufstoßen sollte, ist längst zur Partydroge geworden.
Aber viele Pilzarten sind einfach nur eine kulinarische Delikatesse, die genauso verzücken kann wie ihr berauschender Verwandter – nicht nur auf der Pizza Funghi.
Aber viele Pilzarten sind einfach nur eine kulinarische Delikatesse, die genauso verzücken kann wie ihr berauschender Verwandter – nicht nur auf der Pizza Funghi.