Snowman Race in Buthan: Ultramarathon gegen den Klimawandel
Das neue “Snowman Race” im Himalaya-Staat Bhutan gilt als eines der härtesten Rennen der Welt. Das sagt auch die in Deutschland lebende Ultra-Läuferin Holly Zimmermann, die bei der Premiere dabei war.
“Es war sehr abgelegen, eine echte Expedition, richtig wild und schwierig”, sagt Ultra-Läuferin Holly Zimmermann über ihre Erfahrungen beim ersten “Snowman Race” in Bhutan. Die in Deutschland lebende US-Amerikanerin ist nicht so leicht zu beeindrucken. Schließlich bewältigte sie bereits in der marokkanischen Sahara den “Marathon des Sables”, ein Etappenrennen durch die Wüste über 230 Kilometer – oder auch den Everest-Marathon, der im Basislager zu Füßen des höchsten Bergs der Erde auf gut 5300 Meter Meereshöhe gestartet wird. “Am Everest waren viele Leute unterwegs, und es ging meist bergab”, sagt Zimmermann der DW. “Das Rennen in Bhutan war viel härter.” Mit 52 Jahren war sie die älteste Teilnehmerin.
Nur 29 Ultra-Läuferinnen und -Läufer gingen beim “Snowman Race” an den Start: neun Einheimische und 20 aus aller Welt, die von den Veranstaltern persönlich eingeladen worden waren. Das Rennen folgte den Spuren des “Snowman Trek”, einer legendären, anspruchsvollen Drei-Wochen-Trekkingtour im östlichen Himalaya. In fünf Tagesetappen ging es über 203 Kilometer, der höchste Punkt lag auf 5470 Metern.
“Es war sehr abgelegen, eine echte Expedition, richtig wild und schwierig”, sagt Ultra-Läuferin Holly Zimmermann über ihre Erfahrungen beim ersten “Snowman Race” in Bhutan. Die in Deutschland lebende US-Amerikanerin ist nicht so leicht zu beeindrucken. Schließlich bewältigte sie bereits in der marokkanischen Sahara den “Marathon des Sables”, ein Etappenrennen durch die Wüste über 230 Kilometer – oder auch den Everest-Marathon, der im Basislager zu Füßen des höchsten Bergs der Erde auf gut 5300 Meter Meereshöhe gestartet wird. “Am Everest waren viele Leute unterwegs, und es ging meist bergab”, sagt Zimmermann der DW. “Das Rennen in Bhutan war viel härter.” Mit 52 Jahren war sie die älteste Teilnehmerin.
Die Strecke war mit Fähnchen markiert. “Die waren aber am Abend unmöglich zu sehen. Im Dunkeln mussten wir mit GPS navigieren”, sagt Zimmermann. Übernachtet wurde im Zelt, alle trugen Rucksäcke. “Wir hatten eine Pflichtausrüstung. Schlafsack, Essen für unterwegs, Wasser, Regenklamotten, eine wärmere Jacke, Mütze, Handschuhe, Erste-Hilfe-Material. Am schwersten war der Schlafsack. Ich hatte einen für Temperaturen bis minus 30 Grad Celsius. Und es war trotzdem kalt.”
Pflichtgepäck im Rucksack
Als “einen der härtesten und höchsten Ultra-Marathons der Welt” hatten die Veranstalter das Rennen bezeichnet. Es ging ihnen nicht nur um die sportliche Herausforderung, sondern auch um eine politische Botschaft: Mit dem Spektakel wollte Bhutan die Aufmerksamkeit der Welt auf die Folgen des Klimawandels für den kleinen Himalayastaat lenken. “Die Menschen, die am Rande der schmelzenden Gletscher leben, tragen am wenigsten zum Klimawandel bei, bekommen aber als erste seine verheerenden Auswirkungen zu spüren”, sagte Bhutans Königin Jetsun Pema – seit 2011 mit dem Regenten, König Jigme, verheiratet – in einer Grußbotschaft nach dem Ende des Rennens.
In Bhutan gibt es rund 700 Gletscher, die in immer schnellerem Tempo abschmelzen. 567 Gletscherseen haben Forscher im vergangenen Jahr in den Bergen des Kleinstaats gezählt, 17 davon stuften sie als gefährlich ein. Sollte einer der natürlichen Dämme brechen, könnte sich ein Unglück wie jenes am 7. Oktober 1994 wiederholen: Damals schossen 17 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Gletschersee Lugge Tsho talwärts, Dörfer und Felder wurden überflutet, 21 Menschen kamen ums Leben.
“Wir sind die Leidtragenden des Klimawandels, ohne dass wir etwas dafür können”, sagt Karma Toeb, der sich als Glaziologe des Nationalen Zentrum für Hydrologie und Meteorologie (NCHM) seit mehr als 20 Jahren mit der Gletscherschmelze in seinem Heimatland befasst. Worauf Karma hinweist, ist die Tatsache, dass Bhutan – neben Panama und Surinam – zu den nur drei Staaten weltweit gehört, die eine negative CO2-Bilanz aufweisen: Dort werden mehr Treibhausgase absorbiert als produziert. Das schützt jedoch nicht vor den Folgen des Klimawandels.
“Wir sahen die Veränderungen mit eigenen Augen”, sagt US-Läufer Luke Nelson. “Ich sah deutlich die Spuren der früheren Gletscher, mit Moränen, die nicht mehr mit Eis gefüllt waren. Was mich allerdings am meisten beeindruckt hat, waren die Menschen dort und die Bedrohung, mit der sie jeden Tag leben.” Einer Bedrohung, die sehr real ist. So zerstörte Ende September nach drei Tagen Dauerregen ein Erdrutsch mehrere Häuser eines Bergdorfs in Bhutan, fünf Menschen kamen ums Leben.
“Zunächst war ich voll auf den Wettkampf fokussiert”, sagt Holly Zimmermann. “Aber dann habe ich schnell gemerkt, dass es um sehr viel mehr ging. Wir haben hier etwas gelernt über die Klimakrise und was sie dagegen tun.” Nachdem Bhutan sich wegen der Corona-Pandemie mehr als zwei Jahre lang nach außen abgeschottet hatte, dürfen seit September wieder Touristen ins Land. Sie müssen dafür tiefer in die Tasche greifen. Die Regierung hat die Gebühr für nachhaltige Entwicklung von 65 auf 200 US-Dollar pro Person und Nacht angehoben. Das Geld wird unter anderem für Klimaschutzprogramme eingesetzt.
Die Botschaft, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher, ist auch bei den Läuferinnen und Läufern des “Snowman Race” angekommen. “Ist das die Welt, die wir unseren Kindern vererben wollen?”, fragt Simon Mtuy. Der Läufer aus Tansania richtet einen Appell an die bevorstehende Weltklimakonferenz im November in Scharm El-Scheich in Ägypten: “Wir müssen das Problem sehr schnell anpacken und reparieren, was wir zerstört haben.”
Mtuy war einer von 17 Startenden, die nach gut 200 Kilometern das Ziel des “Snowman Race” erreichten. Zwölf hatten vorher aufgegeben. “Mehrere Läufer mussten wegen Höhenkrankheit mit dem Hubschrauber evakuiert werden”, berichtet Holly Zimmerman. Ihre eigene Aufgabe am zweiten Tag hatte einen anderen Grund: An einem Pass auf gut 5200 Metern war sie nur noch sehr langsam unterwegs, nachdem sie am Vortag noch bis in die Abendstunden gelaufen war. “Ich habe zu Hause vier Kinder im Alter zwischen 14 und 21 Jahren. Ich habe mir gesagt: ‘Sicherheit geht vor’ und habe umgedreht.”
Auf den Podestplätzen landeten am Ende nur Einheimische. “Das hatten wir alle erwartet”, sagt Zimmermann, die seit dem Jahr 2000 mit ihrer Familie in einem Dorf nahe Regensburg lebt. Sie kehre mit vielen Eindrücken nach Deutschland zurück – aus dem einzigen Land der Welt, in dem das Glück der Bevölkerung als Staatsziel in der Verfassung festgeschrieben ist. “Ich hoffe, ich nehme die Ruhe, Demut und Gastfreundlichkeit der Menschen mit”, so die Ultra-Läuferin. “Sie sind als die glücklichsten Menschen der Welt bekannt. Und nach dem, was ich erlebt habe, kann ich das bestätigen.” Wären da nicht der Klimawandel und seine Folgen.
“Es war sehr abgelegen, eine echte Expedition, richtig wild und schwierig”, sagt Ultra-Läuferin Holly Zimmermann über ihre Erfahrungen beim ersten “Snowman Race” in Bhutan. Die in Deutschland lebende US-Amerikanerin ist nicht so leicht zu beeindrucken. Schließlich bewältigte sie bereits in der marokkanischen Sahara den “Marathon des Sables”, ein Etappenrennen durch die Wüste über 230 Kilometer – oder auch den Everest-Marathon, der im Basislager zu Füßen des höchsten Bergs der Erde auf gut 5300 Meter Meereshöhe gestartet wird. “Am Everest waren viele Leute unterwegs, und es ging meist bergab”, sagt Zimmermann der DW. “Das Rennen in Bhutan war viel härter.” Mit 52 Jahren war sie die älteste Teilnehmerin.
Nur 29 Ultra-Läuferinnen und -Läufer gingen beim “Snowman Race” an den Start: neun Einheimische und 20 aus aller Welt, die von den Veranstaltern persönlich eingeladen worden waren. Das Rennen folgte den Spuren des “Snowman Trek”, einer legendären, anspruchsvollen Drei-Wochen-Trekkingtour im östlichen Himalaya. In fünf Tagesetappen ging es über 203 Kilometer, der höchste Punkt lag auf 5470 Metern.
Pflichtgepäck im Rucksack
Die Strecke war mit Fähnchen markiert. “Die waren aber am Abend unmöglich zu sehen. Im Dunkeln mussten wir mit GPS navigieren”, sagt Zimmermann. Übernachtet wurde im Zelt, alle trugen Rucksäcke. “Wir hatten eine Pflichtausrüstung. Schlafsack, Essen für unterwegs, Wasser, Regenklamotten, eine wärmere Jacke, Mütze, Handschuhe, Erste-Hilfe-Material. Am schwersten war der Schlafsack. Ich hatte einen für Temperaturen bis minus 30 Grad Celsius. Und es war trotzdem kalt.”
Als “einen der härtesten und höchsten Ultra-Marathons der Welt” hatten die Veranstalter das Rennen bezeichnet. Es ging ihnen nicht nur um die sportliche Herausforderung, sondern auch um eine politische Botschaft: Mit dem Spektakel wollte Bhutan die Aufmerksamkeit der Welt auf die Folgen des Klimawandels für den kleinen Himalayastaat lenken. “Die Menschen, die am Rande der schmelzenden Gletscher leben, tragen am wenigsten zum Klimawandel bei, bekommen aber als erste seine verheerenden Auswirkungen zu spüren”, sagte Bhutans Königin Jetsun Pema – seit 2011 mit dem Regenten, König Jigme, verheiratet – in einer Grußbotschaft nach dem Ende des Rennens.
In Bhutan gibt es rund 700 Gletscher, die in immer schnellerem Tempo abschmelzen. 567 Gletscherseen haben Forscher im vergangenen Jahr in den Bergen des Kleinstaats gezählt, 17 davon stuften sie als gefährlich ein. Sollte einer der natürlichen Dämme brechen, könnte sich ein Unglück wie jenes am 7. Oktober 1994 wiederholen: Damals schossen 17 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Gletschersee Lugge Tsho talwärts, Dörfer und Felder wurden überflutet, 21 Menschen kamen ums Leben.
“Wir sind die Leidtragenden des Klimawandels, ohne dass wir etwas dafür können”, sagt Karma Toeb, der sich als Glaziologe des Nationalen Zentrum für Hydrologie und Meteorologie (NCHM) seit mehr als 20 Jahren mit der Gletscherschmelze in seinem Heimatland befasst. Worauf Karma hinweist, ist die Tatsache, dass Bhutan – neben Panama und Surinam – zu den nur drei Staaten weltweit gehört, die eine negative CO2-Bilanz aufweisen: Dort werden mehr Treibhausgase absorbiert als produziert. Das schützt jedoch nicht vor den Folgen des Klimawandels.
Gefährliche Gletscherseen
“Wir sahen die Veränderungen mit eigenen Augen”, sagt US-Läufer Luke Nelson. “Ich sah deutlich die Spuren der früheren Gletscher, mit Moränen, die nicht mehr mit Eis gefüllt waren. Was mich allerdings am meisten beeindruckt hat, waren die Menschen dort und die Bedrohung, mit der sie jeden Tag leben.” Einer Bedrohung, die sehr real ist. So zerstörte Ende September nach drei Tagen Dauerregen ein Erdrutsch mehrere Häuser eines Bergdorfs in Bhutan, fünf Menschen kamen ums Leben.
Appell an die bevorstehende Weltklimakonferenz
“Zunächst war ich voll auf den Wettkampf fokussiert”, sagt Holly Zimmermann. “Aber dann habe ich schnell gemerkt, dass es um sehr viel mehr ging. Wir haben hier etwas gelernt über die Klimakrise und was sie dagegen tun.” Nachdem Bhutan sich wegen der Corona-Pandemie mehr als zwei Jahre lang nach außen abgeschottet hatte, dürfen seit September wieder Touristen ins Land. Sie müssen dafür tiefer in die Tasche greifen. Die Regierung hat die Gebühr für nachhaltige Entwicklung von 65 auf 200 US-Dollar pro Person und Nacht angehoben. Das Geld wird unter anderem für Klimaschutzprogramme eingesetzt.
Die Botschaft, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher, ist auch bei den Läuferinnen und Läufern des “Snowman Race” angekommen. “Ist das die Welt, die wir unseren Kindern vererben wollen?”, fragt Simon Mtuy. Der Läufer aus Tansania richtet einen Appell an die bevorstehende Weltklimakonferenz im November in Scharm El-Scheich in Ägypten: “Wir müssen das Problem sehr schnell anpacken und reparieren, was wir zerstört haben.”
Mtuy war einer von 17 Startenden, die nach gut 200 Kilometern das Ziel des “Snowman Race” erreichten. Zwölf hatten vorher aufgegeben. “Mehrere Läufer mussten wegen Höhenkrankheit mit dem Hubschrauber evakuiert werden”, berichtet Holly Zimmerman. Ihre eigene Aufgabe am zweiten Tag hatte einen anderen Grund: An einem Pass auf gut 5200 Metern war sie nur noch sehr langsam unterwegs, nachdem sie am Vortag noch bis in die Abendstunden gelaufen war. “Ich habe zu Hause vier Kinder im Alter zwischen 14 und 21 Jahren. Ich habe mir gesagt: ‘Sicherheit geht vor’ und habe umgedreht.”
17 von 29 kamen an
Auf den Podestplätzen landeten am Ende nur Einheimische. “Das hatten wir alle erwartet”, sagt Zimmermann, die seit dem Jahr 2000 mit ihrer Familie in einem Dorf nahe Regensburg lebt. Sie kehre mit vielen Eindrücken nach Deutschland zurück – aus dem einzigen Land der Welt, in dem das Glück der Bevölkerung als Staatsziel in der Verfassung festgeschrieben ist. “Ich hoffe, ich nehme die Ruhe, Demut und Gastfreundlichkeit der Menschen mit”, so die Ultra-Läuferin. “Sie sind als die glücklichsten Menschen der Welt bekannt. Und nach dem, was ich erlebt habe, kann ich das bestätigen.” Wären da nicht der Klimawandel und seine Folgen.