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Ukraine-Krieg: Wie sich Kiew auf einen Blackout vorbereitet

Seit Wochen greift Russland die ukrainische Energieversorgung massiv an und verursacht so großflächige Stromausfälle. Wie kommen die Menschen zurecht – und wie bereiten sie sich auf eine noch schlimmere Notlage vor?

“Ich habe zusätzliche Powerbanks zum Aufladen des Telefons und eine Lampe gekauft, die mit Sonnenlicht aufgeladen werden kann, aber auch mit normalen Batterien funktioniert. Natürlich habe ich auch viele Kerzen gekauft. Aus meinem Wochenendhaus auf dem Land habe ich Schlafsäcke und eine Gasflasche mitgebracht, damit man Essen zubereiten kann”, erzählt Ljudmila Rosik aus Kiew über ihr Leben seit Russlands Angriff auf die Ukraine. “Aber sollte es einen totalen Blackout geben, fahre ich aufs Land, dort kann ich mein Haus auch mit Holz beheizen.”

Die ukrainische Energie-Infrastruktur steht seit einem Monat verstärkt im Visier der russischen Armee. Nach Angaben der ukrainischen Behörden wurden bereits etwa 40 Prozent der Anlagen zerstört. Wegen des Mangels an Elektrizität in zahlreichen Städten, insbesondere in Kiew, kommt es zu Stromabschaltungen. Betroffen sind dann Tausende von Wohnungen.

“Ich habe zusätzliche Powerbanks zum Aufladen des Telefons und eine Lampe gekauft, die mit Sonnenlicht aufgeladen werden kann, aber auch mit normalen Batterien funktioniert. Natürlich habe ich auch viele Kerzen gekauft. Aus meinem Wochenendhaus auf dem Land habe ich Schlafsäcke und eine Gasflasche mitgebracht, damit man Essen zubereiten kann”, erzählt Ljudmila Rosik aus Kiew über ihr Leben seit Russlands Angriff auf die Ukraine. “Aber sollte es einen totalen Blackout geben, fahre ich aufs Land, dort kann ich mein Haus auch mit Holz beheizen.”

Oleksandr Djatschenko, ebenfalls aus Kiew, hat sich gründlich auf diese Situation vorbereitet. Nach den ersten massiven Angriffen auf die Energieversorgung im Oktober hat er sich einen Spannungswandler fürs Auto gekauft. “Mit diesem Gerät kann man den Laptop vom Auto aus aufladen. Ich habe auch einen Gasherd und eine Gasheizung gekauft, auch Taschenlampen und eine Tischlampe fürs Zimmer”, sagt er. Aber vor allem hat er an dicke Filzstiefel gedacht. “Warme Kleidung ist das Wichtigste. Schließlich wird man während des Luftalarms vielleicht in einem kalten Keller ausharren müssen”, erläutert er.

Kein Zugang zum Internet

Ein Problem, das Oleksandr nicht lösen kann, ist der fehlende Zugang zum Internet während eines Stromausfalls. “Wenn mein WLAN mit einem Glasfaserkabel verbunden wäre, dann würde sich dieses Problem lösen lassen, indem man den Router mit einer Powerbank verbindet. Aber leider haben wir keinen Anbieter mit Glasfaserkabel im Haus. Und das mobile Internet fällt immer wieder aus. Dann gehen wir in ein Stadtviertel, wo es Strom gibt. Dort kann man sich dann in ein Café setzen und das Internet nutzen”, sagt er.

Ukrainische Mobilfunkbetreiber erklärten der DW, ihre Basisstationen würden für den Fall von Stromabschaltungen über Akkus verfügen, die einen Weiterbetrieb über mehrere Stunden garantieren. Die Unternehmen versichern, dass sie sich bemühen, die Zahl der Batterien und Generatoren zu erhöhen, um Ausfälle des mobilen Internets möglichst zu verhindern.

Gleichzeitig wollen die ukrainischen Behörden autonome WLAN-Punkte einrichten, die auch bei Stromausfällen funktionieren. “Wir erwägen den Einsatz von Tesla-Powerwall-Akkus und Starlink-Terminals, damit solche öffentliche Kommunikationspunkte in der Ukraine unabhängig vom Stromnetz funktionieren können”, erklärte jüngst der ukrainische Minister für digitale Transformation, Mychajlo Fedorow, in einem Interview für die ukrainische Ausgabe von Forbes. Ihm zufolge werden solche öffentlichen WLAN-Punkte im kommenden Monat in Betrieb gehen. Noch ist unklar, in welchen Städten. In Kiew aber dürfte es vermutlich welche geben. 

Die Verwaltung der Hauptstadt bereitet unterdessen die Einrichtung von etwa 1000 Aufwärmstellen für Bürger vor. Sie sollen mit dem Notwendigsten ausgestattet werden – mit Heizungen, Lampen, Waschgelegenheiten, Speisesälen, Ruheplätzen, warmer Kleidung und Decken. Darüber hinaus sollen die Räumlichkeiten über Stromgeneratoren verfügen, und für alle Fälle sollen sich Rettungskräfte ganz in der Nähe aufhalten. Bürgermeister Vitali Klitschko erklärte, die Stadt habe bereits einen großen Vorrat an Kraftstoff, Generatoren, Lebensmitteln und Wasser angelegt.

Diese Maßnahmen könnten jedoch nicht ausreichen, sollte die Stadt durch weitere russische Angriffe gänzlich ohne Strom- und Wasserversorgung dastehen, räumte Klitschko ein. Deshalb forderte er die Menschen auf, für den schlimmsten Fall gerüstet zu sein. “Wenn Sie Verwandte und Bekannte in den Vororten von Kiew haben, wo es eine eigene Versorgung mit Wasser, einen Ofen, eine Heizung gibt, dann kommen sie vorübergehend dort unter. Bitte treffen Sie Vorkehrungen für den Notfall, damit Sie einige Zeit bei Freunden oder Bekannten verbringen können”, sagte er im ukrainischen Fernsehen.

Kiews Verwaltung arbeitet zudem an einem Evakuierungsplan für drei Millionen Stadtbewohner im Falle eines totalen Blackouts. Das berichtete die “New York Times” kürzlich unter Berufung auf Roman Tkatschuk, den Leiter der Sicherheitsabteilung der Stadtverwaltung. Er selbst bestätigte später diese Informationen, betonte aber, dass es noch keinen Grund für eine Evakuierung gebe.

Eine Evakuierung, die drei Millionen Menschen gleichzeitig umfasse, sei unwahrscheinlich, meint Ihor Molodan, Leiter des “Autonom Klub”, einer Schule für Überlebenstraining. “Man muss sich um sich selbst kümmern. Man darf sich nicht auf die Behörden verlassen”, sagt er. Vor allem sollte man sich mit warmer Kleidung eindecken, aber auch Zelte und Schlafsäcke anschaffen. “Campingkocher und Gaspatronen sowie Gas-Keramikheizer sind auch nützlich”, fügt er hinzu.

Auch Wolodymyr Omeltschenko, Energieexperte des Rasumkow-Forschungszentrums, sagt, man sollte sich lieber auf sich selbst verlassen. “Bei einem Blackout in Kiew werden die Generatoren die Drei-Millionen-Stadt nicht mit Strom versorgen können. Sie werden vor allem für Krankenhäuser, Altenheime, Behörden und das Militär benötigt”, sagt er. Die Tausenden Aufwärmstellen seien nur auf etwa 200.000 Menschen ausgelegt, stellt Omeltschenko fest. Er betont aber, dass die Maßnahmen der Kiewer Behörden richtig seien. Mehr könne nicht getan werden. “Die Verwaltung keiner Stadt der Welt kann die Folgen eines totalen Blackouts bewältigen”, betont er.

Oleksandr Djatschenko will im Falle einer Notlage die Hauptstadt verlassen und in sein Landhaus fahren. “Ich habe bereits einen doppelten Vorrat an Brennholz angelegt, einen Gasherd und Gasflaschen gekauft. Dort werde ich heizen und kochen können”, sagt er.

Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk

Oleksandr Djatschenko mit Kerzen und Laternen für den Fall eines Stromausfalls
Auswärmstelle in Kiew - große Halle mit Sofas

“Ich habe zusätzliche Powerbanks zum Aufladen des Telefons und eine Lampe gekauft, die mit Sonnenlicht aufgeladen werden kann, aber auch mit normalen Batterien funktioniert. Natürlich habe ich auch viele Kerzen gekauft. Aus meinem Wochenendhaus auf dem Land habe ich Schlafsäcke und eine Gasflasche mitgebracht, damit man Essen zubereiten kann”, erzählt Ljudmila Rosik aus Kiew über ihr Leben seit Russlands Angriff auf die Ukraine. “Aber sollte es einen totalen Blackout geben, fahre ich aufs Land, dort kann ich mein Haus auch mit Holz beheizen.”

Die ukrainische Energie-Infrastruktur steht seit einem Monat verstärkt im Visier der russischen Armee. Nach Angaben der ukrainischen Behörden wurden bereits etwa 40 Prozent der Anlagen zerstört. Wegen des Mangels an Elektrizität in zahlreichen Städten, insbesondere in Kiew, kommt es zu Stromabschaltungen. Betroffen sind dann Tausende von Wohnungen.

Kein Zugang zum Internet

Oleksandr Djatschenko, ebenfalls aus Kiew, hat sich gründlich auf diese Situation vorbereitet. Nach den ersten massiven Angriffen auf die Energieversorgung im Oktober hat er sich einen Spannungswandler fürs Auto gekauft. “Mit diesem Gerät kann man den Laptop vom Auto aus aufladen. Ich habe auch einen Gasherd und eine Gasheizung gekauft, auch Taschenlampen und eine Tischlampe fürs Zimmer”, sagt er. Aber vor allem hat er an dicke Filzstiefel gedacht. “Warme Kleidung ist das Wichtigste. Schließlich wird man während des Luftalarms vielleicht in einem kalten Keller ausharren müssen”, erläutert er.

Ein Problem, das Oleksandr nicht lösen kann, ist der fehlende Zugang zum Internet während eines Stromausfalls. “Wenn mein WLAN mit einem Glasfaserkabel verbunden wäre, dann würde sich dieses Problem lösen lassen, indem man den Router mit einer Powerbank verbindet. Aber leider haben wir keinen Anbieter mit Glasfaserkabel im Haus. Und das mobile Internet fällt immer wieder aus. Dann gehen wir in ein Stadtviertel, wo es Strom gibt. Dort kann man sich dann in ein Café setzen und das Internet nutzen”, sagt er.

Ukrainische Mobilfunkbetreiber erklärten der DW, ihre Basisstationen würden für den Fall von Stromabschaltungen über Akkus verfügen, die einen Weiterbetrieb über mehrere Stunden garantieren. Die Unternehmen versichern, dass sie sich bemühen, die Zahl der Batterien und Generatoren zu erhöhen, um Ausfälle des mobilen Internets möglichst zu verhindern.

Gleichzeitig wollen die ukrainischen Behörden autonome WLAN-Punkte einrichten, die auch bei Stromausfällen funktionieren. “Wir erwägen den Einsatz von Tesla-Powerwall-Akkus und Starlink-Terminals, damit solche öffentliche Kommunikationspunkte in der Ukraine unabhängig vom Stromnetz funktionieren können”, erklärte jüngst der ukrainische Minister für digitale Transformation, Mychajlo Fedorow, in einem Interview für die ukrainische Ausgabe von Forbes. Ihm zufolge werden solche öffentlichen WLAN-Punkte im kommenden Monat in Betrieb gehen. Noch ist unklar, in welchen Städten. In Kiew aber dürfte es vermutlich welche geben. 

Kraftstoff, Generatoren und Aufwärmstellen

Die Verwaltung der Hauptstadt bereitet unterdessen die Einrichtung von etwa 1000 Aufwärmstellen für Bürger vor. Sie sollen mit dem Notwendigsten ausgestattet werden – mit Heizungen, Lampen, Waschgelegenheiten, Speisesälen, Ruheplätzen, warmer Kleidung und Decken. Darüber hinaus sollen die Räumlichkeiten über Stromgeneratoren verfügen, und für alle Fälle sollen sich Rettungskräfte ganz in der Nähe aufhalten. Bürgermeister Vitali Klitschko erklärte, die Stadt habe bereits einen großen Vorrat an Kraftstoff, Generatoren, Lebensmitteln und Wasser angelegt.

“Nicht auf die Behörden verlassen”

Diese Maßnahmen könnten jedoch nicht ausreichen, sollte die Stadt durch weitere russische Angriffe gänzlich ohne Strom- und Wasserversorgung dastehen, räumte Klitschko ein. Deshalb forderte er die Menschen auf, für den schlimmsten Fall gerüstet zu sein. “Wenn Sie Verwandte und Bekannte in den Vororten von Kiew haben, wo es eine eigene Versorgung mit Wasser, einen Ofen, eine Heizung gibt, dann kommen sie vorübergehend dort unter. Bitte treffen Sie Vorkehrungen für den Notfall, damit Sie einige Zeit bei Freunden oder Bekannten verbringen können”, sagte er im ukrainischen Fernsehen.

Kiews Verwaltung arbeitet zudem an einem Evakuierungsplan für drei Millionen Stadtbewohner im Falle eines totalen Blackouts. Das berichtete die “New York Times” kürzlich unter Berufung auf Roman Tkatschuk, den Leiter der Sicherheitsabteilung der Stadtverwaltung. Er selbst bestätigte später diese Informationen, betonte aber, dass es noch keinen Grund für eine Evakuierung gebe.

Eine Evakuierung, die drei Millionen Menschen gleichzeitig umfasse, sei unwahrscheinlich, meint Ihor Molodan, Leiter des “Autonom Klub”, einer Schule für Überlebenstraining. “Man muss sich um sich selbst kümmern. Man darf sich nicht auf die Behörden verlassen”, sagt er. Vor allem sollte man sich mit warmer Kleidung eindecken, aber auch Zelte und Schlafsäcke anschaffen. “Campingkocher und Gaspatronen sowie Gas-Keramikheizer sind auch nützlich”, fügt er hinzu.

Auch Wolodymyr Omeltschenko, Energieexperte des Rasumkow-Forschungszentrums, sagt, man sollte sich lieber auf sich selbst verlassen. “Bei einem Blackout in Kiew werden die Generatoren die Drei-Millionen-Stadt nicht mit Strom versorgen können. Sie werden vor allem für Krankenhäuser, Altenheime, Behörden und das Militär benötigt”, sagt er. Die Tausenden Aufwärmstellen seien nur auf etwa 200.000 Menschen ausgelegt, stellt Omeltschenko fest. Er betont aber, dass die Maßnahmen der Kiewer Behörden richtig seien. Mehr könne nicht getan werden. “Die Verwaltung keiner Stadt der Welt kann die Folgen eines totalen Blackouts bewältigen”, betont er.

Oleksandr Djatschenko will im Falle einer Notlage die Hauptstadt verlassen und in sein Landhaus fahren. “Ich habe bereits einen doppelten Vorrat an Brennholz angelegt, einen Gasherd und Gasflaschen gekauft. Dort werde ich heizen und kochen können”, sagt er.

Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk

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