Maria Kolesnikowa im Krankenhaus: Was wissen ihre Angehörigen?
Eine der bekanntesten politischen Gefangenen von Belarus liegt nun im Krankenhaus. Was geschah mit Maria Kolesnikowa zuletzt in der Haft? Was ist ihren Angehörigen und Mitstreitern bekannt?
Am Donnerstag kam die Nachricht, dass die belarussische Oppositionelle Maria Kolesnikowa von der Intensivstation entlassen worden war. Sie sei in ein normales Krankenzimmer verlegt worden, sagte der SPD-Abgeordnete Nils Schmid auf dem Minsk Forum, in Berlin. Das Büro des ehemaligen belarussischen Präsidentschaftskandidaten Viktor Babariko, mit dem Kolesnikowa zusammengearbeitet hatte, hat diese Information ebenfalls bestätigt. Die deutsche Botschaft in Belarus befasse sich mit dem Krankenhausaufenthalt von Kolesnikowa und Deutschland sei bereit, falls nötig, jede Hilfe zu leisten, so Nils Schmid.
Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass Maria Kolesnikowa auf der Intensivstation liegt und bereits einen Tag zuvor mit einem Rettungswagen direkt aus einem Gefängnis im belarussischen Gomel ins Krankenhaus gebracht worden war. “Die Ärzte sagen, Maria sei in einem ernsten Zustand eingeliefert worden. Unklar ist, wann es ihr schlecht geworden ist. Ihr Anwalt durfte sie seit dem 17. November nicht mehr sehen”, so Marias Schwester Tatjana Chomitsch gegenüber der DW.
Am Donnerstag kam die Nachricht, dass die belarussische Oppositionelle Maria Kolesnikowa von der Intensivstation entlassen worden war. Sie sei in ein normales Krankenzimmer verlegt worden, sagte der SPD-Abgeordnete Nils Schmid auf dem Minsk Forum, in Berlin. Das Büro des ehemaligen belarussischen Präsidentschaftskandidaten Viktor Babariko, mit dem Kolesnikowa zusammengearbeitet hatte, hat diese Information ebenfalls bestätigt. Die deutsche Botschaft in Belarus befasse sich mit dem Krankenhausaufenthalt von Kolesnikowa und Deutschland sei bereit, falls nötig, jede Hilfe zu leisten, so Nils Schmid.
Die 40-jährige Kolesnikowa war im Sommer 2020 eine der drei Anführerinnen der Protestbewegung gegen Machthaber Alexander Lukaschenko, der zuvor die Präsidentschaftswahlen zu seinen Gunsten hatte fälschen lassen.
Besuch im Krankenhaus verwehrt
Die oppositionellen Demonstrationen wurden vom Regime in Belarus brutal niedergeschlagen, worauf Kolesnikowas Mitstreiterinnen Veronika Zepkalo und Swetlana Tichanowskaja das Land verließen. Doch Kolesnikowa blieb. Lukaschenko ließ sie verschleppen und an die ukrainische Grenze bringen, um sie aus dem Land zu werfen. Dort zerriss sie jedoch ihren Reisepass und kam in Belarus ins Gefängnis. 2021 wurde sie von einem Gericht zu elf Jahren Haft verurteilt.
Zuletzt hatte Maria Kolesnikowas Anwalt noch am 29. November versucht, sie im Gefängnis zu besuchen. Dies wurde ihm jedoch verwehrt. Dass sich seine Mandantin gar nicht mehr in ihrer Zelle befand, wurde ihm nicht gesagt. “Kurz danach erhielt ich einen inoffiziellen Hinweis, wonach Maria in einem Krankenhaus in Gomel liegt. Wir erfuhren nur, dass sie in die Chirurgie gebracht wurde”, so Tatjana Chomitsch.
Genaueres ist bis heute nicht bekannt. Es drang nur nach außen, dass Maria unmittelbar am Tag der Aufnahme operiert wurde. Am 30. November durften weder Marias Anwalt noch ihr Vater sie im Krankenhaus besuchen. Ihrem Vater gelang es aber, mit den behandelnden Ärzten zu sprechen.
“Das gesamte Gespräch fand in Anwesenheit von Mitarbeitern des Innenministeriums statt. Die Ärzte sagten, die Operation sei planmäßig und erfolgreich verlaufen. Doch Maria sei weiterhin in einem ernsten Zustand. Aber sie sei bei Bewusstsein, bekomme die notwendige Behandlung und auch Medikamente. Die Diagnose hat man Marias Vater jedoch nicht gesagt. Angeblich müsse sie sich schriftlich dazu bereit erklären, dass entsprechende Daten herausgegeben werden dürfen. Wir haben keine bestätigten Informationen darüber, warum die Operation nötig war. Aus mehreren Quellen habe ich erfahren, dass Maria angeblich ein perforiertes Geschwür hat”, so die Schwester. Ihr zufolge hatte Maria nicht über entsprechende Gesundheitsbeschwerden geklagt.
Bereits am 22. November war bekannt geworden, dass Maria zehn Tage in einer Einzelzelle mit minimalster Ausstattung verbringen musste. “Politische Gefangene werden derzeit besonders unter Druck gesetzt. Sie haben nicht einmal eine Zahnbürste, keine Bettwäsche. Es gibt kein Bett, nur ein Brett, das tagsüber an der Wand befestigt wird. Die Gefangenen müssen faktisch den ganzen Tag stehen. Sie bekommen keine Bücher und dürfen auch nicht telefonieren. Marias Anwalt wurde gesagt, sie habe keinen Besuch von ihm beantragt. Aber sie hat weder Papier noch einen Stift, um einen solchen Antrag stellen zu können”, so Tatjana über den Umgang des Regimes mit Oppositionellen.
Marias Anwalt äußerte in seinen Beschwerden an die Staatsanwaltschaft und die Strafvollzugsbehörde Besorgnis, was die Gesundheit seiner Mandantin betrifft. Eine Reaktion darauf blieb aber aus.
Jetzt versuchen Marias Angehörige herauszufinden, was mit ihr geschah und wie ihr Zustand zuletzt in Haft war. “Wir wollen offizielle Informationen von den Ärzten. Wobei uns klar ist, dass sie jetzt stark unter Druck gesetzt werden. Natürlich ist es wichtig, dass sie ihr so viel Aufmerksamkeit schenken wie möglich”, so Tatjana.
“Wir fordern, dass Marias Angehörige, Anwälte und ausländische Diplomaten Zugang zu ihr bekommen, um sich davon überzeugen zu können, dass sie am Leben ist und die notwendige Behandlung erhält”, sagt Franak Viacorka, Vertrautrer der im litauischen Exil lebenden belarussischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja. Ihm zufolge gibt es Berichte von Augenzeugen, die Folterungen politischer Gefangener miterlebt haben. So müssten Gefangene in Belarus in kalten Räumen sitzen und frieren. ”Außerdem werden sie geschlagen. In belarussischen Gefängnissen herrscht nicht das Gesetz, sondern völlige Willkür”, so Viacorka.
Die Nachricht über Maria Kolesnikowa erschien auf den Titelseiten vieler Zeitungen und auch ganz oben auf zahlreichen Webportalen. Das Europäische Parlament, die Parlamentarische Versammlung des Europarats, das US-Außenministerium und das deutsche Auswärtige Amt reagierten auf die Berichte über Kolesnikowas Gesundheitszustand.
Inzwischen haben sich auch Marias Mitstreiterinnen Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo zu Wort gemeldet. “Es gibt schreckliche Nachrichten. Unsere liebe Mascha, wir hoffen alle, dass bei Dir alles gut wird”, schreibt Tichanowskaja. Sie fordert die Belarussen auf, Informationen aus dem Krankenhaus in Gomel weiterzugeben, um zu verhindern, dass das Regime von Machthaber Alexander Lukaschenko den Fall vertuscht.
“Liebe Maria, es fehlen einem die Worte, zu beschreiben, was man nach den Nachrichten über Dich empfindet. Was musste nur in Einzelhaft passieren, dass man direkt von dort auf die Intensivstation kommt”, schreibt Veronika Zepkalo in sozialen Netzwerken. Sie bittet die internationale Gemeinschaft, “Lukaschenko von den Belarussen zu isolieren”. “Was muss in Belarus noch passieren, damit Hilfe kommt? Mascha, ich hoffe sehr, dass es dir bald besser geht und alles gut wird. Ich bin mit Dir”, so Zepkalo.
Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk
Am Donnerstag kam die Nachricht, dass die belarussische Oppositionelle Maria Kolesnikowa von der Intensivstation entlassen worden war. Sie sei in ein normales Krankenzimmer verlegt worden, sagte der SPD-Abgeordnete Nils Schmid auf dem Minsk Forum, in Berlin. Das Büro des ehemaligen belarussischen Präsidentschaftskandidaten Viktor Babariko, mit dem Kolesnikowa zusammengearbeitet hatte, hat diese Information ebenfalls bestätigt. Die deutsche Botschaft in Belarus befasse sich mit dem Krankenhausaufenthalt von Kolesnikowa und Deutschland sei bereit, falls nötig, jede Hilfe zu leisten, so Nils Schmid.
Erst am Dienstag war bekannt geworden, dass Maria Kolesnikowa auf der Intensivstation liegt und bereits einen Tag zuvor mit einem Rettungswagen direkt aus einem Gefängnis im belarussischen Gomel ins Krankenhaus gebracht worden war. “Die Ärzte sagen, Maria sei in einem ernsten Zustand eingeliefert worden. Unklar ist, wann es ihr schlecht geworden ist. Ihr Anwalt durfte sie seit dem 17. November nicht mehr sehen”, so Marias Schwester Tatjana Chomitsch gegenüber der DW.
Besuch im Krankenhaus verwehrt
Die 40-jährige Kolesnikowa war im Sommer 2020 eine der drei Anführerinnen der Protestbewegung gegen Machthaber Alexander Lukaschenko, der zuvor die Präsidentschaftswahlen zu seinen Gunsten hatte fälschen lassen.
Die oppositionellen Demonstrationen wurden vom Regime in Belarus brutal niedergeschlagen, worauf Kolesnikowas Mitstreiterinnen Veronika Zepkalo und Swetlana Tichanowskaja das Land verließen. Doch Kolesnikowa blieb. Lukaschenko ließ sie verschleppen und an die ukrainische Grenze bringen, um sie aus dem Land zu werfen. Dort zerriss sie jedoch ihren Reisepass und kam in Belarus ins Gefängnis. 2021 wurde sie von einem Gericht zu elf Jahren Haft verurteilt.
Zuletzt hatte Maria Kolesnikowas Anwalt noch am 29. November versucht, sie im Gefängnis zu besuchen. Dies wurde ihm jedoch verwehrt. Dass sich seine Mandantin gar nicht mehr in ihrer Zelle befand, wurde ihm nicht gesagt. “Kurz danach erhielt ich einen inoffiziellen Hinweis, wonach Maria in einem Krankenhaus in Gomel liegt. Wir erfuhren nur, dass sie in die Chirurgie gebracht wurde”, so Tatjana Chomitsch.
Genaueres ist bis heute nicht bekannt. Es drang nur nach außen, dass Maria unmittelbar am Tag der Aufnahme operiert wurde. Am 30. November durften weder Marias Anwalt noch ihr Vater sie im Krankenhaus besuchen. Ihrem Vater gelang es aber, mit den behandelnden Ärzten zu sprechen.
Was geschah in der Einzelhaft?
“Das gesamte Gespräch fand in Anwesenheit von Mitarbeitern des Innenministeriums statt. Die Ärzte sagten, die Operation sei planmäßig und erfolgreich verlaufen. Doch Maria sei weiterhin in einem ernsten Zustand. Aber sie sei bei Bewusstsein, bekomme die notwendige Behandlung und auch Medikamente. Die Diagnose hat man Marias Vater jedoch nicht gesagt. Angeblich müsse sie sich schriftlich dazu bereit erklären, dass entsprechende Daten herausgegeben werden dürfen. Wir haben keine bestätigten Informationen darüber, warum die Operation nötig war. Aus mehreren Quellen habe ich erfahren, dass Maria angeblich ein perforiertes Geschwür hat”, so die Schwester. Ihr zufolge hatte Maria nicht über entsprechende Gesundheitsbeschwerden geklagt.
Unterstützung von Marias Mitstreiterinnen
Bereits am 22. November war bekannt geworden, dass Maria zehn Tage in einer Einzelzelle mit minimalster Ausstattung verbringen musste. “Politische Gefangene werden derzeit besonders unter Druck gesetzt. Sie haben nicht einmal eine Zahnbürste, keine Bettwäsche. Es gibt kein Bett, nur ein Brett, das tagsüber an der Wand befestigt wird. Die Gefangenen müssen faktisch den ganzen Tag stehen. Sie bekommen keine Bücher und dürfen auch nicht telefonieren. Marias Anwalt wurde gesagt, sie habe keinen Besuch von ihm beantragt. Aber sie hat weder Papier noch einen Stift, um einen solchen Antrag stellen zu können”, so Tatjana über den Umgang des Regimes mit Oppositionellen.
Marias Anwalt äußerte in seinen Beschwerden an die Staatsanwaltschaft und die Strafvollzugsbehörde Besorgnis, was die Gesundheit seiner Mandantin betrifft. Eine Reaktion darauf blieb aber aus.
Jetzt versuchen Marias Angehörige herauszufinden, was mit ihr geschah und wie ihr Zustand zuletzt in Haft war. “Wir wollen offizielle Informationen von den Ärzten. Wobei uns klar ist, dass sie jetzt stark unter Druck gesetzt werden. Natürlich ist es wichtig, dass sie ihr so viel Aufmerksamkeit schenken wie möglich”, so Tatjana.
“Wir fordern, dass Marias Angehörige, Anwälte und ausländische Diplomaten Zugang zu ihr bekommen, um sich davon überzeugen zu können, dass sie am Leben ist und die notwendige Behandlung erhält”, sagt Franak Viacorka, Vertrautrer der im litauischen Exil lebenden belarussischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja. Ihm zufolge gibt es Berichte von Augenzeugen, die Folterungen politischer Gefangener miterlebt haben. So müssten Gefangene in Belarus in kalten Räumen sitzen und frieren. ”Außerdem werden sie geschlagen. In belarussischen Gefängnissen herrscht nicht das Gesetz, sondern völlige Willkür”, so Viacorka.
Die Nachricht über Maria Kolesnikowa erschien auf den Titelseiten vieler Zeitungen und auch ganz oben auf zahlreichen Webportalen. Das Europäische Parlament, die Parlamentarische Versammlung des Europarats, das US-Außenministerium und das deutsche Auswärtige Amt reagierten auf die Berichte über Kolesnikowas Gesundheitszustand.
Inzwischen haben sich auch Marias Mitstreiterinnen Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo zu Wort gemeldet. “Es gibt schreckliche Nachrichten. Unsere liebe Mascha, wir hoffen alle, dass bei Dir alles gut wird”, schreibt Tichanowskaja. Sie fordert die Belarussen auf, Informationen aus dem Krankenhaus in Gomel weiterzugeben, um zu verhindern, dass das Regime von Machthaber Alexander Lukaschenko den Fall vertuscht.
“Liebe Maria, es fehlen einem die Worte, zu beschreiben, was man nach den Nachrichten über Dich empfindet. Was musste nur in Einzelhaft passieren, dass man direkt von dort auf die Intensivstation kommt”, schreibt Veronika Zepkalo in sozialen Netzwerken. Sie bittet die internationale Gemeinschaft, “Lukaschenko von den Belarussen zu isolieren”. “Was muss in Belarus noch passieren, damit Hilfe kommt? Mascha, ich hoffe sehr, dass es dir bald besser geht und alles gut wird. Ich bin mit Dir”, so Zepkalo.
Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk