Wissen & Umwelt

Kann Kernfusion die Welt mit Energie versorgen?

Mit Energie aus Kernfusion kann klimaneutral und sicher Strom erzeugt werden. Allerdings reicht die Energiemenge noch nicht aus, Forschende tüfteln daran seit Jahrzehnten. Nun wurde in den USA ein Meilenstein erreicht.

Das US-Energieministerium hat einen wichtigen Durchbruch in der Kernfusionstechnologie verkündet. Wissenschaftlern in der National Ignition Facility (NIF) des kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory ist es erstmals gelungen, mithilfe der Kernfusion in einem Labor einen “Nettoenergiegewinn” zu erzielen.

“Dies ist ein Meilenstein für die Forscher und Mitarbeiter der National Ignition Facility, die ihre Karriere der Verwirklichung der Kernfusion gewidmet haben, und dieser Meilenstein wird zweifellos weitere Entdeckungen nach sich ziehen”, sagte US-Energieministerin Jennifer M. Granholm. “Einfach ausgedrückt ist dies eine der beeindruckendsten wissenschaftlichen Leistungen des 21. Jahrhunderts.”

Das US-Energieministerium hat einen wichtigen Durchbruch in der Kernfusionstechnologie verkündet. Wissenschaftlern in der National Ignition Facility (NIF) des kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory ist es erstmals gelungen, mithilfe der Kernfusion in einem Labor einen “Nettoenergiegewinn” zu erzielen.

Jahrzehntelang haben Forschende mehr Energie in experimentelle Fusionsreaktoren gesteckt als durch den Prozess insgesamt an neuer Energie gewonnen wurde. Diese Rückschläge haben dazu geführt, dass nicht die Kernfusion, sondern die Kernspaltung – trotz der damit verbundenen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken – zum Standardverfahren auf dem Weg zu unbegrenzter, emissionsfreier Energie geworden ist.

Die “Zukunft der Energie”

Am 5. Dezember 2022 führten NIF-Wissenschaftler nun das erste kontrollierte Fusionsexperiment in der Geschichte durch, bei dem mehr Energie aus der Fusion gewonnen wurde als Energieaufwand dafür nötig war. Damit sind die Forschenden der Energieerzeugung im großen Stil einen bedeutenden Schritt näher gekommen.

Wer im Bereich der Atomenergie arbeitet, kennt den Witz wahrscheinlich schon: Die Erzeugung von Strom mithilfe von Kernfusion ist immer noch 30 Jahre entfernt – das galt für Forschende vor 10 Jahren genauso wie heute. Trotz der Komplexität dieser Technologie sind diejenigen, die daran arbeiten, aber der festen Überzeugung, dass sie alle Mühe wert ist.

Aber warum? Kernfusion hat ein höheres Energiepotenzial als alle anderen uns bekannten Energiequellen. Sie kann fast vier Millionen Mal mehr Energie freisetzen als chemische Reaktionen wie die Verbrennung von Kohle, Öl oder Gas, und vier Mal mehr als die Kernspaltung, das Verfahren, das derzeit in allen Kernkraftwerken der Welt eingesetzt wird. Die Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte Kernfusion wird von vielen politischen Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen, insbesondere in Europa, als die Energie der Zukunft angesehen.

Doch ist die Kernfusion wirklich eine “grüne” Alternative zu unseren jetzigen Methoden, und wie weit sind wir bei der Stromerzeugung mit diesem Verfahren gekommen?

Um dem nachzugehen, bietet sich ein Besuch am Internationalen Thermonuklearen Experimental-Reaktor, kurz: ITER, an – ein großes Gemeinschaftsprojekt von Kernfusionsexperten aus 35 Ländern.

Der ITER liegt ein paar Stunden von der malerischen Küste Südfrankreichs entfernt, dort ragt er aus der idyllischen Landschaft hervor, die ihn umgibt. Das Projektgelände ist voll von Metallhallen, Werkstätten und Ausrüstung. Forschende, Techniker und Technikerinnen streifen in Schutzhelmen, Gummistiefeln und neonfarbenen Westen über das Gelände.

Inmitten dieser Industrielandschaft sagt Pietro Barabaschi, der Generaldirektor von ITER, dass die Zukunft der Fusionsenergie vielversprechend sei.

Er vergleicht die Erzeugung von Fusionsenergie mit dem Verbrennen von Feuerholz. “Zuerst zündet man eine Flamme an, das Holz erhitzt und irgendwann setzt eine chemische Reaktion ein. Diese Reaktion reicht aus, um den Rest des Holzes zu verbrennen.”

Atome bestehen aus einem Kern (mit Protonen und Neutronen) und Elektronen. Bei der Kernfusion werden zwei Atome zu einem einzigen verschmolzen, indem man ihre Kerne zerschlägt. Dabei entsteht überschüssige Energie, die Kernfusionswissenschaftler in Elektrizität umwandeln wollen. Die soll eines Tages einmal unsere Häuser beleuchten.

Technisch gesehen nutzen wir bereits Energie aus schnell fliegenden Neutronen in Kernspaltungskraftwerken. Warum bleiben wir also nicht einfach dabei?

Im Gegensatz zur Kernfusion werden bei der Spaltung nicht zwei leichte Atome miteinander verschmolzen, sondern ein schweres Atom wird in zwei oder mehr Atome gespalten.

Alle Kernkraftwerke der Welt verwenden Spaltungsreaktoren zur Stromerzeugung. Frankreich, wo sich der ITER befindet, bezieht 70 Prozent seiner Energie aus der Kernspaltung. In den meisten Ländern ist die Kernspaltung jedoch keine beliebte Brennstoffquelle, da die Öffentlichkeit Angst vor schädlicher Strahlung hat, die durch Unfälle wie die Katastrophe von Tschernobyl, die Kernschmelze in Fukushima und die partielle Kernschmelze im “Three Mile Island”-Kernkraftwerk in den USA geschürt wurde.

Der Hauptunterschied zwischen Kernspaltung und Kernfusion besteht in der Radioaktivität des Brennstoffs, der bei beiden Verfahren erzeugt wird, erklärt Akko Maas, ITER Knowledge Officer. Er ist seit Beginn der Forschung am ITER Teil des Teams.

“Bei der Kernspaltung ist sowohl das verwendete Uran als auch das erzeugte Plutonium radioaktiv. Und wenn man die Energie aus ihnen herausgeholt hat, bleibt immer noch radioaktives Material übrig.” Von den beiden Grundstoffen, die als am effizientesten für die Fusionsenergie gelten, ist Deuterium nicht radioaktiv, Tritium hingegen schon. Allerdings ist seine Strahlung vergleichsweise schwach und kurzlebig.

“Wenn man die Materialien richtig auswählt, kann man selbst im industriellen Maßstab die Radioaktivität bei der Fusion auf 100 bis 200 Jahre begrenzen, was weitaus überschaubarer ist als die 40.000 Jahre, die wir bei der Kernspaltung beobachten”, sagt Maas.

Befürworter der Kernenergie behaupten nicht nur, dass sie hocheffizient ist, sondern auch, dass sie unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen drastisch verringern könnte. Die Kernenergie selbst gilt als kohlenstofffreie Alternative zu fossilen Brennstoffen, da bei ihrer Erzeugung keine Treibhausgase freigesetzt werden – ihr Hauptnebenprodukt ist Helium, ein reaktionsloses, ungiftiges Gas.

Außerdem ist Deuterium im Meerwasser reichlich vorhanden, und Forschende versuchen, Tritium mithilfe von Lithium an Ort und Stelle zu erzeugen.

Pietro Barabaschi, Generaldirektor der ITER-Organisation, an seinem Schreibtisch

Das US-Energieministerium hat einen wichtigen Durchbruch in der Kernfusionstechnologie verkündet. Wissenschaftlern in der National Ignition Facility (NIF) des kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory ist es erstmals gelungen, mithilfe der Kernfusion in einem Labor einen “Nettoenergiegewinn” zu erzielen.

“Dies ist ein Meilenstein für die Forscher und Mitarbeiter der National Ignition Facility, die ihre Karriere der Verwirklichung der Kernfusion gewidmet haben, und dieser Meilenstein wird zweifellos weitere Entdeckungen nach sich ziehen”, sagte US-Energieministerin Jennifer M. Granholm. “Einfach ausgedrückt ist dies eine der beeindruckendsten wissenschaftlichen Leistungen des 21. Jahrhunderts.”

Die “Zukunft der Energie”

Jahrzehntelang haben Forschende mehr Energie in experimentelle Fusionsreaktoren gesteckt als durch den Prozess insgesamt an neuer Energie gewonnen wurde. Diese Rückschläge haben dazu geführt, dass nicht die Kernfusion, sondern die Kernspaltung – trotz der damit verbundenen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken – zum Standardverfahren auf dem Weg zu unbegrenzter, emissionsfreier Energie geworden ist.

Am 5. Dezember 2022 führten NIF-Wissenschaftler nun das erste kontrollierte Fusionsexperiment in der Geschichte durch, bei dem mehr Energie aus der Fusion gewonnen wurde als Energieaufwand dafür nötig war. Damit sind die Forschenden der Energieerzeugung im großen Stil einen bedeutenden Schritt näher gekommen.

Wer im Bereich der Atomenergie arbeitet, kennt den Witz wahrscheinlich schon: Die Erzeugung von Strom mithilfe von Kernfusion ist immer noch 30 Jahre entfernt – das galt für Forschende vor 10 Jahren genauso wie heute. Trotz der Komplexität dieser Technologie sind diejenigen, die daran arbeiten, aber der festen Überzeugung, dass sie alle Mühe wert ist.

Aber warum? Kernfusion hat ein höheres Energiepotenzial als alle anderen uns bekannten Energiequellen. Sie kann fast vier Millionen Mal mehr Energie freisetzen als chemische Reaktionen wie die Verbrennung von Kohle, Öl oder Gas, und vier Mal mehr als die Kernspaltung, das Verfahren, das derzeit in allen Kernkraftwerken der Welt eingesetzt wird. Die Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte Kernfusion wird von vielen politischen Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen, insbesondere in Europa, als die Energie der Zukunft angesehen.

Wie das “Verbrennen von Feuerholz”

Doch ist die Kernfusion wirklich eine “grüne” Alternative zu unseren jetzigen Methoden, und wie weit sind wir bei der Stromerzeugung mit diesem Verfahren gekommen?

Energiegewinnung durch Kernfusion

Um dem nachzugehen, bietet sich ein Besuch am Internationalen Thermonuklearen Experimental-Reaktor, kurz: ITER, an – ein großes Gemeinschaftsprojekt von Kernfusionsexperten aus 35 Ländern.

Der ITER liegt ein paar Stunden von der malerischen Küste Südfrankreichs entfernt, dort ragt er aus der idyllischen Landschaft hervor, die ihn umgibt. Das Projektgelände ist voll von Metallhallen, Werkstätten und Ausrüstung. Forschende, Techniker und Technikerinnen streifen in Schutzhelmen, Gummistiefeln und neonfarbenen Westen über das Gelände.

Inmitten dieser Industrielandschaft sagt Pietro Barabaschi, der Generaldirektor von ITER, dass die Zukunft der Fusionsenergie vielversprechend sei.

Fusion versus Spaltung

Er vergleicht die Erzeugung von Fusionsenergie mit dem Verbrennen von Feuerholz. “Zuerst zündet man eine Flamme an, das Holz erhitzt und irgendwann setzt eine chemische Reaktion ein. Diese Reaktion reicht aus, um den Rest des Holzes zu verbrennen.”

Atome bestehen aus einem Kern (mit Protonen und Neutronen) und Elektronen. Bei der Kernfusion werden zwei Atome zu einem einzigen verschmolzen, indem man ihre Kerne zerschlägt. Dabei entsteht überschüssige Energie, die Kernfusionswissenschaftler in Elektrizität umwandeln wollen. Die soll eines Tages einmal unsere Häuser beleuchten.

Der “grüne” Vorteil

Technisch gesehen nutzen wir bereits Energie aus schnell fliegenden Neutronen in Kernspaltungskraftwerken. Warum bleiben wir also nicht einfach dabei?

Plasma “schaltet ab”

Im Gegensatz zur Kernfusion werden bei der Spaltung nicht zwei leichte Atome miteinander verschmolzen, sondern ein schweres Atom wird in zwei oder mehr Atome gespalten.

Querschnitt durch den ITER-Fusionsreaktor

Alle Kernkraftwerke der Welt verwenden Spaltungsreaktoren zur Stromerzeugung. Frankreich, wo sich der ITER befindet, bezieht 70 Prozent seiner Energie aus der Kernspaltung. In den meisten Ländern ist die Kernspaltung jedoch keine beliebte Brennstoffquelle, da die Öffentlichkeit Angst vor schädlicher Strahlung hat, die durch Unfälle wie die Katastrophe von Tschernobyl, die Kernschmelze in Fukushima und die partielle Kernschmelze im “Three Mile Island”-Kernkraftwerk in den USA geschürt wurde.

Der Hauptunterschied zwischen Kernspaltung und Kernfusion besteht in der Radioaktivität des Brennstoffs, der bei beiden Verfahren erzeugt wird, erklärt Akko Maas, ITER Knowledge Officer. Er ist seit Beginn der Forschung am ITER Teil des Teams.

“Bei der Kernspaltung ist sowohl das verwendete Uran als auch das erzeugte Plutonium radioaktiv. Und wenn man die Energie aus ihnen herausgeholt hat, bleibt immer noch radioaktives Material übrig.” Von den beiden Grundstoffen, die als am effizientesten für die Fusionsenergie gelten, ist Deuterium nicht radioaktiv, Tritium hingegen schon. Allerdings ist seine Strahlung vergleichsweise schwach und kurzlebig.

“Wenn man die Materialien richtig auswählt, kann man selbst im industriellen Maßstab die Radioaktivität bei der Fusion auf 100 bis 200 Jahre begrenzen, was weitaus überschaubarer ist als die 40.000 Jahre, die wir bei der Kernspaltung beobachten”, sagt Maas.

Befürworter der Kernenergie behaupten nicht nur, dass sie hocheffizient ist, sondern auch, dass sie unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen drastisch verringern könnte. Die Kernenergie selbst gilt als kohlenstofffreie Alternative zu fossilen Brennstoffen, da bei ihrer Erzeugung keine Treibhausgase freigesetzt werden – ihr Hauptnebenprodukt ist Helium, ein reaktionsloses, ungiftiges Gas.

Außerdem ist Deuterium im Meerwasser reichlich vorhanden, und Forschende versuchen, Tritium mithilfe von Lithium an Ort und Stelle zu erzeugen.

Erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarenergie allein können den weltweiten Grundbedarf an Energie nicht decken. Die Kernfusion könnte – wenn sie erfolgreich ist – weit mehr als das liefern. Das alles klingt zwar rosig, ist aber bislang noch ein ferner Traum. Damit die Kernfusion Wirklichkeit werden kann, braucht es einen technologischen Durchbruch in der Plasmaphysik. “Technisch gesehen ist es schwierig, eine Fusionsreaktion zu erreichen, die sich selbst aufrechterhält und stabil ist”, sagt Barabaschi. 

Die Strahlen der Sonne und die Wärme, die wir auf der Erde spüren, sind das Ergebnis einer Fusionsreaktion – der Prozess findet im Sonnenkern unter extremen Temperaturen und Druck statt. Die Herausforderung besteht darin, die Vorgänge im Sonnenkern zu reproduzieren, allerdings ohne den Druck, der durch die Schwerkraft der schweren Sonnenmasse entsteht.

Die Strahlen der Sonne und die Wärme, die wir auf der Erde spüren, sind das Ergebnis einer Fusionsreaktion – der Prozess findet im Sonnenkern unter extremen Temperaturen und Druck statt. Die Herausforderung besteht darin, die Vorgänge im Sonnenkern zu reproduzieren, allerdings ohne den Druck, der durch die Schwerkraft der schweren Sonnenmasse entsteht.

Nachrichten

Ähnliche Artikel

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"