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Danny Röhl: “Mutige Entscheidungen sind wichtig für mich”

Danny Röhl ist Assistent von Bundestrainer Hansi Flick bei der deutschen Nationalmannschaft. Mit der DW spricht er über Coaching, Entscheidungsfindung und wie Deutschland an die Spitze zurückkehren kann.

DW: Danny Röhl, Sie haben soeben den Pro-Lizenz-Lehrgang erfolgreich abgeschlossen. Jetzt fehlt nicht mehr viel zur Cheftrainerposition, oder?

Danny Röhl: Die Pro-Lizenz ist die höchste Ausbildung im deutschen Fußball, da habe ich natürlich noch einmal sehr viel Input bekommen. Aber ich sammle auch als Co-Trainer in der Nationalmannschaft immer noch Erfahrungen, die mich weiterbringen. Ich habe in meinen bisherigen Stationen bei RB Leipzig, dem FC Southampton, Bayern München und dem DFB-Teamvier verschiedene Anforderungen kennenlernen dürfen: die Entwicklung eines Klubs, erfolgreichen Abstiegskampf, einen Titel zu gewinnen und Turniererfahrung. Aber eine Mannschaft gesamtheitlich zu führen, ist natürlich noch mal etwas anderes. 

DW: Danny Röhl, Sie haben soeben den Pro-Lizenz-Lehrgang erfolgreich abgeschlossen. Jetzt fehlt nicht mehr viel zur Cheftrainerposition, oder?

Wären Sie nach der bestandenen Ausbildung jetzt bereit für den nächsten Schritt?

Als Co-Trainer kannst du viele Aufgaben umsetzen, aber die finale Entscheidung hat immer der Cheftrainer. Der Abschluss der Ausbildung ist ein wichtiger Schritt für meine weiteren Ziele und Etappen und ich möchte irgendwann auch mal selbst entscheiden. Gerade wäre das für mich der Sprung ins kalte Wasser. Wobei das Wasser aufgrund meiner Erfahrung nicht mehr eiskalt ist, aber es ist auch noch nicht warm. Ich lerne gerade noch sehr viel durch die Arbeit im Team von Hansi Flick mit dem großen Ziel der Europameisterschaft in Deutschland. Darauf ist mein voller Fokus gerichtet. Wir wollen eine erfolgreiche Heim-EM spielen – denn eine EM im eigenen Land ist etwas ganz Besonderes. 

13 Monate, 700 Lerneinheiten – der Pro-Lizenz-Lehrgang klingt nach sehr viel harter Arbeit. Wie war es?

Es war sehr abwechslungsreich, wir sind die Lehrinhalte nicht nur theoretisch durchgegangen, sondern haben in jedem Moment sehr praxisorientiert gearbeitet.

Uns wurden Herausforderungen gestellt, die so auch im Trainingsalltag auf uns zukommen werden: Wir mussten Lehrproben zu den vier Spielphasen, Spiel mit Ball, Spiel gegen den Ball und die Umschaltphase nach Ballverlust bzw. nach Ballgewinn, erstellen und mit einer Mannschaft umsetzen.

Eine meiner konkreten Aufgaben war zum Beispiel in einer Art Rollenspiel, ein Team in einer sportlich schwierigen Situation zu übernehmen. Dabei mussten wir uns dem “Vorstand” präsentieren und ihn überzeugen, dass man der richtige Trainer ist. Wir mussten das erste Gespräch mit dem Staff führen oder auch die erste Ansprache ans neue Team vorbereiten und halten. Diese unterschiedlichen Facetten des Jobs durchzugehen und sich selbst in diesen Situationen zu erleben, war natürlich sehr spannend.

Es gab einige Änderungen in der Trainerausbildung in den vergangenen Jahren, zum Beispiel mit der Einführung eines Einstellungstestes für die Pro Lizenz. Wie lief dieser für Sie ab? 

Wir Bewerber mussten innerhalb eines Tages verschiedene Aufgaben lösen. Unter anderem mussten wir eine Spielszene analysieren, daraus ein Training ableiten und eigene Prinzipien und Matchpläne entwickeln. Des Weiteren wurden Interviews vor einer Kamera geführt. Es gab eine psychologische Aufgabe, bei der wir eine spezielle Situation im Team mit unseren Prinzipien und unserem Führungsstil als Trainer lösen sollten. Die letzte Aufgabe war eine Lehrprobe unter erschwerten Bedingungen: Wir hatten nur eine kurze Zeitspanne für die Vorbereitung und Umsetzung. Mein Thema war damals die Verbesserung des Zusammenspiels im Zentrum. Mir wurde kurz vor der Lehrprobe die Anzahl der Spieler mitgeteilt und anschließend musste ich in kurzer Zeit eine Übung kreieren. 

Und wie haben Sie die Ausbildung an sich wahrgenommen?

Ich habe sehr viel gelernt und mich persönlich enorm weiterentwickeln können. Insgesamt geht es in dem Lehrgang meiner Meinung nach viel mehr um die individuelle Entwicklung des Trainers und Menschen als darum, dass alle das Gleiche lernen. Ziel ist es nicht, standardisierte Trainer zu entwickeln, sondern jeden einzelnen auch in seinem Bereich, in dem er sich sieht, weiterzuentwickeln, zu fördern und zu verbessern.

Apropos verbessern: Die Nationalmannschaft will sich nach den Enttäuschungen der letzten Turniere unbedingt verbessern. Was muss Deutschland fußballerisch tun, um wieder oben mitzuspielen?

Diese Frage haben wir im Trainerteam natürlich viel diskutiert. Es geht auf der einen Seite um die Basics, die wir einfach wieder besser machen müssen, wie zum Beispiel das leidenschaftliche, gemeinsame Verteidigen, das Hansi fordert.

Auf der anderen Seite bedarf es immer auch einer gewissen Demut mit Blick auf andere Nationen wie beispielsweise Frankreich. Vergleicht man den Marktwert der U21 von Frankreich mit dem der deutschen U21, dann lässt sich ein großer Unterschied feststellen. Diesen Fakt darf man nicht ausblenden. Dennoch hat man natürlich bei der Weltmeisterschaft auch gesehen, wie beispielsweise die marokkanische Mannschaft mit ihren Mitteln erfolgreich war. Gerade die Begeisterung, die Marokko als Außenseiter entfachen konnte, war faszinierend. Ich glaube, es ist insgesamt immer ein bisschen leichter, Euphorie aus einer Außenseiterrolle zu entfachen, als wenn man Mitfavorit ist. Deutschland dagegen wird meist als Mitfavorit gehandelt und ein Halbfinaleinzug fast schon vorausgesetzt.

Was muss man künftig besser machen?

Ich glaube, dass wir gut daran tun, uns auf jedes einzelne Spiel zu fokussieren, Leistung zu erbringen und eine hohe Bereitschaft an den Tag zu legen. So können wir über kleine Entwicklungsschritte wieder erfolgreicher werden. Für uns war bei der WM das erste Spiel entscheidend. Es wäre auch möglich gewesen gegen Japan zu gewinnen, gerade wenn man den xG-Wert heranzieht [Anm. d. Red.: xG = expected Goals (zu erwartende Tore), der Wert liegt immer zwischen 0 und 1 und gibt die Höhe der Wahrscheinlichkeit an, dass der Ball bei einer Torchance von diesem Punkt aus ins Tor geht]. Statistisch gesehen wäre man bei 100 Weltmeisterschaften mit unserem xG-Wert, glaube ich, nur viermal ausgeschieden und 96 Mal weitergekommen.

Hat Deutschland bei der WM also einfach kein Glück gehabt, oder könnte man auch sagen, dass die Spieler auf manchen Positionen einfach nicht so gut sind, wie man sich das wünscht?

Wir haben zahlreiche Spieler, die auf ihren Positionen zur Spitze gehören oder viel Potenzial haben. Noch schaffen wir es aber nicht, dass jeder einzelne dieses Potenzial auch konstant abruft, sodass wir zu große Leistungsschwankungen haben. Unsere Aufgabe ist es, die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, damit wir als Mannschaft konstante Leistungen abrufen und die nächsten Entwicklungsstufen nehmen. 

Wie sehen Sie die Entwicklung im Vereinsfußball?

Bundestrainer Hansi Flick steht zwischen seinen Assistenztrainern Marcus Sorg und Danny Röhl vor der Trainerbank und klatscht
Ralph Hasenhüttl und Danny Röhl, Trainer und Co-Trainer des FC Southampton

DW: Danny Röhl, Sie haben soeben den Pro-Lizenz-Lehrgang erfolgreich abgeschlossen. Jetzt fehlt nicht mehr viel zur Cheftrainerposition, oder?

Danny Röhl: Die Pro-Lizenz ist die höchste Ausbildung im deutschen Fußball, da habe ich natürlich noch einmal sehr viel Input bekommen. Aber ich sammle auch als Co-Trainer in der Nationalmannschaft immer noch Erfahrungen, die mich weiterbringen. Ich habe in meinen bisherigen Stationen bei RB Leipzig, dem FC Southampton, Bayern München und dem DFB-Teamvier verschiedene Anforderungen kennenlernen dürfen: die Entwicklung eines Klubs, erfolgreichen Abstiegskampf, einen Titel zu gewinnen und Turniererfahrung. Aber eine Mannschaft gesamtheitlich zu führen, ist natürlich noch mal etwas anderes. 

Wären Sie nach der bestandenen Ausbildung jetzt bereit für den nächsten Schritt?

Als Co-Trainer kannst du viele Aufgaben umsetzen, aber die finale Entscheidung hat immer der Cheftrainer. Der Abschluss der Ausbildung ist ein wichtiger Schritt für meine weiteren Ziele und Etappen und ich möchte irgendwann auch mal selbst entscheiden. Gerade wäre das für mich der Sprung ins kalte Wasser. Wobei das Wasser aufgrund meiner Erfahrung nicht mehr eiskalt ist, aber es ist auch noch nicht warm. Ich lerne gerade noch sehr viel durch die Arbeit im Team von Hansi Flick mit dem großen Ziel der Europameisterschaft in Deutschland. Darauf ist mein voller Fokus gerichtet. Wir wollen eine erfolgreiche Heim-EM spielen – denn eine EM im eigenen Land ist etwas ganz Besonderes. 

13 Monate, 700 Lerneinheiten – der Pro-Lizenz-Lehrgang klingt nach sehr viel harter Arbeit. Wie war es?

Es war sehr abwechslungsreich, wir sind die Lehrinhalte nicht nur theoretisch durchgegangen, sondern haben in jedem Moment sehr praxisorientiert gearbeitet.

Uns wurden Herausforderungen gestellt, die so auch im Trainingsalltag auf uns zukommen werden: Wir mussten Lehrproben zu den vier Spielphasen, Spiel mit Ball, Spiel gegen den Ball und die Umschaltphase nach Ballverlust bzw. nach Ballgewinn, erstellen und mit einer Mannschaft umsetzen.

Eine meiner konkreten Aufgaben war zum Beispiel in einer Art Rollenspiel, ein Team in einer sportlich schwierigen Situation zu übernehmen. Dabei mussten wir uns dem “Vorstand” präsentieren und ihn überzeugen, dass man der richtige Trainer ist. Wir mussten das erste Gespräch mit dem Staff führen oder auch die erste Ansprache ans neue Team vorbereiten und halten. Diese unterschiedlichen Facetten des Jobs durchzugehen und sich selbst in diesen Situationen zu erleben, war natürlich sehr spannend.

Es gab einige Änderungen in der Trainerausbildung in den vergangenen Jahren, zum Beispiel mit der Einführung eines Einstellungstestes für die Pro Lizenz. Wie lief dieser für Sie ab? 

Wir Bewerber mussten innerhalb eines Tages verschiedene Aufgaben lösen. Unter anderem mussten wir eine Spielszene analysieren, daraus ein Training ableiten und eigene Prinzipien und Matchpläne entwickeln. Des Weiteren wurden Interviews vor einer Kamera geführt. Es gab eine psychologische Aufgabe, bei der wir eine spezielle Situation im Team mit unseren Prinzipien und unserem Führungsstil als Trainer lösen sollten. Die letzte Aufgabe war eine Lehrprobe unter erschwerten Bedingungen: Wir hatten nur eine kurze Zeitspanne für die Vorbereitung und Umsetzung. Mein Thema war damals die Verbesserung des Zusammenspiels im Zentrum. Mir wurde kurz vor der Lehrprobe die Anzahl der Spieler mitgeteilt und anschließend musste ich in kurzer Zeit eine Übung kreieren. 

Und wie haben Sie die Ausbildung an sich wahrgenommen?

Ich habe sehr viel gelernt und mich persönlich enorm weiterentwickeln können. Insgesamt geht es in dem Lehrgang meiner Meinung nach viel mehr um die individuelle Entwicklung des Trainers und Menschen als darum, dass alle das Gleiche lernen. Ziel ist es nicht, standardisierte Trainer zu entwickeln, sondern jeden einzelnen auch in seinem Bereich, in dem er sich sieht, weiterzuentwickeln, zu fördern und zu verbessern.

Apropos verbessern: Die Nationalmannschaft will sich nach den Enttäuschungen der letzten Turniere unbedingt verbessern. Was muss Deutschland fußballerisch tun, um wieder oben mitzuspielen?

Diese Frage haben wir im Trainerteam natürlich viel diskutiert. Es geht auf der einen Seite um die Basics, die wir einfach wieder besser machen müssen, wie zum Beispiel das leidenschaftliche, gemeinsame Verteidigen, das Hansi fordert.

Auf der anderen Seite bedarf es immer auch einer gewissen Demut mit Blick auf andere Nationen wie beispielsweise Frankreich. Vergleicht man den Marktwert der U21 von Frankreich mit dem der deutschen U21, dann lässt sich ein großer Unterschied feststellen. Diesen Fakt darf man nicht ausblenden. Dennoch hat man natürlich bei der Weltmeisterschaft auch gesehen, wie beispielsweise die marokkanische Mannschaft mit ihren Mitteln erfolgreich war. Gerade die Begeisterung, die Marokko als Außenseiter entfachen konnte, war faszinierend. Ich glaube, es ist insgesamt immer ein bisschen leichter, Euphorie aus einer Außenseiterrolle zu entfachen, als wenn man Mitfavorit ist. Deutschland dagegen wird meist als Mitfavorit gehandelt und ein Halbfinaleinzug fast schon vorausgesetzt.

Was muss man künftig besser machen?

Ich glaube, dass wir gut daran tun, uns auf jedes einzelne Spiel zu fokussieren, Leistung zu erbringen und eine hohe Bereitschaft an den Tag zu legen. So können wir über kleine Entwicklungsschritte wieder erfolgreicher werden. Für uns war bei der WM das erste Spiel entscheidend. Es wäre auch möglich gewesen gegen Japan zu gewinnen, gerade wenn man den xG-Wert heranzieht [Anm. d. Red.: xG = expected Goals (zu erwartende Tore), der Wert liegt immer zwischen 0 und 1 und gibt die Höhe der Wahrscheinlichkeit an, dass der Ball bei einer Torchance von diesem Punkt aus ins Tor geht]. Statistisch gesehen wäre man bei 100 Weltmeisterschaften mit unserem xG-Wert, glaube ich, nur viermal ausgeschieden und 96 Mal weitergekommen.

Hat Deutschland bei der WM also einfach kein Glück gehabt, oder könnte man auch sagen, dass die Spieler auf manchen Positionen einfach nicht so gut sind, wie man sich das wünscht?

Wir haben zahlreiche Spieler, die auf ihren Positionen zur Spitze gehören oder viel Potenzial haben. Noch schaffen wir es aber nicht, dass jeder einzelne dieses Potenzial auch konstant abruft, sodass wir zu große Leistungsschwankungen haben. Unsere Aufgabe ist es, die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, damit wir als Mannschaft konstante Leistungen abrufen und die nächsten Entwicklungsstufen nehmen. 

Wie sehen Sie die Entwicklung im Vereinsfußball?

Das Thema Spieler und Mensch rückt für mich wieder mehr in den Vordergrund, als es vielleicht in der Vergangenheit der Fall war. Neben der eigenen Spielphilosophie eines Trainers steht wieder im Mittelpunkt, dass Spieler auf dem Platz Entscheidungen treffen müssen. Das sollten wir auch in der Ausbildung berücksichtigen und den Spielern Freiheiten und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten geben.

In den vergangenen Jahren wurde die Kreativität und Entscheidungsfindung auf dem Platz etwas vernachlässigt. Zu früh sind Spielsysteme und Grundordnungen in den Vordergrund gerückt und das “einfache” Fußballspielen hat an Bedeutung verloren. Als Trainer kannst du einen Rahmen vorgeben, aber die Entscheidungen müssen die Spieler auf dem Platz treffen.

In den vergangenen Jahren wurde die Kreativität und Entscheidungsfindung auf dem Platz etwas vernachlässigt. Zu früh sind Spielsysteme und Grundordnungen in den Vordergrund gerückt und das “einfache” Fußballspielen hat an Bedeutung verloren. Als Trainer kannst du einen Rahmen vorgeben, aber die Entscheidungen müssen die Spieler auf dem Platz treffen.

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