Flüchtlinge, Waffenlieferungen, Kriegsängste – was bedeutet Russlands Aggression für Südosteuropa?
Rumänien und Ungarn sind als direkte Nachbarn der Ukraine besonders betroffen von dem Krieg, der seit einem Jahr wütet. Auch weiter entfernte Länder wie Bulgarien und Griechenland spüren die Auswirkungen.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die direkten Anrainerländer unmittelbar betroffen, vor allem als Zufluchts- oder Transitländer für Flüchtlinge. Drei Millionen haben die Grenze nach Rumänien passiert, 100.000 haben sich in dem EU-Land niedergelassen, die Hälfte von ihnen Kinder.
Aber auch weiter entfernt liegende Länder Südosteuropas wie Bulgarien und Griechenland blieben nicht unberührt von der russischen Aggression. Sie nahmen ebenfalls Geflüchtete auf oder unterstützen die Ukraine mit Waffenlieferungen. Nur Ungarn, dessen Regierungschef dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahesteht und der die EU-Sanktionen nur zähneknirschend mitträgt, stellt sich quer.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die direkten Anrainerländer unmittelbar betroffen, vor allem als Zufluchts- oder Transitländer für Flüchtlinge. Drei Millionen haben die Grenze nach Rumänien passiert, 100.000 haben sich in dem EU-Land niedergelassen, die Hälfte von ihnen Kinder.
Unsere Korrespondenten berichten aus vier Ländern, die vom Krieg in besonderer Weise betroffen sind.
Rumänien: Wird Russland auch uns angreifen?
Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg hatten die Menschen in Rumänien so große Angst wie in der Nacht des 24. Februar 2022, als die russische Invasion in der Ukraine begann. Viele fragten sich damals: Was tun wir, wenn die Russen auch uns angreifen?
Ein Jahr später tobt der Krieg im Nachbarland noch immer. Aber: “Das Militär und die Informationsdienste haben schnell und gut reagiert”, urteilt der rumänische Militärexperte Claudiu Degeratu im DW-Gespräch. Das Verteidigungsbudget sei aufgestockt, neue Modernisierungsprogramme für die Armee seien aufgesetzt worden. Jetzt müsse umgehend in die lokale Rüstungsindustrie investiert werden. Auch bei der Infrastruktur gibt es Defizite: Das Netz an Autobahnen und modernen Zugverbindungen ist unzureichend ausgebaut. Gleichzeitig aber ist die Präsenz von NATO-Truppen in Rumänien stark angestiegen. Jetzt soll mit EU-Geldern das nachgeholt werden, was 30 Jahre lang im Bereich der Infrastruktur verschlafen wurde.
Wirtschaftlich hat Rumänien aufgrund der geringen Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen und einem reduzierten Finanzgeschäft mit Moskau einen besseren Stand als andere EU-Staaten. Dies bestätigt der Wirtschaftsjournalist Stelian Muscalu gegenüber der DW. Die makro-ökonomischen Indikatoren hätten kaum Veränderungen verzeichnet. Im Gegenzug aber seien die Ängste der Menschen größer geworden und hätten die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Corona-Krise gedämpft. “Der rasche Anstieg der Inflation wegen der Energiepreise und wegen eines schwachen Wirtschaftsmanagements haben zu einem Rückgang des Einkommens der Menschen und des Lebensstandards geführt”, so Muscalu. Darunter leide auch der Konsum.
Während der Getreidekrise nach Ausbruch des Krieges war Rumänien eines der wichtigsten Partnerländer, die den Export ukrainischen Getreides ermöglichten. Konstanza am Schwarzen Meer, der wichtigste und geographisch am besten positionierte Getreidehafen der EU, erwies sich als effizienteste Lösung für den Weitertransport. Im Hafen von Istanbul dagegen liegen Schiffe mit ukrainischem Getreide oft bis zu 50 Tagen fest, weil Russland dort das Recht hat, die Ladung zu kontrollieren.
Offiziell liefert die bulgarische Regierung bis heute weder Munition noch Waffen direkt an die Ukraine. Auf den ersten Blick ist das nicht überraschend, denn Bulgarien ist traditionell prorussisch. Doch nichts ist, wie es scheint: In Wirklichkeit ist das NATO-Mitgliedsland einer der wichtigsten Lieferanten von Rüstungsgütern an die bedrängte Ukraine.
“Das Land, das heimlich die Ukraine rettete”, so titelte die deutsche Tageszeitung Die Welt am 20.1.2023 und enthüllte, was bis dahin ein mehr schlecht als recht gehütetes Geheimnis war: Die nur knapp acht Monate amtierende Regierung des pro-westlichen Reformers Kiril Petkow hatte die Ukraine zwischen April und August 2022 mit Munition und Diesel beliefert. Rund 30 Prozent des Munitionsbedarfs und bis zu 40 Prozent des Treibstoffbedarfs der Panzer und Fahrzeuge der ukrainischen Armee sollen aus Bulgarien gekommen sein.
Das ist bemerkenswert, denn das von russischen Energielieferungen abhängige Bulgarien war zusammen mit Polen das erste Land, dem Russland im April 2022 den Gashahn abdrehte. In dieser Krise wertvollen Diesel abzugeben, war eine gewagte Entscheidung. Ebenso gewagt war es, durch die Lieferungen die Russland-Sympathisanten im Land zu brüskieren. Damals wie heute waren sowohl Petkows frühere Koalitionspartner von der Bulgarischen Sozialistischen Partei BSP als auch Staatspräsident Rumen Radew scharfe Gegner von Militärhilfen und Sanktionen. Aus Rücksicht auf den Koalitionsfrieden und prorussische Sympathien in der Bevölkerung sprach daher niemand öffentlich über die Lieferungen. International brachten sie Petkow viel Ansehen, doch innenpolitisch sind sie bis heute umstritten.
Der Ukraine-Krieg ist in Bulgarien also mehr Innen- als Außenpolitik. Und dort ist eben nichts, wie es scheint, aber alles voller Widersprüche: Staatschef Radew verurteilt zwar öffentlich den russischen Angriff, stellt sich ansonsten aber gegen alles, was russischen Interessen zuwiderläuft. Gleiches gilt für die Sozialisten, deren Vorsitzende Kornelia Ninowa als Wirtschaftsministerin der Regierung Petkow das Ressort leitete, das die Oberaufsicht über alle bulgarischen Rüstungsexporte führt. Beide wussten offenbar von den Lieferungen, die keineswegs streng geheim abgewickelt wurden.
Nach dem Sturz der Regierung Petkow stimmte Ende 2022 zwar eine Mehrheit im Parlament für direkte Militärhilfen, die von Präsident Radew ernannte Übergangsregierung ist jedoch bis heute nicht willens, diese Entscheidung in nennenswertem Ausmaß umzusetzen. Und obwohl die direkte Zustimmung zu Putin und seinem Krieg in der Bevölkerung abnimmt, haben ausgesprochen prowestliche Parteien und Politiker laut Umfragen auch bei der im April 2023 stattfindenden fünften Wahl in zweieinhalb Jahren keine Mehrheit.
Fast pünktlich zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine machte Ungarns Premier Viktor Orban seinem Ruf als “Putins verlängerter Arm” in der EU alle Ehre. In seiner traditionellen Jahresbilanzrede in Budapest am 18. Februar war kein Wort der Solidarität mit dem angegriffenen Land zu hören. Stattdessen warf Orban den westlichen Ländern vor, “Kriegsanhänger” zu sein und “wie Schlafwandler auf dem Dach” in einen neuen Weltkrieg zu taumeln. Ungarns Premier plädierte für ein Ende der Sanktionen gegen Moskau, für gute wirtschaftliche Beziehungen des gesamten Westens zu Russland und für “Friedensverhandlungen zwischen Amerikanern und Russen”.
Hässliche Polemiken fehlten in Orbans Rede nicht. Deutschlands Panzerlieferungen an die Ukraine verglich Ungarns Premier mit dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion. “In einigen Wochen werden Leopard-Panzer auf dem Boden der Ukraine nach Osten rollen, in Richtung der russischen Grenze. Vielleicht sind auch noch die alten Landkarten vorhanden”, giftete Orban.
Zu einer bedingungslosen Verurteilung der russischen Aggression gegen die Ukraine konnte sich Ungarns Premier bis heute nicht durchringen. Stattdessen führten seine Äußerungen über die Ukraine immer wieder zu Eklats. Ende Januar 2023 etwa hatte Orban die Ukraine als “Niemandsland” bezeichnet. Kiew reagierte mit scharfem Protest und bestellte den ungarischen Botschafter ein.
Vordergründig lässt sich die Haltung Viktor Orbans mit der starken ungarischen Abhängigkeit von russischen Energielieferungen erklären. Dabei isoliert Ungarns Premier sein Land in Europa politisch immer mehr. Mitunter mit peinlich-trotzigen Gesten: Als der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj am 9. Februar zu einem EU-Gipfel nach Brüssel reiste, empfingen ihnen die Staatsspitzen der Mitgliedsländer anlässlich eines Gruppenfotos mit Applaus. Nur einer klatschte nicht: Viktor Orban.
“Ich versuche einfach, glücklich zu sein,” sagt Nina Plechak-Paskal. Vor einem Jahr kam die 37-jährige mit ihrer damals 15-jährigen Tochter von Kiew nach Thessaloniki. In die ukrainische Hauptstadt war sie bereits 2014 geflohen, als Putins Armee die Krim einnahm und prorussische, von Moskau gesteuerte Gruppen ihre Heimatregion Donezk besetzten. “Ich musste in Kiew bei Null anfangen”, erinnert sie sich. Dann begann die russische Invasion und sie musste erneut alles hinter sich lassen.
Aufgewachsen ist Nina im Dorf Horlivka, als Teil der über 90.000 Menschen zählenden griechischen Minderheit in der Ukraine. Dass sie Griechisch spricht, hat für sie vieles in der neuen Heimat leichter gemacht. Ihren Job bei einer Logistikfirma in der Ukraine konnte sie behalten. Sie arbeitet jetzt online. Ihre Tochter geht auf ein internationales Gymnasium, am Abend findet nimmt sie über das Internet am Unterricht in ihrer ukrainischen Schule teil.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die direkten Anrainerländer unmittelbar betroffen, vor allem als Zufluchts- oder Transitländer für Flüchtlinge. Drei Millionen haben die Grenze nach Rumänien passiert, 100.000 haben sich in dem EU-Land niedergelassen, die Hälfte von ihnen Kinder.
Aber auch weiter entfernt liegende Länder Südosteuropas wie Bulgarien und Griechenland blieben nicht unberührt von der russischen Aggression. Sie nahmen ebenfalls Geflüchtete auf oder unterstützen die Ukraine mit Waffenlieferungen. Nur Ungarn, dessen Regierungschef dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahesteht und der die EU-Sanktionen nur zähneknirschend mitträgt, stellt sich quer.
Rumänien: Wird Russland auch uns angreifen?
Unsere Korrespondenten berichten aus vier Ländern, die vom Krieg in besonderer Weise betroffen sind.
Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg hatten die Menschen in Rumänien so große Angst wie in der Nacht des 24. Februar 2022, als die russische Invasion in der Ukraine begann. Viele fragten sich damals: Was tun wir, wenn die Russen auch uns angreifen?
Bulgarien: Nichts ist, wie es scheint
Ein Jahr später tobt der Krieg im Nachbarland noch immer. Aber: “Das Militär und die Informationsdienste haben schnell und gut reagiert”, urteilt der rumänische Militärexperte Claudiu Degeratu im DW-Gespräch. Das Verteidigungsbudget sei aufgestockt, neue Modernisierungsprogramme für die Armee seien aufgesetzt worden. Jetzt müsse umgehend in die lokale Rüstungsindustrie investiert werden. Auch bei der Infrastruktur gibt es Defizite: Das Netz an Autobahnen und modernen Zugverbindungen ist unzureichend ausgebaut. Gleichzeitig aber ist die Präsenz von NATO-Truppen in Rumänien stark angestiegen. Jetzt soll mit EU-Geldern das nachgeholt werden, was 30 Jahre lang im Bereich der Infrastruktur verschlafen wurde.
Ungarn: “Schlafwandler auf dem Dach”
Wirtschaftlich hat Rumänien aufgrund der geringen Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen und einem reduzierten Finanzgeschäft mit Moskau einen besseren Stand als andere EU-Staaten. Dies bestätigt der Wirtschaftsjournalist Stelian Muscalu gegenüber der DW. Die makro-ökonomischen Indikatoren hätten kaum Veränderungen verzeichnet. Im Gegenzug aber seien die Ängste der Menschen größer geworden und hätten die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Corona-Krise gedämpft. “Der rasche Anstieg der Inflation wegen der Energiepreise und wegen eines schwachen Wirtschaftsmanagements haben zu einem Rückgang des Einkommens der Menschen und des Lebensstandards geführt”, so Muscalu. Darunter leide auch der Konsum.
Während der Getreidekrise nach Ausbruch des Krieges war Rumänien eines der wichtigsten Partnerländer, die den Export ukrainischen Getreides ermöglichten. Konstanza am Schwarzen Meer, der wichtigste und geographisch am besten positionierte Getreidehafen der EU, erwies sich als effizienteste Lösung für den Weitertransport. Im Hafen von Istanbul dagegen liegen Schiffe mit ukrainischem Getreide oft bis zu 50 Tagen fest, weil Russland dort das Recht hat, die Ladung zu kontrollieren.
Offiziell liefert die bulgarische Regierung bis heute weder Munition noch Waffen direkt an die Ukraine. Auf den ersten Blick ist das nicht überraschend, denn Bulgarien ist traditionell prorussisch. Doch nichts ist, wie es scheint: In Wirklichkeit ist das NATO-Mitgliedsland einer der wichtigsten Lieferanten von Rüstungsgütern an die bedrängte Ukraine.
Griechenland: Flüchtlinge finden eine neue Heimat
“Das Land, das heimlich die Ukraine rettete”, so titelte die deutsche Tageszeitung Die Welt am 20.1.2023 und enthüllte, was bis dahin ein mehr schlecht als recht gehütetes Geheimnis war: Die nur knapp acht Monate amtierende Regierung des pro-westlichen Reformers Kiril Petkow hatte die Ukraine zwischen April und August 2022 mit Munition und Diesel beliefert. Rund 30 Prozent des Munitionsbedarfs und bis zu 40 Prozent des Treibstoffbedarfs der Panzer und Fahrzeuge der ukrainischen Armee sollen aus Bulgarien gekommen sein.
Das ist bemerkenswert, denn das von russischen Energielieferungen abhängige Bulgarien war zusammen mit Polen das erste Land, dem Russland im April 2022 den Gashahn abdrehte. In dieser Krise wertvollen Diesel abzugeben, war eine gewagte Entscheidung. Ebenso gewagt war es, durch die Lieferungen die Russland-Sympathisanten im Land zu brüskieren. Damals wie heute waren sowohl Petkows frühere Koalitionspartner von der Bulgarischen Sozialistischen Partei BSP als auch Staatspräsident Rumen Radew scharfe Gegner von Militärhilfen und Sanktionen. Aus Rücksicht auf den Koalitionsfrieden und prorussische Sympathien in der Bevölkerung sprach daher niemand öffentlich über die Lieferungen. International brachten sie Petkow viel Ansehen, doch innenpolitisch sind sie bis heute umstritten.
Der Ukraine-Krieg ist in Bulgarien also mehr Innen- als Außenpolitik. Und dort ist eben nichts, wie es scheint, aber alles voller Widersprüche: Staatschef Radew verurteilt zwar öffentlich den russischen Angriff, stellt sich ansonsten aber gegen alles, was russischen Interessen zuwiderläuft. Gleiches gilt für die Sozialisten, deren Vorsitzende Kornelia Ninowa als Wirtschaftsministerin der Regierung Petkow das Ressort leitete, das die Oberaufsicht über alle bulgarischen Rüstungsexporte führt. Beide wussten offenbar von den Lieferungen, die keineswegs streng geheim abgewickelt wurden.
Nach dem Sturz der Regierung Petkow stimmte Ende 2022 zwar eine Mehrheit im Parlament für direkte Militärhilfen, die von Präsident Radew ernannte Übergangsregierung ist jedoch bis heute nicht willens, diese Entscheidung in nennenswertem Ausmaß umzusetzen. Und obwohl die direkte Zustimmung zu Putin und seinem Krieg in der Bevölkerung abnimmt, haben ausgesprochen prowestliche Parteien und Politiker laut Umfragen auch bei der im April 2023 stattfindenden fünften Wahl in zweieinhalb Jahren keine Mehrheit.
Fast pünktlich zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine machte Ungarns Premier Viktor Orban seinem Ruf als “Putins verlängerter Arm” in der EU alle Ehre. In seiner traditionellen Jahresbilanzrede in Budapest am 18. Februar war kein Wort der Solidarität mit dem angegriffenen Land zu hören. Stattdessen warf Orban den westlichen Ländern vor, “Kriegsanhänger” zu sein und “wie Schlafwandler auf dem Dach” in einen neuen Weltkrieg zu taumeln. Ungarns Premier plädierte für ein Ende der Sanktionen gegen Moskau, für gute wirtschaftliche Beziehungen des gesamten Westens zu Russland und für “Friedensverhandlungen zwischen Amerikanern und Russen”.
Hässliche Polemiken fehlten in Orbans Rede nicht. Deutschlands Panzerlieferungen an die Ukraine verglich Ungarns Premier mit dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion. “In einigen Wochen werden Leopard-Panzer auf dem Boden der Ukraine nach Osten rollen, in Richtung der russischen Grenze. Vielleicht sind auch noch die alten Landkarten vorhanden”, giftete Orban.
Zu einer bedingungslosen Verurteilung der russischen Aggression gegen die Ukraine konnte sich Ungarns Premier bis heute nicht durchringen. Stattdessen führten seine Äußerungen über die Ukraine immer wieder zu Eklats. Ende Januar 2023 etwa hatte Orban die Ukraine als “Niemandsland” bezeichnet. Kiew reagierte mit scharfem Protest und bestellte den ungarischen Botschafter ein.
Vordergründig lässt sich die Haltung Viktor Orbans mit der starken ungarischen Abhängigkeit von russischen Energielieferungen erklären. Dabei isoliert Ungarns Premier sein Land in Europa politisch immer mehr. Mitunter mit peinlich-trotzigen Gesten: Als der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj am 9. Februar zu einem EU-Gipfel nach Brüssel reiste, empfingen ihnen die Staatsspitzen der Mitgliedsländer anlässlich eines Gruppenfotos mit Applaus. Nur einer klatschte nicht: Viktor Orban.
“Ich versuche einfach, glücklich zu sein,” sagt Nina Plechak-Paskal. Vor einem Jahr kam die 37-jährige mit ihrer damals 15-jährigen Tochter von Kiew nach Thessaloniki. In die ukrainische Hauptstadt war sie bereits 2014 geflohen, als Putins Armee die Krim einnahm und prorussische, von Moskau gesteuerte Gruppen ihre Heimatregion Donezk besetzten. “Ich musste in Kiew bei Null anfangen”, erinnert sie sich. Dann begann die russische Invasion und sie musste erneut alles hinter sich lassen.
Aufgewachsen ist Nina im Dorf Horlivka, als Teil der über 90.000 Menschen zählenden griechischen Minderheit in der Ukraine. Dass sie Griechisch spricht, hat für sie vieles in der neuen Heimat leichter gemacht. Ihren Job bei einer Logistikfirma in der Ukraine konnte sie behalten. Sie arbeitet jetzt online. Ihre Tochter geht auf ein internationales Gymnasium, am Abend findet nimmt sie über das Internet am Unterricht in ihrer ukrainischen Schule teil.
Viele Ukrainer fühlen sich durch das orthodoxe Christentum mit Griechenland verbunden, doch das mache das Leben nicht unbedingt leichter: “Wenn man hier lebt, ist das kein Urlaub in der Sonne. Vieles ist sehr kompliziert. Wenn man kein Geld hat, dann kann man in ein Flüchtlingslager gehen, aber kann man es da wirklich lange aushalten? Ohne Sprachkenntnisse ist es schwierig, an Papiere zu kommen. In den Ämtern sprechen viele nur Griechisch”, erklärt Plechak-Paskal.
Über 100.000 Ukrainer haben nach Angaben des ukrainischen Generalkonsulats in Thessaloniki seit Ausbruch des Krieges die griechische Grenze passiert. Sie genießen temporären Schutzstatus, müssen also nicht erst Asyl beantragen, sondern bekommen, im Vergleich zu Geflüchteten aus anderen Ländern, mit relativ wenig bürokratischem Aufwand einen Aufenthaltstitel.
Über 100.000 Ukrainer haben nach Angaben des ukrainischen Generalkonsulats in Thessaloniki seit Ausbruch des Krieges die griechische Grenze passiert. Sie genießen temporären Schutzstatus, müssen also nicht erst Asyl beantragen, sondern bekommen, im Vergleich zu Geflüchteten aus anderen Ländern, mit relativ wenig bürokratischem Aufwand einen Aufenthaltstitel.