Ukraine aktuell: Baerbock zu Lawrow: “Stoppen Sie diesen Krieg”
Die deutsche Außenministerin nutzt das G20-Treffen in Neu Delhi zu einem leidenschaftlichen Appell an ihren russischen Kollegen. Der ukrainische Präsident Selenskyj lobt Durchhaltewillen seiner Landsleute. Ein Überblick.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Russland beim G20-Treffen aufgerufen, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. “Stoppen Sie diesen Krieg. Stoppen Sie die Verletzung unserer internationalen Ordnung. Stoppen Sie die Bombardierung ukrainischer Städte und Zivilisten”, forderte die Grünen-Politikerin bei Beratungen der G20-Außenminister in Indiens Hauptstadt Neu Delhi nach Angaben aus Delegationskreisen. Sie wandte sich dabei direkt an Russlands Außenminister Sergej Lawrow.
Das Wichtigste in Kürze:
“Es ist gut, dass Sie hier im Saal sind, um zuzuhören”, sagte Baerbock zu dem russischen Minister. “Stoppen Sie den Krieg. Nicht in einem Monat oder einem Jahr, sondern heute.” Sie fügte hinzu: “Denn jede Familie, die einen Vater, einen Bruder, eine Mutter, ein Kind verliert, verliert eine ganze Welt.” Es gebe kein Recht des Stärkeren, seinen kleinen Nachbarn zu überfallen. Beim G20-Treffen im vergangenen Jahr hatte Lawrow die Runde der Außenminister verlassen,
damit er sich keine Kritik anhören musste.
Baerbock äußerte sie sich zudem besorgt, dass Russland den “New Start”-Vertrag zur Reduzierung von Nuklearwaffen aussetzen wolle. Sie forderte Lawrow auf, den Dialog mit den USA wieder aufzunehmen und zur vollständigen Umsetzung des Vertrage zurückzukehren.
Den G20 gehören große Industrie- und Schwellenländer an, darunter Russland und China. Indien will den Vorsitz nutzen, um den Fokus auf Themen wie den Kampf gegen die Armut sowie die Klimafinanzierung zu richten. Indiens Premierminister Narendra Modi rief die G20-Gruppe führender Wirtschaftsmächte vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu Geschlossenheit auf. Man solle sich nicht auf Angelegenheiten konzentrieren, die man nicht zusammen lösen könne – sondern auf solche, die man lösen könne, sagte Modi zu Beginn des Ministertreffens in einer Videoansprache.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Landsleuten angesichts systematischer russischer Angriffe auf Energieeinrichtungen mit anschließender Kälte und Dunkelheit seine Anerkennung dafür gezollt, einen “sehr schwierigen Winter” überlebt zu haben. “Es war eine sehr schwierige Zeit, und jeder Ukrainer hat diese Schwierigkeit erlebt, aber wir waren dennoch in der Lage, die Ukraine mit Energie und Wärme zu versorgen”, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Der Staatschef fügte hinzu, dass es immer noch “eine Bedrohung des Energiesystems” gebe.
Zuvor hatte bereits der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärt, die Ukraine habe den schwierigsten Winter ihrer Geschichte durchlebt. Mit dem Frühlingsbeginn am 1. März habe das Land den “Winterterror” des russischen Präsidenten Wladimir Putin überstanden.
Die russischen Streitkräfte hatten im Oktober damit begonnen, verstärkt die Energieinfrastruktur in der Ukraine mit Raketen und Drohnen anzugreifen. Für Millionen Menschen bedeutete das, Ausfälle bei Wasser, Strom und Heizung bei eisigen Wintertemperaturen zu ertragen.
Die Streitkräfte der Ukraine haben die Lage an den Fronten des Landes nach Einschätzung von Präsident Wolodymyr Selenskyj im Griff. Allerdings müssten die Menschen im Hinterland der Fronten weiterhin unter den russischen Angriffen leiden. Die russischen Artillerieangriffe auf Städte und Dörfer hinter den Fronten im Süden und Osten der Ukraine nannte er “bewussten Terror”. Dort seien die Menschen zwar nicht an der Front, aber dennoch direkt im Krieg. Besonders schwer umkämpft ist noch immer die ostukrainische Stadt Bachmut.
US-Justizminister Merrick Garland hat den russischen Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin als “Kriegsverbrecher” bezeichnet. Vielleicht sei es unangemessen, dies zu sagen, bevor die Beweisaufnahme abgeschlossen sei. “Aber ich denke, wir haben zu diesem Zeitpunkt mehr als genug Beweise, um mein Gefühl zu rechtfertigen.” Was die Gruppe Wagner in der Ukraine anrichte, sei “unfassbar”. Das US-Justizministerium helfe Kiew dabei, seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine mutmaßlich begangene Kriegsverbrechen zu untersuchen, sagte Garland in einer Anhörung des US-Senats – darunter auch Verbrechen, die der Gruppe Wagner zugeschrieben werden.
Wagner-Söldner sind seit Monaten auch im Kampf um das als strategisch wichtig geltende Bachmut im Einsatz und agieren weitgehend unabhängig vom russischen Militärkommando. Die USA stuften die Gruppe Wagner im Januar offiziell als “transnationale kriminelle Organisation” ein und stellten sie damit auf eine Stufe mit italienischen Mafia-Banden und anderer organisierter Kriminalität.
Länder wie Deutschland könnten künftig deutlich mehr EU-Geld bekommen, wenn sie schnell dringend benötige Munition in die Ukraine liefern. In einem zuletzt bekannt gewordenen Diskussionspapier schlägt die EU-Kommission vor, den Mitgliedstaaten im Fall von zügigen Lieferungen bis zu 90 Prozent der Kosten aus EU-Mitteln zu erstatten. Bislang lag die Rückerstattungsquote bei entsprechenden Anträgen in der Regel bei deutlich niedrigeren Werten. Die Staaten seien angehalten, insbesondere rasch Artilleriemunition des Kalibers 155 Millimeter zur Verfügung zu stellen, heißt es in dem Papier, aus dem die Deutschen Presse-Agentur berichtet. Der Transfer müsse aus bestehenden Beständen oder für die Lieferung anstehenden Aufträgen erfolgen. Für Munitionslieferungen will der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell laut dem Dokument die Freigabe einer weiteren Milliarde Euro vorschlagen.
Zwei US-Amerikaner, ein Russe und ein Emirati sind gemeinsam zur Internationalen Raumstation ISS aufgebrochen. Die vier Raumfahrer starteten an Bord eines “Crew Dragon” der privaten Raumfahrtfirma SpaceX von Elon Musk vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida. Damit flogen zum wiederholten Mal seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine vor rund einem Jahr und den daraus resultierenden immensen Spannungen zwischen den USA und Russland Raumfahrer beider Länder gemeinsam ins All.
Eigentlich war der Start bereits für Montag geplant gewesen, hatte aber wegen Problemen an der Zündanlage kurzfristig abgebrochen und verschoben werden müssen. Stephen Bowen, Warren Hoburg, Andrej Fedjajew und Sultan al-Nijadi sollen voraussichtlich rund sechs Monate lang an Bord der ISS bleiben. An Bord der ISS werden die Raumfahrer auf insgesamt sieben weitere Kolleginnen und Kollegen treffen. Von diesen werden vier in wenigen Tagen zur Erde zurückfliegen.
sti/pg/qu/rb (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das Wichtigste in Kürze:
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Russland beim G20-Treffen aufgerufen, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden. “Stoppen Sie diesen Krieg. Stoppen Sie die Verletzung unserer internationalen Ordnung. Stoppen Sie die Bombardierung ukrainischer Städte und Zivilisten”, forderte die Grünen-Politikerin bei Beratungen der G20-Außenminister in Indiens Hauptstadt Neu Delhi nach Angaben aus Delegationskreisen. Sie wandte sich dabei direkt an Russlands Außenminister Sergej Lawrow.
“Es ist gut, dass Sie hier im Saal sind, um zuzuhören”, sagte Baerbock zu dem russischen Minister. “Stoppen Sie den Krieg. Nicht in einem Monat oder einem Jahr, sondern heute.” Sie fügte hinzu: “Denn jede Familie, die einen Vater, einen Bruder, eine Mutter, ein Kind verliert, verliert eine ganze Welt.” Es gebe kein Recht des Stärkeren, seinen kleinen Nachbarn zu überfallen. Beim G20-Treffen im vergangenen Jahr hatte Lawrow die Runde der Außenminister verlassen,
damit er sich keine Kritik anhören musste.
Baerbock äußerte sie sich zudem besorgt, dass Russland den “New Start”-Vertrag zur Reduzierung von Nuklearwaffen aussetzen wolle. Sie forderte Lawrow auf, den Dialog mit den USA wieder aufzunehmen und zur vollständigen Umsetzung des Vertrage zurückzukehren.
Den G20 gehören große Industrie- und Schwellenländer an, darunter Russland und China. Indien will den Vorsitz nutzen, um den Fokus auf Themen wie den Kampf gegen die Armut sowie die Klimafinanzierung zu richten. Indiens Premierminister Narendra Modi rief die G20-Gruppe führender Wirtschaftsmächte vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu Geschlossenheit auf. Man solle sich nicht auf Angelegenheiten konzentrieren, die man nicht zusammen lösen könne – sondern auf solche, die man lösen könne, sagte Modi zu Beginn des Ministertreffens in einer Videoansprache.
Selenskyj lobt Durchhaltewillen seiner Landsleute
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Landsleuten angesichts systematischer russischer Angriffe auf Energieeinrichtungen mit anschließender Kälte und Dunkelheit seine Anerkennung dafür gezollt, einen “sehr schwierigen Winter” überlebt zu haben. “Es war eine sehr schwierige Zeit, und jeder Ukrainer hat diese Schwierigkeit erlebt, aber wir waren dennoch in der Lage, die Ukraine mit Energie und Wärme zu versorgen”, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Der Staatschef fügte hinzu, dass es immer noch “eine Bedrohung des Energiesystems” gebe.
Lage an den Fronten laut Kiew unter Kontrolle
Zuvor hatte bereits der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärt, die Ukraine habe den schwierigsten Winter ihrer Geschichte durchlebt. Mit dem Frühlingsbeginn am 1. März habe das Land den “Winterterror” des russischen Präsidenten Wladimir Putin überstanden.
Die russischen Streitkräfte hatten im Oktober damit begonnen, verstärkt die Energieinfrastruktur in der Ukraine mit Raketen und Drohnen anzugreifen. Für Millionen Menschen bedeutete das, Ausfälle bei Wasser, Strom und Heizung bei eisigen Wintertemperaturen zu ertragen.
Die Streitkräfte der Ukraine haben die Lage an den Fronten des Landes nach Einschätzung von Präsident Wolodymyr Selenskyj im Griff. Allerdings müssten die Menschen im Hinterland der Fronten weiterhin unter den russischen Angriffen leiden. Die russischen Artillerieangriffe auf Städte und Dörfer hinter den Fronten im Süden und Osten der Ukraine nannte er “bewussten Terror”. Dort seien die Menschen zwar nicht an der Front, aber dennoch direkt im Krieg. Besonders schwer umkämpft ist noch immer die ostukrainische Stadt Bachmut.
US-Justizminister nennt Wagner-Chef “Kriegsverbrecher”
US-Justizminister Merrick Garland hat den russischen Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin als “Kriegsverbrecher” bezeichnet. Vielleicht sei es unangemessen, dies zu sagen, bevor die Beweisaufnahme abgeschlossen sei. “Aber ich denke, wir haben zu diesem Zeitpunkt mehr als genug Beweise, um mein Gefühl zu rechtfertigen.” Was die Gruppe Wagner in der Ukraine anrichte, sei “unfassbar”. Das US-Justizministerium helfe Kiew dabei, seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine mutmaßlich begangene Kriegsverbrechen zu untersuchen, sagte Garland in einer Anhörung des US-Senats – darunter auch Verbrechen, die der Gruppe Wagner zugeschrieben werden.
Wagner-Söldner sind seit Monaten auch im Kampf um das als strategisch wichtig geltende Bachmut im Einsatz und agieren weitgehend unabhängig vom russischen Militärkommando. Die USA stuften die Gruppe Wagner im Januar offiziell als “transnationale kriminelle Organisation” ein und stellten sie damit auf eine Stufe mit italienischen Mafia-Banden und anderer organisierter Kriminalität.
EU könnte Anreize für Munitionslieferungen an Ukraine erhöhen
Länder wie Deutschland könnten künftig deutlich mehr EU-Geld bekommen, wenn sie schnell dringend benötige Munition in die Ukraine liefern. In einem zuletzt bekannt gewordenen Diskussionspapier schlägt die EU-Kommission vor, den Mitgliedstaaten im Fall von zügigen Lieferungen bis zu 90 Prozent der Kosten aus EU-Mitteln zu erstatten. Bislang lag die Rückerstattungsquote bei entsprechenden Anträgen in der Regel bei deutlich niedrigeren Werten. Die Staaten seien angehalten, insbesondere rasch Artilleriemunition des Kalibers 155 Millimeter zur Verfügung zu stellen, heißt es in dem Papier, aus dem die Deutschen Presse-Agentur berichtet. Der Transfer müsse aus bestehenden Beständen oder für die Lieferung anstehenden Aufträgen erfolgen. Für Munitionslieferungen will der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell laut dem Dokument die Freigabe einer weiteren Milliarde Euro vorschlagen.
Wieder US-Amerikaner und Russen auf dem Weg zur ISS
Zwei US-Amerikaner, ein Russe und ein Emirati sind gemeinsam zur Internationalen Raumstation ISS aufgebrochen. Die vier Raumfahrer starteten an Bord eines “Crew Dragon” der privaten Raumfahrtfirma SpaceX von Elon Musk vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida. Damit flogen zum wiederholten Mal seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine vor rund einem Jahr und den daraus resultierenden immensen Spannungen zwischen den USA und Russland Raumfahrer beider Länder gemeinsam ins All.
Eigentlich war der Start bereits für Montag geplant gewesen, hatte aber wegen Problemen an der Zündanlage kurzfristig abgebrochen und verschoben werden müssen. Stephen Bowen, Warren Hoburg, Andrej Fedjajew und Sultan al-Nijadi sollen voraussichtlich rund sechs Monate lang an Bord der ISS bleiben. An Bord der ISS werden die Raumfahrer auf insgesamt sieben weitere Kolleginnen und Kollegen treffen. Von diesen werden vier in wenigen Tagen zur Erde zurückfliegen.
sti/pg/qu/rb (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.