Kultur

“Luftkrieg”: Wenn die Zivilbevölkerung zum Opfer wird

In “Luftkrieg” beschäftigt sich Sergei Loznitsa mit der Bombardierung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg. Der ukrainische Regisseur behandelt in seinen Filmen vornehmlich das Thema Krieg.

Die ersten Szenen aus Sergei Loznitsas neuestem Film muten unschuldig an: Sie zeigen Menschen, die ihrem Alltag nachgehen, durch Berlin spazieren, in einem süddeutschen Dorf aus dem Fenster schauen und das Treiben auf dem Dorfplatz beobachten, die sogar eine Kuh auf eine Flussfähre treiben. 

Zwölf Minuten hält die Idylle an, dann fallen die ersten Bomben: aus Tausenden Flugzeugen abgeworfen über deutschen Städten wie Köln, Dresden und Berlin.

Die ersten Szenen aus Sergei Loznitsas neuestem Film muten unschuldig an: Sie zeigen Menschen, die ihrem Alltag nachgehen, durch Berlin spazieren, in einem süddeutschen Dorf aus dem Fenster schauen und das Treiben auf dem Dorfplatz beobachten, die sogar eine Kuh auf eine Flussfähre treiben. 

In “Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung”, der am Mittwoch in Berlin seine Deutschlandpremiere feierte, beschäftigt sich der renommierte ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa mit den Bombenangriffen der Alliierten auf Nazi-Deutschland. Dazu hat er Archivmaterial aus dem Zweiten Weltkrieg zusammengeschnitten, unterlegt mit der Musik des niederländischen Komponisten Christiaan Verbeek, die das Publikum an vielen Stellen erschauern lässt.

Können Menschen aus der Geschichte lernen?

Schon seit vielen Jahren arbeitet Loznitsa für seine Dokumentarfilme ausschließlich mit Archivaufnahmen: Er widme sich diesem Material, weil er die “Leichen aus dem Keller der Geschichte holen” möchte, wie es der Filmemacher im Gespräch mit der DW ausdrückt. Seine Filme handeln von Traumata, über die niemand spricht.

“Wenn etwas nicht offen und ehrlich diskutiert wird, dann wird es zu einer Leiche im Keller, die irgendwann wieder hervorkommen und dich verfolgen wird”, sagt Loznitsa. Das könne ernsthafte Konsequenzen haben: “Die Geschichte folgt bestimmten Gesetzen und tendiert dazu, sich zu wiederholen”, zeigt sich der preisgekrönte Regisseur überzeugt. “Gerade, wenn man bestimmte Ereignisse nicht reflektiert und analysiert, keine Lehren daraus zieht, besteht die Gefahr, dass sie sich wiederholen.”

Der ukrainische Regisseur weiß wovon er spricht. Der 58-Jährige hat historische Umbrüche am eigenen Leib erfahren. Er ist aufgewachsen in der ehemaligen Sowjetunion, einem totalitären Staat, und erlebte schließlich Ende der 1990er-Jahre deren Zusammenbruch. Fast zeitgleich wechselte er seine Profession. Der ausgebildete Mathematiker wurde Filmemacher.

Mittlerweile zählt Sergei Loznitsa zu den bekanntesten europäischen Dokumentarfilmern, mit einer ganz eigenen Herangehensweise. Denn er versteht sich in seiner Rolle als Regisseur als reiner Beobachter, was zur Folge hat, dass ihm Kritiker regelmäßig fehlende Einordnung vorwerfen. Darf man auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz einfach seine Kamera aufstellen und die fröhlichen Touristengruppen filmen, wie sie dort Selfies machen? Loznitsa hat für seinen Film “Austerlitz” (2016) genau das getan – und die verstörenden Szenen nicht kommentiert. 

Für seinen Film “Babyn Jar. Kontext” (2021) durchforstete Loznitsa deutsche, russische und ukrainische Archive und montierte aus den Aufnahmen einen Film, der an das jahrzehntelang verdrängte und vergessene Massaker von Babyn Jar erinnert. In einer Schlucht in Kiew wurde im September 1941 an zwei Tagen 33.771 jüdische Männer, Frauen und Kinder von deutschen Nazis und ukrainischen Hilfspolizisten ermordet. Dass in dem Film auch die Ukrainer gezeigt werden, die die heranrückenden Nazis begrüßten, stieß in seiner Heimat auf Kritik. 

Gelegentlich dreht Loznitsa auch Spielfilme. Zuletzt widmete er sich in “Donbass” (2018) dem Krieg, der seit 2014 in der Ostukraine zwischen ukrainischen Streitkräften und prorussischen Separatisten tobt. Seine Protagonisten haben sich von der Gesellschaft abgewandt, sie glauben nicht mehr an die Regierung, Fake News sind allgegenwärtig. Nach der russischen Invasion erscheint Loznitsas Werk erschreckend vorausschauend.

Doch zurück zum aktuellen Dokumentafilm des ukrainischen Filmemachers, der sich nicht davor scheut, schwierige Stoffe anzupacken. “Luftkrieg” zeigt manchmal nahezu unerträgliche Bilder: Nach einer Bombennacht liegen tote Menschen nebeneinander aufgereiht auf der Straße in den Ruinen. Ein Körper gehört zu dem eines Babys, es sieht nicht älter aus als zwei Jahre. Das Kind trägt ein feines, helles Kleid und starrt leblos in den Himmel.

“Ich bin es gewöhnt, mit schwierigem Material zu arbeiten”, sagt Loznitsa. Dabei achte er aber stets darauf, nicht zu weit zu gehen, das Publikum nicht zu sehr zu schockieren. Sein Ziel sei es, dass sowohl er als auch die Zuschauenden eine gewisse Distanz zu den dargestellten Ereignissen einnehmen können.

“Je weiter man zeitlich von dem entfernt ist, was im Film zu sehen ist, desto weniger persönlich ist es, desto weniger emotional verstörend. In manchen Momenten ist es uns dann möglich, einen Schritt zurückzutreten und ganz rational zu begreifen, was dort passiert ist.” Dieser Abstand wiederum könne dabei helfen, aus der Erfahrung zu lernen.

Zu seinem neuen Film habe ihn ein Essay des deutschsprachigen Schriftstellers W. G. Sebald inspiriert, erzählt Loznitsa im Videogespräch: “Ich habe schon 2017 begonnen, diesen Film zu planen. Die Inspiration war W. G. Sebalds ‘Luftkrieg und Literatur’. Sebald hatte mich schon einmal zu einem Film inspiriert, nämlich zu ‘Austerlitz’, und ich wollte da weitermachen.”

Er nimmt sich einen Moment Zeit und fügt dann hinzu: “Ein anderer Grund, den Film zu machen, war, dass ich diesen neuen Krieg schon erwartet hatte.” Gemeint ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. “Ich konnte das vorhersehen. Auf eine gewisse Art und Weise habe ich den Horror dessen, was gerade geschieht, erwartet.”

Er will seinen Film aber nicht nur im Kontext des russischen Angriffskrieges verstanden wissen: “Wir wussten schon vorher, dass solche Dinge passieren. Zum Beispiel in Syrien, wo die Städte aus der Luft zerstört wurden, wo die Zivilbevölkerung angegriffen wurde. Das mag noch ein Grund sein, warum ich das Gefühl hatte, dass das Thema relevanter denn je ist.”

Loznitsa hat viel gelesen, bevor er “Luftkrieg” gemacht hat, das merkt man ihm an. Im Gespräch verweist er auf alte Kriegstheoretiker wie den preußischen, erzkonservativen General Clausewitz, der die Ansicht vertrat, Krieg sei der eigentliche Normalzustand der Menschheit – und Frieden die Ausnahme.

“Sobald sich der Mensch in Gruppen organisiert”, sagt Loznitsa, “scheinen sich gewisse Muster abzuzeichnen.” Das Problem sei aber nicht die Natur des Menschen. “Es ist ein Konflikt der Mentalitäten. Wir glauben, wir leben alle in derselben Epoche, aber das ist ein Irrtum. Manche Menschen leben noch in der Steinzeit, manche im Mittelalter, manche im 19. Jahrhundert, andere im 21. Jahrhundert. Manchen ist es am wichtigsten, Territorium zu erobern, für andere sind individuelle Freiheit und intellektuelle Entfaltung das höchste Gut. Das Problem ist, dass diese Werte wirklich nicht kompatibel sind. Der Konflikt entsteht daraus, dass die Mentalitäten nicht zu vereinbaren sind.”

Sein Film zeigt die Auswirkungen solcher Konflikte. In “Luftkrieg” wird kaum gesprochen, aber die Kriegsmaschinerie läuft immer weiter, bis die abgebildeten Städte in Schutt und Asche liegen. W. G. Sebald, der Zeitzeuge war, schrieb dazu: “Es ist schwer, sich heute eine auch nur halbwegs zureichende Vorstellung zu machen von dem Ausmaß der während der letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs erfolgten Verheerung der deutschen Städte, und schwerer noch, nachzudenken über das mit dieser Verheerung verbundene Grauen.”

Deutsche Neonazis nutzen die Bombardierungen immer wieder, um die Verbrechen des Nazi-Regimes zu relativieren. Nichts könnte Loznitsa ferner liegen. Trotzdem eröffneten die fehlende Einordnung und die Konzentration auf das Leid der deutschen Bevölkerung eine Angriffsfläche. So entstehe “ein irritierend schiefes Bild des Krieges, in dem die Opfer des NS-Terrors eine Leerstelle bleiben”, sagte der Kulturjournalist Christian Berndt im Deutschlandfunk. Auch der Filmkritiker Patrick Seyboth merkt an, das Loznitsas Haltung zwar “sehr konsequent, allerdings auch diskussionswürdig” sei.  

Vielleicht ist gerade diese beginnende Diskussion aber auch genau das, was Loznitsa mit seinem Film “Luftkrieg” erreichen will. Im Gespräch mit ihm wird deutlich, dass er Fragen aufwerfen möchte: Was ist passiert? Und: Wie gehen wir damit um? “Die Antwort auf die erste Frage ist relativ einfach”, sagt der Regisseur. “Die zweite Frage – was hat es eigentlich für die Menschen bedeutet – ist immer noch ein Rätsel.”

Ruinen in Dresden im Jahr 1945
Szene aus dem Dokumentarfilm Babyn Jar: vor einer Schlucht stehen zwei Frauen mit Kopftuch vor einem Soldaten mit Gewehr

Die ersten Szenen aus Sergei Loznitsas neuestem Film muten unschuldig an: Sie zeigen Menschen, die ihrem Alltag nachgehen, durch Berlin spazieren, in einem süddeutschen Dorf aus dem Fenster schauen und das Treiben auf dem Dorfplatz beobachten, die sogar eine Kuh auf eine Flussfähre treiben. 

Zwölf Minuten hält die Idylle an, dann fallen die ersten Bomben: aus Tausenden Flugzeugen abgeworfen über deutschen Städten wie Köln, Dresden und Berlin.

Können Menschen aus der Geschichte lernen?

In “Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung”, der am Mittwoch in Berlin seine Deutschlandpremiere feierte, beschäftigt sich der renommierte ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa mit den Bombenangriffen der Alliierten auf Nazi-Deutschland. Dazu hat er Archivmaterial aus dem Zweiten Weltkrieg zusammengeschnitten, unterlegt mit der Musik des niederländischen Komponisten Christiaan Verbeek, die das Publikum an vielen Stellen erschauern lässt.

Schon seit vielen Jahren arbeitet Loznitsa für seine Dokumentarfilme ausschließlich mit Archivaufnahmen: Er widme sich diesem Material, weil er die “Leichen aus dem Keller der Geschichte holen” möchte, wie es der Filmemacher im Gespräch mit der DW ausdrückt. Seine Filme handeln von Traumata, über die niemand spricht.

“Wenn etwas nicht offen und ehrlich diskutiert wird, dann wird es zu einer Leiche im Keller, die irgendwann wieder hervorkommen und dich verfolgen wird”, sagt Loznitsa. Das könne ernsthafte Konsequenzen haben: “Die Geschichte folgt bestimmten Gesetzen und tendiert dazu, sich zu wiederholen”, zeigt sich der preisgekrönte Regisseur überzeugt. “Gerade, wenn man bestimmte Ereignisse nicht reflektiert und analysiert, keine Lehren daraus zieht, besteht die Gefahr, dass sie sich wiederholen.”

Der ukrainische Regisseur weiß wovon er spricht. Der 58-Jährige hat historische Umbrüche am eigenen Leib erfahren. Er ist aufgewachsen in der ehemaligen Sowjetunion, einem totalitären Staat, und erlebte schließlich Ende der 1990er-Jahre deren Zusammenbruch. Fast zeitgleich wechselte er seine Profession. Der ausgebildete Mathematiker wurde Filmemacher.

Wer ist Sergei Loznitsa?

Mittlerweile zählt Sergei Loznitsa zu den bekanntesten europäischen Dokumentarfilmern, mit einer ganz eigenen Herangehensweise. Denn er versteht sich in seiner Rolle als Regisseur als reiner Beobachter, was zur Folge hat, dass ihm Kritiker regelmäßig fehlende Einordnung vorwerfen. Darf man auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz einfach seine Kamera aufstellen und die fröhlichen Touristengruppen filmen, wie sie dort Selfies machen? Loznitsa hat für seinen Film “Austerlitz” (2016) genau das getan – und die verstörenden Szenen nicht kommentiert. 

Russlands Invasion der Ukraine kam für Loznitsa nicht unerwartet

Für seinen Film “Babyn Jar. Kontext” (2021) durchforstete Loznitsa deutsche, russische und ukrainische Archive und montierte aus den Aufnahmen einen Film, der an das jahrzehntelang verdrängte und vergessene Massaker von Babyn Jar erinnert. In einer Schlucht in Kiew wurde im September 1941 an zwei Tagen 33.771 jüdische Männer, Frauen und Kinder von deutschen Nazis und ukrainischen Hilfspolizisten ermordet. Dass in dem Film auch die Ukrainer gezeigt werden, die die heranrückenden Nazis begrüßten, stieß in seiner Heimat auf Kritik. 

Gelegentlich dreht Loznitsa auch Spielfilme. Zuletzt widmete er sich in “Donbass” (2018) dem Krieg, der seit 2014 in der Ostukraine zwischen ukrainischen Streitkräften und prorussischen Separatisten tobt. Seine Protagonisten haben sich von der Gesellschaft abgewandt, sie glauben nicht mehr an die Regierung, Fake News sind allgegenwärtig. Nach der russischen Invasion erscheint Loznitsas Werk erschreckend vorausschauend.

Doch zurück zum aktuellen Dokumentafilm des ukrainischen Filmemachers, der sich nicht davor scheut, schwierige Stoffe anzupacken. “Luftkrieg” zeigt manchmal nahezu unerträgliche Bilder: Nach einer Bombennacht liegen tote Menschen nebeneinander aufgereiht auf der Straße in den Ruinen. Ein Körper gehört zu dem eines Babys, es sieht nicht älter aus als zwei Jahre. Das Kind trägt ein feines, helles Kleid und starrt leblos in den Himmel.

Loznitsa: “Konflikt der Mentalitäten”

“Ich bin es gewöhnt, mit schwierigem Material zu arbeiten”, sagt Loznitsa. Dabei achte er aber stets darauf, nicht zu weit zu gehen, das Publikum nicht zu sehr zu schockieren. Sein Ziel sei es, dass sowohl er als auch die Zuschauenden eine gewisse Distanz zu den dargestellten Ereignissen einnehmen können.

“Je weiter man zeitlich von dem entfernt ist, was im Film zu sehen ist, desto weniger persönlich ist es, desto weniger emotional verstörend. In manchen Momenten ist es uns dann möglich, einen Schritt zurückzutreten und ganz rational zu begreifen, was dort passiert ist.” Dieser Abstand wiederum könne dabei helfen, aus der Erfahrung zu lernen.

Zu seinem neuen Film habe ihn ein Essay des deutschsprachigen Schriftstellers W. G. Sebald inspiriert, erzählt Loznitsa im Videogespräch: “Ich habe schon 2017 begonnen, diesen Film zu planen. Die Inspiration war W. G. Sebalds ‘Luftkrieg und Literatur’. Sebald hatte mich schon einmal zu einem Film inspiriert, nämlich zu ‘Austerlitz’, und ich wollte da weitermachen.”

Er nimmt sich einen Moment Zeit und fügt dann hinzu: “Ein anderer Grund, den Film zu machen, war, dass ich diesen neuen Krieg schon erwartet hatte.” Gemeint ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. “Ich konnte das vorhersehen. Auf eine gewisse Art und Weise habe ich den Horror dessen, was gerade geschieht, erwartet.”

Der Regisseur Sergi Loznitsa auf dem Filmfestival in Cannes in schwarzem Anzug

Er will seinen Film aber nicht nur im Kontext des russischen Angriffskrieges verstanden wissen: “Wir wussten schon vorher, dass solche Dinge passieren. Zum Beispiel in Syrien, wo die Städte aus der Luft zerstört wurden, wo die Zivilbevölkerung angegriffen wurde. Das mag noch ein Grund sein, warum ich das Gefühl hatte, dass das Thema relevanter denn je ist.”

Loznitsa hat viel gelesen, bevor er “Luftkrieg” gemacht hat, das merkt man ihm an. Im Gespräch verweist er auf alte Kriegstheoretiker wie den preußischen, erzkonservativen General Clausewitz, der die Ansicht vertrat, Krieg sei der eigentliche Normalzustand der Menschheit – und Frieden die Ausnahme.

“Sobald sich der Mensch in Gruppen organisiert”, sagt Loznitsa, “scheinen sich gewisse Muster abzuzeichnen.” Das Problem sei aber nicht die Natur des Menschen. “Es ist ein Konflikt der Mentalitäten. Wir glauben, wir leben alle in derselben Epoche, aber das ist ein Irrtum. Manche Menschen leben noch in der Steinzeit, manche im Mittelalter, manche im 19. Jahrhundert, andere im 21. Jahrhundert. Manchen ist es am wichtigsten, Territorium zu erobern, für andere sind individuelle Freiheit und intellektuelle Entfaltung das höchste Gut. Das Problem ist, dass diese Werte wirklich nicht kompatibel sind. Der Konflikt entsteht daraus, dass die Mentalitäten nicht zu vereinbaren sind.”

Sein Film zeigt die Auswirkungen solcher Konflikte. In “Luftkrieg” wird kaum gesprochen, aber die Kriegsmaschinerie läuft immer weiter, bis die abgebildeten Städte in Schutt und Asche liegen. W. G. Sebald, der Zeitzeuge war, schrieb dazu: “Es ist schwer, sich heute eine auch nur halbwegs zureichende Vorstellung zu machen von dem Ausmaß der während der letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs erfolgten Verheerung der deutschen Städte, und schwerer noch, nachzudenken über das mit dieser Verheerung verbundene Grauen.”

Deutsche Neonazis nutzen die Bombardierungen immer wieder, um die Verbrechen des Nazi-Regimes zu relativieren. Nichts könnte Loznitsa ferner liegen. Trotzdem eröffneten die fehlende Einordnung und die Konzentration auf das Leid der deutschen Bevölkerung eine Angriffsfläche. So entstehe “ein irritierend schiefes Bild des Krieges, in dem die Opfer des NS-Terrors eine Leerstelle bleiben”, sagte der Kulturjournalist Christian Berndt im Deutschlandfunk. Auch der Filmkritiker Patrick Seyboth merkt an, das Loznitsas Haltung zwar “sehr konsequent, allerdings auch diskussionswürdig” sei.  

Vielleicht ist gerade diese beginnende Diskussion aber auch genau das, was Loznitsa mit seinem Film “Luftkrieg” erreichen will. Im Gespräch mit ihm wird deutlich, dass er Fragen aufwerfen möchte: Was ist passiert? Und: Wie gehen wir damit um? “Die Antwort auf die erste Frage ist relativ einfach”, sagt der Regisseur. “Die zweite Frage – was hat es eigentlich für die Menschen bedeutet – ist immer noch ein Rätsel.”

“Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung” läuft aktuell in deutschen Kinos.

Nachrichten

Ähnliche Artikel

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"