Kultur

“The Fabelmans”: Steven Spielbergs persönlichster Film

Oscar-Preisträger Steven Spielberg – der auf der Berlinale 2023 den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk bekommt – erzählt in dem semi-autobiografischen Film “The Fabelmans”, wie er Regisseur wurde.

Mit 78 Jahren steht er auf dem roten Teppich beim Toronto International Film Filmfestival (TIFF) und ist sichtlich nervös: Steven Spielberg, einer der berühmtesten Filmemacher und Produzenten aller Zeiten. Mit seinem neuesten Film “The Fabelmans” läuft er zum ersten Mal seit Langem im Wettbewerb eines Festivals. In der Regel laufen seine Filme bei Filmfestspielen außer Konkurrenz. Seine Tochter habe ihm Atemübungen gegen Nervosität verraten, so Spielberg. Kurz darauf räumt er den begehrten Publikumspreis des TIFF ab.

Dieser Film, der bei seiner Weltpremiere direkt für Furore sorgt, ist tatsächlich etwas ganz Besonderes für Spielberg. Es stecke zwar in jedem seiner Filme etwas Autobiografisches, sogar in der Figur Indiana Jones, “ob Sie es glauben oder nicht”, betont er bei dem Interview in Toronto lächelnd. “The Fabelmans” sei aber anders, denn es sei die erste “sehr fokussierte, bewusste Coming-of-Age-Geschichte”, die er je erzählt habe. Die Protagonisten in Spielbergs Filmen sind zwar oft Kinder oder Erwachsene aus zerrütteten Mittelstandsfamilien, doch diesmal geht es um seine eigene Familie.

Mit 78 Jahren steht er auf dem roten Teppich beim Toronto International Film Filmfestival (TIFF) und ist sichtlich nervös: Steven Spielberg, einer der berühmtesten Filmemacher und Produzenten aller Zeiten. Mit seinem neuesten Film “The Fabelmans” läuft er zum ersten Mal seit Langem im Wettbewerb eines Festivals. In der Regel laufen seine Filme bei Filmfestspielen außer Konkurrenz. Seine Tochter habe ihm Atemübungen gegen Nervosität verraten, so Spielberg. Kurz darauf räumt er den begehrten Publikumspreis des TIFF ab.

Sammy (als Kind gespielt von Mateo Zoryon Francis-DeFord, als Jugendlicher von Gabriel LaBelle) ist der Sohn zweier Eltern, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Papa Burt ist ein praktisch denkender und zurückhaltender Computeringenieur, Mama Mitzi eine flamboyante, kreative und extrovertierte Frau, die eigentlich Konzertpianistin werden wollte und sich nun um den Haushalt und die vier gemeinsamen Kinder kümmert. 

Kino als prägendes Erlebnis

Eines Tages nehmen die beiden ihren Sohn mit ins Kino. Auf dem Spielplan steht Cecil B. DeMilles “The Greatest Show on Earth”. Der Film hinterlässt einen bleibenden Eindruck beim jungen Sammy Fabelman – genau wie er es beim jungen Steven Spielberg getan hat. Es ist die Szene eines Zugunglücks, die sich Sammy förmlich ins Gehirn brennt und ihn gleichermaßen ängstigt und fasziniert. Er rekonstruiert sie zu Hause mit seiner Modelleisenbahn und filmt sie mit der Super-8-Kamera seines Vaters ab – teils um zu verstehen, wie die Szene technisch zustande kam, teils um weniger Angst davor zu haben.

Ermutigt vor allem durch seine Mutter und später seinen Onkel Boris, wird Film zu Sammys Leidenschaft und zur Konstanten in seinem Leben, während die Ehe seiner Eltern langsam zerbricht. Er castet seine eigenen Schwestern und Freunde für immer größere und ausgefeiltere Szenen. Die Arbeit mit der Kamera ist für Sammy von Anfang an nicht nur ein “Hobby”, wie sein Vater es dem Jungen immer wieder einzureden versucht, sondern schiere Notwendigkeit. Eines Tages dreht Sammy seine Familie bei einem Campingausflug und entdeckt dabei – allein dadurch, dass er das Geschehen mit seiner Kamera beobachtet hat – das Geheimnis seiner Mutter, die zu einem Freund der Familie mehr als nur eine platonische Beziehung pflegt. 

Steven Spielberg, der am 18. Dezember 1946 in Cincinnati, Ohio, geboren wurde, hat als Filmemacher eine beispiellose Karriere hingelegt. Laut “Hollywood Reporter” ist er der kommerziell erfolgreichste Regisseur aller Zeiten. Mit Filmen wie “Der weiße Hai”, “E.T.”, der “Indiana Jones”-Reihe, “Schindlers Liste”, “Der Soldat James Ryan” oder “Jurassic Park” hat Spielberg im Laufe seines Lebens bewiesen, dass er von Suspense über Mystery bis hin zu Historischem und Dramatischem die gesamte Klaviatur des Kinos beherrscht. 

Wie Sammy Fabelman im Film stammt auch Steven Spielberg aus einer ukrainisch-jüdischen Familie, von der einige Mitglieder im Holocaust ums Leben kamen. In der Schule wurde er häufig dafür gemobbt, dass er Jude war. Später wandte er sich vom Glauben ab. Mit dem Holocaust-Drama “Schindlers Liste” verarbeitete er erst Jahrzehnte später sein Jugendtrauma. Für den Film bekam er seinen ersten Regie-Oscar. Insgesamt gewann er bereits drei der begehrten Trophäen, 19-mal war er nominiert, dazu kommen zahlreiche Golden Globes und Emmys.

In Interviews hat er in der Vergangenheit immer wieder von seinen Eltern erzählt: dass die Familie oft aufgrund des Jobs seines Vaters umziehen musste, und wie er als junger Pfadfinder in Arizona ein Abzeichen für Fotografie gewinnen wollte, sich dafür die 8-mm-Filmkamera seines Vaters auslieh und den neunminütigen Film mit dem Titel “The Last Gunfight” produzierte. Und auch, wie er unter der Scheidung seiner Eltern litt und wie sehr sie ihn geprägt hat.

Mit “The Fabelmans” hat sich Steven Spielberg nun auch an die Aufarbeitung dieser für ihn und seine Familie sehr turbulente Zeit gewagt. Dafür hat er sich mit Tony Kushner zusammengetan, mit dem er auch schon die Filme “Lincoln” und “West Side Story” geschrieben hat. Eine gute Wahl, wie es scheint, denn die US-amerikanische und britische Presse ist weitgehend voll des Lobes. So schreibt die BBC auf ihrer Website, “The Fabelmans” erlaube es den Zuschauern, “die Charaktere kennenzulernen ohne uns zu sagen, was wir zu denken haben” und lobt die “lebhaft realistischen Familienszenen”. 

Auch Kritiker von “The Guardian” über “CNN” und “The Atlantic” bis zum “New Yorker” sind sich darin einig, dass “The Fabelmans”, der sicherlich ein sogenannter “crowd pleaser” ist, die Stärken und Schwächen seiner Protagonistinnen und Protagonisten nicht herunterzuspielen versucht, sondern – ganz im Gegenteil – ein sehr realistisches Bild der verschiedenen Charaktere liefert. 

Spielbergs Nervosität bei der Weltpremiere von so einem persönlichen Projekt ist mehr als verständlich, doch sie hat sich gelohnt: “The Fabelmans” wird bereits als Kandidat für den Oscar gehandelt. Bei den 73. Internationalen Filmfestspielen Berlin im kommenden Jahr soll Spielberg den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk erhalten. Im Rahmen der Preisverleihung soll “The Fabelmans” gezeigt werden.

“The Fabelmans” startet am 23.11.2022 in den USA und erscheint im März 2023 in Deutschland. Leider lag uns der Film zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch nicht als Sichtungskopie vor. 

Szene aus The Fabelmans von Steven Spielberg: ein Jugendlicher mit einer Kamera, im Hintergrund klatschende Erwachsene
Szene aus The Fabelmans von Steven Spielberg: zwei Männer und eine Frau tanzen vor einer selbstgebastelten Leinwand herum

Mit 78 Jahren steht er auf dem roten Teppich beim Toronto International Film Filmfestival (TIFF) und ist sichtlich nervös: Steven Spielberg, einer der berühmtesten Filmemacher und Produzenten aller Zeiten. Mit seinem neuesten Film “The Fabelmans” läuft er zum ersten Mal seit Langem im Wettbewerb eines Festivals. In der Regel laufen seine Filme bei Filmfestspielen außer Konkurrenz. Seine Tochter habe ihm Atemübungen gegen Nervosität verraten, so Spielberg. Kurz darauf räumt er den begehrten Publikumspreis des TIFF ab.

Dieser Film, der bei seiner Weltpremiere direkt für Furore sorgt, ist tatsächlich etwas ganz Besonderes für Spielberg. Es stecke zwar in jedem seiner Filme etwas Autobiografisches, sogar in der Figur Indiana Jones, “ob Sie es glauben oder nicht”, betont er bei dem Interview in Toronto lächelnd. “The Fabelmans” sei aber anders, denn es sei die erste “sehr fokussierte, bewusste Coming-of-Age-Geschichte”, die er je erzählt habe. Die Protagonisten in Spielbergs Filmen sind zwar oft Kinder oder Erwachsene aus zerrütteten Mittelstandsfamilien, doch diesmal geht es um seine eigene Familie.

Kino als prägendes Erlebnis

Sammy (als Kind gespielt von Mateo Zoryon Francis-DeFord, als Jugendlicher von Gabriel LaBelle) ist der Sohn zweier Eltern, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Papa Burt ist ein praktisch denkender und zurückhaltender Computeringenieur, Mama Mitzi eine flamboyante, kreative und extrovertierte Frau, die eigentlich Konzertpianistin werden wollte und sich nun um den Haushalt und die vier gemeinsamen Kinder kümmert. 

Eines Tages nehmen die beiden ihren Sohn mit ins Kino. Auf dem Spielplan steht Cecil B. DeMilles “The Greatest Show on Earth”. Der Film hinterlässt einen bleibenden Eindruck beim jungen Sammy Fabelman – genau wie er es beim jungen Steven Spielberg getan hat. Es ist die Szene eines Zugunglücks, die sich Sammy förmlich ins Gehirn brennt und ihn gleichermaßen ängstigt und fasziniert. Er rekonstruiert sie zu Hause mit seiner Modelleisenbahn und filmt sie mit der Super-8-Kamera seines Vaters ab – teils um zu verstehen, wie die Szene technisch zustande kam, teils um weniger Angst davor zu haben.

Ermutigt vor allem durch seine Mutter und später seinen Onkel Boris, wird Film zu Sammys Leidenschaft und zur Konstanten in seinem Leben, während die Ehe seiner Eltern langsam zerbricht. Er castet seine eigenen Schwestern und Freunde für immer größere und ausgefeiltere Szenen. Die Arbeit mit der Kamera ist für Sammy von Anfang an nicht nur ein “Hobby”, wie sein Vater es dem Jungen immer wieder einzureden versucht, sondern schiere Notwendigkeit. Eines Tages dreht Sammy seine Familie bei einem Campingausflug und entdeckt dabei – allein dadurch, dass er das Geschehen mit seiner Kamera beobachtet hat – das Geheimnis seiner Mutter, die zu einem Freund der Familie mehr als nur eine platonische Beziehung pflegt. 

Steven Spielberg, der am 18. Dezember 1946 in Cincinnati, Ohio, geboren wurde, hat als Filmemacher eine beispiellose Karriere hingelegt. Laut “Hollywood Reporter” ist er der kommerziell erfolgreichste Regisseur aller Zeiten. Mit Filmen wie “Der weiße Hai”, “E.T.”, der “Indiana Jones”-Reihe, “Schindlers Liste”, “Der Soldat James Ryan” oder “Jurassic Park” hat Spielberg im Laufe seines Lebens bewiesen, dass er von Suspense über Mystery bis hin zu Historischem und Dramatischem die gesamte Klaviatur des Kinos beherrscht. 

Filmemachen als Notwendigkeit

Wie Sammy Fabelman im Film stammt auch Steven Spielberg aus einer ukrainisch-jüdischen Familie, von der einige Mitglieder im Holocaust ums Leben kamen. In der Schule wurde er häufig dafür gemobbt, dass er Jude war. Später wandte er sich vom Glauben ab. Mit dem Holocaust-Drama “Schindlers Liste” verarbeitete er erst Jahrzehnte später sein Jugendtrauma. Für den Film bekam er seinen ersten Regie-Oscar. Insgesamt gewann er bereits drei der begehrten Trophäen, 19-mal war er nominiert, dazu kommen zahlreiche Golden Globes und Emmys.

Antisemitismus-Erfahrungen in Kindheit und Jugend

In Interviews hat er in der Vergangenheit immer wieder von seinen Eltern erzählt: dass die Familie oft aufgrund des Jobs seines Vaters umziehen musste, und wie er als junger Pfadfinder in Arizona ein Abzeichen für Fotografie gewinnen wollte, sich dafür die 8-mm-Filmkamera seines Vaters auslieh und den neunminütigen Film mit dem Titel “The Last Gunfight” produzierte. Und auch, wie er unter der Scheidung seiner Eltern litt und wie sehr sie ihn geprägt hat.

Mit “The Fabelmans” hat sich Steven Spielberg nun auch an die Aufarbeitung dieser für ihn und seine Familie sehr turbulente Zeit gewagt. Dafür hat er sich mit Tony Kushner zusammengetan, mit dem er auch schon die Filme “Lincoln” und “West Side Story” geschrieben hat. Eine gute Wahl, wie es scheint, denn die US-amerikanische und britische Presse ist weitgehend voll des Lobes. So schreibt die BBC auf ihrer Website, “The Fabelmans” erlaube es den Zuschauern, “die Charaktere kennenzulernen ohne uns zu sagen, was wir zu denken haben” und lobt die “lebhaft realistischen Familienszenen”. 

Auch Kritiker von “The Guardian” über “CNN” und “The Atlantic” bis zum “New Yorker” sind sich darin einig, dass “The Fabelmans”, der sicherlich ein sogenannter “crowd pleaser” ist, die Stärken und Schwächen seiner Protagonistinnen und Protagonisten nicht herunterzuspielen versucht, sondern – ganz im Gegenteil – ein sehr realistisches Bild der verschiedenen Charaktere liefert. 

Kritikerliebling – und vielleicht Oscarkandidat?

Spielbergs Nervosität bei der Weltpremiere von so einem persönlichen Projekt ist mehr als verständlich, doch sie hat sich gelohnt: “The Fabelmans” wird bereits als Kandidat für den Oscar gehandelt. Bei den 73. Internationalen Filmfestspielen Berlin im kommenden Jahr soll Spielberg den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk erhalten. Im Rahmen der Preisverleihung soll “The Fabelmans” gezeigt werden.

“The Fabelmans” startet am 23.11.2022 in den USA und erscheint im März 2023 in Deutschland. Leider lag uns der Film zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch nicht als Sichtungskopie vor. 

Steven Spielberg auf dem roten Teppich beim Filmfestival in Toronto. Er reckt beide Arme winkend hoch, hinter ihm das TIFF-Logo des Festivals auf einer Fotowand

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