Ukraine aktuell: Selenskyj begrüßt Haftbefehl gegen Putin
Der ukrainische Präsident würdigt die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs. Die USA erwarten von der Türkei, auch einem NATO-Beitritt Schwedens bald zuzustimmen. Nachrichten im Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
Buschmann für “konsequente Strafverfolgung”
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Haftbefehl gegen den russischen Staatschef Wladimir Putin als eine “historische Entscheidung” des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gelobt. “Der Anführer eines Terrorstaates” und eine weitere russische Amtsträgerin (Putins Kinderrechtsbeauftragte Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, Anm. d. Red.) seien nun offiziell Verdächtige in einem Kriegsverbrechen, erklärte Selenskyj in Kiew.
Das Gericht in Den Haag hatte den Haftbefehl wegen Verschleppung von Kindern erlassen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden seit Februar vergangenen Jahres mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete deportiert. Selenskyj beklagt seit langem, dass Kinder durch Umerziehung und Indoktrinierung ihrer ukrainischen Identität beraubt würden.
“Die Trennung der Kinder von ihren Familien, ihnen jede Möglichkeit des Kontakts mit ihren Angehörigen zu nehmen, sie auf russischem Gebiet zu verstecken, in entfernten Regionen zu verteilen – all das ist offensichtlich russische Staatspolitik, es sind staatliche Entscheidungen, es ist das staatliche Böse”, sagte Selenskyj in einer neuen Videobotschaft. Verantwortlich dafür sei der erste Mann im Staat, Putin.
Russland bestreitet hingegen Kriegsverbrechen und betont, die Kinder seien vor dem Krieg in Sicherheit gebracht worden. Der Kreml bezeichnete den IStGH als “bedeutungslos”. Man werde nicht mit dem Gericht kooperieren. Russland sei “kein Vertragspartner” des IStGH und habe ihm gegenüber “keine Verpflichtungen”.
Der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat den Haftbefehl gegen Wladimir Putin als “wichtiges Signal der Entschlossenheit” bezeichnet. Daneben gelte es, auch weiterhin über andere Modelle nachzudenken, “wie wir eine konsequente Strafverfolgung umsetzen, etwa mit einem Sondertribunal zur Verfolgung des Verbrechens des Angriffskrieges”, sagte Buschmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zu diesen Fragen gebe es einen engen Austausch mit den internationalen Partnern und den bereits ermittelnden Institutionen, so etwa am kommenden Montag bei einer Justizminister-Konferenz in London. “Uns alle verbindet der Wille, entschlossen auf die schlimmen Verbrechen in der Ukraine zu reagieren”, versicherte Buschmann.
Die Vereinigten Staaten haben die Zustimmung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem NATO-Beitritt Finnlands begrüßt. Zugleich erklärte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan: “Wir ermutigen die Türkei, auch Schwedens Beitritts-Protokolle rasch zu ratifizieren.” Schweden und Finnland seien “starke, fähige Partner, die die Werte der NATO teilen, das Bündnis stärken und zur europäischen Sicherheit beitragen” würden. Die beiden nordischen Länder sollten “so bald wie möglich” NATO-Mitglieder werden, betonte Sullivan.
Erdogan hatte am Freitag nach monatelangen Verzögerungen grünes Licht für den NATO-Beitritt Finnlands gegeben. Die Türkei blockiert allerdings weiterhin eine Mitgliedschaft Schwedens und fordert von der Regierung in Stockholm ein härteres Vorgehen gegen kurdische Aktivisten im Land, die die Führung in Ankara als Terroristen betrachtet. Dennoch gab sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg optimistisch: “Ich bin zuversichtlich, dass Schweden bald aufgenommen wird und ich werde dafür hart arbeiten.”
Kurz vor einer notwendigen Verlängerung des Abkommens zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer arbeiten die Vereinten Nationen unter Hochdruck an einer Lösung. Man werde alles tun, um eine Fortführung sicherzustellen, und sei mit den beteiligten Parteien Russland, Ukraine und der Türkei in Kontakt, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths vor dem Weltsicherheitsrat in New York.
Die bisherige Regelung läuft an diesem Wochenende aus. Russland möchte die Getreide-Ausfuhr lediglich für 60 weitere Tage genehmigen, die Ukraine fordert hingegen 120 Tage.
Nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor gut einem Jahr hatte die russische Marine auch Häfen des Nachbarlandes blockiert. Die Vereinbarung zur Schwarzmeer-Getreide-Initiative war unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei im Juli 2022 zustande gekommen und sieht eine Freigabe der ukrainischen Häfen unter anderem für den Getreideexport vor.
Bei der Umsetzung eines parallelen Abkommens zur Ausfuhr russischer Lebens- und Düngemittel gebe es Fortschritte, doch noch weitere Hürden insbesondere im Hinblick auf Zahlungssysteme, berichtete Griffiths. Moskau beklagt, westliche Sanktionen behinderten die Ausfuhr russischer Produkte. Zudem will Russland seine zurzeit nicht betriebene Pipeline für Ammoniak durch die Ukraine wieder nutzen.
Moldaus Präsidentin Maia Sandu strebt für ihr Land eine EU-Mitgliedschaft bis zum Jahr 2030 an. “Die EU ist unsere einzige Chance, ein Land aufzubauen, in dem die Bürger über ihr Schicksal entscheiden können”, erklärte Sandu in der Hauptstadt Chisinau. Sie warf Russland erneut vor, ihr Land destabilisieren zu wollen. “Aus dem Kreml kommen nur Drohungen und Erpressung” sowie “Krieg, Leid und Armut”.
Die kleine Ex-Sowjetrepublik mit 2,6 Millionen Einwohnern hat in den vergangenen Jahren eine pro-westliche Wende vollzogen und damit den Kreml erzürnt. Im Juni 2022 wurde Moldau der Status eines EU-Beitrittskandidaten zugesprochen. In der abtrünnigen Region Transnistrien, einem schmalen Landstreifen an der Grenze zur Ukraine, gibt es eine russischsprachige Bevölkerungsmehrheit. Zudem sind dort rund 1500 Soldaten der russischen Armee stationiert.
Dank Vermittlung des Vatikans sind nach Darstellung des Kiewer Großerzbischofs Tausende Kriegsgefangene wieder freigekommen. Dennoch werde die Neutralität von Papst und Vatikan in der ukrainischen Bevölkerung nicht wirklich akzeptiert, sagte Swjatoslaw Schewtschuk der kroatischen Wochenzeitung “Glas Koncila”. In der Ukraine erwarteten alle, dass Franziskus Russland als Angreifer eindeutig verurteile, ergänzte der Großerzbischof: “Aber als Katholiken müssen wir unseren orthodoxen Brüdern, anderen Christen und einfachen Bürgern ständig erklären: Lassen Sie den Heiligen Vater seine Pflicht als oberster Schiedsrichter erfüllen.” Denn letztlich profitierten alle davon.
wa/ust (dpa, afp, rtr, kna)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das Wichtigste in Kürze:
Buschmann für “konsequente Strafverfolgung”
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Haftbefehl gegen den russischen Staatschef Wladimir Putin als eine “historische Entscheidung” des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gelobt. “Der Anführer eines Terrorstaates” und eine weitere russische Amtsträgerin (Putins Kinderrechtsbeauftragte Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, Anm. d. Red.) seien nun offiziell Verdächtige in einem Kriegsverbrechen, erklärte Selenskyj in Kiew.
Das Gericht in Den Haag hatte den Haftbefehl wegen Verschleppung von Kindern erlassen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden seit Februar vergangenen Jahres mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete deportiert. Selenskyj beklagt seit langem, dass Kinder durch Umerziehung und Indoktrinierung ihrer ukrainischen Identität beraubt würden.
“Die Trennung der Kinder von ihren Familien, ihnen jede Möglichkeit des Kontakts mit ihren Angehörigen zu nehmen, sie auf russischem Gebiet zu verstecken, in entfernten Regionen zu verteilen – all das ist offensichtlich russische Staatspolitik, es sind staatliche Entscheidungen, es ist das staatliche Böse”, sagte Selenskyj in einer neuen Videobotschaft. Verantwortlich dafür sei der erste Mann im Staat, Putin.
USA: Auch Schweden würde NATO stärken
Russland bestreitet hingegen Kriegsverbrechen und betont, die Kinder seien vor dem Krieg in Sicherheit gebracht worden. Der Kreml bezeichnete den IStGH als “bedeutungslos”. Man werde nicht mit dem Gericht kooperieren. Russland sei “kein Vertragspartner” des IStGH und habe ihm gegenüber “keine Verpflichtungen”.
UN setzen sich für Getreideabkommen ein
Der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat den Haftbefehl gegen Wladimir Putin als “wichtiges Signal der Entschlossenheit” bezeichnet. Daneben gelte es, auch weiterhin über andere Modelle nachzudenken, “wie wir eine konsequente Strafverfolgung umsetzen, etwa mit einem Sondertribunal zur Verfolgung des Verbrechens des Angriffskrieges”, sagte Buschmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Zu diesen Fragen gebe es einen engen Austausch mit den internationalen Partnern und den bereits ermittelnden Institutionen, so etwa am kommenden Montag bei einer Justizminister-Konferenz in London. “Uns alle verbindet der Wille, entschlossen auf die schlimmen Verbrechen in der Ukraine zu reagieren”, versicherte Buschmann.
Die Vereinigten Staaten haben die Zustimmung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem NATO-Beitritt Finnlands begrüßt. Zugleich erklärte der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan: “Wir ermutigen die Türkei, auch Schwedens Beitritts-Protokolle rasch zu ratifizieren.” Schweden und Finnland seien “starke, fähige Partner, die die Werte der NATO teilen, das Bündnis stärken und zur europäischen Sicherheit beitragen” würden. Die beiden nordischen Länder sollten “so bald wie möglich” NATO-Mitglieder werden, betonte Sullivan.
Erdogan hatte am Freitag nach monatelangen Verzögerungen grünes Licht für den NATO-Beitritt Finnlands gegeben. Die Türkei blockiert allerdings weiterhin eine Mitgliedschaft Schwedens und fordert von der Regierung in Stockholm ein härteres Vorgehen gegen kurdische Aktivisten im Land, die die Führung in Ankara als Terroristen betrachtet. Dennoch gab sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg optimistisch: “Ich bin zuversichtlich, dass Schweden bald aufgenommen wird und ich werde dafür hart arbeiten.”
Republik Moldau dringt auf EU-Beitritt bis 2030
Kurz vor einer notwendigen Verlängerung des Abkommens zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer arbeiten die Vereinten Nationen unter Hochdruck an einer Lösung. Man werde alles tun, um eine Fortführung sicherzustellen, und sei mit den beteiligten Parteien Russland, Ukraine und der Türkei in Kontakt, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths vor dem Weltsicherheitsrat in New York.
Die bisherige Regelung läuft an diesem Wochenende aus. Russland möchte die Getreide-Ausfuhr lediglich für 60 weitere Tage genehmigen, die Ukraine fordert hingegen 120 Tage.
Großerzbischof sieht Papst als “Schiedsrichter”
Nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor gut einem Jahr hatte die russische Marine auch Häfen des Nachbarlandes blockiert. Die Vereinbarung zur Schwarzmeer-Getreide-Initiative war unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei im Juli 2022 zustande gekommen und sieht eine Freigabe der ukrainischen Häfen unter anderem für den Getreideexport vor.
Bei der Umsetzung eines parallelen Abkommens zur Ausfuhr russischer Lebens- und Düngemittel gebe es Fortschritte, doch noch weitere Hürden insbesondere im Hinblick auf Zahlungssysteme, berichtete Griffiths. Moskau beklagt, westliche Sanktionen behinderten die Ausfuhr russischer Produkte. Zudem will Russland seine zurzeit nicht betriebene Pipeline für Ammoniak durch die Ukraine wieder nutzen.
Moldaus Präsidentin Maia Sandu strebt für ihr Land eine EU-Mitgliedschaft bis zum Jahr 2030 an. “Die EU ist unsere einzige Chance, ein Land aufzubauen, in dem die Bürger über ihr Schicksal entscheiden können”, erklärte Sandu in der Hauptstadt Chisinau. Sie warf Russland erneut vor, ihr Land destabilisieren zu wollen. “Aus dem Kreml kommen nur Drohungen und Erpressung” sowie “Krieg, Leid und Armut”.
Die kleine Ex-Sowjetrepublik mit 2,6 Millionen Einwohnern hat in den vergangenen Jahren eine pro-westliche Wende vollzogen und damit den Kreml erzürnt. Im Juni 2022 wurde Moldau der Status eines EU-Beitrittskandidaten zugesprochen. In der abtrünnigen Region Transnistrien, einem schmalen Landstreifen an der Grenze zur Ukraine, gibt es eine russischsprachige Bevölkerungsmehrheit. Zudem sind dort rund 1500 Soldaten der russischen Armee stationiert.
Dank Vermittlung des Vatikans sind nach Darstellung des Kiewer Großerzbischofs Tausende Kriegsgefangene wieder freigekommen. Dennoch werde die Neutralität von Papst und Vatikan in der ukrainischen Bevölkerung nicht wirklich akzeptiert, sagte Swjatoslaw Schewtschuk der kroatischen Wochenzeitung “Glas Koncila”. In der Ukraine erwarteten alle, dass Franziskus Russland als Angreifer eindeutig verurteile, ergänzte der Großerzbischof: “Aber als Katholiken müssen wir unseren orthodoxen Brüdern, anderen Christen und einfachen Bürgern ständig erklären: Lassen Sie den Heiligen Vater seine Pflicht als oberster Schiedsrichter erfüllen.” Denn letztlich profitierten alle davon.
wa/ust (dpa, afp, rtr, kna)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.