Ukraine aktuell: Vizekanzler Habeck in Kiew eingetroffen
Der deutsche Wirtschaftsminister will mit Ukraine auch über Energie-Kooperation sprechen. Der Chef der russischen Söldner-Gruppe Wagner verkündet die angebliche Einnahme der Stadt Bachmut. Nachrichten im Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
Prigoschin: Bachmut “im rechtlichen Sinne eingenommen”
Vizekanzler Robert Habeck ist zu politischen Gesprächen in der Ukraine eingetroffen. Der Grünen-Politiker kam am Morgen mit einer kleinen Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter in der Hauptstadt Kiew an. Themen der Reise sind der Wiederaufbau der von Russland angegriffenen Ukraine und die Zusammenarbeit im Energiebereich.
Sinn der Reise sei, dass die Ukraine ein klares Zeichen bekomme, sagte Habeck bei seiner Ankunft am Bahnhof in Kiew. Ein Zeichen, “dass wir daran glauben, dass sie siegreich sein wird, dass sie wiederaufgebaut wird, dass es ein Interesse von Europa gibt, nicht nur in der Not zu unterstützen, sondern dass die Ukraine auch ein wirtschaftlich starker Partner in der Zukunft sein wird”. Habeck bereist erstmals seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar vergangenen Jahres das Land – und zum ersten Mal überhaupt als Bundesminister.
“Im rechtlichen Sinne ist Bachmut eingenommen worden. Der Feind konzentriert sich auf die westlichen Gebiete”, teilte Jewgeni Prigoschin, der Gründer der russischen “Gruppe Wagner”, über den Onlinedienst Telegram mit. Nach seinen Angaben ist das Verwaltungsgebäude der Stadt unter russischer Kontrolle. Auf dem Gebäude sei die Flagge Russlands gehisst worden.
Von ukrainischer Seite gab es jedoch keine Hinweise darauf, dass Bachmut in russische Hände gefallen ist. In der Vergangenheit hatten sich ähnliche Äußerungen des Söldnerchefs zum Kampfgeschehen mitunter als voreilig erwiesen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die militärische Lage um Bachmut sei “besonders aufgeheizt”. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar sagte, die ukrainischen Streitkräfte würden ihre Stellungen in der Stadt weiter verteidigen, während die russischen Streitkräfte bei ihren Angriffen kaum Rücksicht auf Verluste nähmen. “Die Situation in Bachmut bleibt angespannt.”
Selenskyj hat mehrfach erklärt, er wolle die Stadt nicht aufgeben. Die Einnahme von Bachmut wäre der erste größere Erfolg der russischen Invasionstruppen seit mehr als einem halben Jahr und könnte den Weg öffnen, die übrigen städtischen Zentren im Donbass unter russische Kontrolle zu bringen.
Nach einer Serie russischer Angriffe auf ukrainische Städte mit neuen zivilen Opfern betrachtet Staatschef Wolodymyr Selenskyj einen militärischen Sieg der Ukraine als “einzigen Weg” zur Sicherheit: “Es gibt nur einen Weg, den russischen Terror zu stoppen und die Sicherheit in all unseren Städten und Gemeinden wiederherzustellen – von Sumy bis zum Donbass, von Charkiw bis Cherson, von Kiew bis Jalta. Und dieser Weg ist der militärische Sieg der Ukraine”, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. “Es gibt keinen anderen Weg, und es kann keinen anderen Weg geben”, fügte er hinzu.
Für den “bösen Staat” Russland sei es zur Normalität geworden, Wohnhäuser mit Raketenwerfern zu beschießen, Raketen auf Städte abzufeuern, normale Dörfer und Menschen zu bombardieren, so Selenskyj. Dieser Staat müsse vollständig besiegt werden – militärisch, wirtschaftlich, politisch und rechtlich. “Der erste Punkt ist der militärische”, betonte der ukrainische Präsident. Und der werde auch umgesetzt.
Russland möchte die taktischen Atomwaffen, die es in Belarus stationieren will, an der Grenze zu Polen aufstellen. Das kündigte Moskaus Botschafter in Minsk, Boris Gryslow, an. Bis 1. Juli sollten die benötigten Bunker für die Lagerung der Waffen fertiggestellt sein.
Gryslow bewertete es als positiv, dass die beabsichtigte Stationierung der Atomwaffen in Belarus bereits “eine Menge Lärm” in westlichen Medien verursache. “Endlich wird beachtet, dass es eine gewisse Parität geben sollte”, sagte der Ex-Innenminister und frühere Vorsitzende der Staatsduma. “Wenn wir über die Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Europa sprechen, dann müssen wir Maßnahmen ergreifen, die die Sicherheit unseres Unionsstaates (Belarus und Russland) erhöhen.”
In einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) hieß es kürzlich, Kremlchef Wladimir Putin wolle im Westen Ängste vor einer atomaren Eskalation schüren, um so die Unterstützung für die Ukraine etwa bei der Lieferung schwerer Waffen zu brechen. Nach ISW-Einschätzung ist es jedoch weiter “sehr unwahrscheinlich, dass Russland nukleare Waffen in der Ukraine oder anderswo einsetzt”.
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will künftig in Rumänien Waffen aus der Ukraine warten und reparieren. “Rheinmetall treibt den Aufbau eines militärischen Wartungs- und Logistikzentrums im NATO-Partnerland Rumänien mit Hochdruck voran”, teilte ein Rheinmetall-Sprecher auf Anfrage mit. Die Arbeiten am Standort in der Umgebung der Stadt Satu Mare hätten bereits begonnen, das Zentrum solle noch im April seine Arbeit aufnehmen. Satu Mare liegt in der Nähe der ukrainischen Grenze.
Wartung und Reparatur an die Ukraine gelieferter Waffen spielen eine wichtige Rolle bei der Verteidigung des Landes nach dem russischen Angriff. Der Service-Hub Rheinmetalls solle nun eine zentrale Rolle dabei spielen, die Einsatzbereitschaft westlicher Kampfsysteme zu erhalten und ihre logistische Betreuung sicherzustellen, teilte der Düsseldorfer Konzern weiter mit. Die gelte für Panzerhaubitzen, aber auch für Kampfpanzer wie den Leopard 2 oder den britischen Challenger, Schützenpanzer wie den Marder, Fuchs-Transportpanzer oder militärische Lkw. Auch Gefechtsfahrzeuge der NATO-Kräfte könnten dort betreut werden. Vor allem aber profitiere die Ukraine, “der eine bestmögliche Versorgungssicherheit ihrer militärischen Systeme gegeben wird”.
wa/ack (rtr, dpa, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das Wichtigste in Kürze:
Prigoschin: Bachmut “im rechtlichen Sinne eingenommen”
Vizekanzler Robert Habeck ist zu politischen Gesprächen in der Ukraine eingetroffen. Der Grünen-Politiker kam am Morgen mit einer kleinen Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter in der Hauptstadt Kiew an. Themen der Reise sind der Wiederaufbau der von Russland angegriffenen Ukraine und die Zusammenarbeit im Energiebereich.
Sinn der Reise sei, dass die Ukraine ein klares Zeichen bekomme, sagte Habeck bei seiner Ankunft am Bahnhof in Kiew. Ein Zeichen, “dass wir daran glauben, dass sie siegreich sein wird, dass sie wiederaufgebaut wird, dass es ein Interesse von Europa gibt, nicht nur in der Not zu unterstützen, sondern dass die Ukraine auch ein wirtschaftlich starker Partner in der Zukunft sein wird”. Habeck bereist erstmals seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar vergangenen Jahres das Land – und zum ersten Mal überhaupt als Bundesminister.
“Im rechtlichen Sinne ist Bachmut eingenommen worden. Der Feind konzentriert sich auf die westlichen Gebiete”, teilte Jewgeni Prigoschin, der Gründer der russischen “Gruppe Wagner”, über den Onlinedienst Telegram mit. Nach seinen Angaben ist das Verwaltungsgebäude der Stadt unter russischer Kontrolle. Auf dem Gebäude sei die Flagge Russlands gehisst worden.
Selenskyj sieht militärischen Sieg als “einzigen Weg” an
Von ukrainischer Seite gab es jedoch keine Hinweise darauf, dass Bachmut in russische Hände gefallen ist. In der Vergangenheit hatten sich ähnliche Äußerungen des Söldnerchefs zum Kampfgeschehen mitunter als voreilig erwiesen.
Russische Atomwaffen sollen in Belarus an Grenze zu Polen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die militärische Lage um Bachmut sei “besonders aufgeheizt”. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar sagte, die ukrainischen Streitkräfte würden ihre Stellungen in der Stadt weiter verteidigen, während die russischen Streitkräfte bei ihren Angriffen kaum Rücksicht auf Verluste nähmen. “Die Situation in Bachmut bleibt angespannt.”
Selenskyj hat mehrfach erklärt, er wolle die Stadt nicht aufgeben. Die Einnahme von Bachmut wäre der erste größere Erfolg der russischen Invasionstruppen seit mehr als einem halben Jahr und könnte den Weg öffnen, die übrigen städtischen Zentren im Donbass unter russische Kontrolle zu bringen.
Nach einer Serie russischer Angriffe auf ukrainische Städte mit neuen zivilen Opfern betrachtet Staatschef Wolodymyr Selenskyj einen militärischen Sieg der Ukraine als “einzigen Weg” zur Sicherheit: “Es gibt nur einen Weg, den russischen Terror zu stoppen und die Sicherheit in all unseren Städten und Gemeinden wiederherzustellen – von Sumy bis zum Donbass, von Charkiw bis Cherson, von Kiew bis Jalta. Und dieser Weg ist der militärische Sieg der Ukraine”, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. “Es gibt keinen anderen Weg, und es kann keinen anderen Weg geben”, fügte er hinzu.
Rheinmetall-Konzern baut Service-Hub in Rumänien auf
Für den “bösen Staat” Russland sei es zur Normalität geworden, Wohnhäuser mit Raketenwerfern zu beschießen, Raketen auf Städte abzufeuern, normale Dörfer und Menschen zu bombardieren, so Selenskyj. Dieser Staat müsse vollständig besiegt werden – militärisch, wirtschaftlich, politisch und rechtlich. “Der erste Punkt ist der militärische”, betonte der ukrainische Präsident. Und der werde auch umgesetzt.
Russland möchte die taktischen Atomwaffen, die es in Belarus stationieren will, an der Grenze zu Polen aufstellen. Das kündigte Moskaus Botschafter in Minsk, Boris Gryslow, an. Bis 1. Juli sollten die benötigten Bunker für die Lagerung der Waffen fertiggestellt sein.
Gryslow bewertete es als positiv, dass die beabsichtigte Stationierung der Atomwaffen in Belarus bereits “eine Menge Lärm” in westlichen Medien verursache. “Endlich wird beachtet, dass es eine gewisse Parität geben sollte”, sagte der Ex-Innenminister und frühere Vorsitzende der Staatsduma. “Wenn wir über die Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Europa sprechen, dann müssen wir Maßnahmen ergreifen, die die Sicherheit unseres Unionsstaates (Belarus und Russland) erhöhen.”
In einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) hieß es kürzlich, Kremlchef Wladimir Putin wolle im Westen Ängste vor einer atomaren Eskalation schüren, um so die Unterstützung für die Ukraine etwa bei der Lieferung schwerer Waffen zu brechen. Nach ISW-Einschätzung ist es jedoch weiter “sehr unwahrscheinlich, dass Russland nukleare Waffen in der Ukraine oder anderswo einsetzt”.
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will künftig in Rumänien Waffen aus der Ukraine warten und reparieren. “Rheinmetall treibt den Aufbau eines militärischen Wartungs- und Logistikzentrums im NATO-Partnerland Rumänien mit Hochdruck voran”, teilte ein Rheinmetall-Sprecher auf Anfrage mit. Die Arbeiten am Standort in der Umgebung der Stadt Satu Mare hätten bereits begonnen, das Zentrum solle noch im April seine Arbeit aufnehmen. Satu Mare liegt in der Nähe der ukrainischen Grenze.
Wartung und Reparatur an die Ukraine gelieferter Waffen spielen eine wichtige Rolle bei der Verteidigung des Landes nach dem russischen Angriff. Der Service-Hub Rheinmetalls solle nun eine zentrale Rolle dabei spielen, die Einsatzbereitschaft westlicher Kampfsysteme zu erhalten und ihre logistische Betreuung sicherzustellen, teilte der Düsseldorfer Konzern weiter mit. Die gelte für Panzerhaubitzen, aber auch für Kampfpanzer wie den Leopard 2 oder den britischen Challenger, Schützenpanzer wie den Marder, Fuchs-Transportpanzer oder militärische Lkw. Auch Gefechtsfahrzeuge der NATO-Kräfte könnten dort betreut werden. Vor allem aber profitiere die Ukraine, “der eine bestmögliche Versorgungssicherheit ihrer militärischen Systeme gegeben wird”.
wa/ack (rtr, dpa, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.