Projekt Zukunft

Tiefseebergbau: Wichtig füs Klima, Gefahr für die Meere?

Unternehmen wollen seltene Erden und Metalle für die Klimaanpassung vom Meeresboden abbauen. Wie kann das funktionieren und was wären die Risiken? Der weltweite Bedarf steigt, aber noch fehlen internationale Regeln.

Ob Kupfer oder Nickel für Batterien, Kobalt für Elektro-Autos oder Mangan für die Stahlproduktion: seltene Erden und Metalle werden überall gebraucht, vor allem für die Energiewende. Die Nachfrage steigt, doch gleichzeitig werden die Ressourcen weltweit knapper.  

Schon in drei Jahren wird nach Schätzungen weltweit doppelt so viel Lithium und 70 Prozent mehr Kobalt gebraucht werden als heute. Um diese Lücke zu schließen, wollen einige Länder und Unternehmen jetzt die Ressourcen in der Tiefsee abbauen.

Ob Kupfer oder Nickel für Batterien, Kobalt für Elektro-Autos oder Mangan für die Stahlproduktion: seltene Erden und Metalle werden überall gebraucht, vor allem für die Energiewende. Die Nachfrage steigt, doch gleichzeitig werden die Ressourcen weltweit knapper.  

Bisher gibt es noch keine internationalen Regeln für den Bergbau am Meeresboden, doch die Zeit drängt, denn im Juli verstreicht eine Frist über die Verabschiedung eines verbindlichen Regelwerks. In ihrer letzten Sitzung Ende März hatte die internationale Meeresbehörde ISA dazu keine Einigung erreicht. Ohne dieses Regelwerk können Unternehmen ab Sommer Anträge für die Ausbeutung der Tiefsee stellen. Bisher bekamen sie nur Forschungslizenzen zum Erkunden eines möglichen Abbaus. Nun soll ein informeller Dialog über das Regelwerk fortgesetzt werden – bis zur nächsten Sitzung im Juli, einen Tag nach Ablaufen der Frist.  

Können Mangan-Knollen die Energiewende ankurbeln?

Umweltschützer und Firmen sehen die Ausbeutung der Tiefsee kritisch. “Die Tiefsee ist ein Schatz an Biodiversität, reich an lebendigen Ressourcen, die wir in der Medizin benutzen und die wichtig sind, um das Klima zu regulieren und als Fischbrutstätten und Futterstellen dienen,” sagt die karibische Meeresbiologin Diva Amon. Ohne die Tiefsee “wird unser Planet nicht mehr derselbe sein.”

   

Wirtschaftlich gilt das Interesse heute vor allem den sogenannten polymetallischen Knollen, auch Manganknollen genannt. Die Klumpen aus einem Gemisch verschiedener Metalle sind etwa so groß wie eine Kartoffel und enthalten hohe Anteile an Nickel, Kupfer, Mangan, seltene Erden und andere wertvolle Metalle.  

Am besten erforscht ist derzeit der Meeresboden in 3.500 und 5.500 Metern in der Clarion-Clipperton-Zone im östlichen Pazifik nahe Hawaii. Dieses tausende Kilometer lange Gebiet enthält mehr Nickel, Mangan und Kobalt als sämtliche bekannten Gebiete an Land. Auch das Becken im zentralen Indischen Ozean und der Meeresboden vor den Cookinseln, den Atollen von Kiribati und Französisch-Polynesien im Südpazifik sind für die potentielle Förderung von Interesse.

“Zufällig entspricht die Zusammensetzung dieser Knollen ziemlich genau dem, was die Hersteller von Elektrofahrzeugen brauchen”, sagt Gerard Barron, Vorstandschef von The Metals Company aus dem kanadischen Vancouver im DW Interview. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die mittel- und langfristige Ausbeutung der Bodenschätze in der Clarion-Clipperton-Zone. Noch werden zwar nirgendwo auf der Welt Manganknollen abgebaut, das könnte sich aber bald ändern.

In tausenden Metern Tiefe und bei entsprechend hohem Druck ist vor allem der einfache Zugang zu den Rohstoffen entscheidend. Mangan-Knollen sind für den Abbau besonders attraktiv, weil sie praktisch direkt auf dem Meeresboden liegen. Sie könnten relativ einfach gewonnen werden, ohne Gesteinsschichten aufzubrechen oder den Meeresboden abzutragen.

Stattdessen soll eine Art riesiger Staubsauger über den Meeresboden rollen, um die Knollen abzusaugen, per Schlauch werden sie an die Oberfläche gebracht.

Doch zusammen mit den Knollen wird dabei auch der belebte Teil des Meeresbodens zerstört, sagt Matthias Haeckel, Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. “Das heißt: alle Organismen ebenso wie Bakterien, die in und auf dem Sediment und auf den Knollen leben, werden komplett eingesaugt.”

Einmal zerstört kommen sie “für Millionen Jahre nicht mehr zurück, weil sie die Manganknolle brauchen”, so Sabine Gollner, Leitende Wissenschaftlerin am Royal Netherlands Institute for Sea Research. Eine schnelle Regeneration ist unmöglich, denn es kann bis zu eine Million Jahre dauern, bis eine Knolle ein paar Millimeter nachwächst.

Neben Lärm und Lichtverschmutzung unter Wasser befürchten Wissenschaftler und Gegner des Tiefsee-Bergbaus, dass durch die Sedimentwolken beim Absaugen zusätzlich enormer Schaden für Ökosysteme in einem Radius von hunderten Kilometern Entfernung entstehen könnten. Das betrifft verschiedene Pflanzenarten, ebenso wie Lebewesen in mittleren Wasserschichten, und bei Kleinstorganismen könnten die Sedimente die Atemwege verstopfen.

The Metal Company will künftig die Knollen in der Clarion-Clipperton-Zone abbauen und macht keinen Hehl um möglichen Schaden für die Artenvielfalt im Meer. Das Unternehmen argumentiert jedoch, das die Umweltbilanz von Tiefseeabbau deutlich besser sein könnte als die Ausbeutung an Land.

Laut Studien des Unternehmens würde Tiefseebergbau 80 Prozent weniger Treibhausgasemissionen verursachen als Bergbau an Land. Er würde kaum wichtige Kohlenstoffspeicher – z.B. Wälder und Böden – zerstören, keine Menschen vertreiben, weniger Frischwasser verbrauchen und weniger Giftstoffe freisetzen.

Auch schlechte Arbeitsbedingungen seien kein Problem, anders als etwa in der Demokratischen Republik Kongo, wo heute weltweit das meiste Kobalt abgebaut wird, unter oft  menschenrechtswidrigen Arbeitsbedingungen mit tödlichen Arbeitsunfällen und Kinderarbeit. Der Abbau der Knollen unter Wasser könnte weitgehend automatisiert erfolgen. Damit sehen Befürworter des Tiefseebergbaus die Chance, die negativen Folgen für Menschen zu minimieren.

Reguliert wird die Forschung, Erkundung und mögliche Ausbeutung der Tiefseevorkommen von der ISA, die bisher 31 Explorationsverträge vergeben hat. Diese Genehmigungen erlauben Unternehmen, die Ressourcen und das Potenzial künftiger Förderung zu erkunden, verpflichten sie aber auch dazu, Daten für Umweltanalysen zu erheben. Bislang hat die ISA weltweit noch keine Erlaubnis für kommerzielle Bergbauaktivitäten in der Tiefsee erteilt.

 

Vor allem der Inselstaat Nauru könnte ein Interesse an solchen Aktivitäten haben. Er tritt als Sponsor eines Tochterunternehmens von The Metal Company auf, das für den Abbau in der Clipper-Zone bereits in den Startlöchern steht.

Mehrere Länder, darunter Deutschland, fordern, keinen Tiefseebergbau zuzulassen, bis die Folgen besser erforscht sind.

Aufgeschnittene schwarzbraune Manganknollen
Antarktischer Krill schwimmt im Wasser
Mann schaufelt in einer Kobaltminen im Kongo

Ob Kupfer oder Nickel für Batterien, Kobalt für Elektro-Autos oder Mangan für die Stahlproduktion: seltene Erden und Metalle werden überall gebraucht, vor allem für die Energiewende. Die Nachfrage steigt, doch gleichzeitig werden die Ressourcen weltweit knapper.  

Schon in drei Jahren wird nach Schätzungen weltweit doppelt so viel Lithium und 70 Prozent mehr Kobalt gebraucht werden als heute. Um diese Lücke zu schließen, wollen einige Länder und Unternehmen jetzt die Ressourcen in der Tiefsee abbauen.

Können Mangan-Knollen die Energiewende ankurbeln?

Bisher gibt es noch keine internationalen Regeln für den Bergbau am Meeresboden, doch die Zeit drängt, denn im Juli verstreicht eine Frist über die Verabschiedung eines verbindlichen Regelwerks. In ihrer letzten Sitzung Ende März hatte die internationale Meeresbehörde ISA dazu keine Einigung erreicht. Ohne dieses Regelwerk können Unternehmen ab Sommer Anträge für die Ausbeutung der Tiefsee stellen. Bisher bekamen sie nur Forschungslizenzen zum Erkunden eines möglichen Abbaus. Nun soll ein informeller Dialog über das Regelwerk fortgesetzt werden – bis zur nächsten Sitzung im Juli, einen Tag nach Ablaufen der Frist.  

Umweltschützer und Firmen sehen die Ausbeutung der Tiefsee kritisch. “Die Tiefsee ist ein Schatz an Biodiversität, reich an lebendigen Ressourcen, die wir in der Medizin benutzen und die wichtig sind, um das Klima zu regulieren und als Fischbrutstätten und Futterstellen dienen,” sagt die karibische Meeresbiologin Diva Amon. Ohne die Tiefsee “wird unser Planet nicht mehr derselbe sein.”

   

Wirtschaftlich gilt das Interesse heute vor allem den sogenannten polymetallischen Knollen, auch Manganknollen genannt. Die Klumpen aus einem Gemisch verschiedener Metalle sind etwa so groß wie eine Kartoffel und enthalten hohe Anteile an Nickel, Kupfer, Mangan, seltene Erden und andere wertvolle Metalle.  

Automatisierter Tiefsee-Abbau: Gefahr für Meereslebewesen 

Am besten erforscht ist derzeit der Meeresboden in 3.500 und 5.500 Metern in der Clarion-Clipperton-Zone im östlichen Pazifik nahe Hawaii. Dieses tausende Kilometer lange Gebiet enthält mehr Nickel, Mangan und Kobalt als sämtliche bekannten Gebiete an Land. Auch das Becken im zentralen Indischen Ozean und der Meeresboden vor den Cookinseln, den Atollen von Kiribati und Französisch-Polynesien im Südpazifik sind für die potentielle Förderung von Interesse.

Tiefseebergbau: Bessere Umweltbilanz und weniger Probleme für Menschen 

“Zufällig entspricht die Zusammensetzung dieser Knollen ziemlich genau dem, was die Hersteller von Elektrofahrzeugen brauchen”, sagt Gerard Barron, Vorstandschef von The Metals Company aus dem kanadischen Vancouver im DW Interview. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die mittel- und langfristige Ausbeutung der Bodenschätze in der Clarion-Clipperton-Zone. Noch werden zwar nirgendwo auf der Welt Manganknollen abgebaut, das könnte sich aber bald ändern.

In tausenden Metern Tiefe und bei entsprechend hohem Druck ist vor allem der einfache Zugang zu den Rohstoffen entscheidend. Mangan-Knollen sind für den Abbau besonders attraktiv, weil sie praktisch direkt auf dem Meeresboden liegen. Sie könnten relativ einfach gewonnen werden, ohne Gesteinsschichten aufzubrechen oder den Meeresboden abzutragen.

Stattdessen soll eine Art riesiger Staubsauger über den Meeresboden rollen, um die Knollen abzusaugen, per Schlauch werden sie an die Oberfläche gebracht.

Förderung von Manganknollen unter Wasser könnte bald starten

Doch zusammen mit den Knollen wird dabei auch der belebte Teil des Meeresbodens zerstört, sagt Matthias Haeckel, Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. “Das heißt: alle Organismen ebenso wie Bakterien, die in und auf dem Sediment und auf den Knollen leben, werden komplett eingesaugt.”

Einmal zerstört kommen sie “für Millionen Jahre nicht mehr zurück, weil sie die Manganknolle brauchen”, so Sabine Gollner, Leitende Wissenschaftlerin am Royal Netherlands Institute for Sea Research. Eine schnelle Regeneration ist unmöglich, denn es kann bis zu eine Million Jahre dauern, bis eine Knolle ein paar Millimeter nachwächst.

Ein Moratorium für den Tiefseebergbau? 

Neben Lärm und Lichtverschmutzung unter Wasser befürchten Wissenschaftler und Gegner des Tiefsee-Bergbaus, dass durch die Sedimentwolken beim Absaugen zusätzlich enormer Schaden für Ökosysteme in einem Radius von hunderten Kilometern Entfernung entstehen könnten. Das betrifft verschiedene Pflanzenarten, ebenso wie Lebewesen in mittleren Wasserschichten, und bei Kleinstorganismen könnten die Sedimente die Atemwege verstopfen.

The Metal Company will künftig die Knollen in der Clarion-Clipperton-Zone abbauen und macht keinen Hehl um möglichen Schaden für die Artenvielfalt im Meer. Das Unternehmen argumentiert jedoch, das die Umweltbilanz von Tiefseeabbau deutlich besser sein könnte als die Ausbeutung an Land.

Laut Studien des Unternehmens würde Tiefseebergbau 80 Prozent weniger Treibhausgasemissionen verursachen als Bergbau an Land. Er würde kaum wichtige Kohlenstoffspeicher – z.B. Wälder und Böden – zerstören, keine Menschen vertreiben, weniger Frischwasser verbrauchen und weniger Giftstoffe freisetzen.

Auch schlechte Arbeitsbedingungen seien kein Problem, anders als etwa in der Demokratischen Republik Kongo, wo heute weltweit das meiste Kobalt abgebaut wird, unter oft  menschenrechtswidrigen Arbeitsbedingungen mit tödlichen Arbeitsunfällen und Kinderarbeit. Der Abbau der Knollen unter Wasser könnte weitgehend automatisiert erfolgen. Damit sehen Befürworter des Tiefseebergbaus die Chance, die negativen Folgen für Menschen zu minimieren.

Reguliert wird die Forschung, Erkundung und mögliche Ausbeutung der Tiefseevorkommen von der ISA, die bisher 31 Explorationsverträge vergeben hat. Diese Genehmigungen erlauben Unternehmen, die Ressourcen und das Potenzial künftiger Förderung zu erkunden, verpflichten sie aber auch dazu, Daten für Umweltanalysen zu erheben. Bislang hat die ISA weltweit noch keine Erlaubnis für kommerzielle Bergbauaktivitäten in der Tiefsee erteilt.

 

Vor allem der Inselstaat Nauru könnte ein Interesse an solchen Aktivitäten haben. Er tritt als Sponsor eines Tochterunternehmens von The Metal Company auf, das für den Abbau in der Clipper-Zone bereits in den Startlöchern steht.

Mehrere Länder, darunter Deutschland, fordern, keinen Tiefseebergbau zuzulassen, bis die Folgen besser erforscht sind.

Vor einigen Monaten hatten sich die Länder der Vereinten Nationen in zwei historischen Abkommen darauf geeinigt, die Ökosysteme der Meeres in Zukunft deutlich besser zu schützen.

Eine Studie der Umweltorganisationen Greenpeace und WWF kamen außerdem zum Ergebnis, dass für die Energie- und Verkehrswende gar keine Rohstoffe aus Manganknollen gebraucht würden. Weil insgesamt noch wenig über Folgen für die Umwelt bekannt ist, plädieren mehrere Staaten für ein Moratorium beim Tiefseebergbau. 

Eine Studie der Umweltorganisationen Greenpeace und WWF kamen außerdem zum Ergebnis, dass für die Energie- und Verkehrswende gar keine Rohstoffe aus Manganknollen gebraucht würden. Weil insgesamt noch wenig über Folgen für die Umwelt bekannt ist, plädieren mehrere Staaten für ein Moratorium beim Tiefseebergbau. 

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