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Pielmieni und Chinkali: Polens Küche geht ostwärts

Pierogi, Chatschapuri und Chinkali: Durch die Einwanderung Hunderttausender Menschen aus der Ukraine, Georgien und Belarus verändert sich die traditionelle polnische Küche und gewinnt an Vielfalt.

Wer sich in der Innenstadt der polnischen Stadt Posen (Poznan) gut auskennt, weiß, wo man den besten, leckersten und günstigsten Mittagstisch bekommt. Ganz egal, ob Student, Büroangestellter oder Beamter, jeder isst gern in dem Kantinenlokal Piec Smakow im Gebäude der Woiwodschaftsverwaltung. Das ist auch kein Wunder, denn hier kocht Romualda Michalowska (59), eine leidenschaftliche Köchin.

An diesem Tag zaubert sie georgische Gerichte auf den Tisch des Lokals. Auf einem Zettel am Eingang hat sie die “Georgischen Tage” angekündigt. Vorbereitet hat sie sich darauf schon lange und sehr intensiv.

Wer sich in der Innenstadt der polnischen Stadt Posen (Poznan) gut auskennt, weiß, wo man den besten, leckersten und günstigsten Mittagstisch bekommt. Ganz egal, ob Student, Büroangestellter oder Beamter, jeder isst gern in dem Kantinenlokal Piec Smakow im Gebäude der Woiwodschaftsverwaltung. Das ist auch kein Wunder, denn hier kocht Romualda Michalowska (59), eine leidenschaftliche Köchin.

“Ich habe begonnen, mich in die Küchentradition Georgiens einzulesen”, erzählt die Köchin. “So fange ich immer an. Erst die Grundlagen. Dann schaue ich mir an, mit welchen Gewürzen und Kräutern gearbeitet wird. Sehr wichtig für mich ist das Fleisch. Welches Fleisch wird verarbeitet? Wir in Polen essen bevorzugt Schweinefleisch. Die georgische Küche und generell die Küchen der Kaukasus-Region bevorzugen Lamm. Es wird auch viel mit Hack gekocht, während Geflügel kaum eine Rolle spielt. Dann erst gehe ich zu den Speisen über und schaue mir an, in welcher Reihenfolge welches Gewürz beigemischt wird.”

Teigtaschen aller Art

Keine 100 Meter von dem Lokal Piec Smakow entfernt, hinter dem Schaufenster des Restaurants Wesola Pani, ist eine kleine Gruppe Frauen damit beschäftigt, unterschiedliche Teigtaschen zu falten. Man kann genau beobachten, wie schnell und routiniert ihre Hände arbeiten.

Fast jede polnische Hausfrau weiß, was für eine Mühe dahintersteckt. Denn ihre Mütter und Großmütter formten und formen Teigtaschen, die in Polen Pierogi heißen. Früher bereitete man sie fast jeden Tag zu, heute macht man sich diese Mühe eigentlich nur noch zu Weihnachten.

In Polen gibt es Pierogi klassisch mit Fleischfüllung oder auf ukrainische Art. Dann sind sie mit Käse und Kartoffeln gefüllt. Zu Weihnachten werden Pierogi mit Kraut und Pilzen gegessen. Im Sommer sind Waldfrüchte eine beliebte Füllung. Neuerdings können die Figur- und Gesundheitsbewussten Pierogi auch mit Brokkoli und anderen Gemüsearten bekommen.

Teigtaschen, wie die Pierogi, die im Wasser aufgekocht oder auch in der Bratpfanne gebraten werden, sind aber nicht allein der polnischen Küche vorbehalten. Es gibt sie auch in vielen anderen nationalen Küchen östlich der Oder.

Das Restaurant Wesola Pani bietet sie in allen Formen an. Die ukrainischen Teigtaschen, die Pielmieni, gibt es hier zum Beispiel auch mit Lachs. Sie sind viel kleiner und handlicher als ihre polnischen Pendants.

Georgische Einwanderer haben ihre gut gewürzten Chinkali nach Polen mitgebracht, die in Brühe serviert und mit den Händen gegessen werden. Eine Besonderheit sind aber die großen tatarischen Teigtaschen, die Tschebureki. Zwei bis drei dieser mit Fleisch gefüllten Teigtaschen reichen aus, um satt zu werden.

Der achtjährige Jan aus Posen wäre eigentlich ein typischer Kandidat für die beliebten Hot Dogs, die es in Polen üblicherweise an Tankstellen und in sämtlichen Geschäften der Gemischtwarenkette Zabka gibt. Die meisten polnischen Kinder seines Alters haben hier ihre erste Begegnung mit Fastfood – zumal ein Hot Dog umgerechnet weniger als einen Euro kostet.

Der kleine Jan steht aber gar nicht so sehr auf diese Hot Dogs. Er ist einem anderen Imbisstrend in Polen verfallen: Chatschapuri, ein georgisches Bätterteiggebäck. “Lass uns zum georgischen Bäcker gehen”, sagt er, wenn es ihm zu Hause mal wieder nicht schmeckt. Jan mag die Käsemischung im Blätterteig ganz besonders.

Die quadratischen Chatschapuri gibt es vor allem warm, gleich aus dem Ofen. Für polnische Verhältnisse sind Backwaren, wie die Chatschapuri, oder auch das georgische Brot, das Puri, relativ günstig. Ein üppiges Chatschapuri mit Käse oder Fleisch im Blätterteig ist für etwa drei Euro zu bekommen.

Menschen aus Georgien, Armenien, der Ukraine und Weissrussland leben seit vielen Jahren in Polen, nicht erst seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine. Die Beweggründe sind sehr unterschiedlich. Polen bietet eine kostenfreie akademische Ausbildung, die Arbeitseinkommen sind besser als in den Heimatländern, und die polnischen Betriebe brauchen händeringend Arbeitskräfte.

Kulturelle und sprachliche Nähe macht es für diese Einwanderungsgruppen aus Osteuropa sehr leicht, sich in Polen zu integrieren und sich auch eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Im September 2020 startete die Regierung ein neues Programm, um ausländische Arbeitnehmer vor allem aus dem Informations- und Kommunikationssektor anzuziehen und erleichterte die Visabestimmungen für Einwanderer aus Belarus.

Im Juli 2021 wurde das Programm auf Arbeitnehmer aus Armenien, Georgien, der Moldau, Russland und der Ukraine ausgeweitet. Seit November 2021 wurden auch die Einreisebestimmungen für ausländische Ärzte gelockert, deren Abschlüsse und Qualifikationen nun leichter anerkannt werden.

Nach Angaben der polnischen Sozialversicherung (ZUS) belief sich die Zahl der versicherten Ausländer im Dezember 2022 auf mehr als eine Million Menschen. Im April 2022 waren insgesamt knapp über 16 Millionen Menschen in Polen sozialversichert, bei einer Bevölkerung von rund 38 Millionen.

Die ersten georgischen Restaurants öffneten in Polen schon vor über zwanzig Jahren. Ukrainische Süßigkeiten gibt es auch schon lange in polnischen Lebensmittelläden. Schokolade, Waffeln oder Bonbons des ukrainischen Süßwarenherstellers Roshen sind ebenso selbstverständlich wie Milka-Schokolade oder Schokoriegel von Mars.

Wenn Romualda Michalowska sich in die Küchen des Ostens einliest, denkt sie oft an ihre eigene Großmutter. Wie so viele Polen wurde ihre Großmutter im Laufe des Zweiten Weltkrieges auf Befehl Stalins aus dem damaligen Osten Polens zwangsumgesiedelt. Diese Menschen kamen aus Vilnius und Lemberg (Lwiw) oder noch weiter aus dem Osten in den heutigen Westen Polens und brachten ihre Rezepte mit.

Typisch für die Lemberger Küche sind Pflaumen. Keine Fleischsoße ohne Trockenpflaumen. Die Menschen aus der Gegend um Vilnius würzten eher mit Vanille. Eingelegte Birnen mit dieser besonders intensiven Vanillesoße kennen noch viele Polen von ihren Großmüttern. Bei Oma gab es Weihnachten Kutja. Diese Süßspeise mit Mohn, Buchweizen, Mandeln, Unmengen von Honig und Rosinen steht wie kaum ein anderes Gericht für den Hauch des Orients auf dem gut gedeckten polnischen Tisch.

Die nächsten Jahre werden sicher zeigen, welchen Einfluss die Zuwanderung aus Belarus und den südöstlichen Regionen der Ukraine auf die polnische Küche haben wird. Man darf gespannt sein, was Köchinnen, wie Romualda Michalowska daraus Leckeres machen werden.

Die polnische Köchin Romualda Michalowska steht hinter eine Ausgabetheke, vor ihr warme Speisen in Stahlbehältern.
Vier Frauen in weißer Arbeitskleidung und mit Kochmützen auf dem Kopf bereiten Teigtaschen vor
Schaufenster und Türeingang einer georgischen Bäckerei in Posen, durch das Fenster ist der Bäcker bei der Arbeit zu sehen, neben dem Eingang steht der achtjährige Jan mit einer Einkaufstüte in der Hand.

Wer sich in der Innenstadt der polnischen Stadt Posen (Poznan) gut auskennt, weiß, wo man den besten, leckersten und günstigsten Mittagstisch bekommt. Ganz egal, ob Student, Büroangestellter oder Beamter, jeder isst gern in dem Kantinenlokal Piec Smakow im Gebäude der Woiwodschaftsverwaltung. Das ist auch kein Wunder, denn hier kocht Romualda Michalowska (59), eine leidenschaftliche Köchin.

An diesem Tag zaubert sie georgische Gerichte auf den Tisch des Lokals. Auf einem Zettel am Eingang hat sie die “Georgischen Tage” angekündigt. Vorbereitet hat sie sich darauf schon lange und sehr intensiv.

Teigtaschen aller Art

“Ich habe begonnen, mich in die Küchentradition Georgiens einzulesen”, erzählt die Köchin. “So fange ich immer an. Erst die Grundlagen. Dann schaue ich mir an, mit welchen Gewürzen und Kräutern gearbeitet wird. Sehr wichtig für mich ist das Fleisch. Welches Fleisch wird verarbeitet? Wir in Polen essen bevorzugt Schweinefleisch. Die georgische Küche und generell die Küchen der Kaukasus-Region bevorzugen Lamm. Es wird auch viel mit Hack gekocht, während Geflügel kaum eine Rolle spielt. Dann erst gehe ich zu den Speisen über und schaue mir an, in welcher Reihenfolge welches Gewürz beigemischt wird.”

Keine 100 Meter von dem Lokal Piec Smakow entfernt, hinter dem Schaufenster des Restaurants Wesola Pani, ist eine kleine Gruppe Frauen damit beschäftigt, unterschiedliche Teigtaschen zu falten. Man kann genau beobachten, wie schnell und routiniert ihre Hände arbeiten.

Fast jede polnische Hausfrau weiß, was für eine Mühe dahintersteckt. Denn ihre Mütter und Großmütter formten und formen Teigtaschen, die in Polen Pierogi heißen. Früher bereitete man sie fast jeden Tag zu, heute macht man sich diese Mühe eigentlich nur noch zu Weihnachten.

In Polen gibt es Pierogi klassisch mit Fleischfüllung oder auf ukrainische Art. Dann sind sie mit Käse und Kartoffeln gefüllt. Zu Weihnachten werden Pierogi mit Kraut und Pilzen gegessen. Im Sommer sind Waldfrüchte eine beliebte Füllung. Neuerdings können die Figur- und Gesundheitsbewussten Pierogi auch mit Brokkoli und anderen Gemüsearten bekommen.

Würzige Snacks in Blätterteig

Teigtaschen, wie die Pierogi, die im Wasser aufgekocht oder auch in der Bratpfanne gebraten werden, sind aber nicht allein der polnischen Küche vorbehalten. Es gibt sie auch in vielen anderen nationalen Küchen östlich der Oder.

Einwanderer nach Polen

Das Restaurant Wesola Pani bietet sie in allen Formen an. Die ukrainischen Teigtaschen, die Pielmieni, gibt es hier zum Beispiel auch mit Lachs. Sie sind viel kleiner und handlicher als ihre polnischen Pendants.

Georgische Einwanderer haben ihre gut gewürzten Chinkali nach Polen mitgebracht, die in Brühe serviert und mit den Händen gegessen werden. Eine Besonderheit sind aber die großen tatarischen Teigtaschen, die Tschebureki. Zwei bis drei dieser mit Fleisch gefüllten Teigtaschen reichen aus, um satt zu werden.

Der achtjährige Jan aus Posen wäre eigentlich ein typischer Kandidat für die beliebten Hot Dogs, die es in Polen üblicherweise an Tankstellen und in sämtlichen Geschäften der Gemischtwarenkette Zabka gibt. Die meisten polnischen Kinder seines Alters haben hier ihre erste Begegnung mit Fastfood – zumal ein Hot Dog umgerechnet weniger als einen Euro kostet.

Aus dem Osten in den Westen Polens

Der kleine Jan steht aber gar nicht so sehr auf diese Hot Dogs. Er ist einem anderen Imbisstrend in Polen verfallen: Chatschapuri, ein georgisches Bätterteiggebäck. “Lass uns zum georgischen Bäcker gehen”, sagt er, wenn es ihm zu Hause mal wieder nicht schmeckt. Jan mag die Käsemischung im Blätterteig ganz besonders.

Die quadratischen Chatschapuri gibt es vor allem warm, gleich aus dem Ofen. Für polnische Verhältnisse sind Backwaren, wie die Chatschapuri, oder auch das georgische Brot, das Puri, relativ günstig. Ein üppiges Chatschapuri mit Käse oder Fleisch im Blätterteig ist für etwa drei Euro zu bekommen.

Menschen aus Georgien, Armenien, der Ukraine und Weissrussland leben seit vielen Jahren in Polen, nicht erst seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine. Die Beweggründe sind sehr unterschiedlich. Polen bietet eine kostenfreie akademische Ausbildung, die Arbeitseinkommen sind besser als in den Heimatländern, und die polnischen Betriebe brauchen händeringend Arbeitskräfte.

Kulturelle und sprachliche Nähe macht es für diese Einwanderungsgruppen aus Osteuropa sehr leicht, sich in Polen zu integrieren und sich auch eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Im September 2020 startete die Regierung ein neues Programm, um ausländische Arbeitnehmer vor allem aus dem Informations- und Kommunikationssektor anzuziehen und erleichterte die Visabestimmungen für Einwanderer aus Belarus.

Außenansicht des kleinen Schnellrestaurants Pierogi Lwowskie in Gedansk

Im Juli 2021 wurde das Programm auf Arbeitnehmer aus Armenien, Georgien, der Moldau, Russland und der Ukraine ausgeweitet. Seit November 2021 wurden auch die Einreisebestimmungen für ausländische Ärzte gelockert, deren Abschlüsse und Qualifikationen nun leichter anerkannt werden.

Nach Angaben der polnischen Sozialversicherung (ZUS) belief sich die Zahl der versicherten Ausländer im Dezember 2022 auf mehr als eine Million Menschen. Im April 2022 waren insgesamt knapp über 16 Millionen Menschen in Polen sozialversichert, bei einer Bevölkerung von rund 38 Millionen.

Die ersten georgischen Restaurants öffneten in Polen schon vor über zwanzig Jahren. Ukrainische Süßigkeiten gibt es auch schon lange in polnischen Lebensmittelläden. Schokolade, Waffeln oder Bonbons des ukrainischen Süßwarenherstellers Roshen sind ebenso selbstverständlich wie Milka-Schokolade oder Schokoriegel von Mars.

Wenn Romualda Michalowska sich in die Küchen des Ostens einliest, denkt sie oft an ihre eigene Großmutter. Wie so viele Polen wurde ihre Großmutter im Laufe des Zweiten Weltkrieges auf Befehl Stalins aus dem damaligen Osten Polens zwangsumgesiedelt. Diese Menschen kamen aus Vilnius und Lemberg (Lwiw) oder noch weiter aus dem Osten in den heutigen Westen Polens und brachten ihre Rezepte mit.

Typisch für die Lemberger Küche sind Pflaumen. Keine Fleischsoße ohne Trockenpflaumen. Die Menschen aus der Gegend um Vilnius würzten eher mit Vanille. Eingelegte Birnen mit dieser besonders intensiven Vanillesoße kennen noch viele Polen von ihren Großmüttern. Bei Oma gab es Weihnachten Kutja. Diese Süßspeise mit Mohn, Buchweizen, Mandeln, Unmengen von Honig und Rosinen steht wie kaum ein anderes Gericht für den Hauch des Orients auf dem gut gedeckten polnischen Tisch.

Die nächsten Jahre werden sicher zeigen, welchen Einfluss die Zuwanderung aus Belarus und den südöstlichen Regionen der Ukraine auf die polnische Küche haben wird. Man darf gespannt sein, was Köchinnen, wie Romualda Michalowska daraus Leckeres machen werden.

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