Kultur

80 Jahre “Der kleine Prinz”: Dauer-Bestseller der Weltliteratur

Ein Kinderbuch für Erwachsene: Generationen von Lesern sind seit Jahrzehnten von Antoine de Saint-Exupérys fantastischer Geschichte begeistert. Unsere Autorin fragt: Warum nur?

Ich erinnere mich noch genau, als meine Mutter eines Abends mit “Der kleine Prinz” in meinem Kinderzimmer erschien. “Was muss das für ein tolles Buch sein”, dachte ich, als ich merkte, wie behutsam und andächtig sie es aufblätterte. Die Zeichnungen des kleinen Jungen mit den goldenen, struppigen Haaren und dem grünen Hosenanzug holten mich ab. Doch die Geschichte…sie verstörte mich! Wie schrecklich, so ein kleiner Planet, das ist ja wie ein Gefängnis! Und diese merkwürdige, gehässige Rose – warum mag er die so? Und warum freundet er sich mit einem Fuchs an und verlässt ihn dann wieder?

Während meine Mutter bedächtig die kurzen Kapitel vorlas, traute ich mich gar nicht zu sagen, wie unangenehm ich die Geschichte fand. Während die Popkultur den weltweit wohl bekanntesten Märchenhelden mit zahlreichen Merchandise-Produkten wie Tassen, Puzzels, T-Shirts und Verfilmungen feierte, blieb ich eher auf Abstand zu diesem merkwürdigen außerirdischen Kind. 

Ich erinnere mich noch genau, als meine Mutter eines Abends mit “Der kleine Prinz” in meinem Kinderzimmer erschien. “Was muss das für ein tolles Buch sein”, dachte ich, als ich merkte, wie behutsam und andächtig sie es aufblätterte. Die Zeichnungen des kleinen Jungen mit den goldenen, struppigen Haaren und dem grünen Hosenanzug holten mich ab. Doch die Geschichte…sie verstörte mich! Wie schrecklich, so ein kleiner Planet, das ist ja wie ein Gefängnis! Und diese merkwürdige, gehässige Rose – warum mag er die so? Und warum freundet er sich mit einem Fuchs an und verlässt ihn dann wieder?

“Der kleine Prinz” handelt von einem Jungen, der auf einem sehr kleinen Planeten mit einer anspruchsvollen Rose, zwei aktiven Vulkanen und einem erloschenen Vulkan sowie zu bekämpfenden Sämlingen des Affenbrotbaums lebt. Die Blume und er kommen nicht gut zurecht, die Rose ist mürrisch und einnehmend. Also beschließt der kleine Prinz auf eine Reise zu gehen und erforscht dabei sieben Planeten. Die letzte Station ist die Erde, wo er auf einen in der Wüste notgelandeten Piloten trifft.

“Der kleine Prinz”: Erinnerung ans Kindsein

Nun, 80 Jahre nach der Erstveröffentlichung, wollte ich dem modernen Märchen noch einmal eine Chance geben. Die 27 kurzen Kapitel waren schnell gelesen und diesmal saßen sie: Die einfache Sprache, die schlichten Bilder – sie trügen. Es ist kein Kindermärchen, vielmehr eine Erinnerung an das Kindliche in uns. Das Büchlein behandelt die wirklich großen Fragen wie Liebe, Einsamkeit und Tod, die sich eben Erwachsene stellen. Kein Wunder also, dass ich als Grundschulkind deutlich spürte: Hier wird Wichtiges verhandelt, etwas, das ich (noch) nicht greifen kann. Die Ernsthaftigkeit der vorlesenden Erwachsenen verschreckte mich.

“Der kleine Prinz” ist das letzte Buch des leidenschaftlichen Fliegers Antoine de Saint-Exupéry und erschien 1943 zuerst in New York. Als die französische Auflage drei Jahre später veröffentlicht wurde, erlebte dies der heute gefeierte Autor nicht mehr. Von einem Aufklärungsflug über dem Mittelmeer kehrte er während des Zweiten Weltkrieges 1944 nicht mehr zurück.

Die Fliegerkarriere des 1900 in Lyon geborenen Saint-Exupéry begann mit Rundflügen über Paris für Touristen. In den 1920ern flog er dann die Etappen Toulouse – Casablanca – Dakar, wurde Flugplatzchef in der damaligen Kolonie Spanisch-Marokko, wo er mehrfach in der Wüste notgelandete Kollegen rettete. Danach zog es ihn als Überbringer nächtlicher Flugpost nach Argentinien. Später versuchte er immer wieder Streckenrekorde aufzustellen und überlebte zwei Abstürze: Paris – Saigon und New York – Feuerland. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er eingezogen und erlebte den Blitzangriff der deutschen Wehrmacht im Nordosten Frankreichs. Sein Pilotenleben liest sich nicht nur wie eine Abenteuergeschichte, Antoine de Saint-Exupéry schrieb während einigen seiner Lebensetappen viel beachtete Romane. Obgleich er mit Literaturpreisen ausgezeichnet worden war, empfand er sich selbst in erster Linie als Berufspilot, in zweiter als Hobbyliterat.

“Der kleine Prinz” enttäuschte zunächst die Leser: Kein Abenteuerroman, sondern ein bittersüßes Märchen, von Saint-Ex, wie ihn seine Freunde nannten, selbst illustriert. Und doch ist auch hier seine Lebensgeschichte verewigt: Wie der Erzähler in dem Märchen stürzte auch Saint-Exupéry über einer Wüste ab und musste tagelang ohne Trinkwasser überleben, bis eine Karawane ihn rettete.

Dass ausgerechnet dieses Büchlein nun nicht nur sein erfolgreichstes, sondern das meist verkaufte Buch Frankreichs werden würde, hätte wohl kaum einer vermutet. Mehr als 200 Millionen mal soll “Der kleine Prinz” seitdem verkauft worden sein, übersetzt in rund 340 Sprachen und Dialekte, darunter die Sprache der Inuit, der Tuareg und der Maya sowie die Fantasiesprache Klingonisch aus der TV-Serie “Star Treck”.

“Zeichne mir ein Schaf”, ist das Erste, was der kleine Prinz zu dem abgestürzten Piloten sagt. Daraufhin erwidert dieser: “Wenn etwas Geheimnisvolles besonders beeindruckend ist, kann man nicht widerstehen. So absurd es mir auch erschien, in Todesgefahr tausend Meilen von jeder menschlichen Behausung entfernt, ich nahm aus meiner Tasche ein Blatt Papier und einen Füllfederhalter.” Drei Schafe malt der Pilot, alle werden abgelehnt. Entnervt zeichnet er schließlich eine Kiste und sagt: “Das Schaf, das du willst, ist dort drin.” 

Zu seinem großen Erstaunen ist der seltsame Junge begeistert. Ich als Kind war es nicht. Was für ein Schwachsinn, dachte ich mir. Warum malt er denn nicht das Schaf so, wie es dem Prinzen gefällt? Ich konnte die Genialität dieser Zeilen nicht begreifen, meine kindliche Fantasie war zwar stark ausgeprägt, aber wenn mir schon ein Buch vorgelesen wird, dann bitte richtig und bis ins kleinste Detail. Heute überzeugt mich diese Textstelle: Es ist eine Ode an die Fantasie, an die unvoreingenommene kindliche Klarheit. “Die großen Leute verstehen nie etwas von selbst. Und für die Kinder ist es viel zu mühevoll, ihnen die Dinge immer und immer wieder von neuem zu erklären”, schreibt Saint-Exupéry im ersten Kapitel.

Das Buch sprudelt über vor Lebensweisheiten. “Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar” ist die wohl bekannteste und landet seitdem in zahlreichen Poesie-Alben oder als Wandtattoo im Yoga-Studio.

Neben Gedanken zu Liebe, Freundschaft und Tod, enthält das Märchen auch Gesellschaftskritik. So reist der kleine Prinz zu sechs Planeten, bevor er auf die Erde kommt. Auf jedem Asteroid erlebt er sonderbare Begegnungen: Ein Monarch, der Untertanen sucht; ein Säufer, der trinkt, um das Trinken zu vergessen; ein Laternenanzünder, der nur Anordnungen ausübt; ein Eitler, der bewundert werden will; ein Geograph, der die Welt erklärt, sie aber nicht gesehen hat; ein Geschäftsmann, der meint, die Sterne zu besitzen.

Letzterer hatte es meinem Französischlehrer angetan. Natürlich wurde “Le Petit Prince” im Original im Unterricht gelesen. Ich mochte meinen Französischlehrer nicht, er war ein fieser, grimmiger Mann, der offensichtlich wiederum keine Kinder mochte. Doch bei der Lektüre über den zahlenversessenen Geschäftsmann, der vor lauter Sternenzählen zu nichts anderem mehr in der Lage war, wurde selbst dieser Lehrer plötzlich ganz ruhig und fürsorglich. Als ob er uns Französischschülern etwas mitgeben wollte. Eine Lebensweisheit. Oder vielleicht auch ein Bedauern: Was ist aus meinen Kindheitsträumen geworden?

“Die großen Leute waren einmal Kinder gewesen, aber nur wenige erinnern sich daran”, schreibt Antoine de Saint-Exupéry gleich zu Beginn seines Kunstmärchens. Wie sich Kindheit anfühlt, daran erinnert “Der kleine Prinz” wie kaum ein anderes Buch – und macht es vielleicht deswegen seit 80 Jahren zum weltweiten Dauer-Bestseller.

Ein Junge mit goldenen Haaren und Schal mit grünen Hosenanzug steht auf einem Ball, umgeben von Sternen.
Mann in Anzughose, Hemd und Krawatte steht vor einem Propeller-Flugzeug.

Ich erinnere mich noch genau, als meine Mutter eines Abends mit “Der kleine Prinz” in meinem Kinderzimmer erschien. “Was muss das für ein tolles Buch sein”, dachte ich, als ich merkte, wie behutsam und andächtig sie es aufblätterte. Die Zeichnungen des kleinen Jungen mit den goldenen, struppigen Haaren und dem grünen Hosenanzug holten mich ab. Doch die Geschichte…sie verstörte mich! Wie schrecklich, so ein kleiner Planet, das ist ja wie ein Gefängnis! Und diese merkwürdige, gehässige Rose – warum mag er die so? Und warum freundet er sich mit einem Fuchs an und verlässt ihn dann wieder?

Während meine Mutter bedächtig die kurzen Kapitel vorlas, traute ich mich gar nicht zu sagen, wie unangenehm ich die Geschichte fand. Während die Popkultur den weltweit wohl bekanntesten Märchenhelden mit zahlreichen Merchandise-Produkten wie Tassen, Puzzels, T-Shirts und Verfilmungen feierte, blieb ich eher auf Abstand zu diesem merkwürdigen außerirdischen Kind. 

“Der kleine Prinz”: Erinnerung ans Kindsein

“Der kleine Prinz” handelt von einem Jungen, der auf einem sehr kleinen Planeten mit einer anspruchsvollen Rose, zwei aktiven Vulkanen und einem erloschenen Vulkan sowie zu bekämpfenden Sämlingen des Affenbrotbaums lebt. Die Blume und er kommen nicht gut zurecht, die Rose ist mürrisch und einnehmend. Also beschließt der kleine Prinz auf eine Reise zu gehen und erforscht dabei sieben Planeten. Die letzte Station ist die Erde, wo er auf einen in der Wüste notgelandeten Piloten trifft.

Nun, 80 Jahre nach der Erstveröffentlichung, wollte ich dem modernen Märchen noch einmal eine Chance geben. Die 27 kurzen Kapitel waren schnell gelesen und diesmal saßen sie: Die einfache Sprache, die schlichten Bilder – sie trügen. Es ist kein Kindermärchen, vielmehr eine Erinnerung an das Kindliche in uns. Das Büchlein behandelt die wirklich großen Fragen wie Liebe, Einsamkeit und Tod, die sich eben Erwachsene stellen. Kein Wunder also, dass ich als Grundschulkind deutlich spürte: Hier wird Wichtiges verhandelt, etwas, das ich (noch) nicht greifen kann. Die Ernsthaftigkeit der vorlesenden Erwachsenen verschreckte mich.

“Der kleine Prinz” ist das letzte Buch des leidenschaftlichen Fliegers Antoine de Saint-Exupéry und erschien 1943 zuerst in New York. Als die französische Auflage drei Jahre später veröffentlicht wurde, erlebte dies der heute gefeierte Autor nicht mehr. Von einem Aufklärungsflug über dem Mittelmeer kehrte er während des Zweiten Weltkrieges 1944 nicht mehr zurück.

Die Fliegerkarriere des 1900 in Lyon geborenen Saint-Exupéry begann mit Rundflügen über Paris für Touristen. In den 1920ern flog er dann die Etappen Toulouse – Casablanca – Dakar, wurde Flugplatzchef in der damaligen Kolonie Spanisch-Marokko, wo er mehrfach in der Wüste notgelandete Kollegen rettete. Danach zog es ihn als Überbringer nächtlicher Flugpost nach Argentinien. Später versuchte er immer wieder Streckenrekorde aufzustellen und überlebte zwei Abstürze: Paris – Saigon und New York – Feuerland. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er eingezogen und erlebte den Blitzangriff der deutschen Wehrmacht im Nordosten Frankreichs. Sein Pilotenleben liest sich nicht nur wie eine Abenteuergeschichte, Antoine de Saint-Exupéry schrieb während einigen seiner Lebensetappen viel beachtete Romane. Obgleich er mit Literaturpreisen ausgezeichnet worden war, empfand er sich selbst in erster Linie als Berufspilot, in zweiter als Hobbyliterat.

Antoine de Saint-Exupéry: Bücherschreibender Berufspilot

“Der kleine Prinz” enttäuschte zunächst die Leser: Kein Abenteuerroman, sondern ein bittersüßes Märchen, von Saint-Ex, wie ihn seine Freunde nannten, selbst illustriert. Und doch ist auch hier seine Lebensgeschichte verewigt: Wie der Erzähler in dem Märchen stürzte auch Saint-Exupéry über einer Wüste ab und musste tagelang ohne Trinkwasser überleben, bis eine Karawane ihn rettete.

Ode an die Fantasie

Dass ausgerechnet dieses Büchlein nun nicht nur sein erfolgreichstes, sondern das meist verkaufte Buch Frankreichs werden würde, hätte wohl kaum einer vermutet. Mehr als 200 Millionen mal soll “Der kleine Prinz” seitdem verkauft worden sein, übersetzt in rund 340 Sprachen und Dialekte, darunter die Sprache der Inuit, der Tuareg und der Maya sowie die Fantasiesprache Klingonisch aus der TV-Serie “Star Treck”.

“Zeichne mir ein Schaf”, ist das Erste, was der kleine Prinz zu dem abgestürzten Piloten sagt. Daraufhin erwidert dieser: “Wenn etwas Geheimnisvolles besonders beeindruckend ist, kann man nicht widerstehen. So absurd es mir auch erschien, in Todesgefahr tausend Meilen von jeder menschlichen Behausung entfernt, ich nahm aus meiner Tasche ein Blatt Papier und einen Füllfederhalter.” Drei Schafe malt der Pilot, alle werden abgelehnt. Entnervt zeichnet er schließlich eine Kiste und sagt: “Das Schaf, das du willst, ist dort drin.” 

Zu seinem großen Erstaunen ist der seltsame Junge begeistert. Ich als Kind war es nicht. Was für ein Schwachsinn, dachte ich mir. Warum malt er denn nicht das Schaf so, wie es dem Prinzen gefällt? Ich konnte die Genialität dieser Zeilen nicht begreifen, meine kindliche Fantasie war zwar stark ausgeprägt, aber wenn mir schon ein Buch vorgelesen wird, dann bitte richtig und bis ins kleinste Detail. Heute überzeugt mich diese Textstelle: Es ist eine Ode an die Fantasie, an die unvoreingenommene kindliche Klarheit. “Die großen Leute verstehen nie etwas von selbst. Und für die Kinder ist es viel zu mühevoll, ihnen die Dinge immer und immer wieder von neuem zu erklären”, schreibt Saint-Exupéry im ersten Kapitel.

“Man sieht nur mit dem Herzen gut…”

Das Buch sprudelt über vor Lebensweisheiten. “Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar” ist die wohl bekannteste und landet seitdem in zahlreichen Poesie-Alben oder als Wandtattoo im Yoga-Studio.

Neben Gedanken zu Liebe, Freundschaft und Tod, enthält das Märchen auch Gesellschaftskritik. So reist der kleine Prinz zu sechs Planeten, bevor er auf die Erde kommt. Auf jedem Asteroid erlebt er sonderbare Begegnungen: Ein Monarch, der Untertanen sucht; ein Säufer, der trinkt, um das Trinken zu vergessen; ein Laternenanzünder, der nur Anordnungen ausübt; ein Eitler, der bewundert werden will; ein Geograph, der die Welt erklärt, sie aber nicht gesehen hat; ein Geschäftsmann, der meint, die Sterne zu besitzen.

Letzterer hatte es meinem Französischlehrer angetan. Natürlich wurde “Le Petit Prince” im Original im Unterricht gelesen. Ich mochte meinen Französischlehrer nicht, er war ein fieser, grimmiger Mann, der offensichtlich wiederum keine Kinder mochte. Doch bei der Lektüre über den zahlenversessenen Geschäftsmann, der vor lauter Sternenzählen zu nichts anderem mehr in der Lage war, wurde selbst dieser Lehrer plötzlich ganz ruhig und fürsorglich. Als ob er uns Französischschülern etwas mitgeben wollte. Eine Lebensweisheit. Oder vielleicht auch ein Bedauern: Was ist aus meinen Kindheitsträumen geworden?

“Die großen Leute waren einmal Kinder gewesen, aber nur wenige erinnern sich daran”, schreibt Antoine de Saint-Exupéry gleich zu Beginn seines Kunstmärchens. Wie sich Kindheit anfühlt, daran erinnert “Der kleine Prinz” wie kaum ein anderes Buch – und macht es vielleicht deswegen seit 80 Jahren zum weltweiten Dauer-Bestseller.

Altes Schloss, in einem Fenster steht eine Nachbildung des kleinen Prinzen.

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