Ashram im Teutoburger Wald: Eine andere Welt
Ein volles Haus – das verzeichnen an Ostern nicht nur Kirchen. Auch in einem Ashram in Ostwestfalen werden Gäste erwartet. In diesem spirituellen Zentrum leben rund 360 Menschen dauerhaft. Die DW erhielt Einblick.
Der Tag beginnt mit einem dreifachen “Oooommmmm”. Es ist 7 Uhr morgens, die Sonne ist gerade aufgegangen über dem Teutoburger Wald. Knapp 50 Menschen sitzen auf dem Teppichboden des Shivananda-Saals. Es ist noch kalt, sie sind in weiße Decken gehüllt und blicken in Richtung Bühne. Dort sitzt Volker Bretz, der spirituelle Leiter des Ashrams. Er trägt die weite, helle Kleidung eines indischen Yogi und leitet eine 30-minütige Meditation ein. Danach werden, von indischen Instrumenten begleitet, Mantras auf Sanskrit rezitiert – in der altindischen Sprache also, in der die Texte des Hinduismus überliefert sind.
Schauplatz ist der angeblich “größte Ashram außerhalb Indiens”, wenn man dem Betreiber, dem gemeinnützigen Verein Yoga Vidya e.V., Glauben schenkt. Er existiert seit mehr als 30 Jahren und ist eine von knapp 20 Einrichtungen in Deutschland, die diesen Namen tragen. Die genaue Anzahl lässt sich nicht bestimmen, da es weder einen Dachverband für Ashrams noch eine genaue Definition gibt. Unter dem Stichwort findet man in Deutschland landwirtschaftliche Zusammenschlüsse, ein Restaurant in Berlin – und viele spirituelle Gemeinschaften, zu denen der Verein Yoga Vidya zählt.
Der Tag beginnt mit einem dreifachen “Oooommmmm”. Es ist 7 Uhr morgens, die Sonne ist gerade aufgegangen über dem Teutoburger Wald. Knapp 50 Menschen sitzen auf dem Teppichboden des Shivananda-Saals. Es ist noch kalt, sie sind in weiße Decken gehüllt und blicken in Richtung Bühne. Dort sitzt Volker Bretz, der spirituelle Leiter des Ashrams. Er trägt die weite, helle Kleidung eines indischen Yogi und leitet eine 30-minütige Meditation ein. Danach werden, von indischen Instrumenten begleitet, Mantras auf Sanskrit rezitiert – in der altindischen Sprache also, in der die Texte des Hinduismus überliefert sind.
Ursprünglich sind Ashrams spirituelle Zentren aus der hinduistischen Religion, ähnlich einem Kloster, mit meist festgelegten Tagesabläufen. Traditionell findet man sie in Indien. Hier geben hinduistische Lehrmeister ihr Wissen über Spiritualität, Meditation, Selbstreflexion, Yoga und mehr weiter. Für die Adepten ist dann Enthaltsamkeit angesagt: Fleisch und Fisch sind tabu, Alkohol und Nikotin oder andere Drogen ebenso, und meist sind auch Unterhaltungsmedien gestrichen. Von 22 bis 6 Uhr ist Schweigepflicht. Die strenge, asketische Lebensweise steckt bereits im Begriff “Ashram”: Er geht auf das Wort “srama” zurück, das im Sanskrit so viel wie “religiöse Anstrengung” bedeutet.
Ashrams weltweit: Nachgefragte Lebensweise
Damit bieten Ashrams einen Gegenpol zur westlichen Wohlstandsgesellschaft – und einen Lebensentwurf, der nicht wenige Anhänger hat. Früher musste man für einen Ashram-Aufenthalt nach Indien reisen, heute kann man einen der inzwischen zahlreichen Ashrams in Europa besuchen. Es gibt sie in London, an der portugiesischen Atlantikküste, in den Bergen Tirols – und eben auch im beschaulichen Örtchen Bad Meinberg im Teutoburger Wald.
Ein eigens organisierter Transfer chauffiert Anreisende vom Bahnhof zum 60 Gehminuten entfernten Ashram. Das Ziel: der Yogaweg 1. Die Straße umgibt das Gelände vollständig, wodurch es abgekapselt wirkt, als wäre es ein separater Stadtteil. Der Ashram liegt in vier großen Hochhäusern einer ehemaligen Kurklinik. Die Gebäude sind mittlerweile umgetauft in “Chakrapyramide” oder “Haus Shanti”.
Im Inneren finden sich Meditationsräume, ein Schweigekloster und ein Shop, in dem man Räucherstäbchen oder Selbstfindungsbücher erwerben kann. Um 5 Uhr morgens beginnen die ersten Workshops, die bis 22 Uhr ununterbrochen laufen. Sie reichen von hinduistischen Ritualen über Yogastunden bis hin zu rituellem Blumenzupfen.
So vielfältig wie das Angebot sind die Gründe, warum die Menschen hier sind: Einige machen Urlaub, andere sind auf einer spirituellen Reise, auf Selbstfindung. Wieder andere möchten sich in einem vierwöchigen Intensivkurs zum Yogalehrer ausbilden lassen – für knapp 1.000 Euro.
In der Hochsaison kommen im Yogaweg 1 bis zu 1000 Menschen unter, erzählt Pressesprecherin Maike Czieschowitz. Ende März sind die Flure noch nicht so voll, in den Osterferien wird sich das ändern. Derzeit sind überwiegend 40- bis 50-jährige Frauen zu Gast.
Die Fluktuation ist hoch, viele kommen und gehen kurz darauf wieder. Aber immerhin etwa 560 Menschen leben ständig auf dem Ashram-Gelände, einige sogar mit Erstwohnsitz. Der Deal, wenn man sich zu einem langfristigen Aufenthalt entscheidet: Für sechs Stunden Arbeit an sechs Tagen in der Woche gibt es freie Kost und Logis. Das heißt: mithelfen in der Küche oder beim Putzen. Das Konzept finanziert sich hauptsächlich aus den Einnahmen der Seminare und Ausbildungsprogramme.
Kurze Wege und ein Rund-um-die-Uhr-Programm: Vor allem dadurch lebe es sich “wie in einem Kindergarten für Erwachsene”, sagt ein Yogalehrer, der eine Weile bei Yoga Vidya gelebt hat. Für einige ist es ein Zufluchtsort, “wo man mit ein bisschen Mithelfen einfach aufgefangen wird, egal was im Leben passiert”, wie er weiter erzählt.
Jörg Müller sitzt im Speisesaal des Ashrams, er absolviert gerade seine Yogalehrer-Ausbildung. Im “wahren Leben, dem Leben draußen” – er setzt mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft – macht er Web-Design. “Drinnen” und “draußen” sind Vokabeln, die hier viele verwenden. Besucher, Bewohner, selbst die Pressesprecherin nutzen sie. Wenn man sie darauf anspricht, lächeln die meisten; ja, es ist ein bisschen wie in einer Parallelwelt. Aus Perspektive der deutschen Leistungsgesellschaft klingt das skurril, aber der Ashram will Gegenpol sein: Selbstdefinierung durch “spirituelles Wachstum, nicht durch Arbeit, Auto, Familie”, so Czieschowitz.
Im Ashram im Teutoburger Wald werden sogar Familien gegründet. Czieschowitz bestätigt, dass Kinder hier aufwachsen und erst zur Ausbildung wegziehen. Denn gesetzliche Regelungen, wie Schulpflicht greifen schließlich auch hier.
Die meisten Menschen zieht es nach einer Auszeit im Ashram zurück ins “wahre Leben”. Selbst die Pressesprecherin kennt das Gefühl, manchmal nach “draußen” zu wollen. “Irgendwann kommt der Punkt, wo man denkt: ‘Jetzt möchte ich wieder stinknormale Sachen machen’, gesteht sie. “Wie zum Beispiel ein Fußballspiel gucken.”
Der Tag beginnt mit einem dreifachen “Oooommmmm”. Es ist 7 Uhr morgens, die Sonne ist gerade aufgegangen über dem Teutoburger Wald. Knapp 50 Menschen sitzen auf dem Teppichboden des Shivananda-Saals. Es ist noch kalt, sie sind in weiße Decken gehüllt und blicken in Richtung Bühne. Dort sitzt Volker Bretz, der spirituelle Leiter des Ashrams. Er trägt die weite, helle Kleidung eines indischen Yogi und leitet eine 30-minütige Meditation ein. Danach werden, von indischen Instrumenten begleitet, Mantras auf Sanskrit rezitiert – in der altindischen Sprache also, in der die Texte des Hinduismus überliefert sind.
Schauplatz ist der angeblich “größte Ashram außerhalb Indiens”, wenn man dem Betreiber, dem gemeinnützigen Verein Yoga Vidya e.V., Glauben schenkt. Er existiert seit mehr als 30 Jahren und ist eine von knapp 20 Einrichtungen in Deutschland, die diesen Namen tragen. Die genaue Anzahl lässt sich nicht bestimmen, da es weder einen Dachverband für Ashrams noch eine genaue Definition gibt. Unter dem Stichwort findet man in Deutschland landwirtschaftliche Zusammenschlüsse, ein Restaurant in Berlin – und viele spirituelle Gemeinschaften, zu denen der Verein Yoga Vidya zählt.
Ashrams weltweit: Nachgefragte Lebensweise
Ursprünglich sind Ashrams spirituelle Zentren aus der hinduistischen Religion, ähnlich einem Kloster, mit meist festgelegten Tagesabläufen. Traditionell findet man sie in Indien. Hier geben hinduistische Lehrmeister ihr Wissen über Spiritualität, Meditation, Selbstreflexion, Yoga und mehr weiter. Für die Adepten ist dann Enthaltsamkeit angesagt: Fleisch und Fisch sind tabu, Alkohol und Nikotin oder andere Drogen ebenso, und meist sind auch Unterhaltungsmedien gestrichen. Von 22 bis 6 Uhr ist Schweigepflicht. Die strenge, asketische Lebensweise steckt bereits im Begriff “Ashram”: Er geht auf das Wort “srama” zurück, das im Sanskrit so viel wie “religiöse Anstrengung” bedeutet.
Damit bieten Ashrams einen Gegenpol zur westlichen Wohlstandsgesellschaft – und einen Lebensentwurf, der nicht wenige Anhänger hat. Früher musste man für einen Ashram-Aufenthalt nach Indien reisen, heute kann man einen der inzwischen zahlreichen Ashrams in Europa besuchen. Es gibt sie in London, an der portugiesischen Atlantikküste, in den Bergen Tirols – und eben auch im beschaulichen Örtchen Bad Meinberg im Teutoburger Wald.
Ein eigens organisierter Transfer chauffiert Anreisende vom Bahnhof zum 60 Gehminuten entfernten Ashram. Das Ziel: der Yogaweg 1. Die Straße umgibt das Gelände vollständig, wodurch es abgekapselt wirkt, als wäre es ein separater Stadtteil. Der Ashram liegt in vier großen Hochhäusern einer ehemaligen Kurklinik. Die Gebäude sind mittlerweile umgetauft in “Chakrapyramide” oder “Haus Shanti”.
Im Inneren finden sich Meditationsräume, ein Schweigekloster und ein Shop, in dem man Räucherstäbchen oder Selbstfindungsbücher erwerben kann. Um 5 Uhr morgens beginnen die ersten Workshops, die bis 22 Uhr ununterbrochen laufen. Sie reichen von hinduistischen Ritualen über Yogastunden bis hin zu rituellem Blumenzupfen.
Zu Besuch im Yogaweg 1
So vielfältig wie das Angebot sind die Gründe, warum die Menschen hier sind: Einige machen Urlaub, andere sind auf einer spirituellen Reise, auf Selbstfindung. Wieder andere möchten sich in einem vierwöchigen Intensivkurs zum Yogalehrer ausbilden lassen – für knapp 1.000 Euro.
Leben im Ashram: “Kindergarten für Erwachsene”
In der Hochsaison kommen im Yogaweg 1 bis zu 1000 Menschen unter, erzählt Pressesprecherin Maike Czieschowitz. Ende März sind die Flure noch nicht so voll, in den Osterferien wird sich das ändern. Derzeit sind überwiegend 40- bis 50-jährige Frauen zu Gast.
Die Fluktuation ist hoch, viele kommen und gehen kurz darauf wieder. Aber immerhin etwa 560 Menschen leben ständig auf dem Ashram-Gelände, einige sogar mit Erstwohnsitz. Der Deal, wenn man sich zu einem langfristigen Aufenthalt entscheidet: Für sechs Stunden Arbeit an sechs Tagen in der Woche gibt es freie Kost und Logis. Das heißt: mithelfen in der Küche oder beim Putzen. Das Konzept finanziert sich hauptsächlich aus den Einnahmen der Seminare und Ausbildungsprogramme.
Kurze Wege und ein Rund-um-die-Uhr-Programm: Vor allem dadurch lebe es sich “wie in einem Kindergarten für Erwachsene”, sagt ein Yogalehrer, der eine Weile bei Yoga Vidya gelebt hat. Für einige ist es ein Zufluchtsort, “wo man mit ein bisschen Mithelfen einfach aufgefangen wird, egal was im Leben passiert”, wie er weiter erzählt.
Zwischen Schutzraum und Parallelwelt
Jörg Müller sitzt im Speisesaal des Ashrams, er absolviert gerade seine Yogalehrer-Ausbildung. Im “wahren Leben, dem Leben draußen” – er setzt mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft – macht er Web-Design. “Drinnen” und “draußen” sind Vokabeln, die hier viele verwenden. Besucher, Bewohner, selbst die Pressesprecherin nutzen sie. Wenn man sie darauf anspricht, lächeln die meisten; ja, es ist ein bisschen wie in einer Parallelwelt. Aus Perspektive der deutschen Leistungsgesellschaft klingt das skurril, aber der Ashram will Gegenpol sein: Selbstdefinierung durch “spirituelles Wachstum, nicht durch Arbeit, Auto, Familie”, so Czieschowitz.
Im Ashram im Teutoburger Wald werden sogar Familien gegründet. Czieschowitz bestätigt, dass Kinder hier aufwachsen und erst zur Ausbildung wegziehen. Denn gesetzliche Regelungen, wie Schulpflicht greifen schließlich auch hier.
Die meisten Menschen zieht es nach einer Auszeit im Ashram zurück ins “wahre Leben”. Selbst die Pressesprecherin kennt das Gefühl, manchmal nach “draußen” zu wollen. “Irgendwann kommt der Punkt, wo man denkt: ‘Jetzt möchte ich wieder stinknormale Sachen machen’, gesteht sie. “Wie zum Beispiel ein Fußballspiel gucken.”