Marokko: Dubiose Vermittler erschweren Beantragung von Visa
Um ein Schengen-Visum zu bekommen, sind Marokkaner oftmals auf die Dienste von Online-Vermittlern angewiesen. Darunter sind auch Geschäftemacher, die das Reisen nach Europa schwierig und teuer machen.
In Marokko macht ein relativ neuer Geschäftszweig Reisenden das Leben schwer: Nicht autorisierte Zwischenhändler haben die Vermittlung der Termine übernommen, die für die Abgabe eines Antrags auf ein Schengen-Visum erforderlich sind – also für eine Einreiseerlaubnis in eine Vielzahl von Staaten der Europäischen Union und einiger Anrainer. Das macht es Marokkanern schwerer, nach Europa zu reisen.
“Es ist eine Katastrophe”, so die marokkanische Schauspielerin Dounia Boutazout im März auf Instagram: Visavergabetermine würden für 11.000 marokkanische Dirham verkauft, also umgerechnet gut 1000 Euro. Die beliebte Künstlerin hatte versucht, vor einer Europa-Tournee ihres Theaterensembles ein Schengen-Visum zu beantragen, konnte aber nicht direkt bei einem der offiziellen Visazentren einen Termin bekommen.
In Marokko macht ein relativ neuer Geschäftszweig Reisenden das Leben schwer: Nicht autorisierte Zwischenhändler haben die Vermittlung der Termine übernommen, die für die Abgabe eines Antrags auf ein Schengen-Visum erforderlich sind – also für eine Einreiseerlaubnis in eine Vielzahl von Staaten der Europäischen Union und einiger Anrainer. Das macht es Marokkanern schwerer, nach Europa zu reisen.
Ihre einzige andere Möglichkeit bestand darin, einen der nicht autorisierten Online-Vermittler in Marokko zu kontaktieren, die solche Termine gegen selbst festgelegte Gebühren verkaufen. Mithilfe von Bots reservieren die Unternehmen automatisch sämtliche freien Termine, sobald das offizielle Vergabezentrum diese online freischaltet.
Gesetzeslücke als Geschäftsmodell für Visa-Verkäufe
Es ist weder verboten, eine große Anzahl von Terminen zu belegen, noch diese zu verkaufen. Die wachsende Branche der unbefugten Terminhändler macht sich diese Gesetzeslücke zunutze. Sie bieten keine konsularischen Dienstleistungen an, sondern agieren als Vermittler. Von Antragswilligen kassieren sie dann hohe Summen für die Terminvergabe, welche die eigentlichen Gebühren um das bis zu Zehnfache übersteigen können.
Die meisten europäischen Konsulate haben die Terminvergabe bereits vor Jahren an bevollmächtigte Dienstleister ausgelagert. Sie argumentieren, dass ein solches Verfahren Zeit bei der Bearbeitung von Anträgen einspare, da die bevollmächtigten Visazentren nur Anträge weiterleiten würden, die vollständig sind und die Anforderungen für eine Schengen-Einreise erfüllen.
Der größte autorisierte Anbieter in Marokko ist TLScontact, der Termine für die deutschen und französischen Konsulate zuweist. Das spanische Konsulat hat hierfür BLS International beauftragt, während die niederländischen und italienischen Konsulate mit VFS Global zusammenarbeiten. Auch die offiziell bevollmächtigten externen Dienstleister erheben Gebühren für die Vergabe von Terminen. Doch diese liegen bei moderaten 80 Euro für einen Termin für einen Kurzaufenthalt als Tourist und erhöhen sich je nach Länge des Aufenthalts im Ausland.
Dounia Boutazout ist nicht die Einzige, die wochenlang erfolglos versuchte, einen freien Termin über ein offizielles Visazentrum zu buchen. Adil Tchikitou, Leiter der Marokkanischen Liga zur Verteidigung der Menschenrechte (LMDDH), ist besorgt. “Die meisten Botschaften wissen, dass die Termine weitervermittelt werden, zeigen aber seit über einem Jahr kein Interesse daran, dieses Problem zu lösen”, berichtet er der DW.
Er und andere Menschenrechtsorganisationen haben sich bereits bei den europäischen Zuständigen über diesen “Mobilitätsentzug”, wie er es nennt, beschwert. Obgleich laut Tchikitou noch “keine wesentlichen Reformen eingeleitet” wurden, beginnen die Botschaften auf die wachsenden Beschwerden marokkanischer Bürger zu reagieren.
Ein Sprecher des Außenministeriums der Niederlande sagte der DW, das Ministerium habe Schritte unternommen, um die unbefugte Vermittlung zu unterbinden. Hierzu gehörten “digitale Wartelisten”, durch die sichergestellt werde, dass Vermittler nicht länger die Möglichkeit haben, Termine zu verkaufen oder weiterzuverkaufen.
Der externe Dienstleister von Spaniens Konsulat, BLS International, hat ein fotobasiertes Verifizierungssystem für Antragsteller eingeführt, bei dem jeder Termin mit einem Bild des Antragstellers verknüpft wird. Diese Aufnahme wird dann mit dem Passfoto verglichen. Auf diese Weise können Termine nicht länger von Bots reserviert werden.
Italiens Generalkonsulat in Casablanca warnte zunächst mit dem Hinweis auf “Manipulationen bei der Terminvergabe” vor “Zwischenhändlern” und kündigte kürzlich seinen Vertrag mit TLScontact. Es arbeitet jetzt mit einer Tochter von VFS Global zusammen.
Auch Deutschlands Außenministerium arbeitet eigenen Aussagen zufolge an einer Lösung des Problems, nannte jedoch keine konkreten Schritte. “Es werden regelmäßig neue Termine für Schengen-Visa in Rabat freigegeben, diese sind aber innerhalb kürzester Zeit vergeben”, bestätigte ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes in Berlin und fügte hinzu, das Ministerium unternähme “neue Schritte, um die Situation zu verbessern und zu verhindern, dass Vermittler die Termine blockieren”.
Für Schauspielerin Boutazout kommen diese Maßnahmen und Versprechen zu spät. Sie weigerte sich, die überhöhten Gebühren der nicht autorisierten Vermittler zu bezahlen und konnte deshalb keinen Termin für die Abgabe ihres Visaantrags vereinbaren. Ihre Theatertournee durch Europa wurde abgesagt, die finanziellen Verluste muss sie alleine tragen.
Die Deutsche Welle hat TLScontact um eine Stellungnahme zu Preisgestaltung und Terminvergabe gebeten, erhielt bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung jedoch keine Rückmeldung von dem Unternehmen.
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo
In Marokko macht ein relativ neuer Geschäftszweig Reisenden das Leben schwer: Nicht autorisierte Zwischenhändler haben die Vermittlung der Termine übernommen, die für die Abgabe eines Antrags auf ein Schengen-Visum erforderlich sind – also für eine Einreiseerlaubnis in eine Vielzahl von Staaten der Europäischen Union und einiger Anrainer. Das macht es Marokkanern schwerer, nach Europa zu reisen.
“Es ist eine Katastrophe”, so die marokkanische Schauspielerin Dounia Boutazout im März auf Instagram: Visavergabetermine würden für 11.000 marokkanische Dirham verkauft, also umgerechnet gut 1000 Euro. Die beliebte Künstlerin hatte versucht, vor einer Europa-Tournee ihres Theaterensembles ein Schengen-Visum zu beantragen, konnte aber nicht direkt bei einem der offiziellen Visazentren einen Termin bekommen.
Gesetzeslücke als Geschäftsmodell für Visa-Verkäufe
Ihre einzige andere Möglichkeit bestand darin, einen der nicht autorisierten Online-Vermittler in Marokko zu kontaktieren, die solche Termine gegen selbst festgelegte Gebühren verkaufen. Mithilfe von Bots reservieren die Unternehmen automatisch sämtliche freien Termine, sobald das offizielle Vergabezentrum diese online freischaltet.
Es ist weder verboten, eine große Anzahl von Terminen zu belegen, noch diese zu verkaufen. Die wachsende Branche der unbefugten Terminhändler macht sich diese Gesetzeslücke zunutze. Sie bieten keine konsularischen Dienstleistungen an, sondern agieren als Vermittler. Von Antragswilligen kassieren sie dann hohe Summen für die Terminvergabe, welche die eigentlichen Gebühren um das bis zu Zehnfache übersteigen können.
Die meisten europäischen Konsulate haben die Terminvergabe bereits vor Jahren an bevollmächtigte Dienstleister ausgelagert. Sie argumentieren, dass ein solches Verfahren Zeit bei der Bearbeitung von Anträgen einspare, da die bevollmächtigten Visazentren nur Anträge weiterleiten würden, die vollständig sind und die Anforderungen für eine Schengen-Einreise erfüllen.
Der größte autorisierte Anbieter in Marokko ist TLScontact, der Termine für die deutschen und französischen Konsulate zuweist. Das spanische Konsulat hat hierfür BLS International beauftragt, während die niederländischen und italienischen Konsulate mit VFS Global zusammenarbeiten. Auch die offiziell bevollmächtigten externen Dienstleister erheben Gebühren für die Vergabe von Terminen. Doch diese liegen bei moderaten 80 Euro für einen Termin für einen Kurzaufenthalt als Tourist und erhöhen sich je nach Länge des Aufenthalts im Ausland.
Europa reagiert nur zögerlich auf Visa-Vergabe durch Zwischenhändler
Dounia Boutazout ist nicht die Einzige, die wochenlang erfolglos versuchte, einen freien Termin über ein offizielles Visazentrum zu buchen. Adil Tchikitou, Leiter der Marokkanischen Liga zur Verteidigung der Menschenrechte (LMDDH), ist besorgt. “Die meisten Botschaften wissen, dass die Termine weitervermittelt werden, zeigen aber seit über einem Jahr kein Interesse daran, dieses Problem zu lösen”, berichtet er der DW.
Er und andere Menschenrechtsorganisationen haben sich bereits bei den europäischen Zuständigen über diesen “Mobilitätsentzug”, wie er es nennt, beschwert. Obgleich laut Tchikitou noch “keine wesentlichen Reformen eingeleitet” wurden, beginnen die Botschaften auf die wachsenden Beschwerden marokkanischer Bürger zu reagieren.
Ein Sprecher des Außenministeriums der Niederlande sagte der DW, das Ministerium habe Schritte unternommen, um die unbefugte Vermittlung zu unterbinden. Hierzu gehörten “digitale Wartelisten”, durch die sichergestellt werde, dass Vermittler nicht länger die Möglichkeit haben, Termine zu verkaufen oder weiterzuverkaufen.
Der externe Dienstleister von Spaniens Konsulat, BLS International, hat ein fotobasiertes Verifizierungssystem für Antragsteller eingeführt, bei dem jeder Termin mit einem Bild des Antragstellers verknüpft wird. Diese Aufnahme wird dann mit dem Passfoto verglichen. Auf diese Weise können Termine nicht länger von Bots reserviert werden.
Italiens Generalkonsulat in Casablanca warnte zunächst mit dem Hinweis auf “Manipulationen bei der Terminvergabe” vor “Zwischenhändlern” und kündigte kürzlich seinen Vertrag mit TLScontact. Es arbeitet jetzt mit einer Tochter von VFS Global zusammen.
Auch Deutschlands Außenministerium arbeitet eigenen Aussagen zufolge an einer Lösung des Problems, nannte jedoch keine konkreten Schritte. “Es werden regelmäßig neue Termine für Schengen-Visa in Rabat freigegeben, diese sind aber innerhalb kürzester Zeit vergeben”, bestätigte ein Sprecher des deutschen Auswärtigen Amtes in Berlin und fügte hinzu, das Ministerium unternähme “neue Schritte, um die Situation zu verbessern und zu verhindern, dass Vermittler die Termine blockieren”.
Für Schauspielerin Boutazout kommen diese Maßnahmen und Versprechen zu spät. Sie weigerte sich, die überhöhten Gebühren der nicht autorisierten Vermittler zu bezahlen und konnte deshalb keinen Termin für die Abgabe ihres Visaantrags vereinbaren. Ihre Theatertournee durch Europa wurde abgesagt, die finanziellen Verluste muss sie alleine tragen.
Die Deutsche Welle hat TLScontact um eine Stellungnahme zu Preisgestaltung und Terminvergabe gebeten, erhielt bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung jedoch keine Rückmeldung von dem Unternehmen.
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo