So will Deutschlands Urlaubsbranche klimaneutral werden
Die Unternehmen des Tourismussektors müssen ihre CO2-Bilanz drastisch verbessern. Eine umfassende und verbindliche Nachhaltigkeitsstrategie aber fehlt.
Wie es gehen kann, sieht man in Ueckermünde. Dort, am Stettiner Haff im äußersten Nordosten Deutschlands, steht das Haffhus, ein Hotel samt Spa, das seinen gesamten Bedarf an Wärme, Kälte und Strom aus erneuerbaren Energien deckt sowie sämtliche Elektrizität selbst produziert. Im Jahr 2018 habe man sogar die Verbindung zum öffentlichen Stromnetz gekappt und sei seitdem autark, sagt Dirk Klein, der Nachhaltigkeitsmanager im Haffhus, das obendrein vollkommen klimaneutral ist.
Was im Kleinen hier und dort bereits funktioniert, soll bis zum Jahr 2045 die Regel werden in der Branche. Denn laut Klimaschutzgesetz muss Deutschland dann treibhausgasneutral sein. Heißt: Es dürfen nicht mehr klimaschädliche Gase in die Atmosphäre gelangen, als zeitgleich gebunden werden können. Zwar verursacht die Tourismusbranche Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge lediglich 2,6 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Für das Ziel Klimaneutralität aber muss auch der Tourismus seinen Beitrag leisten, da ist man sich in der Branche einig. “Uns ist bewusst, dass die Tourismuswirtschaft das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit mit anderer Konsequenz als bislang angehen muss”, heißt es etwa beim Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft.
Wie es gehen kann, sieht man in Ueckermünde. Dort, am Stettiner Haff im äußersten Nordosten Deutschlands, steht das Haffhus, ein Hotel samt Spa, das seinen gesamten Bedarf an Wärme, Kälte und Strom aus erneuerbaren Energien deckt sowie sämtliche Elektrizität selbst produziert. Im Jahr 2018 habe man sogar die Verbindung zum öffentlichen Stromnetz gekappt und sei seitdem autark, sagt Dirk Klein, der Nachhaltigkeitsmanager im Haffhus, das obendrein vollkommen klimaneutral ist.
Die Klimaneutralität im Tourismus zu erreichen, sei eine große Herausforderung, sagt Heinz-Dieter Quack, Professor am Institut für Tourismus- und Regionalforschung der Hochschule Ostfalia in Salzgitter. “Vor allem, weil beim Tourismus nun einmal die Distanzüberwindung dazugehört.” Tatsächlich verursacht die Anreise zum Urlaubsort in der Regel den Großteil der CO2-Emissionen von Touristen. Da es klimaneutrale Flugreisen in absehbarer Zeit nicht geben wird, müssten eben Alternativen geschaffen werden, so Quack: Per Bus und Bahn ans Ziel statt mit dem Flieger.
Bis 2045 muss Deutschland klimaneutral sein
“Der Verkehr ist das Offenkundige”, sagt er. “Letztendlich geht es aber auch um das Verhalten der Menschen im Zielgebiet.” Hier könne die Kreislaufwirtschaft helfen, die Emissionen zu reduzieren. Wo kommen die Waren her, die die Gäste im Hotel oder Restaurant konsumieren? Sind sie aufwendig importiert oder stammen sie aus regionaler Produktion? Unter welchen Bedingungen sind sie hergestellt worden? Welche Materialien kamen beim Bau der Unterkunft zum Einsatz? All diese Dinge hätten direkte Auswirkungen auf die Klimabilanz.
Ob solcherlei Anstrengungen auf freiwilliger Basis ausreichen, um das Klimaziel zu erreichen, lässt Quack offen: “Inwieweit wir bis 2045 klimaneutral sein werden, kann ich nicht sagen.” Es mangelt ganz offensichtlich an einer umfassenden und verbindlichen Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus. So steht es zumindest in einem kürzlich erschienenen Papier des Kompetenzzentrums Tourismus des Bundes, dessen Leiter Quack ist. “Es liegt keine bundesweite Vereinbarung zu konkreten Klimaschutzzielen im Tourismus vor”, heißt es dort. “Eine detaillierte und vereinbarte nationale Strategie für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Tourismus fehlt.” Eines der Probleme sei, sagt Quack, dass die Zuständigkeit für die Tourismuspolitik bei den Bundesländern liegt.
Harald Zeiss wiederum, Professor an der Hochschule Harz in Wernigerode mit Forschungsschwerpunkt Nachhaltigkeit im Tourismus, gibt zu bedenken, dass die Branche aus vielen sehr unterschiedlichen Sektoren bestehe und deshalb nur schwer als Einheit zu behandeln sei. “Dazu kommt, dass Auflagen durch die Regierung schnell zu Wettbewerbsnachteilen führen”, sagt Zeiss. Daher müsste eine Nachhaltigkeitsstrategie international vereinbart werden.
Wie sich der CO2-Abdruck eines durchschnittlichen Touristen zusammensetzt, weiß Marion Schuster von der Firma Fokus Zukunft, die unter anderem im Auftrag von Hotels Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und Treibhausgasbilanzen anfertigt. In vielen Fällen sorgten Produktion und Transport der Lebensmittel für den Großteil der Emissionen, gefolgt von der Wärmeerzeugung und der Wäsche. 100 Prozent klimaneutral könne kaum ein Hotel sein. “Da wird immer ein Restwert bleiben”, sagt Schuster. Bereits vor einigen Jahren ermittelte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, dass pro Gast und Übernachtung je nach Sternekategorie des Hotels zwischen knapp 17 und knapp 50 Kilogramm CO2 anfallen.
Bereits deutlich reduziert haben den Wert Andrea Fend und ihre Familie. Sie betreiben das Bio-Kurhotel “Moor & Mehr” in Bad Kohlgrub in den Ammergauer Alpen – klimaneutral. Es gibt dort eine Hackschnitzel-Heizung und eine Photovoltaikanlage, das Bio-Fleisch kommt vom eigenen Bauernhof, alle anderen Lebensmittel nach Möglichkeit von Produzenten aus der Nähe. Doch auch so fallen pro Gast und Tag noch immer 7,53 Kilogramm CO2 an. Damit die Klimabilanz der Gäste vor Ort nicht weiter verschlechtert wird, bekommen diese vom regionalen Tourismusverband eine Gästekarte ausgehändigt, mit der unter anderem kostenloses Busfahren in der Region möglich ist.
Davon kann man im Haffhus ganz am anderen Ende der Republik nur träumen. “Hier stellt der öffentliche Nahverkehr in den Ferien den Betrieb komplett ein”, sagt Dirk Klein. Also treibe das Thema Mobilität den CO2-Abdruck der Urlauber in die Höhe, weil diese sich häufig mit dem Pkw fortbewegen. “Der Verkehr ist das große Problem. Da können wir die Unterkünfte noch so nachhaltig machen: Wenn sich da nicht etwas Grundlegendes tut, ist das Ziel Klimaneutralität nicht zu erreichen.”
Wie es gehen kann, sieht man in Ueckermünde. Dort, am Stettiner Haff im äußersten Nordosten Deutschlands, steht das Haffhus, ein Hotel samt Spa, das seinen gesamten Bedarf an Wärme, Kälte und Strom aus erneuerbaren Energien deckt sowie sämtliche Elektrizität selbst produziert. Im Jahr 2018 habe man sogar die Verbindung zum öffentlichen Stromnetz gekappt und sei seitdem autark, sagt Dirk Klein, der Nachhaltigkeitsmanager im Haffhus, das obendrein vollkommen klimaneutral ist.
Was im Kleinen hier und dort bereits funktioniert, soll bis zum Jahr 2045 die Regel werden in der Branche. Denn laut Klimaschutzgesetz muss Deutschland dann treibhausgasneutral sein. Heißt: Es dürfen nicht mehr klimaschädliche Gase in die Atmosphäre gelangen, als zeitgleich gebunden werden können. Zwar verursacht die Tourismusbranche Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge lediglich 2,6 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Für das Ziel Klimaneutralität aber muss auch der Tourismus seinen Beitrag leisten, da ist man sich in der Branche einig. “Uns ist bewusst, dass die Tourismuswirtschaft das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit mit anderer Konsequenz als bislang angehen muss”, heißt es etwa beim Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft.
Bis 2045 muss Deutschland klimaneutral sein
Die Klimaneutralität im Tourismus zu erreichen, sei eine große Herausforderung, sagt Heinz-Dieter Quack, Professor am Institut für Tourismus- und Regionalforschung der Hochschule Ostfalia in Salzgitter. “Vor allem, weil beim Tourismus nun einmal die Distanzüberwindung dazugehört.” Tatsächlich verursacht die Anreise zum Urlaubsort in der Regel den Großteil der CO2-Emissionen von Touristen. Da es klimaneutrale Flugreisen in absehbarer Zeit nicht geben wird, müssten eben Alternativen geschaffen werden, so Quack: Per Bus und Bahn ans Ziel statt mit dem Flieger.
“Der Verkehr ist das Offenkundige”, sagt er. “Letztendlich geht es aber auch um das Verhalten der Menschen im Zielgebiet.” Hier könne die Kreislaufwirtschaft helfen, die Emissionen zu reduzieren. Wo kommen die Waren her, die die Gäste im Hotel oder Restaurant konsumieren? Sind sie aufwendig importiert oder stammen sie aus regionaler Produktion? Unter welchen Bedingungen sind sie hergestellt worden? Welche Materialien kamen beim Bau der Unterkunft zum Einsatz? All diese Dinge hätten direkte Auswirkungen auf die Klimabilanz.
Ob solcherlei Anstrengungen auf freiwilliger Basis ausreichen, um das Klimaziel zu erreichen, lässt Quack offen: “Inwieweit wir bis 2045 klimaneutral sein werden, kann ich nicht sagen.” Es mangelt ganz offensichtlich an einer umfassenden und verbindlichen Nachhaltigkeitsstrategie im Tourismus. So steht es zumindest in einem kürzlich erschienenen Papier des Kompetenzzentrums Tourismus des Bundes, dessen Leiter Quack ist. “Es liegt keine bundesweite Vereinbarung zu konkreten Klimaschutzzielen im Tourismus vor”, heißt es dort. “Eine detaillierte und vereinbarte nationale Strategie für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Tourismus fehlt.” Eines der Probleme sei, sagt Quack, dass die Zuständigkeit für die Tourismuspolitik bei den Bundesländern liegt.
Harald Zeiss wiederum, Professor an der Hochschule Harz in Wernigerode mit Forschungsschwerpunkt Nachhaltigkeit im Tourismus, gibt zu bedenken, dass die Branche aus vielen sehr unterschiedlichen Sektoren bestehe und deshalb nur schwer als Einheit zu behandeln sei. “Dazu kommt, dass Auflagen durch die Regierung schnell zu Wettbewerbsnachteilen führen”, sagt Zeiss. Daher müsste eine Nachhaltigkeitsstrategie international vereinbart werden.
Kreislaufwirtschaft hilft, Emissionen zu reduzieren
Wie sich der CO2-Abdruck eines durchschnittlichen Touristen zusammensetzt, weiß Marion Schuster von der Firma Fokus Zukunft, die unter anderem im Auftrag von Hotels Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und Treibhausgasbilanzen anfertigt. In vielen Fällen sorgten Produktion und Transport der Lebensmittel für den Großteil der Emissionen, gefolgt von der Wärmeerzeugung und der Wäsche. 100 Prozent klimaneutral könne kaum ein Hotel sein. “Da wird immer ein Restwert bleiben”, sagt Schuster. Bereits vor einigen Jahren ermittelte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, dass pro Gast und Übernachtung je nach Sternekategorie des Hotels zwischen knapp 17 und knapp 50 Kilogramm CO2 anfallen.
Ganz ohne CO2-Ausstoß geht es nicht
Bereits deutlich reduziert haben den Wert Andrea Fend und ihre Familie. Sie betreiben das Bio-Kurhotel “Moor & Mehr” in Bad Kohlgrub in den Ammergauer Alpen – klimaneutral. Es gibt dort eine Hackschnitzel-Heizung und eine Photovoltaikanlage, das Bio-Fleisch kommt vom eigenen Bauernhof, alle anderen Lebensmittel nach Möglichkeit von Produzenten aus der Nähe. Doch auch so fallen pro Gast und Tag noch immer 7,53 Kilogramm CO2 an. Damit die Klimabilanz der Gäste vor Ort nicht weiter verschlechtert wird, bekommen diese vom regionalen Tourismusverband eine Gästekarte ausgehändigt, mit der unter anderem kostenloses Busfahren in der Region möglich ist.
Davon kann man im Haffhus ganz am anderen Ende der Republik nur träumen. “Hier stellt der öffentliche Nahverkehr in den Ferien den Betrieb komplett ein”, sagt Dirk Klein. Also treibe das Thema Mobilität den CO2-Abdruck der Urlauber in die Höhe, weil diese sich häufig mit dem Pkw fortbewegen. “Der Verkehr ist das große Problem. Da können wir die Unterkünfte noch so nachhaltig machen: Wenn sich da nicht etwas Grundlegendes tut, ist das Ziel Klimaneutralität nicht zu erreichen.”