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Ukraine aktuell: Streit über deutsche Patriot-Raketen

Verteidigungsministerin Lambrecht hat den Vorschlag Polens zu deutschen Abwehrraketen zurückgewiesen. Das russische Bombardement auf kritische Infrastruktur in der Ukraine war Thema im UN-Sicherheitsrat. Ein Überblick.

 

– Lambrecht weist Polens Vorschlag zu Patriot-Raketen zurück

 

– Selenskyj spricht bei Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates

Das Wichtigste in Kürze:

– US-Regierung rechnet offenbar mit Chemiewaffen-Einsatz Russlands

– Moskau zweifelt nicht an Erfolg seiner Offensive

– Staatsministerin Lührmann bei Angriffen in Kiew “schockiert”

 

Der Vorschlag des polnischen Verteidigungsministers, das seinem Land von Deutschland angebotene Luftabwehrsystem Patriot lieber an die Ukraine zu liefern, muss laut Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht “mit der NATO diskutiert werden”. Die Patriots seien Bestandteil der integrierten Luftverteidigung der NATO und für NATO-Gebiet vorgesehen, sagte die SPD-Politikerin in Berlin. “Wenn die außerhalb des NATO-Gebietes eingesetzt werden, dann muss das vorher mit der NATO und mit den Alliierten besprochen werden”, führte Lambrecht aus.

Deutschland habe Polen in der besonderen Situation und der exponierten Lage des Landes Unterstützung angeboten. Lambrecht verwies dabei auch auf die tragischen Todesfälle, die es beim Einschlag von Raketen im polnischen Grenzgebiet gegeben hatte. Am Montag hatten Lambrecht und ihr polnischer Kollege Mariusz Blaszczak einen gemeinsamen Schutz des polnischen Luftraums vereinbart. Dazu sollte das NATO-Land Patriot-Raketenabwehrsysteme und Eurofighter erhalten.

Blaszczak hatte den Schritt zunächst begrüßt. Doch am Mittwochabend regte er plötzlich die Verlegung der Patriot-Flugabwehrsysteme in die Ukraine an. “Dies würde es ermöglichen, die Ukraine vor weiteren Opfern und Stromausfällen zu bewahren und die Sicherheit an unserer Ostgrenze zu erhöhen”, schrieb er auf Twitter. Unterstützung bekam er von Regierungschef Mateusz Morawiecki. Dies sei ein guter Vorschlag, sagte dieser am Donnerstag.

Beide hatten sich erst zu Wort gemeldet, nachdem der starke Mann der polnischen Politik, PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, diese Idee in die Welt gesetzt hatte. “Ich denke, es wäre für die Sicherheit Polens am besten, wenn die Deutschen diese Ausrüstung den Ukrainern überlassen und die ukrainischen Besatzungen ausbilden würden”,  hatte Kaczynski der polnischen Nachrichtenagentur PAP in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview gesagt. In knapp einem Jahr findet in Polen die Parlamentswahl statt. Kaczynski tourt derzeit durchs Land und versucht mit antideutschen Tiraden, die sinkenden Umfragewerte seiner PiS zu retten.

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag Anton Hofreiter (Grüne) befürwortet den polnischen Vorschlag, die Patriots Luftabwehrsysteme statt an Polen, direkt an die Ukraine zu liefern. 

Deutschland und Europa hätten “bereits deutlich modernere Flugabwehrsysteme geliefert”, sagte Hofreiter der DW im Gespräch. Außerdem sei “die Problematik einer Verwicklung deutlich geringer, wenn es die Patriots in der Ukraine stehen und in der Ukraine tätig sind, dann ist ganz klar, dass sie einfach der Ukraine gegen Russland helfen.”
 

Nach russischen Angriffen auf kritische Infrastruktur in der Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor dem UN-Sicherheitsrat eine weitere Verurteilung Moskaus gefordert. Russland müsse deutlich als terroristischer Staat bezeichnet werden, forderte Selenskyj am Mittwoch per Video von dem Gremium in New York.

Das Treffen des Rates war nach einer Forderung von Selenskyj kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden. Die Angriffe, die zu weitreichenden Stromausfällen geführt hätten, seien “Verbrechen gegen die Menschlichkeit”, sagte Selenskyj. Er forderte mehr Unterstützung bei der Luftabwehr und bat darum, dass Expertenteams der Vereinten Nationen die Schäden untersuchten.

Zuvor hatte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, die russischen Angriffe auf die kritische Infrastruktur scharf verurteilt. Solche Angriffe seien nach internationalem Menschenrechtsgesetzen untersagt und bei Verstößen dagegen müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Nach dem russischen Beschuss war am Mittwoch die Wasser- und Stromversorgung in Kiew ausgefallen. Auch in anderen Teilen des Landes gab es nach Angaben der ukrainischen Behörden Blackouts, selbst die benachbarte Republik Moldau war betroffen.

Deutliche Worte fand auch die US-Regierung: Diese Angriffe schienen keinen militärischen Zweck zu verfolgen und würden bewusst kurz vor Winterbeginn erfolgen, teilte der Nationale Sicherheitsrat im Weißen Haus mit. Sie würden das Leid der Menschen in der Ukraine erhöhen. “Es zeigt auch, dass Russland bereit ist, das Risiko eines nuklearen Zwischenfalls zu erhöhen, der nicht nur der Ukraine, sondern auch der gesamten Region schaden könnte.”

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die russischen Angriffe auf die ukrainische Strom- und Wasserversorgung als Kriegsverbrechen bezeichnet, die Konsequenzen haben müssten. “Jeder Schlag gegen zivile Infrastruktur stellt ein Kriegsverbrechen dar und darf nicht ungestraft bleiben”, sagte Macron und kündigte “angesichts des nahenden Winters” eine internationale Unterstützer-Konferenz am 13. Dezember in Paris an. Man wolle dem Land helfen, Widerstand zu leisten und seinen Zugang zu Energie zu gewährleisten, erklärte Macron.

Trotz seiner Verurteilung Russlands hatte Macron angekündigt, in den nächsten Tagen wieder Kontakt zu Kremlchef Wladimir Putin aufnehmen zu wollen. “Ich beabsichtige, in den nächsten Tagen einen direkten Kontakt mit ihm zu den zivilen nuklearen Themen und dem Atomkraftwerk Saporischschja herzustellen, nachdem wir uns mit dem Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde über diese Themen ausgetauscht haben”, sagte Macron nach einem Bericht des Senders BFMTV.

Brüssel Treffen NATO-Verteidungsminister | Christine Lambrecht
Symbolbild Sitzung des UN-Sicherheitsrates
UN I Rosemary DiCarlo

 

– Lambrecht weist Polens Vorschlag zu Patriot-Raketen zurück

Das Wichtigste in Kürze:

– Selenskyj spricht bei Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates

– US-Regierung rechnet offenbar mit Chemiewaffen-Einsatz Russlands

– Moskau zweifelt nicht an Erfolg seiner Offensive

– Staatsministerin Lührmann bei Angriffen in Kiew “schockiert”

Deutsche Zustimmung

 

Selenskyj bittet UN-Sicherheitsrat um mehr Hilfe

Der Vorschlag des polnischen Verteidigungsministers, das seinem Land von Deutschland angebotene Luftabwehrsystem Patriot lieber an die Ukraine zu liefern, muss laut Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht “mit der NATO diskutiert werden”. Die Patriots seien Bestandteil der integrierten Luftverteidigung der NATO und für NATO-Gebiet vorgesehen, sagte die SPD-Politikerin in Berlin. “Wenn die außerhalb des NATO-Gebietes eingesetzt werden, dann muss das vorher mit der NATO und mit den Alliierten besprochen werden”, führte Lambrecht aus.

Deutschland habe Polen in der besonderen Situation und der exponierten Lage des Landes Unterstützung angeboten. Lambrecht verwies dabei auch auf die tragischen Todesfälle, die es beim Einschlag von Raketen im polnischen Grenzgebiet gegeben hatte. Am Montag hatten Lambrecht und ihr polnischer Kollege Mariusz Blaszczak einen gemeinsamen Schutz des polnischen Luftraums vereinbart. Dazu sollte das NATO-Land Patriot-Raketenabwehrsysteme und Eurofighter erhalten.

Blaszczak hatte den Schritt zunächst begrüßt. Doch am Mittwochabend regte er plötzlich die Verlegung der Patriot-Flugabwehrsysteme in die Ukraine an. “Dies würde es ermöglichen, die Ukraine vor weiteren Opfern und Stromausfällen zu bewahren und die Sicherheit an unserer Ostgrenze zu erhöhen”, schrieb er auf Twitter. Unterstützung bekam er von Regierungschef Mateusz Morawiecki. Dies sei ein guter Vorschlag, sagte dieser am Donnerstag.

Kritik der UN und der USA

Beide hatten sich erst zu Wort gemeldet, nachdem der starke Mann der polnischen Politik, PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, diese Idee in die Welt gesetzt hatte. “Ich denke, es wäre für die Sicherheit Polens am besten, wenn die Deutschen diese Ausrüstung den Ukrainern überlassen und die ukrainischen Besatzungen ausbilden würden”,  hatte Kaczynski der polnischen Nachrichtenagentur PAP in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview gesagt. In knapp einem Jahr findet in Polen die Parlamentswahl statt. Kaczynski tourt derzeit durchs Land und versucht mit antideutschen Tiraden, die sinkenden Umfragewerte seiner PiS zu retten.

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag Anton Hofreiter (Grüne) befürwortet den polnischen Vorschlag, die Patriots Luftabwehrsysteme statt an Polen, direkt an die Ukraine zu liefern. 

Macron spricht von “Kriegsverbrechen” und kündigt Hilfe an

Deutschland und Europa hätten “bereits deutlich modernere Flugabwehrsysteme geliefert”, sagte Hofreiter der DW im Gespräch. Außerdem sei “die Problematik einer Verwicklung deutlich geringer, wenn es die Patriots in der Ukraine stehen und in der Ukraine tätig sind, dann ist ganz klar, dass sie einfach der Ukraine gegen Russland helfen.”
 

London: Russland verlegt Luftlandetruppen in Donbass

Nach russischen Angriffen auf kritische Infrastruktur in der Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor dem UN-Sicherheitsrat eine weitere Verurteilung Moskaus gefordert. Russland müsse deutlich als terroristischer Staat bezeichnet werden, forderte Selenskyj am Mittwoch per Video von dem Gremium in New York.

Das Treffen des Rates war nach einer Forderung von Selenskyj kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden. Die Angriffe, die zu weitreichenden Stromausfällen geführt hätten, seien “Verbrechen gegen die Menschlichkeit”, sagte Selenskyj. Er forderte mehr Unterstützung bei der Luftabwehr und bat darum, dass Expertenteams der Vereinten Nationen die Schäden untersuchten.

Zuvor hatte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, die russischen Angriffe auf die kritische Infrastruktur scharf verurteilt. Solche Angriffe seien nach internationalem Menschenrechtsgesetzen untersagt und bei Verstößen dagegen müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Nach dem russischen Beschuss war am Mittwoch die Wasser- und Stromversorgung in Kiew ausgefallen. Auch in anderen Teilen des Landes gab es nach Angaben der ukrainischen Behörden Blackouts, selbst die benachbarte Republik Moldau war betroffen.

Deutliche Worte fand auch die US-Regierung: Diese Angriffe schienen keinen militärischen Zweck zu verfolgen und würden bewusst kurz vor Winterbeginn erfolgen, teilte der Nationale Sicherheitsrat im Weißen Haus mit. Sie würden das Leid der Menschen in der Ukraine erhöhen. “Es zeigt auch, dass Russland bereit ist, das Risiko eines nuklearen Zwischenfalls zu erhöhen, der nicht nur der Ukraine, sondern auch der gesamten Region schaden könnte.”

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die russischen Angriffe auf die ukrainische Strom- und Wasserversorgung als Kriegsverbrechen bezeichnet, die Konsequenzen haben müssten. “Jeder Schlag gegen zivile Infrastruktur stellt ein Kriegsverbrechen dar und darf nicht ungestraft bleiben”, sagte Macron und kündigte “angesichts des nahenden Winters” eine internationale Unterstützer-Konferenz am 13. Dezember in Paris an. Man wolle dem Land helfen, Widerstand zu leisten und seinen Zugang zu Energie zu gewährleisten, erklärte Macron.

Trotz seiner Verurteilung Russlands hatte Macron angekündigt, in den nächsten Tagen wieder Kontakt zu Kremlchef Wladimir Putin aufnehmen zu wollen. “Ich beabsichtige, in den nächsten Tagen einen direkten Kontakt mit ihm zu den zivilen nuklearen Themen und dem Atomkraftwerk Saporischschja herzustellen, nachdem wir uns mit dem Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde über diese Themen ausgetauscht haben”, sagte Macron nach einem Bericht des Senders BFMTV.

Russland hat nach britischer Einschätzung große Teile seiner Luftlandeeinheiten in die Ostukraine verlegt. Potenzielle Einsatzgebiete seien die Stellungen in der Gegend um die Städte Swatowe und Kreminna im Gebiet Luhansk oder auch diejenigen gegen die Stadt Bachmut im Gebiet Donezk, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Im September und Oktober seien die Truppen zur Verteidigung westlich des Flusses Dnipro im südukrainischen Gebiet Cherson eingesetzt worden.

Einige der stark geschwächten Luftlandeeinheiten (WDW) wurden nach den britischen Angaben mit mobilisierten Reservisten aufgefüllt. “Obwohl dieses schlecht ausgebildete Personal die vermeintlichen Elitefähigkeiten der WDW verwässern wird, wird Russland diese Einheiten wahrscheinlich immer noch Abschnitten zuweisen, die als besonders wichtig erachtet werden”, hieß es in London weiter. Die russischen Luftlandetruppen gelten als Eliteeinheit und stellen eine eigene Truppengattung der Streitkräfte dar. Zu Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor neun Monaten sollten sie gemeinsam mit Bodentruppen die Hauptstadt Kiew erobern, wurden aber zurückgeschlagen. 

Einige der stark geschwächten Luftlandeeinheiten (WDW) wurden nach den britischen Angaben mit mobilisierten Reservisten aufgefüllt. “Obwohl dieses schlecht ausgebildete Personal die vermeintlichen Elitefähigkeiten der WDW verwässern wird, wird Russland diese Einheiten wahrscheinlich immer noch Abschnitten zuweisen, die als besonders wichtig erachtet werden”, hieß es in London weiter. Die russischen Luftlandetruppen gelten als Eliteeinheit und stellen eine eigene Truppengattung der Streitkräfte dar. Zu Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor neun Monaten sollten sie gemeinsam mit Bodentruppen die Hauptstadt Kiew erobern, wurden aber zurückgeschlagen. 

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