Ukraine aktuell: Weiter Kriegsrecht in der Ukraine
Das Parlament in Kiew hat dafür gestimmt, das Kriegsrecht zu verlängern. Russlands Truppen kommen offenbar nicht voran. Präsident Selenskyi hat eine Einladung nach Brüssel. Ein Überblick.
Das ukrainische Parlament hat mit deutlicher Mehrheit das wegen der russischen Invasion verhängte Kriegsrecht ein weiteres Mal um 90 Tage verlängert. Für die bereits fünfte Verlängerung stimmten nach Medienberichten in der Rada in Kiew 348 Abgeordnete. 226 Stimmen wären notwendig gewesen.
Das Wichtigste in Kürze:
Verlängert wurde auch die allgemeine Mobilmachung. Damit unterliegen Männer im wehrpflichtigen Alter von 18 bis 60 Jahren bis auf wenige Ausnahmen weiter einer Ausreisesperre. Die Regelung gilt vorläufig bis zum 20. Mai. Im Zusammenhang mit Berichten über massive Verluste tauchten zuletzt vermehrt Videos darüber auf, wie Musterungsbescheide Passanten in ukrainischen Städten ausgehändigt wurden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj könnte noch in dieser Woche nach Brüssel reisen. Es bestehe die Möglichkeit, dass am Donnerstag eine außerordentliche Tagung des Europa-Parlaments stattfinde, an der Selenskyj persönlich teilnehme, verlautete aus EU-Kreisen. Am selben Tag treffen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder. Wie es hieß, würde Selenskyj dann auch als Gast an dem Gipfel teilnehmen. Er sei dazu eingeladen worden, bestätigte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel. Weitere Angaben wollte er “aus Sicherheitsgründen” nicht machen.
Erst vergangene Woche hatte Selenskyj in Kiew EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu einem Gipfeltreffen empfangen. Dabei ging es auch um den Wunsch der Ukraine, möglichst rasch der Europäischen Union beizutreten.
Ein Besuch in Brüssel wäre Selenskyjs zweite Auslandsreise seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vor knapp einem Jahr. Im Dezember war er nach Washington gereist und hatte dort eine Rede vor dem US-Kongress gehalten.
UN-Generalsekretär António Guterres hat vor einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine gewarnt. “Ich befürchte, die Welt schlafwandelt nicht in einen größeren Krieg hinein – ich befürchte, sie tut dies mit weit geöffneten Augen”, sagte Guterres in New York vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen.
Knapp ein Jahr nach der Invasion Russlands in sein Nachbarland werde die Aussicht auf Frieden immer geringer, die Gefahr einer weiteren Eskalation wachse. Das Risiko eines Atomkriegs sei so hoch wie seit Jahrzehnten nicht.
Guterres erinnerte daran, dass die sogenannte Weltuntergangsuhr, mit der Forscher auf die Gefahren für die Menschheit aufmerksam machen, im Januar wegen des Ukraine-Kriegs auf 90 Sekunden vor Mitternacht vorgerückt war – so weit wie nie zuvor. Er betrachte dies als ein Warnzeichen.
Das russische Militär hat nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums offenbar seit Jahresanfang versucht, größere Offensiveinsätze im Osten der Ukraine zu starten. Ziel dabei sei es, die von der Ukraine gehaltenen Gebiete in der Region Donezk im Donbas einzunehmen, teilte das Ministerium in London unter Verweis auf das tägliche Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg mit. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass Russland in der Lage sein werde, in den nächsten Wochen die erforderlichen Kräfte aufzustellen, um den Ausgang des Krieges maßgeblich zu beeinflussen.
Das britische Verteidigungsministerium vermutet, dass russische Kommandeure aufgrund von politischem Druck aus Moskau unrealistische Ziele verfolgen, die sie mit den vorhandenen, unterbesetzten und unerfahrenen Einheiten aber nicht erreichen könnten. Die russische Führung werde weiterhin Fortschritte fordern.
Aktuell kämen die russischen Truppen in ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht voran. Den Streitkräften sei es lediglich gelungen, “mehrere Hundert Meter” pro Woche zu erobern, heißt es aus London. “Dies liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit daran, dass Russland nun die für erfolgreiche Offensiven erforderliche Munition und Manövriereinheiten fehlen.”
Die ukrainischen Streitkräfte in Bachmut im Osten des Landes leisten weiter Widerstand gegen ständige Angriffe russischer Einheiten. “Wir stellen uns ihnen entgegen”, betonte Präsident Selenskyj. “Und ich bin jedem Soldaten dankbar, der sich mit seiner Entschlossenheit für den Widerstand einsetzt.” Russische Einheiten versuchten derzeit, die Stadt zu umzingeln und die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen.
Selenskyj berichtete zudem von personellen Neubesetzungen. “In einer Reihe von Regionen, insbesondere in den Grenz- und Frontgebieten, stellen wir Führungskräfte mit militärischer Erfahrung ein”, sagte Selenskyj. Und zwar seien dies Leute, “die sich am wirksamsten gegen die aktuellen Bedrohungen zur Wehr setzen können”.
Generell sollten militärische Erfahrung aus dem bisherigen Kriegsverlauf mit der Führungsarbeit in der lokalen und zentralen Verwaltung verbunden werden. Daneben gehe die Bildung neuer Brigaden der Nationalgarde, der Polizei und des Grenzschutzes voran.
UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hat im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die bisherigen Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Bevölkerung aufgezeigt. Fast acht Millionen Menschen seien vor den Angriffen und Kämpfen aus der Ukraine in Nachbarländer geflohen, sagte der Chef des UN-Nothilfebüros in New York. Weitere 5,3 Millionen seien Vertriebene im eigenen Land, so Griffiths. Viele hätten in Sammelunterkünften Schutz gesucht.
Er machte auch auf die unzähligen Menschen aufmerksam, die Tage oder gar Wochen in Kellern ausharrten, um vor Bomben in Sicherheit zu sein. Große Teile der Infrastruktur, darunter Schulen, Wohnhäuser oder Krankenhäuser bis hin zu ganzen Städten und Dörfern seien zerstört worden. “Es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Gewalt nachlässt“, sagte Griffiths in seiner Rede vor dem höchsten UN-Gremium. Mehr als 7000 Zivilisten seien offiziellen Zahlen der UN zufolge getötet worden, die tatsächliche Zahl liege aber mit Sicherheit höher, so Griffiths weiter.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR führte dieser Krieg zur größten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. 17,6 Millionen oder knapp 40 Prozent der Bevölkerung bräuchten humanitäre Hilfe, so der UN-Nothilfekoordinator. Griffiths kündigte an, noch im Februar in Genf den diesjährigen Plan für die humanitäre Hilfe in der Ukraine vorzustellen. Mittel in Höhe von 3,9 Milliarden Dollar seien dafür erforderlich.
Das Wichtigste in Kürze:
Das ukrainische Parlament hat mit deutlicher Mehrheit das wegen der russischen Invasion verhängte Kriegsrecht ein weiteres Mal um 90 Tage verlängert. Für die bereits fünfte Verlängerung stimmten nach Medienberichten in der Rada in Kiew 348 Abgeordnete. 226 Stimmen wären notwendig gewesen.
Verlängert wurde auch die allgemeine Mobilmachung. Damit unterliegen Männer im wehrpflichtigen Alter von 18 bis 60 Jahren bis auf wenige Ausnahmen weiter einer Ausreisesperre. Die Regelung gilt vorläufig bis zum 20. Mai. Im Zusammenhang mit Berichten über massive Verluste tauchten zuletzt vermehrt Videos darüber auf, wie Musterungsbescheide Passanten in ukrainischen Städten ausgehändigt wurden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj könnte noch in dieser Woche nach Brüssel reisen. Es bestehe die Möglichkeit, dass am Donnerstag eine außerordentliche Tagung des Europa-Parlaments stattfinde, an der Selenskyj persönlich teilnehme, verlautete aus EU-Kreisen. Am selben Tag treffen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder. Wie es hieß, würde Selenskyj dann auch als Gast an dem Gipfel teilnehmen. Er sei dazu eingeladen worden, bestätigte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel. Weitere Angaben wollte er “aus Sicherheitsgründen” nicht machen.
Erst vergangene Woche hatte Selenskyj in Kiew EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu einem Gipfeltreffen empfangen. Dabei ging es auch um den Wunsch der Ukraine, möglichst rasch der Europäischen Union beizutreten.
Europäische Union lädt Selenskyj nach Brüssel ein
Ein Besuch in Brüssel wäre Selenskyjs zweite Auslandsreise seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vor knapp einem Jahr. Im Dezember war er nach Washington gereist und hatte dort eine Rede vor dem US-Kongress gehalten.
Guterres befürchtet weitere Eskalation des Kriegs
UN-Generalsekretär António Guterres hat vor einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine gewarnt. “Ich befürchte, die Welt schlafwandelt nicht in einen größeren Krieg hinein – ich befürchte, sie tut dies mit weit geöffneten Augen”, sagte Guterres in New York vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen.
Knapp ein Jahr nach der Invasion Russlands in sein Nachbarland werde die Aussicht auf Frieden immer geringer, die Gefahr einer weiteren Eskalation wachse. Das Risiko eines Atomkriegs sei so hoch wie seit Jahrzehnten nicht.
Guterres erinnerte daran, dass die sogenannte Weltuntergangsuhr, mit der Forscher auf die Gefahren für die Menschheit aufmerksam machen, im Januar wegen des Ukraine-Kriegs auf 90 Sekunden vor Mitternacht vorgerückt war – so weit wie nie zuvor. Er betrachte dies als ein Warnzeichen.
Geheimdienstbericht: Russlands Truppen kommen kaum voran
Das russische Militär hat nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums offenbar seit Jahresanfang versucht, größere Offensiveinsätze im Osten der Ukraine zu starten. Ziel dabei sei es, die von der Ukraine gehaltenen Gebiete in der Region Donezk im Donbas einzunehmen, teilte das Ministerium in London unter Verweis auf das tägliche Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg mit. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass Russland in der Lage sein werde, in den nächsten Wochen die erforderlichen Kräfte aufzustellen, um den Ausgang des Krieges maßgeblich zu beeinflussen.
Das britische Verteidigungsministerium vermutet, dass russische Kommandeure aufgrund von politischem Druck aus Moskau unrealistische Ziele verfolgen, die sie mit den vorhandenen, unterbesetzten und unerfahrenen Einheiten aber nicht erreichen könnten. Die russische Führung werde weiterhin Fortschritte fordern.
Selenskyj dankt Verteidigern von Bachmut
Aktuell kämen die russischen Truppen in ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht voran. Den Streitkräften sei es lediglich gelungen, “mehrere Hundert Meter” pro Woche zu erobern, heißt es aus London. “Dies liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit daran, dass Russland nun die für erfolgreiche Offensiven erforderliche Munition und Manövriereinheiten fehlen.”
Größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg
Die ukrainischen Streitkräfte in Bachmut im Osten des Landes leisten weiter Widerstand gegen ständige Angriffe russischer Einheiten. “Wir stellen uns ihnen entgegen”, betonte Präsident Selenskyj. “Und ich bin jedem Soldaten dankbar, der sich mit seiner Entschlossenheit für den Widerstand einsetzt.” Russische Einheiten versuchten derzeit, die Stadt zu umzingeln und die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen.
Selenskyj berichtete zudem von personellen Neubesetzungen. “In einer Reihe von Regionen, insbesondere in den Grenz- und Frontgebieten, stellen wir Führungskräfte mit militärischer Erfahrung ein”, sagte Selenskyj. Und zwar seien dies Leute, “die sich am wirksamsten gegen die aktuellen Bedrohungen zur Wehr setzen können”.
Generell sollten militärische Erfahrung aus dem bisherigen Kriegsverlauf mit der Führungsarbeit in der lokalen und zentralen Verwaltung verbunden werden. Daneben gehe die Bildung neuer Brigaden der Nationalgarde, der Polizei und des Grenzschutzes voran.
UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hat im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die bisherigen Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Bevölkerung aufgezeigt. Fast acht Millionen Menschen seien vor den Angriffen und Kämpfen aus der Ukraine in Nachbarländer geflohen, sagte der Chef des UN-Nothilfebüros in New York. Weitere 5,3 Millionen seien Vertriebene im eigenen Land, so Griffiths. Viele hätten in Sammelunterkünften Schutz gesucht.
Er machte auch auf die unzähligen Menschen aufmerksam, die Tage oder gar Wochen in Kellern ausharrten, um vor Bomben in Sicherheit zu sein. Große Teile der Infrastruktur, darunter Schulen, Wohnhäuser oder Krankenhäuser bis hin zu ganzen Städten und Dörfern seien zerstört worden. “Es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Gewalt nachlässt“, sagte Griffiths in seiner Rede vor dem höchsten UN-Gremium. Mehr als 7000 Zivilisten seien offiziellen Zahlen der UN zufolge getötet worden, die tatsächliche Zahl liege aber mit Sicherheit höher, so Griffiths weiter.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR führte dieser Krieg zur größten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. 17,6 Millionen oder knapp 40 Prozent der Bevölkerung bräuchten humanitäre Hilfe, so der UN-Nothilfekoordinator. Griffiths kündigte an, noch im Februar in Genf den diesjährigen Plan für die humanitäre Hilfe in der Ukraine vorzustellen. Mittel in Höhe von 3,9 Milliarden Dollar seien dafür erforderlich.
Russland prüft nach eigener Darstellung Berichte über einen Einsatz von Chemiewaffen durch die ukrainischen Streitkräfte. Das staatliche Investigativ-Komitee berief sich auf Angaben aus der international nicht anerkannten “Volksrepublik Donezk”, die 2022 völkerrechtswidrig in die Russische Föderation eingegliedert wurde.
Angehörige der russischen Streitkräfte hätten Gesundheitsprobleme und charakteristische Vergiftungssymptome aufgewiesen, hieß es. Belege wurden nicht präsentiert, Einzelheiten zu den Symptomen oder dem mutmaßlichen Giftstoff wurden nicht genannt.
Angehörige der russischen Streitkräfte hätten Gesundheitsprobleme und charakteristische Vergiftungssymptome aufgewiesen, hieß es. Belege wurden nicht präsentiert, Einzelheiten zu den Symptomen oder dem mutmaßlichen Giftstoff wurden nicht genannt.